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Fernsprecher Nr. 29.

88. Jahrgang.

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Beilagen: Plauderstilbchen, Illustr. Sonntagsblat, und

Schwab. Landwirt.

Samstag, dm 10. Juni

1911

K. Hbevcrrnt Wagokd.

Bekanntmachung betreffend Straßensperre.

Nach Mitteilung der Großherzogl. Wasser- und Straßen­bauinspektion Pforzheim wird infolge Ausführung einer umfassenden Kanalisationsanlage in Dill-Weißenstein etwa von der zweiten Hälfte des Monats Juli an die Landstraße Nr. 158 Pforzheim-Calw innerhalb des Ortes Dillweißen- stsin längere Zeit gesperrt und muß daher der Fuhrwerks­verkehr über Umwege geleitet werden.

Dies wird jetzt schon zur allgemeinen Kenntnis gebracht, damit etwaige größere Fuhren, besonders Holzfuhren, für welche die Umwege lästig sein möchten, noch vor Eintritt der Sperre vollzogen werden können.

Nagold, den 9. Juni 1911. Kommerell.

Bekanntmachung betr. Bausachen«

Mit dem L. Juli 1S11 tritt die neue Bauordnung in Krast. Von diesem Tage an sind auch solche Baugesuche, die vor dem 1. Juli eingereicht wurden, nach den neuen Bestimmungen zu behandeln. Dies kann in einzelnen Fällen zur Folge haben, daß Gesuche, die kurz vor dem genannten Zeitpunkt einkommcn und daher vor demselben nicht mehr genehmigt wrrden können, nachher abgeändert werden müssen, so daß den Baulusligen unnötige Kosten entstehen. Es empfiehlt sich daher, jedenfalls nach dem 2V. Juni lSII kein Baugesnch mehr beim Oberamt einzureichen, sondern mit solchem bis nach dem 1. Juli zuzuwarten und es den Bestimmungen der neuen Bauordnung anzupassen.

Die Ortsbehörden wollen die Baulustigen hierauf Hinweisen, auch dafür sorgen, daß alle Bausachen, welche zur Zeit im Laufe sind, insbesondere auch solche, welche infolge oberamtlicher Anordnung in irgendeiner Hinsicht zur Ergänzung hinausgegeben worden sind, mit möglichster Be­schleunigung sicher vorgelegt werden.

Nagold, 9. Juni 1911. Amtmann Mayer.

Der Wetterwart.

politische Umschau.

p Die Stuttgarter Sozialdemokratie hat durch ihre Parteiversammlnngen mit der nachträglichen Stellung­nahme zur Stadtoorstandswahl eigentlich eine recht dankens­werte Aufgabe erfüllt für diejenigen Kreise, die nicht blindlings dem alleinseligmachenden Genosscntum Gefolgschaft leisten, sondern die Dinge wenigstens so weit nüchtern beur­teilen, daß der nachfolgende Katzenjammer nicht gar zu groß ist. In der Tat, das Urteil des radikalen Kriteriums mutzte auch dem Gutmütigsten die Augen darüber geöffnet haben, wessen man sich zu versehen gehabt hätte, wenn der den eigenen Parieikreisen anrüchige Genosse Dr. Lindemann auf den Oderbürgermeistersessel gekommen wäre. Nach der reinen Parteidoktrin und Parteischablone hätte erregieren" müssen, sonst wäre es ihm wohl noch übler gegangen, als jetzt wo ihm die eigene Wählerschaft ostentativ den Dank versagte, nachdem die norddeutschenGenossen" schon vor­her schärfsten Tadel ausgesprochen hatten. Minister von Prschek aber darf in dem Ergebnis der neuerlichen Partei­versammlungen der Sozialdemokratie die beste Rechtfertigung für seine Haltung im Landtag zur Frage der Bestätigung oder Nichlbcstäligrmg eines sozialdemokratischen Sladtvor- stands erblicken. Die Regierung wird das ihr gewordene Material wohl fein säuberlich in den Akten verwahren. Es kommen auch wieder Zeiten. . .

Daß gewisse Kreise ein Interesse daran haben, im engsten Zusammenhang mit der Stuttgarter Stadtoor­standswahl die sattsam bekannte und genugsam erörterte Polizeifrage zu einer Haupt- und Staatsaktion zu machen, mag man begreiflich finden, aber so durchsichtig tendenziös, wie es geschehen, hätte man die Sache doch nicht angreifen sollen. Und wir glauben, die übereifrigen Stürmer haben die Sympaihie der Bevölkerung so wenig hinter sich und werden für ihr Vorgehen so wenig Ver­ständnis finden wie mit ihrer Outsider-Politik bei der Wahl selbst. Die Bevölkerung ist einsichtig genug, sich zu sagen, daß derjenige, dem die Ausarbeitung des staatlichen Disi- lationsberichts oblag, damit lediglich seine Pflicht als Be­amter erfüllt hatte, wie er sie jetzt als Stadtvorstand zu erfüllen hat, und daß auch für den Fall, daßUngünstiges" über die Stuttgarter Polizeiverwaltung in dem Bericht ent­halten ist, nur blinde persönliche Voreingenommenheit ihm die Fähigkeit absprechen kann, seinen neuen Posten nach Recht und Tüchtigkeit zu versehen. Im Gegenteil, wenn ein Mann die Fehler kennt, die den ihm unterstellten Ver­waltungsorganen anhafteten und noch anhaften, wer wäre g eigneier, die bessernde Hand anzulegen? Freilich dürfen

ihm von engherziger Gegnerschaft keine Prügel in den Weg geworfen werden. Und schließlich hängt das Wohl und Wehe der Residenz für das deren Vorstand besorgt zu sein hat, doch bei weitem nicht von der so fürchterlich aufge- bauschten Polizeifrage ab.

Ein Teil der parteipolitischen Presse hat es zuwege gebracht, über den Dank des Kaisers an den Reichs­kanzler ein Aufheben zu machen, als ob damit ein großer staatspolitischer Akt vollzogen worden wäre. Und doch lag nichts näher und war nichts natürlicher als daß anläßlich des Abschlusses so großer Reichsgesetzgebungswerke, wie es die Bersicherungsordnung und die elsaß-lothringische Reform sind, dem ersten Beamten des Reiches die kaiserliche Aner­kennung zuteil wurde. Das war so von jeher und wird auch ferner so sein. Wenn da eine Partei an einem solchen Werke mal nicht mitgewirkt hat, wie die Konservativen bei der elsaß-lothringischen Reform, so braucht man doch nicht gleich zu folgern daß der kaiserliche Dank für sie ein Tadels­votum enthalte, ein absichtliches, wie ein Teil der Parteipresse dies in das kaiserliche Schreiben hinein- und aus ihm herausgelescn hat. Man sollte doch auch auf politischem Gebiete noch etwas Natürliches, Unverzwungenes gelten lassen. Das Spiel von Irrungen und Wirrungen auf dem marokkanischen Schachbrett, das die Auslandspolitiker immer wieder erneut fesselt, wird immer kunterbunter. Die Franzosen sind nahe daran, sich durch ihreStcafexpeditionen" gegen einzelne Stämme, wobei es infolge Verwendung ein­heimischer Truppen nicht sonderlich zimperlich zugeht, den steigenden Haß der Bevölkerung zuzuziehen, und die Spanier sind jetzt über die unbequeme Ruhe auch hinweg, sie haben die Marokkaner jetzt glücklich soweit gebracht, daß sie auch mit ihnen im Guerillakrieg scharmützeln, und sie werden dafür von ihren Freunden, den Franzosen, die den afrika­nischen Lorbeer gar zu gerne allein geerntet hätten, recht derb angelassen. Dazu kommen noch Beschwerden der deutschen Mannesmann-Gesellschaft, die in dem Lande durch bergbauliche Interessen stark in Mitleidenschaft gezogen ist, über rücksichtsloses Vorgehen der französischen Expeditionen aus den Gebieten der Gesellschaft, so daß man bald nimmer ein und aus weiß aus dem Labyrinth, zu dem der franzö­sische Uebereifer die Gänge gegraben.

Die Türkei war allmählich daran, in dem aufrühre­rischen Albanien einigermaßen wieder Ordnung zu schaffen. Aber die Freude ist ihr gänzlich verdorben worden durch die unvermutete Erhebung eines neuen und zwar des mächtigsten Stammes. Und so wird man die bandwurm­artige Balkanchronik eben wieder auf unabsehbare Zeit weiterführen müssen.

Tages-Neuigketten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 10. Juni 1911.

* Vom Tage. Gerne verzeichnen wir. daß der Rat­hausbrunnen und seine beidenKollegen" in der Vorstadt bezw. in der Marktstraße wieder im Blumenschmuck prangen. Der Pflanzenwuchs erhebt sich aus Rindenkästchen, was sich sehr nett ausnimmt. Dem Beschauer fällt weiter ange­nehm auf, daß die Brunnenstöcke eine Auffrischung erfahren haben, was besonders deutlich bei dem die fehle Ursch el" darstellenden in die Erscheinung tritt. Sie will wohl zeigen, daß Sauberkeit manchmal über körperliche Schönheit gehe. _

o (Hültlirrgen, 9. Juni. Auch hier wird das Geschäft der Milchpanlscherei betrieben. Davon können die Molkereien und die Milchhändler nach Calw und Pforz­heim, welche öfters mit Strafzetteln bedacht werden erzählen. Mit Hilfe der Ortspolizei ist es nun gelungen zwei Personen, die es verstehen aus Wasser Milch zu machen, zu entdecken und vor dis Schranken des Gerichts zu stellen. Neben den Kosten, welche die Milchfälscher auch zu bezahlen haben, wurden Mutter und Tochter vom K. Schöffengericht Nagold zu einer Geldstrafe von je 25verurteilt; daß der Land­wirt auch beini Milchverkausspreis auf seine Kosten kommt, das ist der Wille aller Freunde der Urproduktion, anderer­seits aber muß von dem konsumierenden Publikum verlangt werden, daß es um sein teures Geld die Nahrungsmittel unverfälscht erhält. Hoffentlich hält dieser Fall wieder manchen von seiner unsauberen Machenschaft ab. Zu wünschen wäre, daß durch gesetzliche Vorschriften es möglich gemacht würde, daß die Milch nicht am Ankunfts-, sondern auch am Abgangsort periodisch von den Organen des Staats oder der Ortspolizei kontrolliert werden müßte. Diese Maß­regeln wären namentlich den Kindern zu gönnen, die nur auf Milch als ihre Hauptnahrung angewiesen sind. Eine außerordentlich gemeine Gesinnung legt der Mensch an den

Tag, der meint, die seinem Nebenmenschen zur Nahrung dienenden Mittel zu seinem eigenen Vorteil fälschen zu müssen.

Altingen, 8. Juni. Wie rasch und unvorhergesehen der Tod den Lebensfaden abreißt, ersah man wieder aus folgenden zwei Fällen in Nachbarschaft und Dorf. In Neusten fanden gestern abend, als sie von der Feldarbeit heimkehrten, die Angehörigen der Zimmermann Steh l e'schen Haushaltung diewie das Leben aussehende" 31jährige Hausfrau vom Schlage getroffen tot in ihrer Behausung. Heute nachmittag. 3 Uhr ertrank in dem Gipssteinbruch beim Bahnhof der mit Kameraden badende 10jährige Sohn des Bauern Scheusele von Kayh. Mit der kommenden Bade-Saison sei vor allem auch die Jugend gewarnt vor den heimtückischen Badeplätzen in Steinbrüchen, Lehmgruben und der ähnlichen zufälligen Bade- und Todesstuben!

Die Tagung der Deutschen Kolonialgesellschaft.

Stuttgart, 9. Juni. Die heutigen Verhandlungen der Hauptversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft wurden vom Präsidenten Herzog Johann Albrecht von Mecklen­burg, Regent von Braunschweig, mit einer Ansprache er­öffnet, in der er zunächst der kolonisatorischen Tätigkeit der Schwaben, gedachte und dann dem königlichen Gastgeber für die heutige Einladung auf die Wilhelm« aufrichtigen Dank aussprach. Don den Anträgen hob er besonders die­jenigen hervor, die den weiteren Ausbau des kolonialen Eisen­bahnnetzes fordern. Es könne mit Befriedigung festgestellt werden, daß es Dank dem energischen Eintreten des Staats­sekretärs des Reichskolonialamtes und Dank der Zustimm­ung unserer Volksvertretung gelungen ist, in so kurzer Zeit den Schutzgebieten die besten Eisenbahnverbindungen zu ver­schaffen. Er hoffe, daß der Weiterbau der Zentraldahnen baldigst in Angriff genommen werde. Zum Ort der nächst­jährigen Hauptversammlung wurde Hamburg bestimmt. Die Versammlung nahm sodann einen Antrag an, der die Hoff­nung ausspricht, daß die Reichskolonialverwaltung der Frage der Besiedelung Deutsch-Ostasrikas möglichste Aufmerksam­keit und Förderung zuteil werden läßt. Weiter wurde ein Antrag der Abteilung Goßlar angenommen, in dem der Staatssekretär des Reichskolonialamts und der Reichstag gebeten werden, in den Etat für die Kolonien dieses Jahr Mittel einzusetzen für die Fortführung der ostasiatischen Zentralbahn von Tabora nach dem Tanganjikasee und Vor­arbeiten für die Nordbahn von Moschi nach dem Viktoriasee.

p Stuttgart, 9. Juni. Die Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel ist mit der Untersuchung der Frage beauftragt, in welchen Gemeinden des Landes die Bau­spekulation einen Charakter angenommen hat, bei dem die Forderungen der Bauhandwerker und der Lieferanten von Baumaterialien in nicht seltenen Fällen gefährdet erscheinen und der die Einführung des zweiten Abschnittes des Reichs­gesetzes über die Sicherung der Bauforderungen vom 1. Juni 1909 rechtfertigen würde. Bis jetzt haben sich die württ. Handelskammern, abgesehen von den Städten Gmünd und Crailsheim, durchweg gegen die Einführung des zweiten Abschnittes dieses Gesetzes ausgesprochen. Die Stellung der Handwerkskammern dagegen ist nicht einheitlich. Der Bau­werkmeisteroerein Württemberg ist ebenfalls gegen die Ein­führung des Gesetzes in Stuttgart, ebenso die Handels­kammer und der Gewerbe- und Handelsverein Cannstatt; für die Einführung des Gesetzes haben sich erklärt: die Stuttgarter Handwerkskammer, der Verband der Flaschner­meister und Installateure, der Landesverband für dasTapezier- und Dekorateurgewerbe, der Landesverband der württemb. Gipser- und Stickkateurmeister, die Schlosser- und Schreiner- innung und der Tapeziermeisteroerein. Die Stuttgarter Stadtverwaltung steht auf dem Standpunkt, daß z. Zt. von der Einführung des zweiten Abschnittes des Gesetzes Abstand genommen werden könne.

Reutlingen, 8. Juni. Die Wirte Württembergs sind heute zu ihrem 26. Verbandstag in großer Anzahl in Reutlingen eingezogen. Bei der Sterbekaffe betrug der Mitgliederstand am 1. April ds. Is. 453 gegenüber 444 im Vorjahr. Es wurden im Berichtsjahr insgesamt 3450 Sterbegeld ausbezahlt. Die Einnahmen beliefen sich auf 6219,66 die Ausgaben auf 6105,53 so daß ein Barbestand von 114,13 ^ verbleibt. Das Vermögen der Kasse hat eine Zunahme von 1119,28 ^ erfahren und ist damit aus 14342,27 angewachsen. Beschlossen wurde,

die Sterbekasse des Landesverbandes der Wirte Württem­bergs durch Angliederung einer 3. Klasse mit 500 Sterbe­geld auszubauen.

r Rottwcil, 9. Juni. (Blitzschlag.) Heute mittag schlug der Blitz auf dem bei der gleichnamigen Ruine ge­legenen dem Grafen Bissingen Nippenburg in Schramberg gehörigen Hofgut Neckarburg in das Wohn- und Wirt­schaftsgebäude ein, das sofort in Flam men stand und bis