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Schwab. Landwirt.
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Dienstag, den 8. Movemöer
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K. Gbeircimt Wcrgotd.
Bürgerausschutzwahle« betreffend.
Den Gemeindetäten wird empfohlen, die im Monat Dezember ds. Is. verfallenen Bürgeraasschnftwahlen womöglich in den ersten zehn Tagen des Monats vorzunehmen, damit wegen Erledigung von Beschwerden über die Wählerlisten und über das Wahlergebnis nicht mehrere Sitzungen des Bezirksrats erforderlich sind.
Ueber die Wahl der zwei Beisitzer des Wahlvorstands rc. (Art. 16 der Gem.-Ordng.) ist stets ein Eintrag in das Gemeinderatsprotokoll zu machen.
Bemerkt wird, daß Beamte und Unterbeamte der Gemeinden ihren Dienst niederzulegen haben, falls sie eine Wahl in den Bürgerausschuß annehmen. (Art. 46 der Gem.-Ordn.)
Im übrigen wird auf das oberamtliche Ausschreiben vom 6. November 1909, betr. die Gemeinderatswahlen, hingewiesen.
Den 5. November 1910. Kommerell.
Politische Uebersicht.
Die Pfarrer der evangelischen Gemeinden
Münchens wenden sich in einer sogenanten „öffentlichen" Ansprache gegen die freireligiöse Bewegung der Gegenwart, die sich zwar in erster Linie gegen den Gewissenszwang der römisch-katholischen Kirche richte, aber zugleich das gesamte Christentum überhaupt in jeder Form bekämpfe und sich gerade München zum Hauptangriffspunkt genommen habe.
Die in der Schrift „Wir Katholiken nnd die — Anderen" dem König von Sachsen zugesügte Kränkung hatte bis jetzt aus dem katholischen Lager nur sehr schüchterne Zurückweisungen erfahren. Ein paar deutsche Zentrumsblätter waren zwar so höflich, den Ton der „Randglosse" zu tadeln, aber Msgr. de.Mathies suchte mit kindischen Ausflüchten — er habe ja keinen Namen genannt, — die Sache auch noch ms.Lächerliche zu ziehen. Mathies hat aber den ominösen Passus aus der zweiten Auflage seines Buches gestrichen, mlsv damit doch zugegeben, daß er sich vergangen hatte, adenaus Rom liegt noch immer keine tadelnde Aeutzerung über diesen Mann vor. Da hat sich denn der sächsische Bischof Dr. Alois Schäfer entschlossen, in einem persönlichen Handschreiben an den Papst gegen die gehässigen Verunglimpfungen, die Mathies, „wenn auch ohne direkte Mamensnennung, so doch mit unzweifelhafter Undeutlichkeit dem König von Sachsen angetan hat", in scharfer Weife Protest zu erheben. In Sachsen begrüßt man dieses Vorgehen des Bischofs mit dankbarer Anerkennung.
Von der böhmischen Verständignngsaktion wird
gemeldet, daß es dem vorbereitenden Komitee gelungen sei, sich über den bisher strittigen Paragraphen 41 der Landesordnung, der die nationale Sektionierung im Landesausschuß betrifft, zu einigen. Anderseits hat der deutsche Bolksrat für Böhmen eine Kundgebung beschlossen, wonach die Aus
gleichsvereinbarung über die Sprachenfrage für unannehmbar erklärt, jedoch eine Fortsetzung der Verhandlungen gefordert wird.
Das portugiesische Amtsblatt veröffentlicht das
Ehescheidungsgesetz, das sofort in Kraft treten soll. — Der Zentralrat der portugiesischen Sozialisten sprach sich dahin aus, daß der provisorischen Regierung keine Schwierigkeiten bereitet werden dürften. — Etwa 50 portugiesische Jesuiten, die letzten, die ausgewiesen worden sind, haben sich gestern nach Holland eingeschifft.
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, den 7. November 1910.
Seminar-(Silcher)Konzcrt.
^ Das nächsten Sonntag zu erwartende Konzert ist in seinem gesanglichen Teil dem deutschen Volkslied gewidmet, dessen Text und Melodie den Tiefen der Volksseele geheimnisvoll entquollen, dessen Wort- und Tondichter, nur selten bekannt, ohne literarischen Ehrgeiz aus eigenem Bedürfnis und aus dem Herzen des Volkes heraus sprachen und sangen, gleichsam dessen Gedanken und Gefühle aus diese Weise verkörpernd. Und diese schlichten, anspruchslosen Laute der Natur drangen zum Herzen des Polkes und fanden darin jederzeit und allenthalben freudigen Widerhall. Sie kamen aber auch jedem Bedürfnis und jeder Regung desselben entgegen und besangen bald die Natur mit ihrem geheimnisvollen Leben, bald das Wandern hinaus in ihre Schönheit, bald das Lied selbst mit seinem Zauber, bald die Freundschaft und Kameradschaft mit ihrer Aufopferungsbereitschaft, bald aber und zumeist die Liebe im engeren Sinn in allen ihren Entwicklungs- und Erscheinungsformen, wie sie sehnsüchtig der Zukunft und Entscheidung entgegenzittert oder lustig und fröhlich ist, scherzt und neckt oder aber wehmütig des herben Scheidens gedenkt.
Dieser Volkslieder, die lange ein ungeschriebenes Dasein führten und nur von Mund zu Mund sich fortpflanzen, deshalb aber mannigfach eine Veränderung und Verunreinigung nach Inhalt und Musik erfuhren, hat sich Silcher, dessen Heuer als bei der 50. Wiederkehr seines Todestages (26. Aug. 1860) auch in diesem Blatte schon gedacht wurde, besonders angenommen, sie mit Bienenfleiß gesammelt, womöglich auf ihre Urform zurückgeführt und, wo das nicht möglich war, wenigstens von ihren Schlacken gereinigt. Er hat ins Volk hineingehorcht und ihm seine Weisen abgelauscht ; er war deswegen auch befähigt, eigene Bolksmelo- dien da ins Leben zu rufen, wo solche volksmäßigen Verse noch fehlten. Wir nennen hier nur seine bekanntesten: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten", „Aennchen von Tharau", „Morgen muß ich fort von hier", „Zu Straßburg auf der Schanz." Ja im Volkslied und seiner idealen Pflege — hat er doch nicht bloß deutsche sondern auch portugiesische, spanische, französische, russische, irische, schottische, dänische, selbst persische Volkslieder zusammengetragen und in Töne und Harmonien gefaßt — liegt Silchers Größe und Be
schränkung zugleich, gilt er doch unbestritten als der erste
deutsche Komponist volkstümlicher Melodieen und Lieder.
Dieses verdienstvollen Mannes in einem Lehrerseminar, zumal einem schwäbischen, besonders und ausdrücklich zu gedenken, findet seine Berechtigung, ja seine Selbstverständlichkeit nicht bloß darin, daß derselbe in einem Schuihause (Schnaith OA. Schorndorf) als der Sohn eines Lehrers (27. Juni 1789) geboren, daß er selbst zum Lehrer ausgebildet worden und als junger vielseitig veranlagter, insbesondere im Zeichnen und Malen talentierter Mann im praktischen Volksschuldienst bis zu seiner Ernennung zum Universitäts- Musik-Direktor in Tübingen gestanden ist, daß wir Volksschullehrer ihn mit Recht und Stolz also den Unsrigen nennen dürfen, sondern noch mehr in dem Umstande, daß die künftigen Lehrer — und für einen Teil der Seminaristen bildet ja dieses Konzert fast die Ausgangspforte ins Leben — auch das Volk studieren und kennen lernen und ihm die Perlen Silcher'scher Musik darbieten sollen und dürfen.
Aber das Konzert will auch den Bewohnern der Stadt und Umgegend und allen Freunden der Musik den Meister unserer Volkslieder, an denen wir uns so oft erquicken, vor Augen führen und ihnen zeigen, wie diese einfachen, schlichten Weisen, richtig aufgefaßt und von wohlgeübten Sängern wiedergegeben, immer noch die schönsten Rubriken unserer musikalischen Schatzkammer darstellen.
Zur Abwechslung des logisch aufgebauten Programms dienen nicht bloß die verschiedenen Chöre — Männerchor, gemischter Chor, Duett (Frl. Schuster und Frl. Stähle), unter welche die Silcherlieder verteilt sind sondern auch die instrumentalen Tonstücke, die zwischen dieselben eingestreut werden, sie vertiefend und untereinander verbindend.
So steht uns wieder ein hoher, eigenartiger Musikgenuß bevor, dem unsre geräumige Turnhalle ihre Tore für jedermann öffnen wird.
r Herrenberg, 7. Nov. Die bürgerlichen Kollegien haben das Armenhaus an die Amtskörperschaft um 13000 Mark verkauft. Diese braucht das ganze Anwesen nötig zu den Zwecken der Wanderarbeitsstätte. — Den Veteranen wurde auf ihre Champignyfeier eine Ehrengabe von 10 ^ pro Mann verwilligt; die Veteranenwitwen erhalten je 5
Calw, 4. Nov. (Handelskammer.) Zu Beginn der heutigen Sitzung verlieh der Vorsitzende, Fabrikant Georg Wagner-Calw, dem freudigen Dank der Kammer darüber Ausdruck, daß Herr Staatsrat vonMosthas, dem ein hohes Reichsamt angetragen war, an der Spitze der Zentralstelle sfür Gewerbe und Handel verblieben sei. — Aus dem Einlauf ist hervorzuheben ein Ersuchen der Kgl. Generaldirektion der Posten und Telegraphen um Empfehlung der allgemeinen Einführung von Normal briesu irisch l ä g e n von der in der Geschäftswelt schon jetzt vorzugsweise angewandten Größe von 15,5 < >n Breite und 12,5 -mi Hölze. — Unter den Büroberichten interessierte besonders derjenige über die Erfahrungen mit der Gestellung von Güterwagen seit Einführung der Deutschen Güterwagenge- meinschast. Die Festsetzung eines Zeitpunkts am Nachmittag, von dem an die Stationen den Bestellern über die
Festspiel
zur Einweihung des Hornisgriudeturms*)
am 30. Oktober 1910 von Elsa Nauwerck.
Moosbart: Nun also doch — sieh her mein Kleiner, hier — Ein Riesenbau, gemacht von Menschenhand,
Respekt! Respekt! Manch Schönes schufen wir — Doch solch ein Werk kein Zwergenkopf erfand....
Aus Gold und Silber schmieden wir im Berg Für schöne Nixlein manch ein zart Geschmeid;
In Fels und Stein, im Höhlen-, Grottenbauen,
Da wissen wir vortrefflich ja Bescheid.
*) Die Hornisgrinde ist als höchste Erhebung des nördlichen Schwarzwalds auch uns Wiirttembergcrn teuerwcrt. Wir Nagolder insbesondere richte» beim Besteigen unsrer Höhen (Eisberg, Kühleberg rc.s stets zuerst unseren Blick hin zur „Grinde": wir beobachten im Frühjahr ob sie noch die Schneekappe trägt und im Sommer gucken wir nach ihrein Signalturm aus. Nun aber sehen wir ihren neuen herrlichen Turm, wenn auch in weiter Ferne. Es dürfte nun vielen Naturfreunden eine Freude sein, das Festspiel zu lesen, welches wir durch die Güte des Vorsitzenden der Sektion Achern des Badischen Schwarzwaldoereins Herrn Fabrikdirektor Nauwerck in Ober-Achcrn zur Verfügung gestellt erhalten behufs Abdruck. Herr Nauwerck war die Seele des Unternehmens, uud ihm wurde beim Festakt der Dank ausgedrückt durch Herrn Bürgermeister Dr. Thoma-Frciburg. Wir erwähnen, daß das Festspiel von Frau Elsa Nauwerck verfaßt und durch die vier Kinder des Ehepaars Nauwerck mit schöner Wirkung zur Darstellung gelangt ist. — Moosbarl und Biber erschienen als Berqzwcrge im bekannten Kostüm der Zwerge (brauner Kutte und Kapuze) Woge lind und Wellgunde als Nixen in zarten, duftigen Gewändern.
Doch solch ein Riesenturm erschreckt uns fast,
Wie schafft man denn nur diese Blöcke her? Vermessen fast scheint mir ein solches Werk —
Dem Menschen ist doch nichts zu hoch und schwer.
Biber: Wie anders war es doch in alter Zeit!
Herr war das Zwergenvolk hier ganz allein.
Gar manches Tänzchen führten froh wir auf In Sommernächten hier im Mondenschein.
Moosbarti Nun sind wir in den tiefen Berg verbannt, Wir wagen uns heraus nur ab und zu —
Dem Menschenvolk gefällts aus unsrer Höh,
Und selbst bei Nacht stört es uns unsre Ruh.
Ja selbst im Schneesturm kommen sie herauf, Kein Winkelchen ist ihnen heilig mehr,
Auf langen Dingern sausen sie dahin Durch unsre lieben Wälder kreuz und quer.
Biber: Neugierig wagt ich mich einmal heraus,
Gern hält' ich einen rasch am Bein gepackt,
Ratsch, fuhr er über mich in schnellem Lauf —
Mein armes Bäuchlein wurde schwer gezwackt.
Moosbart: Und doch, wenn sie zu jeder Jahreszeit So fröhlich strahlend oben kommen an Und jauchzen oder singen froh ein Lied —
Die Menschen haben es mir doch angetan.
Man sagt von ihnen, daß so selten Glück,
Doch oftmals Sorge wohnt in ihrer Brust —
Ich glaub es nicht, aus ihrem Auge strahlt Hier oben stets Gesundheit, Lebenslust.
Biber: Du, laß uns doch einmal zum Turm hinauf, Komm her, wir Wagens, wie mags oben sein?
Der ist gar hoch, vielleicht gelingts zu schauen Von dort in unseren Mummelsee hinein.
Moosbart (auf dem Turm): O Wunder, ach, so Schönes sah Wie herrlich weitet sich das fülle Land — sich nie — Manch hohe Tanne schon erklettert ich,
Doch nie mein Aug solch holde Weide fand.
Biber: Und sieh, hier unten, wie ein dunkles Aug'
Da liegt der waldumsäumte Mummelsee —
Vielleicht, daß ich die muntern Nixlein auch Bei ihrem frohen Wellentanz erspähe.
Moosbart: Sieh da, ein Leuchten Heller Schleier dort — Sie schauen erstaunt herauf, was das nur wär.
Ihr Nixlein hold, Wellgunde. Wogelind,
Ihr Mummele kommt eilend zu uns her.
(Sie rufen: Hoiho, hoiho, Wellgunde, Wogelind.)
Wogelind: Wahrhaftig Vetter Moosbart, nicht umsonst Hat uns Dein Ruf gelockt vom Wellcnspiel.
Nicht gern zwar wagen wir uns auf das Land — Doch habt Ihr recht, zu sehen gibts hier viel.
(Die Zwerge winken vom Turm.)
Wellgunde: Ja, ja. wir eilen — komm nur Wogclind — Sieh, wie der Turm sich stolz vor uns erhebt,
Wie er mit seiner festen Zinnen Schmuck Sich prächtig ab vom blauen Himmel hebt.
(Die Nixen gehen auch auf den Turm, die Zwerge necken die Nixen.)