Erscheint täglich, «tt »n»«ah«« der »omr- nud Festtag«.
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Mit dem Plauderftübche», Jüuftr. Gonntaglblatt und
EchwLb. «andwirt.
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UoM-chs Hleberficht.
Der Kaiser »ahm in Korfu einen Vortrag des Vertreters des Staatssekretär« des Auswärtigen entgegen, der ihm jedenfalls über die Umwälzungen in der Türkei berichtete. Zahlreiche Grieche« erhielte« zmu Teil hohe Orden. Aus Aulaß de» bevorstehende« Besuchs des Saifer» i« Wien bewilligte der dortige Stadtrat 20000 Krone« zur Ausschmückung der Straßen.
Die Berat»«,e« der deutsche» Fiaauzmimister in Berlin haben mehrere Lage gedauert und wurden schließlich abgebrochen, ohne eisen Erfolg gebracht zu haben. ES ist weder Sber die Ersatzsteuer« für die Inseraten-, SaS« und Elektrizitätssteuer« noch über sonst etwas ei« endgültiger Beschluß gefaßt worden. Die Erhöhung des KaffrezollS wird aber iu BuudeSratSkreifen als der aussichtsreichste Steuervorfchlag augrsche». Dagegen wird der BnudeSrat sich auf eine Lorleguug des Entwurfs einer Wertzuwachssteuer, die die Konservatives verlangev, jetzt nicht eiulaffeu, sonder« aus der Erwritervng der Erbaufall, steuer bestehen. 3m übriges will der BuvdeSrat erst ein- mal die Verhandlungen der Finauzkommisstou über den konservativen Antrag bezüglich der WertzuwachSsteuer ab- warteu. Nach der „Frkf. Ztg." ist „der schon längere Zeit in BuudeSratSkretsev bestehende Gedanke einer Wertzuwachs- steuer für Liegenschaften vorläufig fallen gelafieu worden, weil feine gesetzgeberische Durchführung zuviel Zeit iu Anspruch nehmen würde, daher diese Steuer als Beitrag zur gegenwärtigen Ftnauzreform nicht mehr in Betracht kommt."
I« Mach«« -er Neich-stuavzrefor« hat die
konservative Fraktion des Reichstag» durch ihre« Vorsitzenden die Vorsitzenden der anderen bürgerlichen Fraktionen z« einer Besprechung Sber den konservativen Antrag betreffend die ReichS-WertzuwachSsteuer ringelnden. ES ist nicht ab- zusehen, welchen Zweck die Besprechung etssS in der Kom- «ifston etngebratzte» Antrages haben soll. Inzwischen treten immer nme konservative Eteuerfncher auf. Als solcher entpuppt sich jetzt auch der Hallenser Professor Suchsland, der schon de» öfteren unbrauchbare Ideen produzierte. Er schlägt folgendes vor: „ES bezahle jeder lebende Besitzer (von Grund oder Kapital) sofort eine einmalige Steuer nach demselben Satz, wie sie die Nachlaß- steuer vsrschlsg, mit'/, vom Hundert beginnend bis 3 vom Hundert hinaus. Dabei ist keine Unwahrheit, auch wird keine Entfremdung im Familienkreis erzeugt und eS findet keim wiederholte Besteuerung statt. Aber viele günstige Wirkungen werden mit solcher einmalige» ReichSbefitzsteaer erzielt. Sie bringt etwa 2'/» Milliarde« ein. Damit stoßen wir die Hälfte der RetchSschuldeu ab. Dir Erspar- uis der hierfür nötigen 80 Millionen Zinsen wäre der Beitrag des Besitzes zur ReichSfiaauzresorm. Fürwahr eine Lat!" Ei« ähnlicher Vorschlag ist auch der „Kreuzzettnng" von „hochgeschätzter Sette" zagegaugru. Mit solche« ungefährlichen Anerbietungen wird «au den Keru der Sache nicht mehr verschleiern können: daß die Konservativen eine
Irettag dm 30. April
dauernde, allgemeine ReichSbefitzstruer ablehuen und dadurch das Zustandekommen der notwendigen Reform auf» äußerste gefährden.
Der -»lgarische« Negier««, find am Dienstag von den Vertretern der Dreibuudmächte gemeinsam die Glückwünsche ihrer Regierungen zur Anerkennung der Un- abhängtgkeir Bulgariens ausgesprochen worden.
Im Gomalila«- haben Leute des Stammes War- saugli unter Führung eines Sohnes ihre» SultauS zwanzig Dörfer geplündert und viele euglaudsreuudliche Eingeborene getötet.
Alle «euere« Mekd««,e« a«< Marokko sprechen von einer Verschlimmerung der Lage Rulay HastdS. Alle Stämme befinden sich iu lebhafter Erregung; viele haben sich zusammeugeschloffeu und sich für El Roghi erklärt. Der Rachsen sammelt seine Truppen bet der Hauptstadt.
Deutscher Reichstag.
»er»«, 28 April.
Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 2'/i Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst zie zweite Lesung de» Gesetzes über
di- Sicher««, -er Ba«s»rdrr«»,e«.
Dr. Mayr-Kausbeureu (Ztr.): Sellen hat ein Gesetzentwurf so viel Aeuderuogeu in der Kommisfiou erfahren, wie der zur Beratung stehende. Lirle Millionen find iu de« 90er Jahren de« Nationalvermögen infolge des Lau- schwiudels verloren gegauge«. Die Kommisfiou hat au der Grundlage des Gesetzentwurfs nichts geändert. Sie hat lediglich die dingliche Sicherung der Bauforderuugen verschärft und wettere allgemeine SichrruugSmaßregeln zuge- fügt. Der springende Punkt, von dessen Besteheubletben die Regierung das Zustandekommen des ganzen Gesetzes abhängig «acht, ist der § 4, in dem gesagt wird, daß die Eintragung eines Bauvermerks unterbleibt, wenn in Höhe eines Betrags, der nach dem Ermeffeu des Bauschöffeu- amtS den dritten Teil der voraussichtlich errtsteheudev Baukosten erreicht, Sicherhett durch Hinterlegung von Srld oder Wertpapieren geleistet ist.
Pault-PotSdam (kauf.) gibt der Hoffuaug Ausdruck, daß da» Gesetz de« Lande zu« Segen gereichen werde.
Liuck (ntl.) spricht sich iu gleichem Sinne aus. Die Befürchtung, daß das Gesetz den Uebergaug der Baatätig- keit ans das Großkapital zur Folge haben werde, sei unzutreffend. Rau sollte den Entwurf richtig neunen: Gesetz zm Erleichterung der Bauforderuugev, denn eS gibt uur dem Baugläubiger, der mit Sorgfalt und der Vorsicht eine- Geschäftsmannes zu Werk geht, gesetzliche Maßnahmen, fich vor Verlust und Schaden zu schützen.
Dove (frs. Bgg.): Das wichtigste au de« Gesetz, um da» wir uns iu der Kommisfiou genügend gegenseitig die Köpfe verdroscht« haben (Heiterkeit), ist die Sicherung der Handwerkerfordrruugeu durch die Bauhypothek und die Verpflichtung, zur Befriedigung dieser Forderungen die Baugelder zu verwenden. Dem Antrag Albrecht. mindestens
1909
die Hälfte der Bauschöffeu soll ans Sachverständigen be- stehen, unter denen mindestens ein Baüarbeitrr sein muß,
stimmen wir nicht zn. ^ ..
»ömelbsrg (So;.): Die Bestimmungen über die Verwendung der Baugelder und dev BuchsühruugSzwang werden eine gute Wirkung anSübeu. Unserem Antrag, daß unter dev Bauschöffeu auch ein Banarbetter sein soll, sollte man Jastimmen.
Mugdau (frs. Lp.) äußerst Bedenken gegen dev 2 . Teil der Vorlage. Seine Partei werde für das ganze Ge- setz stimmen.
Nach weiterer Debatte werden die allgemeinen flft- stimmuugeu über die BaugeldverweudnvgSpfltcht, Buch« führuugSpflicht oud die Strafbestimmungen äuge- vommev, desgleichen rin Antrag Frank, daß vor Erlaß der landesherrlichen Verordnungen auch die gesetzliche Abeitervertretnug und ein Antrag Dove (frs. Bgg.), jdatz auch die amtliche Handelsvertretung zu hören ist. Ei« Antrag Herzog, sowie zwei sozialdemokratische Anträge wurden abgelehut. — ES folgt dann die erste Lesung de» Gesetzes betreffend
zollwidrig- V-rw-»-««, »«« Werft-.
Speck (Ztr.) begründet die Vorlage, die aber dahin erweitert werde« müffe, daß Gerste zur Bereitung de» RalzkaffeeS zu« Zollsatz von 4 ^ pro Doppel,mtuer eck- zusühren sei. Der Redner beantragt Uebrrweisung da Vorlage au eine Kommisfiou von 14 Mitglieder«.
Staatssekretär Sydo» erkennt an, daß eine Reihe von «lagen Sber zu niedrige Verzollung von Gerste be- gründet seien. Der größte Teil der Klage» sei aber über- triebe». Neu au de» Entwurf sei, daß die «erste, die zn dm niedrigen Sätzen verzollt »erde, zu »raazwecke« nicht verwendet werden dürfe. Um die» durchzuführe«, bedürfe eS technischer Mittel. Die Färbung der Futtergerste Halle er nicht für durchführbar. Rur tu zweifelhaften Fällen könne auf diese Weise vorgegangeu werden.
Darauf wird ein BertaguugSautrag abgelehut.
Graf Kanitz (kous.) empfiehlt zur Uuterschiedlichmach- ung der Fattergerste von der Ralzgerfte einen vo« Siemen» uud HalSke konstruierten Apparat, mit dem eis Drittel de» Quantums durch Erhitzen ketmuusähig und damtt für Brau- zwecke unbrauchbar gemacht werde. Sonst sei eine Färbung mit Eostn zu empfehlen.
Nachdem die Abgg. Reauer (atl.), Logt-Hall (wtsch. Bgg.) nud Hilpert (Bbd.) ihre Zustimmung zu der Bor- läge erklärt hatten, der Abg. Carsten» (frs. Bp.) schwere Bedenken gegen die Vorlage vorgebracht uud Staatssekretär Sydo» de« vo« letzten Redner gegen die Begründung der Vorlage erhobenen Borwarf der Lückenhaftigkeit zurückge- wtesm hatte, wurde die Vorlage an eine Kommisfiou von 14 Mitgliedern verwiese«.
Darauf vertagte fich das Hau». Schluß 6'/. Uhr. Nächste Sitzung morgm DouuerStag nachmittag 2 Uhr. Tagesordnung: Sozialdemokratische Interpellation betr. die Rechtsansprüche von Privatbeamteu au die Witwen» uud Watseukasseu der Privatbetriebe.
Makoün Sinclair.
Historische Erzählung von A. A- Hövachvogek.
<Ksrtsetz«»>.) (Rachdr. verb.)
„Wer ist druu dieser schöne Mann?" fuhr Prinzessin »uua, fich gau, vngeffeud, auf.
„Erkundige Dich, ich «aß seinen Namen wissen!" flüsterte leise and tief errötend Elisabeth ihrer ersten Hofdame zu.
„Er mag unlängst erst ««gekommen sein, Kaiserliche Majestät," sagte »nschikoff.
» sogll^ n-ch ihm, Fürst! Ich habe nie einen
ähnlichen Mann geseheu! Weiß niemand, wer die Dame «eben ihm ist?"
„ES — e» ist Kathiuka Dolgoruky," erwiderte zögernd und unruhig der Fürst.
„Ein wahrhaft schönes Rädchen! Ich begreife nicht, daß «an sie bisher bei unseren Hoffesteu vermißte? Ich will überhaupt, Fürst, daß unsere allrussische» Geschlechter, zumal die uns vrrwaadschaftlich nahe stehra, nicht zurück- gesetzt werden!"
„Zu Befehl, mein Kaffer. ES wird uur an diesen Geschlechtern selbst liegen, wenn sie künftig zurücksteheu!" erwiderte Menschikoff.
Inzwischen war der hiuabgeschicktr Kammerherr «Utgß zurückgekehrt. „Der Fremde ist der schottische Major vo« Sinclair!"
Die Tete der PreoprascheuSkoyS war vor de« Kaffer angrlangt. Bon seine» Vorrecht Gebrauch machend,
schwenkte da» Regiment rechts ei«, srukte die Fahnen uud salutierte. „Guten Tag, Väterchen!" donnerte e» durch die Reihen.
„Ich danke Euch, Kinder!" rief der junge Kaiser hinab uud lüstete die Mütze.
Malcolm, Kathtnka neben fich, hielt gerade de« Kaiser gegenüber. Sein edles Roß hatte fich aus die Kniee seiner Bsrderfüße niedergelassen und der Reiter im Gruß den Degen gesenkt.
„Ich werde, wie mein Großvater, die Truppe« zu Fuß besichtigen!" rief der Zar feurig, „der Hofstaat folge mir!"
„Kaiserliche Majestät," flüsterte hastig Reuschikoff, „solche Huld, welche fich au» ganz anderen Berhältutffeu einst von selbst ergab, wäre bei Ihnen zu ungewöhnlich. ES ist meine Wicht -"
„Ich will'«! Ohne Umstände!" sagte Peter gereizt. „Ich will diesen Schotten, will das Regimeut genas sehm, will handeln, wie mein Vater Alexei gehandelt hätte, wenn —" er sah Mevschtksff starr an und — wendete fich.
Der Fürst erschrak. Peter hatte seines unglücklichen Vater» noch nie erwihutl Menschikoff verstand das Ende de» Satzes, das der gar unterdrückt hatte, sehr wohl; er neigte da» Haupt uud folgte ihm mit dem ganzen Hofe, deu Kroudeamten uud Generalen. Langsam trat der Kaiser aus da» präsentierende Regimeut zu, Fürst Labuscht» uud Dolgoruky stiegen ab uud näherten fich, indes Haaptmaun Baron von Küttler ihre Pferde hinter die Front führen ließ.
„Ich freue mich," begauu Peter, „meine Freund«, die PreopraschenSkoy», bei dieser ersten Gelegenheit zu sehen! Ich WM. dich Ihr wissen sollt, Peter II. liebe Such eben
so wie Peter der Große! Ich will Eure Kommandeure, Eure Eliten uud den allrussische« Adel gern uud oft sehen, Ihr sollt mir so gut uahesteheu wie — irgendein anderer! Euch das zu brweiseo, werde ich iu meiner Kaiserbnrg dra PreoprascheuSkoyS ein Hoffest geben, um die Armee iu ihrem ersten Korps zu ehren!"
Ein donnernder Zuruf antwortete ihm.
„Stellen Sie mir die Offiziere »od Ehrenglteder vor, Labuschinl"
„Zu Befehl, Majestät. Ich empfehle Ihrer Suade meine Söhne, ferner die beiden Töchter meine» Schwager»."
Der Zar hatte Kathiuka seine Hand gereicht, die dieselbe, fich tief «iederbeugeud, küßte.
Peter blickte sie erglühend au. „Kathiuka, beim Ball wirst Du meine erste Tänzerin sei»! Ich wünsche auch, daß Dei« Begleiter, der Major Si clair, nicht fehle!"
Sinclair verbeugte fich.
„Also auf Wiedersehen!" Damit trat Peter langsam hinweg, um die übrigen Offiziere zu grüßen und die anderen Korps, welche iu laugen Linien die Esplanade bedeckten, gleichfalls zu bestchtiaeu.-
Die Gefühlt, welche i« de« Richftbeteiligte« diese» großartige Schauspiel hervorrief, waren sehr verschieden. Menschikoff war wütend. „Ich sage Dir," flüsterte er seiner ältesten Tochter zu, „der kleine Narr mag nichts von Dir wisse«, wenn Du nicht bessere Mittel, ihm z» gefallen, hast. Di« LabuschiuS uud Dolgoruky» kommen wieder empor, uud daran ist der Schotte schuld! Wie et« Kind versessen ist Peter auf da» Spielzeug, und zum Spielzeug scheint dieser Sinclair ganz geeignet! Gebe Gott, daß er um so