Petersburg, 7. Aug. Aus der Mandschurei treffen Nachrichten über gewaltige Platzregen und Überschwemmungen ein. Viele Dörfer stehen unter Wasser. In einem Dorfe ertranken über 700 Chinesen, in der Nähe der Station Duiztnschen über 400.
Gerichtssaal.
Tübingen, 8. August. (Strafkammer.) Wegen Körperverletzung. Widerstand und Nötigung verurteilte das Schöffengericht Herrenberg den Taglöhner Johannes Marquardt von Gültstein zu einer Gefängnisstrafe von 1 Monat und 20 Tagen nebst Kostentragung. Am Dienstag, den 30. Mai nachts zwischen 11 und 12 Uhr saß der Angeklagte mit anderen Gästen, darunter der Schmied Georg Schwarz von Mönchberg in der Wirtschaft zum Rebstöckle in Herrenberg. Nachdem er gegen Schwarz einige unverständige Bemerkungen gemacht und ihn einen Trieler geheißen hatte, stand er auf und wollte gegen Schwarz tätlich werden, wurde aber daran verhindert. Als Schwarz die Wirtschaft verließ, verfolgte er diesen aus der Straße, behauptete, er habe ihn einen Lumpen geheißen, packte und würgte ihn, warf ihn zu Boden und schlug aus ihn ein. Die vom Angeklagten Vorgeschichte Notwehr wurde ihm widerlegt. Am 18. Mürz abends kam der Angeklagte mit dem Stuttgarter Zug in Herrenberg an, suchte den Abort auf und wollte dann, um nach Gültstein weiter zu fahren, wiederum die Bahnsteige passieren, wobei er dem Bahnsteigschaffner Ebner die nicht mit Rückfahrtstempel vergesehene, nur zu Fahrten von Gültstein nach Herrenberg berechtigende Fahrkarte vorwies. Ebner verweigerte ihm den Einlaß mit dem Bemerken, mit der vorgezeigten Karte dürfe er nicht nach Gültstein fahren und nahm ihm die Karte ab. Der Angeklagte entriß ihm die Karte, drückte ihn beiseite und passierte die Sperre. Den Stationswärter Holzapfel, der den Angeklagten aufhalten und vorführen wollte, schlug er blutig. Marquardt legte gegen das Urteil Berufung ein. Er wurde daraufhin wegen Körperverletzung und Widerstand wiederum zu der Gefängnisstrafe von 1 Monat und 20 Tagen verurteilt und hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Deutsches Reich.
Berlin, 7. Aug. Ein wissenschaftliches Mitglied der gegenwärtig in Afrika reisenden innerafrikanischen Expedition des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg stellt der „Voss. Ztg." einen Brief aus dem Französischen Kongo zur Verfügung. Der Brief wurde am 18. März. ds. Is. gcschrieben, als es noch keinen Agadirkonflikt und keine Kompensationsvechandlungen gab. Das Datum bietet also Gewähr für Objektivität. „Der Kongo", heißt cs darin, „ist zweifellos die traurigste französische Kolonie, d. h. arm und landschaftlich reizlos, erst zum kleinen Teil unterworfen und sehr mangelhaft verwaltet. Hier stößt man Schritt aus Schritt aus Schwierigkeiten und hat alle Mühe, Träger, zu bekommen und unsere Leute zu ernähren. Der Herzog ist des unaufhörlichen Aergers und der Schwierigkeiten überdrüssig und wird mit dem Gros der Expedition im August nach Hause reisen".
Berlin, 8. Aug. Die Herbstmanöver der aktiven Schlachtflotte werden sich nach längeren Fahren wieder einmal im östlichen Teile der Ostsee und besonders in den Danziger Gewässern abspieleu.
„Verschämter Reichtum." Man Hai in Berlin seit längerer Zeit die Wahrnehmung gemacht, daß wohlhabende und reiche Leute sich iu die für den Mittelstand bestimmten Krankenhäuser einschmuggeln, um die billigeren Preise dieser Anstalten zu benutzen. Auch die Aergte von Berlin sind dadurch beunruhigt worden, da sie bejürchteten, aus diese Weise eine Anzahl gutsituierter Patienten einzudüßeu. Der Magistrat hat daher verfügt, daß die Ausnahme der Kranken in die betreffenden Anstalten mir billigerer Verpflegung abhängig von der Vorlage des Sleuerzsttels gemacht werde. Ein Einschmuggeln begüterter Leute tu Krankenhäuser, die den Minderbemittelten zum Segen gereichen sollen, ist also ausgeschlossen. — Auch im Eisenbahnverkehr gibt es solche Drückeberger. Wenn der erwachsene Sohn eines mehrfachen Millionärs auf der Eisenbahn die dritte Klasse benutzt und dazu bemerkt, warum er denn dem Fiskus den Mehrpreis der zweiten Klasse „schenken" solle, so wird gerade durch diese Bemerkung erwiesen, daß der reiche Mann den Staat um den Betrag bringen will.
r Mainz, 7. Aug. Auf das Huldigungstelegramm der Generalversammlung des Deutschen Katholikentages ist folgendes Antworttelegramm des Kaisers eingelanfen: „Ich habe die freundliche Begrüßung der dort vereinigten deutschen Katholiken gerne entgegengenommen und danke bestens für den Ausdruck treuer Ergebenheit. Wilhelm i !l
Köln, 7. Aug. Zu der von der Nationale. Korr, vertretenen Forderung auf Einberufung des Reichstags erklärte ein Berliner Telegramm der „Köln. Zeitg.": „Selbst
wenn der Reichstag gegenwärtig tagte, würde der Reichskanzler voraussichtlich sagen, daß er heute noch nicht die Bürgschaft dafür übernehmen könne, daß es wirklich zu einer Einigung komme und daß die Verhandlungen nicht im letzten Augenblick an einem nicht zu voraussehenden Hindernis scheiterten. Unter dielen Umständen sei cs schlechthin unmöglich, über eine noch derartig im Fluß befindliche und diplomatischen Beratungen unterworfene Frage in eine eingehende sachliche Erörterung einzutreten. Die Reichsregierung werde selbstredend alles tun, um die Interessen, die Würde und die Ehre des Reichs zu wahren, und ebenso selbstredend werde der Reichstag in letzter Instanz das entscheidende Wort zu reden haben. Wenn der Vertrag oorliege, dann, aber auch erst dann, würde der Reichstag in voller Kenntnis der Lage sich ein Urteil darüber bilden können, ob das Abkommen der Würde und den Interessen des Reichs entspricht."
Halle, 8. August. Der Kösener Convent deutscher Korpsstudenten sandte an Staatssekretär v. Kiderlcn-Wächter folgendes Telegramm: „Die in Halle zu einer außordent- lichen Tagung versammelten deutschen Korpsstudenten gestatten sich, Eller Exzellenz zu der tatkräftigen Vertretung deutsch-nationaler Interessen ihre Begeisterung und freudiges Vertrauen kundzugeben, und geloben treue Gefolgschaft zur Wahrung und Mehrung vaterländischer Ehre und Größe."
Ausland,
Rom, 8. Aug. Der Zustand des Papstes ist fast unverändert, doch ist immerhin eine kleine Besserung zu bemerken. Der Gichtanfall, der eine Anschwellung des rechten Knies heroorrief und Schmerzen verursachte, ntmntt weiter einen normalen Verlauf. Die Stimmung des Papstes hat sich etwas gebessert. Doch muß der Papst das Bett hüten und empfängt morgens und abends den Besuch seiner Aerzte. Die Jahreszeit ist namentlich des Nachts der Ruhe, deren der Papst bedarf, nicht günstig.
Petersburg, 7. Aug. Die Petersburger Telegraphenagentur ist ermächtigt, bekannt zu geben, daß die Meldung einiger Blätter, das Handelsministerium Habs die Getreideausfuhr verboten, den Tatsachen nicht entspreche. Ein derartiges Verbot sei weder erfolgt noch geplant. In einem von dem Börsenkomitee erlassenen Rundschreiben sei lediglich Vorsicht empfohlen worden, daß bei Realisierungen die vorhandenen reichen Getreidevorräte nicht zu Preisen ausgeführt werden, die der Konjunktur des Getreidemarktes nicht entsprechen.
r London, 8. August. Das Unterhaus hat das von Balfour beantmgle Mißirauensvotum gegen die Regierung mit 365 gegen 246 Stimmen abgelehnt.
Madrid, 7. Aug. In Bunol ist die Rote Burg, welche auf einer Feldanhöhe die Ortschaft beherrscht, eingestürzt. Eine ungeheure Steinlawine bedeckt die Ortschaft. 30 Häuser wurden vernichtet, zahlreiche Verwundete und neun Tote wurden aus den Trümmern hervorgezogen.
r Konstantinopel, 8. Aug. Gestern sind 30 Erkrankungen an Cholera vorgekommen, von denen vierzehn tödlich verlaufen sind.
r Alexandria, 8. Aug. Ein mit eingeborenen Landleuten vollbesetztes Schiff, das auf dem Nil von Kaser el Zayat zum Markte nach Lessuk fuhr, ist am 5. ds. untergegangen. Bisher wurden 36 Leichen geborgen. Man glaubt, daß nahezu 100 Personen ertrunken sind.
r Newyork, 8. August. Als der Passagierdampfer „Columbia" von der Anchor-Linie einen gefährlichen Zusammenstoß mit einem Eisberg hatte, saßen die Passagiere gerade beim Diner und die Maschinen waren wegen des Nebels angehalten. Das Vorderteil des Schiffes bohrte sich in den Eisberg. Tonnenschwere Eisblöcke donnerten auf das Deck. Auf das Kommande des Kapitäns „volle Fahrt zurück!" machte der Dampfer sich langsam los. Die Bngplattm der „Columbia" waren 15 Fuß weit eingedrückt und der Backbordanker weggenssen. Neun Fuß hoch stürzte das Wasser in den Lagerraum, bevor das Beck geschlossen werden konnte. Mehrere Passagiere erlitten Knochenbrüche. Der Mann am Ausguck wurde unter dem fallenden Eis begraben und bewußtlos hervorgezogen.
Marokko.
aber gewisse französische Kolonialpolitiker durchaus nicht einverstanden.
London, 7. August. Die „Daily Mail" meldet aus Tanger, daß das spanische Transportschiff „Carlos V" weitere 400 Mann Seesoldaten und der Kreuzer „Pelago" 50 Seesoldaten und eine Militär-Kapelle in Larrasch gelandet haben.
Landwirtschaft, Handel und Verkehr.
r Stuttgart, 8. Aug. (Vom Obstmackt). Aus dem heutigen Großmarkt galten folgende Preise: Johannisbeeren 20 bis 25 Birnen 12 bis 25 Llapps Liebling 30 Pflaumen 3 bis 7 Reineclauden 10 bis 15 Zwetschgen 18 Waldhimbeercn 33 bis 35 Aprikosen 25 bis 40 Pfirsiche 30 bis 45 Aepfel 15 bis 20 Tomaten 11 bis 12 je der Zentner. Reichliche Zufuhr, gute Nachfrage. Pflaumen sind rapid gefallen, für alle übrigen Obstarten Preise beständig.
r Stuttgart, 8. August. Schlachtviehmarkt.
Großvieh, Kälber, Schweine,
Zugetrieben: 109 187 475
Erlös aus '/z L^. Schlachtgewicht.
Pfennig
Pfennig
Ochsen
von
92 bis
95
Kühe
von
65 bis 75
— „
—
45 .. 56
Bullen
79 „
81
Kälber
98 „ 103
„
76 „
78
90 „ 96
Jungvieh u.
„
92 ..
94
„
78 „ 86
Iungrinder
„
87
90
Schweine
„
67 „ 69
84 ..
86
SO . 6«
—
56 . -
Niederstetten OA. Gerabronn, 8. Aug. Zur Zeit kommen hier schon große Quantitäten neuen Getreides zur Ablieferung. Die Qualität, besonders der Gerste, ist ganz außerordentlich schwer und gut in Farbe und Geruch. Ein Hektoliter Gerste wiegt 7,5 Kilogramm. Im Frucht- Handel werden für Gerste und Weizen 10 pro 50 Kilogramm bezahlt.
Rottenburg, 8. Aug. Der Hopfenbauoerein Schwarzwaldkreis beabsichtigt, in der Zeit vom 6. bis 8. Okt. in Rottenburg eine Hopsenschau mit anschließendem Bonitierungskurs abzuhalten. Aussteller! können bei der Schau sämtliche Hopsenproduzenten im Schwarzwaldkreis. Das auszustellende Hopfenquantum beträgt 1 Kilo, welches durch Vertrauensleute bei den Produzenten einem Hopsenhauscn von mindestens 3 Ztr. entnommen wird: vorgesehen sind ca. 30 Preise von 30, 20 und 10 Nähere Bekanntmachung über Hopfenschau und Bonitierungskurs wird ergehen, sobald der Ausschuß des Hvpfenbau- vereins die nötigen Vorbereitungen getroffen hat.
p Tettnaug, 8. Aug. 2m Laufe dieser Woche wird die Hopfenernte allgemein werden; zahlreiche Vertreter des Handels treffen ein. Gekauft wird fortgesetzt bis Zu 250 ^ der Zentner.
Eingesandt.
(Für Artikel unter dieser Rubrik übernimmt die Redaktion nur die preßrechtliche Verantwortung.)
Nochmals MLlchaufschlag betreffend!
Dem Eingesandt in gestriger Nr. des „Gesellschafter" stimmt gewiß der größte Teil der Einwohnerschaft zu. Demgegenüber wäre eins Milchwage sehr von hiesiger Stadtge- inetnde zu wünschen, damit wenigstens, wenn diese Preise für 1 ! Milch bezahlt werden müssen, auch eine Kontrolle geübt werden kann, wie cs in andern Städten schon längst üblich. Darauf haben die Einwohner ein Recht. Man lese nur die Zeitungen, so wird man tagtäglich von allen Plätzen Bestrafungen lesen, welche Milchproduzenten und Händlern zu Teil wurden, wegen gefälschter Milch. Bedenke man, daß an Plätzen, wo Kontrolle geübt, Fälschungen Vorkommen, wie wird es nun sein, wo keine besteht?, und das kaufende Publikum ganz auf die Produzenten angewiesen ist, welches gewiß für sein gutes Geld unverfälschte Milch verlangen darf. In Anbetracht dieser steigenden Milchpreise würde das Publikum es gewiß begrüßen, wenn die Stadtgemeinde eine Milchwage an- schaffcn wollte, damit dieselbe fleißig benützt werden kann zum Schutze der Käufer!!!
Einer für viele!
Literarisches.
Das 6. Bändchen der „Lebensfreude", welches den traulichen Titel „Lieb' Vaterland" führt (Verlag von P. I. Tanger in Köln, 160 Seiten kl. Oktav, in hübschem Leinenband 1.—.) ist soeben erschienen. Wem bei der Lektüre dieses Bändchens, das in begeisterten Sprüchen und kleinen Gedichten ein Spiegelbild deutschen Wesens und deutscher Art bietet, eine verwandte Saite im Herzen erklingt, der darf sich getrost als würdigen Sohn der begeisterten Vorkämpfer für Deutschlands Größe betrachten uud wem das Herz diese Sprache vielleicht nicht mehr spricht, er wird sie hier aufs neue lernen und aufs neue dem hehrsten aller Gefühle Raum geben: der heiligen Liede zum Vaterland.
Zu beziehe» durch die liL«»8«r'sche Buchhdlg. Nagold.
Paris, 6. Aug. In der Marokkofrage ist insofern ein großer Schritt geschehen, als sich jetzt in Frankreich niemand mehr daran stößt, daß die französische Handlungsfreiheit in Marokko durch eine koloniale Abtretung an Deutschland erkauft werden mutz, aber über die Größe des Tauschwertes und die Bedingungen des Handels gehen die Meinungen noch sehr auseinander. Was bedeutet vor allem die Handluncssreiheit in Marokko? Nach deutschen Begriffen darf Frankreich fortsahren, den Sultan militärisch zu unterstützen und seine Auslandspolitik zu leiten, aber die Deutschen behalten alle Freiheit, sich an den wirtichastttchen Unternehmungen Marokkos, an Bergwerken, Eisenbahnen, Straßenbau und Hafcnanlagen zu beteiligen. Damit sind
Mutmaß!. Wetter am Donnerstag u. Freitag.
Der neue aus Südwestcn vorgedrungene Hochdruck hat bis auf weiteres wieder alle Hoffnungen auf einen Wetterumschlag ausgelöscht. Der Einfluß der über der Nordsee lagernden starken Depression reicht nicht bis zu uns. Olein neuer aus dem Atlantischen Ozean nachfolgender Lustwirbel endlich durchbrechen wird, :st noch zu bezweifeln. Für Donnerstag und Freitag steht trockenes und warmes
! Wette r bevor.___
Hiezu das Plauderstübchen Nr. 32
Redaktion, Druck und Äertug der G. W. Zai) ersehen Buchdruckerei (Emil Zaiser) Nagold.
Stsrdtgemernde Nagolh.
Der Gemeinderat hat heute beschlossen, das
Begießen der Gärten mittelst Schlmrchs
a«s der städtischen Wasserleitung bis aus weiteres
zu verbieten,
dagegen solches mir Kannen zu gestatten.
Zuwiderhandlungen würden mit Konventionalstrafe bezw. Abstellung der Wasserleitung geahndet.
Den 9. August 1911.
(Hemeinderat: Vorstand Brvdbeck.
Nltensteig.
Ein neucrbantes
Wohn- Saus
mst Scheuer
und Stallung, samt 10 Morgen der besten
Litev
verkauft sofort billig
Schla
Kffringen.
Die Gemeinde bringt einen
F rrere n
im ösfentlicken Ausstreich
am nächsten Donnerstag den ZO. d. M.
nachmittags 5) Uhr
SM»
im Farrens.all Zum Verkauf. Den 7. August 1911.
Schultheißenarnt: Höhn.