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Fernsprecher Nr. 29.
85. Jahrgang.
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Der Wetterwart.
Komische Ilmscha«.
x Zwei Ereignisse, die unmittelbar hinter uns liegen, haben dem politischen Leben der abgelausenen Woche in unserem Heimatlande den Stempel aufgedrückt: die Landtagsersatzwahl für den Bezirk Leonberg, über die am Mittwoch erstmals die Würfel gefallen sind, und die Wahl eines Stadtvorstands für Stuttgart. Daß die letztere das öffentliche Interesse in weit höherem Maße in Anspruch genommen, erklärt sich ohne weiteres durch die besonderen Umstände, gegeben durch die Frage: soll die schwäbische Residenzstadt einen sozialdemokratischen Gemeindevorsteher erhalten und sind die bürgerlichen Parteien in einem hochkritischen Moment wirklich einmal imstande, Solidarität zu zeigen, sich von engherzigen, wir wollen nicht einmal sagen spießbürgerlichen, Gesichtspunkten loszusagen?
Im deutschen Reichstag lauft's am Schnürchen. In zwei Tagen wurde das erste Buch der Reichsversicherungsordnung mit 176 Paragraphen erledigt. Schwierigkeiten lagen da zwar keine besonderen vor, da dieses Buch nur die für alle Gebiete der Versicherungen gemeinsamen Vorschriften enthält, aber aus dem Ganzen resultierte doch schon das kompakte Zusammenhalten der Mehrheit die sich in der Kommission zusammengesunden hatte und sür die die in dieser gefaßten Beschlüsse einfach das Gegebene waren. Beim weiteren Fortschreiten der Beratung veränderte sich das äußere Bild nur insofern, als der Tagesdurchschnitt an Paragraphen sich auf einige Dutzend ermäßigte, sonst aber läuft der Faden gleichmäßig ab; die Sozialdemokraten stellen und begründen ihre Anträge aus Erweiterung des Kreises der Ver- sicherungspslichtigen und der ihnen zu gewährenden Leistungen, die kompakte Rechte aber lehnt sie immer gleich konsequent kurzerhand ab. Nach außen hin ein so eben- und gleichmäßig Bild, als ob gar nichts Besonderes vorginge, als ob es sich nicht um das größte soziale Gesetzgebungswerk handelte. Aber geben wir uns keiner Täuschung hin: der Sturm aus die Ruhe folgt nach, und wenn es auch erst bei den nächsten Reichstagswahlen ist.
Ein Faktor, der in unserem wirtschaftspolitischen Leben eine bedeutende Rolle spielt, hat sein Debüt hinter sich; der deutsch-schwedische Handelsvertrag, dessen formeller Abschluß amtlich verkündet worden ist. Die endgültige Entscheidung steht allerdings noch aus, denn sie liegt beim Reichstag, der sich dieser Aufgabe noch vor Pfingsten entledigen soll. Es wird ihm dabei allerdings nichts anderes übrig bleiben als nach dem alten Erfahrungssatz zu handeln, daß ein magerer Vergleich besser ist als ein fetter Prozeß, d. h. daß in diesem Fall ein handelspolitisches Ueberein- kommen, auch wenn es nicht in allen Teilen befriedigt, einem Zollkrieg unter allen Umständen vorzuziehen ist. Wir brauchen nur'anzuführen, daß unsere Ausfuhr nach Schweden im letzten Jahre sich auf mehr als 190 Millionen ^ bewertete, die Einfuhr auf über 163 Millionen und daß eine Steigerung des gegenseitigen Handelsverkehrs in Rechnung steht.
Wenn wir uns im Auslande umschauen, so wollen wir über das Kreisspiel Marokko, Mexiko und die anderen nachgerade berüchtigten Dekorationsstücke der Weltpolitik diesmal hinweggehen und eine kleine Abschweifung nach einem Begebnis machen, das man so recht als eine Tragödie des Lebens ansprechen kann. Ganz unscheinbar vermeldete der Telegraph vor einigen Tagen aus Wien: „Das Oberhofmarschallamt hat den verschollenen, Johann Orth, gewesener Erzherzog von Oesterreich, für tot erklärt." Damit sind die Akten über einen Mann geschlossen, der in den mancherlei Tragödien, die die Chronik des österreichischen Kaiserhauses verzeichnet, eine tragische Rolle spielte. Wer war Johann Orth? Als Sohn des Großherzogs Leopold II von Toskana geboren, nahm er 1878 am bosnischen Feldzug teil, war 1883—87 Kommandeur in Linz, bewarb sich, angeblich, ohne Wissen der Regierung, um den bulgarischen Thron, fiel in Ungnade, verzichtete 1889 auf alle Rechte, wurde als „Johann Orth" Handelskapitän und war seitdem — versunken und vergessen.
In der sozialen Fürsorge kannte England bisher nur eine rein staatliche Alterspension, zahlbar vom 70. Jahre ab und im Höchstfälle 5 Schilling pro Woche betragend (1 Schilling — 1 ^ 2,15 ^H). Nun will es nach deutschem Vorbild weiter schreiten und zunächst die Kranken- und Arbeitslosenversicherung einführen, erstere einschließlich der Invalidität, letztere zunächst nur für Bauarbeiter und Maschinenarbeiter. Das Ganze wird etwa 14 Millionen englischer Arbeiter zugute kommen.
Samstag, dm 13. Wat
Deutscher Reichstag.
r Berlin, 12. Mai.
Pärsident Graf Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 12.17 Uhr. Die Beratung der Reichsversicherungsordnung wird bei § 340 ff. (Zusammensetzung des Kassenvorstandes) fortgesetzt.
Dr. Heinze (natl.): Die Sozialdemokraten haben klar ausgesprochen, daß die Ortskrankenkassen zu sozialdemokratischen Zwecken benutzt werden. (Geyer (S.) ruft: „Ganz niedrige Verdrehung." Präsident Graf Schwerin-Löwitz ruft Geyer zur Ordnung.) Ich erkenne an, daß auch Ortskrankenkassen in sozialdemokratischen Händen Gutes geleistet haben. Es ist aber erwiesen, daß sozialdemokratische Agitatoren nur wegen ihrer Parteitätigkeit als Kassenbeamte angestellt werden. Wir stehen auf dem Boden der Kommissionsbeschlüsse und nehmen an, daß dadurch die Krankenkassen für ihre eigentliche Aufgabe, die soziale Fürsorge, mehr frei gemacht werden und das Vertrauen weiter Kreise zu ihnen befestigt wird.
Behrens (w. Vgg.): Brauchbare sozialdemokratische Kassenbeamte haben auch für die Zukunft nichts zu befürchten. Auch wir stehen auf dem Boden der Kommissionsbeschlüsse.
Schmidt-Berlin (Soz.): Alle hier gehörten Reden sollen nur wohlerwogene politische Interessen und Absichten der bürgerlichen Parteien verdecken. Auch ohne behördliche Aussicht ist eine Selbstverwaltung möglich, das beweisen die Berufsgenossenschaften. Die Beseitigung von Mißständen ist nicht die alleinige Triebfeder für diese Gesetzgebung. Man will es dahin bringen, daß die Leistungen der Kassen beschränkt werden. (Hört! hört! Sehr richtig bei den Soz.)
Kurleski (Pole): Der Entwurf bedeutet eine Entrechtung der Arbeiter. Ausnahmegesetze haben immer den entgegengesetzten Erfolg. Die Kommissionsbeschlüsse sind für uns unannehmbar.
Irl (Z.): Wir haben allen Anlaß, jetzt dafür zu sorgen, daß die Mißstände in der sozialdemokratischen Kassenleitung von Grund aus beseitigt werden.
Cuno (f. Bp.): Daß der sozialdemokratischen Mißwirtschaft in den Ortskrankenkassen ein Ende gemacht werden muß, darin sind alle Parteien einig, mit Ausnahme der Sozialdemokraten. Der Kompromißantrag zu § 358, wonach das Nähere über das Verfahren bei Entlassung eines Angestellten wegen Vergehens gegen die Ordnung durch die kaiserliche Verordnung geregelt werden soll, erleichtert uns die Zustimmung zu den Kommissionsbeschlüssen. Indessen verlangen wir gemeinsame Beschlußfassung beider Gruppen bei der Wahl des Vorsitzenden.
Heine (Soz.): Die Interessen der Arbeitgeber können zu einer Verbesserung der Kassenleistungen nicht führen, deshalb mußte die Arbeiterschaft sich der Kassen bemächtigen. Die Aufsicht der Behörden hat sich stets als ein Hemmschuh erwiesen, wenn die Kassen über das hinausgehen wollten, was unbedingt nötig war. Die Behauptung, die Sozialdemokratie trage die Politik in die Ortskrankenkassen, ist ordinärste politische Hetzerei. Sonderbar war es, daß ich als Verteidiger in einem Prozeß ein Urteil später zugestellt erhielt, als Graf Westarp es mir vorlegen konnte. Dies zeugt für die guten Beziehungen des Grasen Westarp. (Graf Westarp ruft: Ich habe aus der Zeitung vorgelesen und legt die Zeitung aus den Tisch des Haches. (Lebhaftes Bravo und schallende Heiterkeit.) Heine fortf.: In diesem Urteil sind Zeugenaussagen von Sozialdemokraten einfach unterdrückt worden. (Zuruf: Reichslügenverband!) Vizepräs. Schultz: Die Art, wie hier immer der Reichsoerband von der Sozialdemokratie bezeichnet wird, ist kränkend. (Großer Lärm. Ruf: Sie haben hier objektko zu präsidieren, nicht als Reichsverbändler. Erneute große Unruhe. Vizepräs. Schultz: Es ist empörend, wie Sie sich den Mahnungen des Präsidenten gegenüber verhalten.) Wir haben kein Vertrauen, daß das Gesetz loyal gehandhabt wird. Wir Kämpfen hier nicht um die Futterkrippe, sondern um das Bestehen der Freiheit in der Selbstverwaltung. _ (Forts, folgt.) _
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 13. Mai 1911.
Von prinzipieller Bedeutung ist eine kürzlich in Stuttgart gefallene Entscheidung. Eine Innung in Heilbronn a. N. hatte ihren Mitgliedern verboten, bei staatlichen oder städtischen Submissionen Einzelangebote einzureichen. Die Innung wollte selbst die Eingaben machen und dann die Lieferung von sich aus an ihre Mitglieder überweisen. Da nun eine Staatsbehörde hier nicht darauf einging, sondern sich an auswärtige Lieferanten wandte, die Innung
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also ausgeschaltet werden sollte, so richtete diese mit Unter
stützung der Handwerkskammer eine Beschwerde an die Oberbehörde in Stuttgart, und diese gab nun die Weisung, daß das Angebot der Innung anzunehmen sei, womit gewissermaßen die Stellungnahme der Innung zum Prinzip erhoben wurde.
Rottenburg, 11 . Mai. Vom Glück begünstigt waren drei Tübinger Jäger, die Herren K. Häfele, Privatier Bossen- maier und Metropoltheaterbesitzer Mayer. Sie schossen diese und die letzte Woche jeder einen prächtigen Auerhahn im Rottenburger Stadtwald. Da wird dem schönen und seltenen Wild bald der Garaus gemacht sein.
Calw. Eine heitere Episode aus einem verseuchten Ort: „Geht da dieser Tage in den Straßen eines verseuchten Ortes, den Kopf stolz in die Höhe, eine Gans, wohlgemerkt eine richtige, leibhaftige Gans, mir nichts, dir nichts, spazieren, ganz als gehe sie der strenge Befehl nichts an, wonach alles Federvieh die Straßen zu meiden habe. Aber sehr bald wird die Promenade unterbrochen. Das Auge des Gesetzes hat sie erschaut, und nach einer aufregenden Jagd muß sie sich der Uebermacht ergeben. Aus den Armen des Schutzmanns, unter doppelter polizeilicher Begleitung wird das arme Geschöpf aufs Rathaus gebracht, wo ihre Personalien festgestellt werden sollen. Sie verweigert aber jede Auskunft. Zur Strafe dafür wird sie einen Tag in Haft behalten. Was muß man aber am andern Tag erblicken! Statt daß die „dumme" Gans nach Haus geht begibt sie sich an den Bach, um ihren Durst zu stillen und kommt von selber wieder in ihre neue Heimat zurück, offenbar um ihren Eigentümer nicht in Verlegenheit zu bringen. Seither ist sie nicht mehr aus diesem Stall herauszubringen. Ein glänzendes Beispiel für die Intelligenz einer Gans, natürlich speziell dieser Gans."
Die Stuttgarter Oberbürgermeister-Wahl. Stuttgart, 12. Mai. (Telegramm nachts Kft/z Uhr). Bei der heutigen Stadtschultheißenwahl fielen auf den Kandidaten der Nationalliberalen Partei, der Konservativen und des Zentmms, Regierungsrat Lautenschlager 14 888 Stimmen; auf den Kandidaten der Sozialdemokratie, Schriftsteller Dr. Lindemann 12 472 Stimmen; auf den Kandidaten der Volkspartei, Oberbürgermeister Dr. Keck 3271 Stimmen. Gewählt ist somit Lauteuschlager.
Es war unstreitig ein großer Tag, da heute nicht nur die gesamte wahlberechtigte Bürgerschaft der Haupt- und Residenzstadt, sondern überhaupt alle Bürger in den Strudel des politischen Lebens mit fortgerissen wurden. In allen Bürgerhäusern, ja selbst bis in die Reihen der Jugend hinein nahm man Anteil an der großen Wahlbewegung. Heute sollte die Entscheidung darüber fallen, wem die Geschicke der schwäbischen Landeshauptstadt anvertraut würden. In allen Stadtteilen waren die Wahlbureaus, besonders in den Mittags- und Abendstunden, der Sammelpunkt der zahlreichen Wähler, Gegen Abend wurde das Treiben auf den Straßen immer lebhafter, die Anschlagsäulen waren umlagert, es drängte alles zur Entscheidung. Kurz nach 7 Uhr begann schon die Ansammlung vor dem Geschäftshaus des Neuen Tagblatt, an dem die Wahlresultate bekannt gegeben wurden. Auf der Königstraße und besonders vor dem Königsbau bildeten sich zahlreiche Gruppen, die aus das Aushängen der Extrablätter warteten. Die Cafes und Restaurants waren alle besetzt und alle Telephone daselbst waren beständig belegt. Die Spannung war aufs höchste gestiegen, bald hatte Lautenschlager, bald Lindemann die Mehrzahl der Stimmen. Endlich kurz nach 9 Uhr verkündete das Neue Tagblatt den Sieg des bürgerl. Kandidaten Lautenschlager. Laute Hochrufe erschallten und schnell zerstob die zahlreiche Menge nach allen Richtungen. Auch das Rathaus war von Menschenmengen umlagert und in dem städtischen Wahlbureau dauerte es noch ziemlich lange, bis das amtliche Wahlresultat bekannt gegeben werden konnte. Es hatten 30631 Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Reg.-Rat Lautenschlager erhielt 14888, Dr. Lindemann 12472 und Dr. Keck 3271 Stimmen. Dieses Resultat bedeutet einen glänzenden Sieg der vereinigten drei bürgerlichen Parteien über die Kandidatur des Landtagsabg. Dr. Lindemann und dieses überraschend günstige Ergebnis wurde auch überall freudig ausgenommen, da auch wohl nur wenige Optimisten mit einer Stimmenmehrheit von 918 Stimmen sür Karl Lautenschlager gerechnet hatten. Es war natürlich daß im Stadtgartensaal. wo die Deutsche Pattei sich zur Entgegennahme des Wahlresultats eingesunden hatte, großer Jubel herrschte. Reg.-Rat Lautenschlager der sich nach Bekanntgabe des Wahlresultats im Saale eingefunden hatte, wurde stürmisch gefeiert und allseits herzlich beglückwünscht.