64. Jahrgang

Aro. 63.

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Die Aushebung der Mikilärpflichiigen

findet am 16. Juli 1889 in Calw statt. Den 25. Mai 1889.

K. Oberamt. Supper.

Deutsches Reich.

(König Humbert in Berlin.) Am Mittwoch Abend haben beide Herrscher die Festvorstellung im Opernhause besucht; nach derselben fand vor dem Schlöffe großer Zapfenstreich statt. Als Festvorftellung im königl. Opernhaus war eine Aufführung des BalletsDie vier Jahreszeiten" und des zweiten Akts aus der OperDas Feldlager in Schlesien" gewählt. In der kleinen Hofloge erschien während des ersten Teils Generalfeldmarschall Graf Moltke, später der Kriegsminister General v. Verdy du Vsrnois. Die große Hofloge war für das Gefolge des Königs eingeräumt; Ministerpräsident Crispi nahm dort Platz. Beim Eintritt der Monarchen hatte sich das Pub­likum erhoben, aber auf ein dankendes Zeichen des Königs wieder Platz ge­nommen. Das Ballet schloß mit einer Apotheose des deutsch-italienischen Bündnisses unter dem Schutze des Friedens. Die Monarchen wurden bei Anfahrt und Abfahrt durch die lebhaftesten Kundgebungen begrüßt. Die Parade der Potsdamer Garnison am Donnerstag früh verlief aufs prächtigste. Früh um 8«/4 Uhr traf der Kaiser mit dem König und dem Kron­prinzen von Italien, sowie den königlichen Prinzen mit einem Sonder­zuge in Potsdam ein, die Kaiserin war schon mit einem früheren Zuge angekommen, ebenso das Gefolge. König Humbert schritt an der Seite des Kaisers die Front der auf dem Brhnhofe aufgestellten Ehrenwache ab. Beide Herrscher begaben sich dann zu Wagen nach dem Stadtfchlosse, von dem auf der langen Hanelbrücke in dichten Scharen gedrängt stehenden Pub­likum begeistert begrüßt. König Humbert und der Kronprinz trugen wieder die kornblaue, silberbeschnürte Uniform des hessischen Husarenregiments; der Kaiser hatte heute die Uniform seiner Leib Garde-Husaren mit dem Bande des Militär-Ordens von Savoyen angelegt. Im Stadtfchlosse stiegen die Majestäten und die Prinzen zu Pferde. Der Vorbeimarsch der Truppen fand das erstemal bei der Infanterie in Kompagnie-Kolonne, bei der Kaval­lerie in Zugfront, das zweite Mal bei der Kavallerie in Schwadronfront statt. Bsidemale setzte sich der Kaiser an die Spitze seines Leib-Garde-

Husaren-Regiments, um es seinen erlauchten Gästen persönlich vorzuführen. Die Kaiserin wohnte der Parade von einem Fenster des Stadtschloffes aus mit dem Prinzen Eitel Friedrich bei. Fünf Minuten nach 10 Uhr war die Parade zu Ende. Im Anschluß an die Parade fand im Marmorsaale des Stadtschloffes das Frühstück statt. Die italienischen Fanfaren der Bersaglieri wurden von den mit italienischen Instrumenten ausgerüsteten Trompetern der Garde-Füsiliere ausgeführt. Der Kaiser, König Humbert. der Kronprinz von Italien und Prinz Albrecht von Preußen fuhren vom Stadtschloß sofort nach der Friedenskirche, wo König Humbert einen Kranz am Sarge des Kaisers Friedrich niederlegte. Etwa 10 Minuten verweilten die Herr­schaften in der Friedenskirche. Kaiser Wilhelm schenkte Crispi als Züchen besonderer Huld sein wohlgetroffenss Oelbild und ernannte den Kron­prinzen von Italien zum Rittmeister des 13. Husarenregiments. König Humbert hat dem Reichskanzler sein lebensgroßes Bild, dem Staats­sekretär Graf Herbert Bismarck als Zeichen besonderer Huld einen prächtigen Humpen geschenkt. Heute speist König Humbert bet seinem Botschafter Grafen Launay, wozu Staatsminister Graf Herbert Bismarck, Botschafter Graf Solms, der ganze deutsche Ehrendienst und das italienische Gefolge nebst den Mitgliedern der Botschaft geladen sinv. Morgen findet beim Fürsten Bismarck ein Mahl zu Ehren des italienischen Ministerpräsidenten Crispi statt.

Berlin, 23. Mai. Eine große Anzahl von Mitgliedern des Reichs­tages hat sich zusammengethan um dem italienischen Minister­präsidenten Crispi, dem entschlossenen Vertreter des Bündnisses zwischen Deutschland und Italien, am Samstag ein Festmahl anzubieten. Zu diesem Zwecke begab sich heute Nachmittag eine Deputation, bestehend aus den Herren v. Benda, v. Kardorff, Graf Stollberg, Graf Dönhoff, Rickert und Dr. Böttcher, zu Herrn Crispi, um denselben namens ihrer Freunde zu begrüßen und ihm die besagte Einladung zu übermitteln. Auf eine seitens des Hwrn v. Benda gehaltene italienische Ansprache antwortete Herr Crispi mit verbindlichem Danke für dis von dem Vorredner berührte Allianz hinweisend, betonte er, daß dieselbe nicht nur durch gegenseitige Zu­neigung, sondern vor Allem durch die Gleichheit der beiderseitigen Interessen fest begründet sei. An dem geplanten Festmahle erklärte er mit Vergnügen teilnehmen zu wollen, wenn er am Samstag noch hier sei. In dieser Be­ziehung müsse er erst noch die Anordnungen des Königs abwarlen. In der zwischen dem Minister und verschiedenen Teilnehmern der Deputation ge­pflogenen zwanglosen Unterhaltung sprach der elftere sich ganz begeistert über den Empfang und den Aufenthalt in Berlin aus. Berlin habe mehr

FeuMriAÄ.

Nachdruck verbot««.

Verschlungene Käden.

Roman aus dem Englischen von Hermine Franken st ein.

(Fortsetzung.)

Ich habe durchaus kein Verlangen, Hauptmann Lynwood ein Unrecht zuzu­fügen," fuhr Dr. Seaport fort,aber es scheint mir, daß er der einzige Mensch ist. der einen Grund zu einem solchen Unternehmen hätte. Er hat reichliche Gelegenheit gehabt, das Päckchen in der Nacht nach Lady Lynwood's Flucht in deren Zimmer zu legen."

Wo ist Otto?" fragte der Baronet plötzlich.

Ich glaube, in seinem Zimmer; ich kann es leicht erfahren."

Thun Sie es," sagte Sir Ralph,und sagen Sie ihm, er solle unverzüglich hierher kommen."

Dr. Seaport verließ das Zimmer, um einem Diener den Auftrag zu geben, Otto herbeizurufen, während der Detektiv mißbilligend den Kopf schüttelte. Er hielt dieses Vorgehen für nicht sehr klug, aber es kam ihm nicht zu, Etwas dagegen ein­zuwenden, und er sagte daher Nichts.

Kaum war Doktor Seaport in Sir Ralph's Zimmer zurückgekehrt, als an die Thür geklopft wurde; eine Sekunde später ward dieselbe aufgerissen und auf der Schwelle erschien Lionel Egerton!

Ja! Bleich, abgehärmt und geisterhaft aussehend, aber dennoch Lionel Egerton in Fleisch und Blut!

Dicht hinter ihm war Otto Lynwood sichtbar. Einige Sekundm sprach Keiner ein Wort, dann sagte Sir Ralph in strengem Tone:

Was führt Sie zu mir, mein Herr?"

Lionel atmete schwer. Er kämpfte sichtlich mit einer großen Schwäche, dennoch aber fest antwortete er:Die Notwendigkeit, Ihnen eine Aufklärung über das

Fernbleiben Ihrer Frau zu geben, Sir Ralph, und Ihnen den Beweis zu liefern, daß dasselbe von ihrer Seite ein vollständig unfreiwilliges war."

Ei, wirklich! versetzte der Baronet mit hartem Auflachen, in welches sein Neffe einstimmte.Sie Beide bedauern also, was Sie gethan haben, und wünschen die Dinge wieder ins alte Geleise zu bringen?"

Ich wünsche, eine edle und unschuldsvolle Frau von einem Flecken rein zu waschen, den ihr, wie ich sehr wohl weiß, eine unglückliche Verkettung der Umstände angehastet hat," war die in festem Tone gegebene Erwiderung Lionel's, wobei sich der Sprecher jedoch an die Wand lehnte, wie um sich zu stützen.Niemand kann es bester zu würdigen wissen, als ich, zu welchen Auffassungen eine solche falsche Lage, wie es meine jetzige ist, Veranlassung geben kann; aber ich versichere Sie bei meinem Manneswort, bei meiner Ehre als Gentleman, ich schwöre es Ihnen bei dem mir über Alles heiligen Andenken an meine Mutter, daß Ihre Gattin auch nur an dem Gedanken an ein Unrecht so unschuldig ist, wie ein Engel vom Himmel!"

Es lag ein solcher Ernst, eine solche Wahrheit in Lionel's Ton und Haltung, daß selbst der Ungläubigste davon hätte überzeugt sein müssen, und seine Worte übten auch einen tiefen, wenn auch verschiedenen Eindruck auf seine Zuhörer.

Sie können versuchen, das Weibern und Kindern einzureden, Mr. Egerton," sagte Otto mit bitterem Hohn, wir Männer von Welt können solchen Versicherungen unmöglich Glauben schenken. Man kann selbst zu einem falschen Eid Zuflucht nehmen, wenn man die Frau beschützen will, deren guten Ruf man ohnedies schon vernichtet hat."

Ich spreche zu Ihnen, Sir Ralph, und nicht mit Ihrem Neffen," erwiederte Lionel verächtlich, ohne Otto auch nur eines Blickes zu würdigen.Sie kennen mich von der Stunde meiner Geburt an und ich fordere Sie auf, in Ihre Erinnerung zurückzugreifen und sich zu besinnen, ob ich Ihnen auch nur ein einziges Rial in meinem Leben Gelegenheit gegeben habe, an meinem Wort zu zweifeln."

Sir Ralph hatte den Blick nicht abgewendet von dem Sprecher.

Nein, Lionel," versetzte der Baronet in tief traurigem Tone,ich kannte Sie und ich vertraute Ihnen"

Und ich habe Ihr Verträum nicht mißbraucht!" rief der junge Mann, chm