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N.N. schreiben über den Gegenstand:Wie uns aus Lindau am Boden- see zuverlässig berichtet wird, wird dort seit Kurzem die Zolldurchsuchung aller au« der Schweiz kommenden Reisenden mit vermehrter Schärfe behan­delt. Die Koffer müssen bis auf jedes einzelne Stück, sogar gebrauchte Wäsche, vor den Zollbeamten ausgepackt werden; ja unser Gewährsmann sah, wie bei einem Herrn sogar ein Packet Briefe genau durchmustert wurde. Es scheint nicht ein Uebereifer einzelner Beamten vorzuliegen, sondern auf Befragen wurde erklärt, daß Anordnungen auf schärfste Kontrole gegen die Schweiz seit zwei Tagen aus München ergangen seien. Zugleich erhalten wir aus Friedrichshasen (Württemberg) ein Telegramm, welches von dort ebenfalls ein Anziehen der Zollkontrole meldet. Man wird nicht fehl­gehen, hierin eine gegen die Schweiz gerichtete uno von der Reichsregierung anbefohlene Maßnahme zu erblicken, wie ja auch die letzte der bis jetzt ver­öffentlichten deutschen Noten die Möglichkeit solcher Schritte in Aussicht stellte. Daß die drei süddeutschen Staaten, Bayern, Württemberg, Baden, von dieser Verschärfung der Kontrole gegen Herkünfte aus der Schweiz wirtschaftliche Nachteile haben werden, unterliegt keinem Zweifel. Wie uns aus Lindau gemeldet wird, haben verschiedene Reisende bereits erklärt, sie würden in Zu- kunft statt der Route Rorschach-Lindau-München rc. den Weg über Bregenz und die Arlbergbahu nehmen."

Bergen, 9. Juli. Der Kaiser machte gestern eine Rundfahrt durch den Hafen und stattete dem englischen AdmiralsschiffeNorthumberland" einen Besuch ab. Heute morgen 9 Uhr verließ derHohenzollern" den Hafen unter den Salutschüssen der norwegischen und britischen Schiffe, während die Musikkapellen die deulsche Nationalhymne spielten. Der Kaiser stand auf der Kommandobrücke. Das Wetter ist schön.

Sansibar, 11. Juli. (Reutermeldung.) Die Deutschen be­schossen gestern Tauga und besetzten den Platz nach unbedeutendem Wider­stande der Aufständischen. Hauptmann Wchmann befindet sich noch in Pangani.

Hagss-Wsrrigksitsrr.

(Amtliches) Seine Königliche Majestät haben ver­möge Höchster Entschließung vom 20. Juni Hin. Oberamtmann Supper in Calw die K a r l- O lg a- M e d a i ll e, broncene, für Verdienste um das rote Kreuz zu verleihen geruht.

Zainen, Gemeinde Maisenbach, 9. Juli. Heute nachmittag zwischen 2 und 3 Uhr brach in dem Hause des früheren Postboten Wohl- gemuth Feuer aus. Wohnhaus und eine neugebaute Scheuer brannten total nieder. Entstehungsursache unbekannt.

Ludwigsburg, 10. Juli. Das gestrige Gewitter war stellenweise mit Hagelschlag begleitet. Der dadurch angericktete Schaden ist übrigens kein besonders großer. In Asperg und Markgröningen schlug gestern nach­mittag um 3 Uhr der Blitz ein und zündete in elfterem Orte eine Scheuer an, deren Giebel abbrannte. Der übrige Teil des Gebäudes wurde durch die Feuerwehr gerettet. In Monrepos und in der Osterholzalle hat der Blitz in den letzten Tagen wiederholt eingeschlagen und verschiedene Bäume teilweise zu F-tzen zertrümmert.

Stuttgart. Für Mastochsenmetzger Mammel, Hauptstätterstr., trafen gestern im hiesigen Schlachrhaus von der Böblinger Zuckerfabrik 6 Prachtexemplare von Mastochsen ein. Dieselben repräsentieren ein lebend Gewicht von 1600 bis 1800 Pfund pro Stück.

Besigheim, 10. Juli. Bei einem Raufhandel, welcher aus Eifer­sucht zwischen jungen Burschen von Hessigheim in der Nacht vom 8./9. d. Mts. auf der Straße daselbst stattfand, erhielt der 19 Jahre alte Karl Nägele, der einzige Sohn »ermöglich«! Eltern, von der Hand seines Vetters, des 21 Jahre alten Karl Mozer, vier Messerstiche, worunter einen in den Unterleib, welch letzterer Verletzung Nägele heute erlegen ist.

Tübingen. 9. Juli. Unter dem Datum des 8. Juli erläßt das- Rektoramt der Universität folgende Bekanntmachung:Nach Mitteilung des Oberhofmetsteramts vom 4. Juli d. I haben Seine Königliche Majestät gnädigst geruht, auf Samstag, den 3. August, nach, mittags die Mitglieder der Landesuniversität zu einem Gartenfest nach Bebenhausen zu sich einzuladen. Zur Ausführung dieser Allerhöchsten Einladung werden vom K. Oberhofmeister- amt Einladungskarten ausgegeben. ,

Neuffen, 10. Juli. Gestern Abend um 8 Uhr hat ein Familien, vater aus Kohlberg versucht, seine beiden Knaben im Alter von 4 und 7 Jahren im Petergieß, einem Gumpen der Reinach, etwa 20 Minuten von hier entfernt, zu ertränken. Der Mgste wurde später tot aus dem Wasser gezogen, der ältere rettete sich durch Emporarbeiten an einem Weiden- dusch. Der Vater erzählte den Vorgang selbst in einer Wirtschaft in Linsen» Hosen. Ob Geistesstörung vorliegt, wird die gerichtliche Untersuchung ergeben.

Ulm, 9. Juli. Heute vormittag wurde aus Albcck ein Individuum in das hiesige Hospital verbracht, welches in vergangener Nacht in dem Wirtshaus z. Krone in Albeck übernachtet, dort die Betten zum Fenster hinausgeworsen hatte und sich aus dem 2. Stock des Hauses an zusammen- gebundenen Leintüchern herunterlaffen wollte. Letztere brachen aber, der Dieb fiel herunter und verletzte sich so, daß er nicht mehr weiter zu gehen im stände war. Derselbe ist der schon mehrfach mit Zuchthaus bestrafte 53jährige Taglöhner Nikolaus Ortlieb von Hermaringen, OA. Heidenheim.

Henreinnühiges.

Auf dem Gebiete der Bienenzucht scheint eine tief einschneidende Neuerung vor sich gehen zu sollen. Pfarrer Weygandt hat eingehende Versuche mit dem Heizen der Bienenhäuser gemacht. Er bediente sich zur Erwärmung eines 20 Stöcke fassenden Pavillons eines Carbon- Natronofens.Der Bienenzüchter", so schreibt Weygandt wörtlich,lerne Kunstbienenzucht I Kalthaus im gelinden Winter und an den vielen gelinden Tagen des strengen Winters! An kalten Tagen und zumal in allen kalten Nächten Warmhaus, also einfach Heizung, je nach Bedarf 5 oder 10 oder 15 oder 38» R., alles im Verhältnis zur Außentemperatur' An jedem guten Ausflugstage im Winter kräftige Heizung von 25 bis 35» R. Ganz nach Wunsch von Mitte März oder April an werden die Bienengetrieben" (10» R. bei Tag, bis 20» bei Nacht); fortan unausgesetzte Heizung, die nur an ganz warmen Tagen (10» im Schatten), nie Nachts (bis Mai) ausgefetzt wird. Im Mai, Juni u. s. w., sobald cs rauh und bestimmte Hindernisse beseitigt werden sollen Feuer! Am vermeintlich letzten Ausflugstage des Jahres kräftige Heizung des Standes!" Die erzielten Erfolge waren gerade überraschend. In den Stöcken zeigte sich weder Schimmel noch irgend eine Spur von Ruhr. Die Völker hatten sehr wenig gezehrt. Verluste waren nicht zu verzeichnen. Am 18. Mürz herrschte schon volle Thätigkeit in den Stöcken. Die Bienen hatten bereits den Bau in Angriff genommen. Brut war in allen Stadien vor handen, _ _

Standesamt ßatrv.

Geborene:

3. Juli. Karl Erwin Otto, Sohn des Friedrich Kubier, Schullehrers.

Getraute:

7. Juli. Johann Georg Grotzhans, Taglöhner hier und Anna Claus hier.

11. » Hermann Friedrich Wagner, Fabrikant hier und Christiane Katharine

geb. Schuster, Witwe des Otto Georgii, Kaufmanns hier.

Gottesdienste am Sonntag, den 14. Juli 1889.

Vom Turm: Nr. 30. Vormittagspredigt: Herr Dekan Braun. Feier des h. Abendmahls. Nachmittagspredigt um 2 Uhr: Herr Dekan Br aun.

Gottesäienlle ia äer Melsioäisteakupekke am Sonntag, den 14. Juli 1889, morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.

sein. Ihre Wangen hotten zwar die frühere, zarte Röte verloren, aber in ihren Zügen prägte sich eine feste Entschlossenheit aus. Das Blut des Vaters regte sich in ihren Adern, dieselbe zähe Unbeugsamkeit loderte in ihren Augen. Wenn der Graf sie schärfer beobachtet hätte, würde der Ausdruck ihres Gesichts ihm vielleicht Besorgnis eingeflößt haben; aber er vermied es, sie anzusehen, um nicht ihrem vorwurfsvollen Blick zu begegnen, und ihre scheinbare Ruhe schien ihm das sicherste Zeichen seines Sieges. Ungeduldig erwartete er die Ankunft Eberhard's, den er so­fort nach Pahlau's Werbung zur Heimkehr aufgefordert hatte.

Aber statt des sehnlich Erwarteten traf als Antwort auf die Aufforderung nur ein Brief von Eberhard ein, in welchem er dein Oheim mitteilte, daß es ihm un­möglich sei, seinen Wunsch, umgehend heimzukehren, zu erfüllen, da er auf eine solche Aufforderung nicht im mindesten vorbereitet gewesen sei und gerade für die nächsten Wochen mit seinen Freunden einen Streifzug durch Capri verabredet habe, wozu er die Zustimmung des Oheims noch nachträglich erbitte, da er doch nicht Heimreisen möchte, ohne die herrliche Insel kennen gelernt zu haben.

Mit tiefem Unwillen hatte Graf Kuno diese Nachricht gelesen, da er aber ein­sah, daß er dem Neffen seine Bitte nicht ohne triftigen Grund verweigern konnte, so fügte er nach einigem Ueberlegen, wenn auch mit Widerstreben, in die Verzögerung der Heimkehr Eberhard's, denn es lag nicht in seiner Absicht, denselben von der zwischen Pauline und Pahlau abgespielten Liebesaffaire in Kenntnis zu setzen. Er hielt es für das Beste, absolutes Schweigen gegen Jedermann darüber zu bewahren. Zugleich aber war er entschlossen, Pauline bis zur Ankunft Eberhard's gänzlich aus der Nähe des gefährlichen Lieutenants sortzubringen, denn wenn Pahlau seit seiner Abweisung dem Schlosse auch selbstverständlich fern blieb, so war cs doch sehr leicht möglich» daß er der Komtesse anderswo begegnen konnte, da der Graf seine Tochter doch nicht ohne Aufsehen von der Geselligkett der Bekanntenkreise fern zu halten ver­mochte. Auch schien ihm ein Wechsel des Aufenthalts für Pauline das beste Heil­mittel von Ihrer Gefühlsschwärmerei zu sein. Er machte ihr deshalb dm Vorschlag, auf einige Zeit zu einer entfernt wohnmden Verwandten zu reisen, die das junge Mädchen schon wiederhott um ihren Besuch gebeten hatte. Dies Mal ging Pauline

mit großer Bereitwilligkeit auf ^en Wunsch des Vaters ein und zum ersten ME seit Wochen huschte momentan ein freudiges Lächeln über ihr Gesicht. Am folgenden Tage schon reiste sie ab. Es war ein seltsamer Blick, den sie ihrem Vater beim Ab­schied zuwarf; scheue Bangigkeit und stumme Anklage spiegelten sich darin. Graf Kuno fühlte sich schwer betroffen davon; als schon lange ihre schlanke Gestalt seinen Blicken entschwunden war, stand er noch immer regungslos und starrte düsterer Stirn vor sich hin.

Mehrere Wochen verstrichen. Pauline schrieb nur selten und stets nur wenige Zeilen, mit denm sie ihren Vatar von ihrem Wohlbefinden benochricktigte. ES be­fremdete dies den Grafen nicht weiter; er wußte ja, daß sie ihm innerlich immer noch grollte, hoffte indes, daß wenn Eberhard nur erst da sei, sich schon Alles zum besten wenden würde. Nach sechswöchentlicher Abwesmheit kehrte die Komtesse zurück. Die Reise hatte sichtlich wohlthätig auf sie gewirkt; sie war wieder frischer und heiterer, denn seit langer Zeü. Vierzehn Tage war sie wieder daheim, als Eberhard dem Grafen seine Ankunft in den nächsten Tagen bevorstehend meldete.

Pauline verfärbte sich leicht, als ihr Vater ihr glückstrahlend davon Mitteilung machte, und ihre Stimme zitterte ein wenig, indem sie ihre Freude über das Wieder­sehen des Vetters aussprach. Graf Kuno lächelte ungläubig bei ihren Worten, schien aber mit ihrer Aufnahme der Nachricht zufrieden zu sein.

Am andern Morgen wurde dem Grafen zu seinem großen Befremden der Lieutenant von Pahlau angemeldet. Schon wollte er ihn zornig abweisen lassen, als Pauline, die leike eingetreten war, ihre Hand auf seinen Arm legte.

Ich bitte Dich, lieber Vater, weise ihn nicht ungehört zurück." flehte sie leise mit weicher, schmelzender Stimme.

Der Graf blickte sie argwöhnisch an; dann befahl er kurz dem Diener, den Lieutenant in sein Arbeitszimmer zu sichren.

Mit finsterer Mime trat er dem unwillkommmen Besucher mtgegen.

Ich hatte er gehofft, daß nach unserer neulich«» Auseinandersetzung jede wettere Unterredung zwischen uns überflüssig sei, Herr Lieutenant," sagte er scharf.

(Fortsetzung folgt.)