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Dkl Geskllschsstkk

8». Jahrgang.

Anzrigen-BedLhr j. d. Ispalt. Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei lmal. Einrückung 10 >Z, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen, Jllustr. SonntagSblatt und

Schwäb. Landwirt.

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Mittwoch, den 17. Hlovemöer

1909

»uf Grund der Erstehung der erst«, Dienstprüfu», für da» realistisch» Lehramt wurde de» Dr. «ugr» Link von LrvlleShaf «, «iffenschastltch, Befähig«»,,« unständig« »erwen-uu, »unkanut.

Gedanke« zu» neue« Strafrecht.

«üSfSllt-e Verbrecher.

ä. 3» de« über vierzig Jahre«, die unser heutige» Strafrecht 1« Geltung ist, hat «an t« der «««tat» der Verbrecherpsyche große Fortschritte ge«acht. 3« der Krlmiualpshchologie ist frttde« eine eigene Wiffeuschaft er- »achsev, die ta Verbindung mit der GksrllschaftSwtffmschast >md der Statistik nufere Keuntuiffe des »rrdrecher» auf etue gauz »eue Grundlage gestellt hat. Je länger, je »ehr hat er sich dabei hrrauSgestellt, daß diejenigen, die schon »ft «it dem Strafgesetz in Konflikt gekommen find, gemein­hin sozial wertlose Elemente find, an die mau jedenfalls «it den gewöhnlichen Strafen nicht bessernd herauko«»t. Sem» überhaupt «och eine vrfferuugSmöglichkett besteht, so kann sie nur durch ganz besonder» harte Bestrafung wahr- genommen «erde»; andernfalls mvß »an sich damit be­gnügen, den Lerbrrcher für möglichst lange Zeit ««schädlich p machen.

Sehr lehrreich für diese Frage ist folgende Statistik: Im Laufe drS ans ihre Strafe folgende« Jahrfünft» werden rückfällig von den bisher noch nicht Vorbestraften etwa IS, von den einmal Vorbestraften 40, von dev zwei- bi» »termal Vorbestraften 80, und von den noch öfter Vorbe­straften gar nahezu 78 Prozent wobet natürlich auzu- nehmen ist, daß von den restlichen 28 Prozent ein großer Lei! nur za gerieben tst, um sich binnen der nächsten fünf Jahre wieder fassen zu lassen. Diese Zahlen und Urb«. leguuLta reden eine deutliche Sprache. Sehen wir zu, wie ste der neue StrasrechtSeNtwurs tu die Praxi» verdolmetsche« »ill.

Hierin dnrchan» in Ueberriustiwmnug mit den Lehren der neuen StrafrechtSwiffenschaft wählt der Entwurf einen doppelten Weg. Er berückstchtigt ersten» de» Rückfall über­haupt and zweiten» die Kategorie der grwohuheit»- und gewerblmäßigeu Lerbrrcher. Für die Festsetzung de» Be­griffe» Rückfall wird bestimmt: Rückfällig ist jemand, der vorbestraft ist, und zwar »it einer Freiheitsstrafe wegen eine» vorsätzlichen verbrechen» oder vergehen», »«um binnen fünf Jahren wiederum ein Verbrechen oder vorsätz­liche» Vergehe« vollführt, aus da» Freiheitsstrafe steht. Mit der bisherigen Regelung wird also grundfStzlich ge­brochen. Denn da» bisherige Recht kannte den Rückfall nur bet einzelnen Eigentum-Verbrechen and gestattete beispielsweise selbst nicht, eine frühere Unterschlagung bei der Bestrafung wegen etue» späteren Diebstahl» z« berück­sichtige«! Nanmehr soll e» gar nicht «ehr darauf au- kommen, gegen welchen Psragrapheu de» Strafgesetzbuches früher gesündigt worden ist. Der Umstand allein, daß eben wiederholt eine verbrecherische Gesinnung betätigt

worden ist, gidt de« Richter den «wetterten Strafrahmen i» die Hand, der für de» Rückfall vorgesehen ist.

Ln» den Bestimmungen, die gegen de« gewerb»- und gewohnheitsmäßigen Verbrecher getroffeu werden, spricht wohl eher die «bstcht, diese« für die Gesellschaft unschädlich zu machen, al» die Hoffnung, ihn noch zu bessern. Dafür Wicht da» hohe Strafmaß, da» gegen ihn festgesetzt »Kd: beim Begehe« eine» neue« Verbrechen» Zuchthaus Von fünf Jahre» bi» ans Lebenszeit, und eine» »eue» Vergehen» Zuchthau» von zwei bi» zehn Jahre». Selbstverständlich tst es nötig, die »oranSfrtznngev genau zn prüfen, ehe »au da» schwere Geschütz dieser sehr harten Strafen anssährt. In solcher Prüfung bietet der neue Entwurf dnrchan» die Hand. Er setzt nämlich ersten» ein äußerliche» Merkmal fest, an da» stch der Richter za halte» hat: Die neue zur Aburteilung stehende Straftat muß binnen drei Jahre» seit Verbüßung der letzten Strafe verübt worden sein, und der Verbrecher mnß bereit» vielfach, «lvdestru» aber fünf­mal mit erheblichen Freiheitsstrafe», darunter mindester!» einmal mit Znchthan», bestraft worden sein. Zweiten» aber legt der Entwurf de« Richter die Pflicht zur genauen Nachprüfung aus, ob nun dte Art der Straftaten und die ganze Artung de» Verbrecher» ihn wirklich auch al» einen gewerb». und gewohnheitsmäßigen Verbrecher erscheine» lasse«, «»»geschloffen »erden also vor allen Dingen die Fälle fein, tu drum stch jemand wiederholl eine» Leiden- schastsvergeheu» schuldig macht. Während der grwohuheit». mäßige Rohling, wenn er dir übrigen LsrasSsetzmg« er­füllt, «ach de« höheren Strafmaß behandelt »erden »Kd. Für dm Rückfall tst, wie wir oben sahen, eine ähnliche Unterscheidung nicht etugesührt; e» wäre zu wünschen, daß de» Entwarf aus de« weiter« noch laug« Wege bi» zm Sesetzwrrduug hier »och eine eatsprechmde Ergänzung erfahre.

UoMilche Meverfichl.

Die Wusste»««, de- Oktroi» suche« viele Städte dadurch zum Teil wett zu machen, daß ste die Schlachthof- gebührm erhöhe». Da» ist nicht »ach de« Geschmack de» deutschen Fleifcherverbandr», der infolgedessen au dm Reichs­kanzler eine Eingabe gerichtet hat, dieser möge die betreff«, de« Kommunen auf die Unzulässigkeit ihres Verfahren» aufmerksam machen. Der deutsche Fletscherverband »Kd jedmsall» belehrt werden, daß absolut nicht» UuzulässtgeS vorllrgt. Eigmtlich konnte er e» allein wisse».

Die Fra»kf»rter U>ozialdr«,keate« veraustaltetm am Sonntag eine ganz unverschämte Demonstratio». Rach eins »ersammlaug formierte» stch die Teilnehmer zu etue» llmzng und «arfchiertm zu« BiSmarck-Deukmal, wo sofort drei Redner dte Estrade besetzten. Mit einer Ansprache wandte stch daun einer gegen dm «aau, der das Sozialistengesetz geschaffen und der Stadt Fraaksart die Frei­heit geraubt habe. ES folgte Dr. Qrark, der angestcht»

de» Denkmal» für die Sozialdemokratie das Gelöbnis ab- legte, das Vaterland an» de« gegenwärtige» Zustand der Knechtschaft zu befreien. Sodann zog» die Demonstrant« mm Schillerplatz, um dort durch dm Mnad einr» »etter« Redners de« »revolutionären* Dichter der Freiheit zn huldig«. Rach dieser Kaudgeduua, an der etwa 2000 Nmfche» beteiligt warm, schickt« stch die Demonstrant« mtter lebhaft« .Pfai*-Rus« au, d« Starkeplatz zu be­setz«. 3«zwi!ch« war« jedoch endlich so viel Polizist« und Kriminalbeamte erschiene», daß die Räumung des Platzer rasch und leicht bewerkstelligt wvrde.

Zar NeBifio» de- de«tfch schweizerische« Nie» derlafs>»U»-Vertr«ßs Hab« t« »er« Verhandlung« stattgefuadm, die z« einer völlig« Einigung geführt Hab«. Der Inhalt des bereits Unterzeichneten neu« Vertragsent­wurfs wkd demnächst amtlich bekannt gegeben »erd«.

I« der rmsftfche« Dm«« ist Ehomjako» mit großer Mehrheit »teder zu« Präsident« gewählt worden. Dte Kadetten, die Arbeitsgruppe und dte Sozialdemokrat« erklärt«, daß ste stch der Abstimmung enthalt«, da das Präsidium dte Interessen der Minorität nicht genügend gewahrt hätte. Der Post« des Haudelsministers »« besetzt ward«. Lu Stelle Ltmkjasevs tritt der Direktor der Reichsbank Ttmaschew.

Siwe »«-lisch« Frmrereftiimmrechtleri» griff am Samstag auf de« Bahnhof von Bristol dm HandelSminlster Wivston Churchill mit einer Reitpeitsche an. Der Minister entriß ihr dte Peitschr und reichte sie ihr wie galant! al» Erinnerungszeichen zurück. Dte Fraa wurde verhaftet. Churchill hatte in Bristol eine heftige Rede gegen da» Oberbaus gehalten. Luch Lord Charles VereSsord hielt etue Rede in Bristol, in der er auSsührte, die Flotte sei für ein« Krieg nicht vorbereitet; «nßrrdr« fehle» vier Schlachtschiffe, Kreuzer, Vorräte und Dockgelegenhett«; auch sei keine Kohlmreserve Vorhand« und die Mannschaft»- bestände nicht ausreichend. Dte Manöver von 1908 »ad 1909 bezeichnet« er als Farce.

Der tSrkifch- Mari»e«t«rster wkd der Kammer eia Programm für dte Rekoustruktion der Marine unter­breit« und hierfür ein« Kredit von 18 Mtllou« Pfund, vertritt ans 8 Jahre, vorseh«. Die in England für Bra­silien gebaut« Schiffe koaveulereu der Türkei nicht, die infolgedessen ueue Schiffe bestellen »Kd. Das der Kammer vorgelegte Budget für 1910 beziffert stch auf 3026688S Pfund geg« 30828624 Pfand t« Vorjahr. Die Staats­einnahmen belauf« stch «äff 28880000 Pfund. Für das SriegSmiuistertu« find in da» Budget 8280482 Pfund, für dte Marine 1000327 Pfund eingestellt.

D«- «««« perfifch« P«rla««M ist gestern iu Teheran tu Gegenwart de» jungen Schah», de» Regent«, der Geistlichkeit, de» diplomatisch« Korps ns». erhffa« worden. Ministerpräsident Sipahdar verlas die Thronrede »ud gad hierin der Hoffnung LuSdrock, daß dte Abge- ordnet« sich der mit so vielen Müh« errungen« Freiheit

Eine vtiMe der deutschen Gdelmetalliudnstrie.

»« Josef Siebenlist (Karlsruhe).

(Schluß.)

Ein wichtiger Faktor für dte Entwicklung der Pforz- heimer Bijouterie-Industrie war der kaufmännische Be- trieb. Jetzt ist die Industrie auch zur höchsten kaufmännisch« Vollkommenheit gedieh«, dank den Grossist« oder Expor­teur«, die stch ausschließlich mit de« Betrieb in» Ausland beschäftig«, dank d« Reisend«, die die Knud« mit Mastern hetmsnch«, und dank dm Einkäufern, dte von den fernst« Ländern »ach Pforzheim komm«, um selbst zn sehen vud selbst z« wähl«. Mit dies« Einkäufern find zu gewlffw Zette« des Jahres alle Pforzheim« Hotel« gefüllt, und maa kann da Gesichter aller Nationalität« sehen «ud Sprachen aller Völker hör«. Das ist auch die Zeit, wo die .Tiger* aufteuch«, keine Raubtiere, sondern ganz ge­sittete junge Männer, dte aber doch die Einkäufer überfall«, am ste au sich z» reißen, d. h. ste zu« Ankauf jener Artikel zu bestimm«, dte von ihr« .Häusern* erzeugt werde».

Dm größte« Einflnß ans dm Aufschwung der Pforz- heimer Bljouterie-Jndnstrie Hab« eSer dte Maschinen ge- übt. Erst die Maschine« Hab« es möglich gemacht, daß die Fabriken d« von ihn« hervorgerufru« und daun au ste aestelü« Anforderung« «tsprech« konnte«. Wie schon «mahnt, ist dte Bijouterie-Erzeugung etue vaifoniudustrte, die für drfttwmte Jahreszeiten große Wareuqaautitätm bereitstell« muß, die ad« tu d« Regel nicht.ans Vorrat* «bette« kann. Muß ste doch darauf bedacht fein, immer »me und moderne Must« zu »ring«, ohne daß es ihr i»

eigen« Jatereffe gestattet wäre, eia Muster iu Tausend« von Exemplaren hequstelleu. Da greifen nun die Maschinen ein, dte nicht nur dte Vor- und Nebenarbeiten verricht«, sonder« auch bei der Verarbeitung, Znsammmsetzuug und letzt« Hrrrtchtmrg tätig sein müssen. So besitz« ». V. die große« Betriebe eigene Double-Maschiu« für die kleiner« sorg« dte Sp-zial-Double-Fabriken, der« Ausgabe es ist, eine Platte Sold auf ein Stück Silber oder Bronze beide Teile i« Slühzustaud unter hohem Druck ans,uprrff«, wobei stch da» Gold der Unterlage innig verbindet. Diese Verbindung, das Double, passiert uuu die verschied«« Walz«, die es iu die gewüuschte Stärke press«, das Gold stets im gleich« Verhältnis wie die Uuterlage, so daß auch daß dünnste Blech oder der dünnste Draht eiae echte Goldschicht in derselben Proportion pr« Durchschnitt ausweist wie dte llrspruugSplatte. Welch enorme Verbreit»», das Double tu der Schmnckiudnstrie eben »eg« seine» Dnrchan» .echt«* Aussehens gewonnen hat. tst allgemein bekauut. Eine Maschine, die fertige Arbeit liefert, stellt die Kettevmaschiue d«. Was « frühere» Zetten unendlich viel Mühe und Geduld erfordert und bei besonder» sein« Stück« auch hmte noch erfordert, da» besorg« jetzt Maschine», dte bloß von eine« Arbeiter deanfstchtigt, täglich bi» z» 120 Metern »ob darüber Ketten aller Art Herstellen. Da beweg« stch Hunderte von Hebel« und Zangen, da surr« unzählige Rädchen, um den »old-, Silber- oder Doudle-Draht zu Glieder» zu form« «ob diese zur fertig« Kette zu verbind«.

DK Zahl der tu der Bijonterte-Jndnstrie verwendet« Maschine« tst iu dm letzt« drei Jahrzehnt« rapid gestiegen. Ganz ohne Motor« behilft stch unr mehr ei» Teil -er

ganz Heia« Betriebe. Aber auch bei dieses find« die Maschiu« n« so leichter Eisgang, als die Stadt Pforz­heim, hauptsächlich wohl i» Hinblick ans dte Vijouterie-Jndn- strte, rin eigenes Elektrizitätswerk errichtet hat, dar sedee Kraft geg« verhältnismäßig geringes Entgelt .leihweise* abgibt, und als gerade dte Elektrizität dte Verwendung von Motor« mit ganz geringer Pferdekrast gestattet, wie ste ebw vo« dieser Industrie vorwiegend gebraucht verdm. Beträgt doch dk DurchschnUtS-Pferdekraft der hier ver­wendet« Elektromotor« our 0,881 So verfügte dk Bijouterie-Industrie t» Jahre 1908 bereits über 1781 elek­trische Motor«, d. i. 86'/, aller überhaupt in Pforzheim verwmdet« Motor«, so daß i« Durchschnitt auf ein« Betrieb vier Motor« entfall«.

Wer stch uameulttch über dte tu mancher Beziehung sehr iuterereffaute wirtschaftliche und soziale Lage der i» der Pforzheim« Vtjouterir-Jnduftrie beschäftigt« Persmr« genau« mtterricht« will, de« sei da» gründliche, nach amtlich« Qaell« bearbeitete Werk .Die Entwickln», der Pforzheim« Vijonterie-Jndustrie vo» 17671907* von Dr. Paul Gustu« empfohlen, de« anch dk in obig» Ausführungen enthalt«« statistisch« Lat« entnommen skld.

Der Ertrag aas Schiller- Werse«. I« d»

Jahren 1880-1900 sind üder 200 Millionen Schillerscher Werke od« EtuzelauSgadm sein« Büch« verkauft morde». Senn «an dm Durchschnittspreis mit 8 »w berechnet, f, «gibt stch daraus eine Summe vo» ein« Milliarde. ES käme als» nach dies« Schätzung auf jede» Jahr eine Summe von 20 Million« Mark. Natürlich sind dk Augab« t» d« einzelv« Jahr« nicht sehr sorgfältig gemacht, so daß