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Donnerstag, äen 27. Inni 1889.
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— Die „Württ. Landeszeitung" bringt in ihrer gestrigen Nummer den Erlaß Sr. Majestät des Königs bei seinem Regierungsantritt, und den neuerlichen zu Anfang der Jubiläumsfestlichkeiten, mit begleitenden Worten, deren Inhalt unfern Lesern mitzuteilen wir uns nicht versagen möchten:
Rationale Festtage
siüd es, die Württembergs König und Volk jetzt feiern — ein Jubelruf, in den wir freudig mit einstimmen, geht durch das Land, und überall tönt es: Heil unserm König!"
Als vor einem Vierteljahrhundert König Karl auf den Thron seiner Väter berufen ward, da richtete er die Worte an sein Volk:
„Indem Ich die Zügel der Regierung ergreife, vertraue Ich vor allem auf Gottes Hilfe, welche Mir Kraft verleihen möge, Mein Leben dem Wohl des Landes zu weihen, dem höchsten Ziele Meiner Bestrebungen. Meine Unterthanen werden Mir, Ich baue darauf, mit Vertrauen und Liebe ent« gegenkommen, damit das feste auf Recht und Treue begründete Band, das Fürst und Volk Württembergs stets einigte, auch zwischen uns fest und auf. richtig fortlebe."
Die Königlichen Worte, sie leben fort in dem Herzen der Württem« berger. Es ist unserem vielgeliebten König Karl vergönnt, auf ein Vierteljahrhundert reichgesegneter Regierungszcit zurückzublicken — er schaut auf einen deutschen Volksstamm, welcher unter seiner weisen Führung glücklich und zufrieden lebt und welcher sich wohl bewußt ist, w e m es die segensreiche Weiterentwicklung Württembergs zu danken hat.
Wrr wüßten keinen Staat, der sich rühmen könnte, in den gleichen geordneten Verhältnissen zu leben, wie unser Württemberger Land. Wobl
giebt es auch bei uns Arme und Elende, aber sind nicht unser König und unsere Königin immerfort bemüht, durch Werke der Wohlthätigkeit jeder Art, Thränen zu trocknen, Kranke zu trösten und Bedrückte auizurichten? Es haben sich in Württemberg die Mittelklassen, welche die Mehrheit des Volkes bilden, unter dem Schutzs der Regierung zu einem behäbigen Wohlstände aufgeschwungen, der für die wirtschaftlichen Verhältnisse eine» jeden Staates so eminent bezeichnend ist. Württembergs Volk ist seinem Könige auch dank« bar und diese Dankbarkeit findet in den Festtagen, welche wir jetzt mit unserm Königspaar durchleben, einen beredten, lebendigen Ausdruck. Heute kennt man in Württemberg keine Parteileidenschaften. Diejenigen, die sich im politischen Leben schroff gegenüberstehen und sich befehden, sie drücken sich an« gefichlS der württembergischen Nationalfesttage heute die Hand und erkennen, daß sie nichts anderes sein wollen als Söhne eines Stammes, welchem eine gütige Vorsehung ein irdisches Paradies zum Wohnsitz und eine starke mit dem Volke engverbundene Regentensamilie gegeben hat.
Wir freuen uns mit unserm König, daß die mancherlei politischen und sozialen Wandlungen, die unser Vaterland in den letzten 25 Jahren durchgemacht hat, uns zum Heile gereichen und mit Recht kann heute die „Straß, burger Post" behaupten: „Württemberg ist eines der bestverwalteten und glücklichsten Länder Europas. Ist Stuttgart eine architektomsche Musterstadt geworden, so haben König Karl und seine hohe Gemahlin ihr redliches Teil dazu beigetragen."
Es ist nicht etwa nur schuldige Dankbarkeit, sondern feste Ueberzeugung, wenn wir noch weiter gehen und sagen:
Alles Gute und Musterhafte, was in Württemberg im letzten Vierteljahrhundert geschaffen wurde, verdankt seine Entstehung oder ward gefördert durch unser« Königs thatenkräftige Regierung.
In wahrhaft Königlichem Sinne hat der Monarch sein beim Regierungs« antritt gegebenes Wort eingelöst: Der König Hatseine ganze Kraft dem Wohls des Landes geweiht, es war das höchste Ziel seiner Bestrebungen!
Als vor einigen Tagen die Jubiläumsfeierlichkeiten ihren offiziellen Anfang nahmen, da richtete der König die Worte an sein Volk:
„Bei dem Abschluß des 25'°" Jahres Meiner Regierung ist es Meinem Herzen Bedürfnis, an Mein geliebtes Volk Mich zu wenden.
Mit der Königin, Meiner Gemahlin, darf I ch auf eine Reihe von Jahren zurückblicken, in welchen es Mir vergönnt gewesen ist,
»
KeuMeton.
Dev WcczovccLSevbe.
Roman von L. Dohrmann.
(Fortsetzung.)
Gräfin Pauline war eine jener anziehenden Erscheinungen, deren Anblick schon auf den ersten Blick sympatisch berührt. Sie war in ihrer Jugend zweifellos sehr schön gewesen; noch jetzt lag auf ihrem Antlitz ein unwiderstehlicher Zauber. Die Augen leuchteten im milden, sanften Glanze, die Nase war schmal und edel geformt; nur um den Mund lag ein wehmütiger Zug und auf der blendend weißen Stirn thronte schwermutsvoller Ernst.
" Als der Graf das Zimmer betrat, erhob sie sich und streckte lächelnd ihm die Hand entgegen.
„Guten Morgen, Eberhard! Du findest mich ganz allein. Das junge Volk ist, wie ich mit Erstaunen vernommen habe, schon ausgeflogen. Seit Bruno und Treuhold hier sind, ist Irma eine Frühaufsteherin geworden, und jetzt sind sie und Bruno sogar schon auf dem Wege nach Hohenthal Treuhold entgegengerittcn. Darf ich Dir eine Tasse Chokolade anbieten?"
„Verzeihe, wenn ich ablehne. Pauline. Hast Du gut geschlafen?"
„Ich danke. Aber Du? Deine Stirn ist umdüstert!"
Sie blickte ihm forschend ins Antlitz und strich sanft mit ihrer weißen Hand über seine Stirn. Obgleich der Graf beim Eintritt ins Zimmer seiner Gemahlin seine Züge möglichst zur Ruhe- gezwungen hatte, so konnte das derselben doch nicht ganz die Spuren des Sturmes verbergen, der vor wenigen Minuten sein Inneres dmchwüPlt hatte. Jetzt bei ihren besorgten Worten fühlte er den kaum zurückgedrängten Zorn aufs Neue in sich gähren und unwillkürlich ballte er die Hand mit dem Briefe, der die Ursache seiner Gemütsaufregung gewesen war. Aber noch be- wang er sich.
„Hast Du Dein Frühstück schon beendet?" fragte er. „Nein? Nun, dann gestatte, daß ich so lange schweige; ich möchte Dir den Appetit nicht verderben."
Sie lächelte ihn dankbar an.
„Wie lieb Du immer für mich sorgst, Eberhard! Doch es schmeckt mir heute Morgen gar nicht; ich fühle mich beklemmt, ich weiß nicht, weshalb, als ob mir heute noch Schweres beoorstände."
Der Graf antwortete nicht; er trat ans Fenster, schob den Vorhang zurück und blickte finster auf den Schloßhof hinab. Gräfin Pauline erhob sich, trat leise hinter ihn und legte ihre Hand auf seinen Arm.
„Nun?"
Der Graf wandte sich langsam zu ihr zurück und sie erschrak heftig, als sie jetzt beim ungehindert Hellen Tagesschein gewahrte, was ihr vorhin in dem matten Dämmerlicht des Gemachs entgangen war, wie verstört seine Züge waren.
„Eberhard, was ist?" stammelte sie bestürzt.
Er reichte ihr das zerknitterte Blatt Papier.
„Lies diesen Brief, der mir durch die Tölpelei des Anton zwischen meine Postsachen gelegt wurde!"
Mit bebenden Fingern glättete die Gräfin das Papier.
„Hochgeehrtester Herr Lieutenannt!" las sie die Ueberschrift und eine dunkle, beklemmende Ahnung legte sich schon bei diesen wenigen Zeilen auf ihre Seele. Mit angehaltenem Atem las sie weiter: „Ich bitte Ew. Hochwohlgeboren demütigst um Verzeihung, daß ich es wage, diese Zellen an Sie zu richten, um Ew. Gnaden vor einem fremden Menschen zu warnen, der sich gestern abend in verdächtiger Weise nach meinen Beziehungen zu dem Herrn Lieutenant erkundigen wollte. Ew. Hochwohlgeboren können versichert sein, daß ich mir meine Geschäftsgeheimnisse nicht entlocken lasse und Niemand außer mir Kenntnis von dem Wechsel hat, den der Herr Graf mir ausgestellt haben. Der Mann sprach von einer Forderung, die er an den Herrn Lieutenant habe, und deshalb erlaube ich mir, Ew. Gnaden unter- thänigst zu erinnern, daß der Herr Graf Wendhausen unbeschränkten Kredit hat bei Ew. Hochwohlgeboren ergebenstem Diener Levi Jtzig."