Atzüs- um) IntelkigenMatt für äen Bezirk

Dienstag, äen 2^. September 1889.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 L», dnrch

ote Post bezogen im Bezirk 2 «L 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 70

«rscheint Menstag, A«kE»t«s L Samstag.

Die Rrrrückungsgebühr smügt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12

Amtliche Bekanntmachung

betr. MWregeln ;ur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.

Durch Erlaß der K. Kretsregierung vom 21. d. M. ist die Abhaltung des auf Mittwoch, den 25. d. M. in Calw verfallenen Vieh- und Schweinemarktes verboten worden.

Der gleichzeitig verfallene Pferdemarkt wird von dem Verbot nicht berührt.

Desgleichen wird der auf 2. Oktober d. I. in Leon­berg verfallene Viehmarkt nicht abgehalten werden.

Calw, den 23. September 1889. K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Die Ortsvorfteher

werden mit Bezugnahme auf den oberamtlichen Erlaß vom 12. d. M., be­treffend den Vollzug des landwirthschastlichen Unfalloersicherungsgesetzes im Calwer Wochenblatt Nr. 109 an die alsbaldige Vorlage der auf 1. Sep­tember d. I. revidirten Listen über die fingirten Steuerkapitale Anlage U der Minist.-Verfügung vom 13. März 1888 erinnert. Der Stand auf 1. September 1889 ist in der Liste selbst nachzutragen, und vom Gemeinde­rathskollegium unter Angabe des Dalums zu beurkunden.

- Calw, den 23. September 1889. K. Oberamt.

Amtmann Bar.tsch.

Gcrges-Weuigkeiten.

Calw. Reichstagswahl. Wie man von Neuenbürg es» fährt, hat man auch dort die Hoffnung, daß der Wahl des nationalgesinnten Landgerichtsrats Frhrn. von Gültlingen keinerlei Schwierigkeiten ent» gegenstehen werden. Man habe zwar immer gehofft, daß ein größerer Indu­strieller des Enzthales ein Mandat anzunehmen geneigt wäre; übrigens lägen noch 3 volle Wochen vor dem Wahltage. Wir haben die Ueberzeugung, daß gegen das am Donnerstag bei der hies. Versammlung zur Verlesung gekom­mene Programm des Kandidaten wohl wenig eingewandt werden kann und zudem wird bei der, vielleicht am Sonntag schon, in hiesiger Stadt statt fin­denden Wählervrrsammlung jedermann Gelegenheit geboten sein, die Stellung­nahme des Kandidaten auch in einzelnen Fragen zu erfahren.

Calw. Der gestrige für die Hauptversammlung des Württ. Schwarzwaldvereins bestimmte Sonntag war ein vollständiger Regentag, daher entsprach auch die Beteiligung auswärtiger Mitglieder unfern Erwartunaen bei weitem nicht. Etwa 30 Herren und 2 Damen hatten sich morgens 8 Uhr auf dem Sammelplatz, dem Bahnhof Liebenzrll, eingefunden und trotz strömenden Regens wurde der geplante Morgenspaziergang angetreten, der zunächst durchs Kohlbachthal führte, wobei die neuerstellte kühn von Fels zu Fels ragende Naturbrücke eine angenehme Ueberraschung bot. Weiter führte der Weg über den neu erschlossenen Aussichtspunkt Bellevue, von dem aus das Städtchen Liebenzell in reizenoer Lage erschewt, auf die Ernstmühler Platte, welche jetzt herzhaft betreten werden kann, indem ein eisernes Geländer vor Absturz schützt, ferner ist durch geeignete Ausholzung des Nächstliegenden Waldes thalaufwärts freiere Aussicht geboten. Die Gesellschaft war nun dermaßen durchnäßt, daß die meisten Herren die Damen hatten sich bescheiden zurück» gezogen auf dem nächsten Wege den gastlichen Räumen des Hotels z. Rößle in Hirsau in raschem Tempo zueilten und nur 5 rüstige Wan» derer führten die ganze vorgesehene Tour über die Pflanzschule, durch's Felsen» meer ins Schweinbachthal aus. Es war dies eine Leistung, die den Be« teiligten tagsüber öfters wiederholte Anerkennung einlrug. Eben das obere Schweinbachthal war von unserem Vorstand, Hrn. Oekonomierat Horlacher, beauftragt, den ankommenden Schwarzwaldvereinlern, Hrn. Baurat Rhein» hard an der Spitze, eine in Veis gesetzte Ansprache entgegen zu halten, welche nun infolge des abscheulichen Wetters im Rößlessaal in Hirsau zu lesen war. Die Reime haben Bezug auf die Absicht des Vorstands des Haupt» Vereins, welcher, das starke Gefäll des Baches benützend, an geeigneter Stelle gerne eine Fontaine geschaffen hätte; sie lauten:

Schweinbachthal bin ich genannt.

Obwohl schon Mancher

Den Namen nicht ästhetisch fand.

Doch will ich Schweinbachthal stets heißen,

Meine Schönheit wird den Namen preisen Und Hab' ich erst den Wasserfall,

Ertönt mein Lob wohl überall,

Doch mit dem Geyser bleibt mir ferne,

Mein Bach fließt nur und springt nicht gerne.

Nachdem noch einige Herren das Kloster besichtigt hatten, ging« teils zu Fuß, teils per Bahn thalaufwärts nach Calw.

Um 2 Uhr begann die Tafel im Hotel Kuom. Link« vom Ein­gang in den schön geschmückten Saal grüßten die Morte eines über die Wetter­lage sich stets auf dem Laufenden haltenden Mitglieds:

Feuilleton.

Zwei W e g^e.

Novelle von Ch. Fester.

(Fortsetzung.)

Endlich legte Sir Prendergast die Zeitung bei Seite und, nachdem er nach links und rechts einen Blick geworfen hatte, begann er in seinem gewöhnlichen be­dachtsamen und bestimmten Tone, indem er mit seinem goldenen Pince-nez, das er von seinen Augen genommen hatte, sich auf die Finger der linken Hand klopfte:

Und jetzt, mein liebes Kind, wirst Du so freundlich sein und mir sagen, welches der Schluß dieser kleinen Komödie sein wird? Ich muß Dir gestehen, daß es mir schwer wird, den etwas verwickelten Knoten zu lösen. Ich bin ganz verwirrt!"

Und warum, Papa?" erwiederte Kamilla, ohne im geringsten ihre Lage zu ändern, oder einen Blick auf ihren Vater zu werfen.

Warum?" wiederholte der Baron, mehr als je erregt.Well gestern in der That Dein Betragen keineswegs gesundem Sinn entsprang. Ich dachte fast, daß Du Deinen Verstand verloren hättest!"

Papa!"

Kamilla stand mit der Miene einer beleidigten Königin auf und mit zornge­röteten Wangen setzte sie den Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, bei Seite, als ob sie sich der Unterredung entziehen wollte. Aber Sir Prendergast ging auf sie zu md legte seine Hand auf ihre Schütter.

Nein, nein, ich muß mit Dir sprechen," sagte er,ich werde nicht zu lange Deine Geduld in Anspruch nehmen. Setze Dich, mein Kind, und höre dem zu, der das größte Recht hat, Dir zu raten. Ich denke. Du bist genügend davon überzeugt, daß ich Dich in keiner Weise zwinge, Deiner Neigung entgegen eine Verbindung ein­zugehen. Ich kann aber nicht ruhig zusehen, wie Du Dein Glück verscherzest. Laß uns offen sein! Wir sind allein, Du bist mein einziges Kind, auf Dich konzentriert sich meine ganze Hoffnung. Du bist nun sechsundzwanzig Jahre alt und seit Deiner

Geburt hast Du in keiner Weise Beschränkung kennen gelernt. Ich bin Schuld, daß Du den Luxus für notwendig hieltest; um so mehr verstand es sich von selbst, daß der Mann, den Du wähltest, sehr reich sein müßte. Seit Jahren blieb ich ruhig abwartend, obgleich mir Dein Beilagen beständige Sorge verursachte, denn wie oft mußte ich sehen, daß Du unbekümmert manche Gelegenheit, Dich in die vor­teilhafteste Stellung zu bringen, Vorbeigehen ließest. Jetzt handelt es sich um Hickman."

Der Baron machte eine Pause, doch seine Tochter erwiederte kein Wort; sie hielt unablässig ihre Augen auf die Spitzen ihrer himmelblauen Pantoffeln gesenkt, die unter ihrem Morgenkleide hervorsahen.

Nun denn," fuhr Sir Prendergast, nachdem er sich geräuspert hatte, fort, Dies ist die beste Heirat, die Du, was Geld anbelangt, machen kannst, zudem ist die Stellung keineswegs gewöhnlich. Er ist ein Landedelmann, ein Mann von Ge­schmack und vielleicht sogar ein späteres Parlamentsmitglied. Auf alle Fälle wird es eine brillante Heirat sein; Du wirst gar nichts Besseres thun können. Ich ver­stehe Dich in der That nicht. Wir waren Beide etwas überrascht, als Hickman so plötzlich von Cambridgeshire abreiste, gerade als er sich alle Mühe gab, Deine Gunst zu erlangen. Um so mehr war ich erstaunt, daß wir, nach dem Winter, wo wir jede Spur von ihm verloren hatten, ihm plötzlich hier in Cookham wieder begegneten. Noch bevor wir zehn Worte gewechselt hatten, wußte ich schon den Grund, warum er uns hierher gefolgt war. In kurzen Worten, er ist hier, um Dir einen förmlichen Heiratsantrag zu machen. Doch, das wird Dir nichs Neues sein. Du wirst nicht sagen können, daß Du überrascht bist, Dies zu hören. Welche Absicht hast Du nun? Du mußt Dich heute oder morgen nach einer Seite hin entscheiden. Du bist doch sonst so klug, und gerade jetzt, in dem wichtigsten Augenblick Deines Lebens, finde ich Dich so gleichgültig, daß ich nicht mit Worten sagen kann, wie ich dadurch gereizt bin. Du kokettierst nnt einem schönen, aber blutarmen Maler vor den Augen eines Mannes, den es Dein Vorteil wäre. Dir geneigt zu machen. Hickman's Geduld wird nicht mehr lange dauern, darauf muß ich Dich aufmerksam machen. Hast Du nicht gestern seinen sichtbaren Mißmut bemerkt? Was sonst könnte ihn veranlaßt