Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1.10 mit Träger­lohn 1.20 irnBezirks- «nd 10 kw Berkehr 1.28 «6, im übrigen Württemberg 1.36 Monal SabonnementS nach BerhältniS.

Dkl Gkskllslhlisttt.

Amts- >l»il AiM-KM stk dkl GbkMk-WK NWli>.

Hlv. LS.

88. AaHvgang.

MevnspvecHev Hkv. LS.

Anzeigen-Gebühr f. d. Isvalt. Zeile aus gewöhnt. Schrift oder deren Raum bei Imal- Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchrn. Jlluftr. SonntagSblatt und

Schwab. Landwirt.

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Mittwoch, dm 20. Hktover

1S0S

Amtliches.

Aufrrrf!

lleberall in Stadt und Land wird die »läge laut über de« immer mehr zunehmenden Häuserbettel. Um diesem Rißstaud eutgegeuzukrtev, find am 1. Oktober dS. I». zunächst i« mittleren Teil de» Landes 27 Wander- ardeitSstätie» tu Betrieb geuommm worden, Fürsorgerin» richtnugeu, in denen mittellosr», arbeitslosen Wanderern -ege« entsprechende Arbeit Obdach und Verpflegung ge­währt wird, sodaß sie nicht mehr zu« Bettel genötigt find. Ausnahmslos können von jetzt ab die Bettler mit gutem Gewissen, ohne sich eiur Hartherzigkeit zuschulden kommen zu lassen, an die Wauderarbeitsstätten verwiesen werden. Für die Einrichtung der WanderarbektSflättev haben die Amtskörperschasten kein Opfer gescheut, auch der Staat hat Rille! hkesür bereit gestellt. Aber große Kosten erfordert das der Bevölkerung sowohl wir den arbeitslosen ge ordueten Wanderern zrrtage kowmeude LiebeSwerk.

Hirz, uach seine« Kräfte» drizvtrage», wird wohl jeder gerne bereit sei», ber eia warmes Herz für die arbeitslose» Wanderer hat. Au alle Kreise der Bevölkerung richten wir daher die angelegentliche Litte, de« Verein zur För­derung der WavderarbritSßätteu in Württemberg, der sich die Durchführung drS Plane- und der Ausdehnung eines Betzes von WanderarbettSflätte« über das ganze Land zur Ausgabe gemacht hat, als Mitglieder betzntrrtev und dessen Verstrebungen Lurch Zswev nag von Gaben zu fördern. Schon durch einen Jahresbeitrag von 1 kan» die Rit» gltedschast «worbt« werden.

Anmeldungen zu« Beitritt sowie Zahlungen werden erdeten an nnstre Kasse, Fnetbachfiraße iS, Stuttgart.

btnllMt, den 12. Ollober 1909.

Der Vorsitzende: _ v. Geßler.

Vorstehender Anfruf zur Förderung der sich jetzt schon als sehr zweckdienlich zur BrkSmpfuvg der Stromerplage erwrisrudeu WaaderarbritSstLrteu wirb mit der dringenden Litte bekannt gegeben, de» so segensreichen und nützlichen Verein doch als Mitglied bettreteu zu wollen.

Die Herre» Ortsvorsteher wolle« die Beitritt-- erkläruuge« in ihren Gemeinden e»tUrge«»eh«e» und die Mitglieder-Listerr »«d Beiträge a» di« U«tA- Pflege hier übersende«. Den Mitgliedern wolle je ein Stück der auSgegebrueo Plakate übergebe« werbe«.

Nagold, den 19. Oktober 1909.

K. Oberamt:

Bitter.

Bekanntmachung,

detr. de« Berkanf vom Fe«erwerkskörper«.

ES wird daraus hiugewiesev, daß uach § 26 der Mi».- Lerfüßuug vom 16. Asg. 1905 betr. den Berkehr mit Sprengstoff.«. (Rrg.-Bl. G. 165) die Ubgade vo» Sprengstoffe« und von solche» Keaerwerk-kSrPer«, mit deren Brrwruduug eiur erhebliche Gefahr für Personen

Das Luftschiff des Major- von Parseval.*)

Lou Dr. Hugo Sckeuer.

Der Parsevalballou 1907, geuauut Typus ^ I, zeigt« folgende Gestalt: Der Balloukörper besteht auL gummiertem Valloustoff nud hat die Form etveS hinten eiförmig, vor» halbkugelig abgernndelln Zylinders vo» 50 m Länge. 8.9 m Dmchmtffrr und reichlich 2800 ebm Inhalt. RtugS um den Aequator läuft ein fester «urt. an de« die Tragleine«, die .Takelung*, augreifen. Etwa 8 m unterhalb des Lal- lonS hängt an diesen Leine» die Gondel, die ans Stahl- Ahreu fest g'^üst ist. Irgend eine «ersteisnug zwischen Gondel nud Ballon ist nicht vorhanden.

Die pralle Form wird durch zwei BallouetS gewähr­leistet, die je eins im vorderen und Hintere» Ende des »al- tzn» liegen und, ganz aufgeblasen, etwa ein viertel des «esamtranmishalts einnehmeu. Ein Schlauch, der vo« »eutilütor in der Gondel «lfwärtS führt und unter der »alloumttte sich uach vor« und Hinte» gabelt, bringt die Lust den BallouetS zu. Wenn der Druck der Lust ans die Baüonetwanduvgeu und damit ans die Jvuruflächrv des ganze» Ballons 10 Lx auf den Quadratmeter beträgt, ist der »urstsör mige lange Körper imstande, die «ondellost zu

*«r: *rob.r»»° de, Lust. «» Haudduch der Lust­

schiffahrt und Flu,tech«ik. Rach dr» unusteu «rffnduugrn und Er- fahrunien^uetuvnftäudltch dargestellt für alt uud jung. Mit »ine» »Äettwort d« «rafeu Zeppelin. 314 «dbilduuge» i« Text uud ewe« s«big»u Titeldild. Stuttgart, Union »rutsch, «nla^ge- sellschast. »ed. »..

oder'Etgeutum verbunden ist, (rka«o«e»schläge, Frösche, Schwär««» snd dergl.) au Personen, von welche» ei« Mißbrauch derselben zu befürchten ist, insbesondere au Persone« «nter LS Jahre« Verbote« ist.

Zuwiderhandlungen werden uach § 367 Ziffer 5 Bstgb. strenge bestraft.

Dt» Ortlpolizeibehörde« werden ersucht, die in Betracht kommenden Gewerbetreibenden ans vorstehendes wieder besonders aufmerksam zu machen, auch die Polizei- bediensteteu zur Ueberwachuug des Verbots mrd uuuachficht- licher Meldung von Nebertretuugeu desselben auzuhalteu.

Nagold, de« 19. Ott. 1909.

K. Obermut. Bitter.

Die Strafrechtsreform.

«er«», 17. Ott. (Korr.)

Spät erklingt, was früh erklang! Schon vor dem Za- staudekommen des Bürgerliche» Gesetzbuches war iu Aussicht gestellt worden, daß auf die Erledigung dieser umfassenden gesetzgeberische» Arbeit eine allgemeiueRevision des Straf­gesetzbuches folgen werde. Uud jetzt, nahezu ein Jahrzehnt nach dem Inkrafttreten des B.S.B., wird endlich anqeküu- digt, daß tm nächsten Monat nicht etwa der Entwarf einer Strafrechtsreform, sondern nur der Entwurf zum Entwurf, nämlich ein »«verbindlicher Loreutwurf einer solchen Reform veröffentlicht werden soll, der aber dadurch eine Bedeutung erhält, daß er mit amtlichen HIlsSmitt-'ln unter der Leitung hervorragender, in Theorie uud Praxis erfah­rener Kriminalisten anSgearbeitet worden ist. Dieser Bor- entwarf soll erst der Oeffentlkchkett und insbesondere dev Fachmänner« zur kritischen Bsmtrkluus überwiese» werden; und wann sich aus diesem schätzenswerten Material eine Sesrtzekvsrlage kristallisieren wird, die de« Reichstage »zur weiteren Brranlafinng* übergebe» werden '.kann, das ist heute noch gar nicht abzusehe«, aber jedenfalls werden noch Jahre darüber hiugrhen.

Dieser Hinweis ans dev schleppende« Sang der Straf­rechtsreform soll keinen Tadel enthalten, den» es handelt sich hier um eine ganz besonders schwierige rurd hetkele Materie, nud die Erfahrungen iu anderen Ländern lehren »nS, daß gerade dir Strafrechtsreformen stets einen beson­ders langwierigen PasstouSwrg dsrchzsmachen haben, da eben auf kan« einem Gebiete schroffere Gegensätze insbeson­dere zwischen den Männern der Theorie und denen der Praxis auzvtreffeu find. Dazu kamen das Uebermaß ge- setzgeberischer Arbeit, die dem Reichstag gerade auch iu Be­zug auf juristische Materien besonders i« letzte» Jahrzehnt arrfgehalst worden ist, und die sehr kompliziert gewordenen Parletverhälluiffe, welche eiur Einigung über einschneideude Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sehr erschwere«. An­dererseits besteht Einstimmigkeit darüber, daß unser Straf­gesetzbuch. das jetzt nahezu vier Jahrzehnte iu Kraft ist, ohne daß es seither einer gründlichen Revision unterzogen wurde denn die einzige größere Abänderung vo« Jahre 1876 bedeutete eher eine Rückwärts- als eine vorwärts- eutwiSluvg dringend einer Reform an Hanpt uud

tragen, ohne znsammruzukuickrv, uud mit 13 bis 15 m Ge­schwindigkeit dnrch die Last getrieben zu werden, ohne daß der Winddruck den Ballon eiudröckt uud auspreßt. Ge­wöhnlich steigert «au den Druck, den sogenannten »inneren llebrrdrnck* auf 20 kx auf de« Qnadratmeter. Rau kann das unbedenklich tun, da erst bei einem Ueberdruck von 250 Lg der Ballon platzen würde.

Hinten am Ballon befinden sich rechts uud link« je eine wagrechte StabilisteraugSstäche. ES find dar einfache Stoff­kiffen in einem leichte« Holzrahme«, dir fich während de» FlngeS straff mrfblaseu. Unterhalb des Ende- befindet fich eine ebensolche senkrechte Fläche in e ue« Holzrahme», die sich uach hinten iu dar Seitensteuer sortsetzt.

Die Gondel trägt den Rotor, den Ventilator, die Schraube und alles, was sonst an Betriebsmitteln, Ballast usw. zur Fahrt notwendig ist. Der Motor des ersten Parse- valballous hat eine Stärke von 86 Pferdestärken und gibt der vterflSgeltgeu Luftschraube, dt« 4,8 m Durchmesser zeigt, eine Umdrehungsgeschwindigkeit vo» 200 bis 260 Touren in der Mtuvtr. Diese Schraube ist ein« ganz originelle Konstruktion. Aach sie ist unstarr. Ihre Flügel bestehen ans Stoff, der im ruhenden Zustande schlaff hernuterhäugt. Bei der Rotation erst stellen die vier Stoffstrrtses, iu deren Ende Metallßücke eiogeuäht sind, fich zentrifugal zur Schranbenform ei«.

Der Vorteil einer solchen Schraube besteht darin, daß sie bet« Land« nicht zerbricht und die Hülle nicht gefähr- bet, uud baß sie a»ch leichter ist als eine gleich große starre

Gliedern bedarf. Einer Reform, die vor alle« auch dem heute allgemein anerkannte» Grundsatz der Strafrechtslehre zum Siege verhelfen «, daß der Zweckgedauke, d. h. die Absicht, durch die Strafe zu bester«, wett stärker betont werden muß, während nufer geltendes Strafrecht noch in allzu einseitiger Weife ans de« Boden der Bergelluugstdee uud di« Erkenntnis viel zu wenig berücksichtigt wirb, die Gefängnisstrafe iu der heutige« Form eine bessernde Wirkung fast niemals anSöbt.

Kanu somit über die Reformbebürftkskeit unseres Straf­rechts uud über die Dttuglichkeit dieser Reform kein Zweifel bestehen, so haben wir doch schon betont, daß er sich hier um ein Werk handelt, dar, venu sich überhaupt die hier in Frage kommenden mauuigsachru Gegensätze auch politi­scher Art in absehbarer Zeit Überdrücken lasten würden, jedenfalls längere Jahre tu Anspruch nehmen wird. Au­dits» Erkenntnis heraus hatte die Regierung tu der letzten RetchStagSsesfiou die Novelle zu« Strafgesetzbuch etn- gebracht, welche den Zweck verfolgte, eine Anzahl der am dringendsten empfundenen Uebelstände z« beseitigen uud die­jenigen Paragraphen de» Strafgesetzbuches abzuänder», deren Unzulänglichkeit ober Unbilligkeit fich in der Praxi» besonders fühlbar gemacht hatten. Die Novelle schlug dem­gemäß neue Bestimmungen vor über die Vestrafnug der Hausfriedensbruchs, des Arrest- und StegelbruchS, ber Ver­eitelung der Zwangsvollstreckung, der geringfügigen Dieb­stähle, der Erpressung, der Tierquälerei, der Kiudermiß- Handlung uud der Beleidigung. In de« ersten fünf Fällen sah die Novelle eine müdere Ahnduug vor. In Bezug auf die Erpressung sollte eine Einengung de» Tatbestandes erfolgen, am einer übermäßigen Ausdehnung dieser Be­griffes aus de» Gebiet des gewerblichen Lohukampse» vor- zubeugeu, uud in den letzten drei Fällen waren Strafverschär­fungen vvrgesehen, wozu dann noch eine Einschränkung des Wahrheitsbeweises bet Beleidigungsklagen kam, soweit es sich »m AllgelegeuheiLtu des Privatleben- handelt.

In der Begründung zu jene« Sesetzrutwprs war aus­drücklich hervorgehobea worden, daß die Novelle nur pro­visorischen Charakter haben und nicht etwa die umfassende Reform des Strafgesetzbuches ersetzen oder vereiteln solle. ES wird fich jetzt fragen, ob jene Vorlage nunmehr de« Reichstage aufs neue unterbreitet »erden oder aber «ft Rücksicht auf die augeküudtgte allgemeine Strafrechtsreform in der Versenkung bleiben soll, iu die sie beim SesstouS- fchluß verschwand. Wir würden da» Letztere für sehr be­dauerlich Hallen, einmal well diese grundlegende Reform, wie schon betont, noch etliche Jahre iu Anspruch nehmen wird, zweitens well eS fich bet jener Novelle am ebenso wünschenswerte wie dringliche Reformen Haudelle, und drittens weil iu der Kommisfiou de» Reichstags, welche die Vorlage noch tu wesentlichen Paukten verbessert hatte, nahezu Einmütigkeit bestand bi» aus die eiur umstrittene Frage der Einschränkung de» Wahrheitsbeweises, für die znmindest eine »eit genauere, keiner »tlllSrlichru Auslegung Raum gebende Fassung verlangt wurde. Aus allen diesen Grün­den möchten wir trotz der Ankündigung der allgemeinen Strafrechtsreform die «tedereiubriugung der N ovell e

Schraube. Bo« einer Schraube dieser Größe erwartet Major von Parseval aber eine besonders kräftige Wirkung.

Die bisher geschilderte» Einzelheiten der Konstruktion des ParsevalballouS geben nun allerdings noch nichts, was au» dem Rahmen des Ueblichen so sehr heranSfiele, daß es unser Urteil, er fei bas beste Balloneilustschiff der Gegen­wart, rechtfertigen könnte. Wen» nicht» Wesentliches hin- zukäme. würde der Ballon so, wie vir ihn bisher beschrieben, eher ein recht mangelhaftes Flogvermöge« »eigen, schon well seine Luftschraube so tief aupackt. Ein Nachteil nämlich dieser ganz »ustarreu Konstruktion ist der, daß die Gondel sehr laug ausgehäugt sei« muß nab daß, tu Ermangelung fester Punkte am losen Balloukörper, die Lriebschranbe dann unr an dieser tiefhLugeodeu Gondel angebracht »erde« kan». Das »Kippmoment*, bas alle Ballonäschtffe haben, wirb dadurch bei« Parsevalballou besonder» groß.

Laug «öffe» die Tragseile der Gondel sek», denn sonst würden die nach den Lalloueube» zu verlaufenden Seile zn sehr horizontal gehen und dev Ball», zusammeuplstaache» suchen. Je länger die Aufhängung ist, m» so besser der- tritt fich die Last ans dev ganzen Ballon. Wie wirkt nn» die Schraube auf einen Ballon mit solch ttefhäugeuber Gondel? Sie treibt diese allein vvrwärts und kümmert fich nicht i« mindeste« »« den Balloukörper, der einfach an den langen Setten mitgefchleppt wird. Da nnv ade» der Ballon dev Hanptlnftwtderstand erfährt, zeigt er natur­gemäß das Bestrebe», ausznweichev, das heißt, vornehmlich nach oben fich anfzubämne». Man nennt das et» .Kipp­moment*. Das Fliege» eines Lenkballou», der ein starke»