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Der GestlllWtt.

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Mit dem Plauderstübchen, Jllustr. SonntagSblatt und

Schwäb. Landwirt.

M 386

Amtliches.

Bekanntmachung betr. die Ae«deru»< des Stat«t- der Bezirkskraukeupfl ege v erficherxug.

In Ausführung der statutarischen Bestimmung der AmtSkörperschaft Nagold vom 11. April 1908 betr. die Heranziehung der forstwirtschaftlichen Arbeiter zur reichs- gefetzlicheu Krankenversicherung hat der Brzirksrat a« 7. Ncvemder 1908 vorbehältlich der Zustimmung der Amts« Versammlung beschlossen, das Statut der Bezirkskrankeu- pflegrverstcherung durch Streichung der Worteund sonst" dl den W 1 Abs. 2 und 3; 2 Ziff. 2; 5 Abi. 1; 8 Ziff. 2; 9; 25 Abs. 2; 31 Abs. 1 und 37 Abs. 4 Satz 1 «. 2 abzuänderu.

Mit Erlaß vom 30. November 1908 Nr. 10 057 hat die K. Kreisreqieruug Reutlingen diese Abänderungen vor­behältlich der Zustimmung der Amtsversammlung genehmigt.

Dies wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht.

Nagold, den 3. Dezember 1908.

K. Oberamt:

Mayer. Reg.-Aff.

Die Verfassllngsdebatte im Reichstag.

Berlin, 3. Dez.

Am BundesratStisch: von Bethmanu-Hollweg, Dr. Niebeiding.

Die Beratung über die VersaflrrngSanträge wird fortgesetzt.

Abg. Graes (wirtsch. Vgg.): Erfreulich ist, daß die Regierung aus ihrer bisherigen Reserve gegenüber den BerfaffungSanträgeu herausgetreten und hier vertreten ist. Eine Beschlußfassung am Ende der Besprechung einer Inter­pellation ist ganz zweckmäßig. Den Anträgen auf Herbei- führrmz einer juristischen Mtnißerverantwortlichkeit stimmen wir im Prinzip zu, wenn wir uus auch nicht auf Einzel- . heilen festlegen wollen. (Beifall rechts).

Abg. Naumann (frs. Vgg.): Es war wir eine wahr­hafte Freude, von einem Herrn von der Rechte« den Satz zu hören, daS Budget könne vom Reichstag als Machtmittel benutzt werden, um politische Fortschritte dmchznsetzev. Ich fürchte aber, wenn wir nach dieser Methode Vorgehen wollen, daun würde man sagen: wie kann man einen Kullurfortschritt um eines politischen Fortschritts willen prctsgcbm. Abg. Ledebsur versprach uns die Unterstützung seiner Partei, wenn wir die Zustimmung zur RetchLfinauz reform von der Annahme nuferer VerfaffurigSanträge ab­hängig machen würden,Z Wenn man ein politisches Verfahren gründet auf die Alternative; entweder ihr gewährt uns ditfsS Recht, oder wir stad nicht in der Lage, diese und jene Politik mitzumachen, so muß man doch entschlossen sein, für den Fall der Gewährung der Rechte die Politik auch mitznmachen. (Beifall ltvkr). Sollte aber dieser Fall eiutretev, so werden sich die SozialdeWstraten des Nürn­berger Parteitags erinnern, dessen Beschluß es ihnen un­möglich macht, in eine derartige politische Aktion üderhaupt einzutreten. (Sehr gut! bri den Freis.) Der Mehrheits- bildung im Demschen Reichstag stellen sich nicht nur ge­schichtliche sondern auch technische Schwierigkeiten eut- gegen. In unserer Geschäftsführung selbst liegt ein Teil der Ursachen, warum wir in eine wirkliche M-joritätsbildung nicht hiuemkommeN. Vieles, was in den Pl mar Verhandlungen gejagt wird, ist im Grunde nur Stoff für die Kommission. (Sehr richtig links.) Der Reichstag verliert vor lauter Fleiß und Arbeit die eigentlichen großen politischen Gesichts­punkte der Nationalvertretung ans dem Auge. Der Reichstag kann Gesetze anregeu und korrigieren, er kann die Verwaltung kritisieren, aber sei« Auteil an der demschen Geschichte ist nur ein sehr begrenzter. Warum ist unser VolkSvcrtreurngs- system so schwach? Der Vundesrat arbeitet geheim, und wenn auch die Stimme des BnndeSratS nicht ohne Seufzer ist, so dringen diese doch nie an die Ocffmtlichkeit. Weil wir im Reichstag gezwungen sind, alle unsere Fragen öffentlich durchzuverhandeln, find wir beständig irr der Ge­fahr, unsere Willensbildnug selbst durch die Zwischeufragen der W.lleusbilduug uuS wieder zu erschweren. Der Reichs­tag hat ein Präsidium, welches Erlaubnis hat, die Tages­ordnung festzusetzev, Differenzen zu schlichten nud im Drtgm die Knochen aus erhabenem Sessel zu suhlen. (Schallende Heiterkeit). DaS ist der ganze Apparar, den der zweite Faktor der deutschen ReichSrrgierrmg, sich geschaffen hat. Der Reitstag kommt und geht und wenn er nicht gefüllt daun wird er aufgelöst. (Bewegung.) Diese Grgenüber- stellrug der Lüden Faktoren hat uuS erst zum Bewußtsein gebracht, was das Bol! ^eigentlich von uns fordert: Ihr

Samstag den 5. Pezemöer

sollt uns jetzt Garantieeu schaffen für die Leitung der deutschen Geschichte. Die Leute wissen wie schwach ste find, und möchten doch gern etwas Geschriebenes haben. DaS erste Ziel ist die Vereinfachung der Arbeitsmethode und dann die Hebung der Stellung des Präsidiums des Reichstages, damit es aufängt, ein politischer Faktor zu werden. Für uns ist eS fraglich, ob nicht neben der Aufgabe der Se- schäftsleitung noch die zweite einer gewissen sachlichen Ver­tretung notwendig ist. Wir werden wahrscheinlich dazu kommen müssen, eine Form der kleinen Interpellation zu wählen neben der großen, bei der eine Antragsstellung mögl'ch sein muß. Der Kern der Mintsterverantwortlichkelt ist für uns die Realverautwortlichkeit für die politische Führung selbst. Niemand von uns wünscht, daß das MinisterverantwortlichkritSgesetz überhaupt Anwendung siadet. Wir halten es für eine Waffe, die au der Wand hängen soll, damit man weiß, daß ste an der Wand hängt. (Heiterkeit.) Wir wünschen, daß die Kommission, der wir die Anträge überweisen, keine BeerdigungSksmmisstou srin möge. Zügen wir, daß unsere Nation wirklich ein politisch lebendiger Organismus ist. (Lebh. Beifall links.)

Abg. Bindewaldt (Rsp.): Wir trete« für eine Erweiterung und Festlegung der Verantwortlichkeit deS Reichskanzlers ein und werden für die Anträge der Frei- finnigen, Polen Md des ZeutrsmS stimmen.

Abg. Singer (Sor.): Die Freisinnigen verhindern die Bildung einer Oppofittousmehrhüt und daun stellen ste sich her und klagen uus au. Die heutige Rede Naumanns war eine Grabrede auf sein einstiges Ideal: Demokratie und Kaisertum. Der Redner polemisiert! dann gegen die gestrigen Reden der anderes Parteien und erklärt, daß die Macht des Parlaments nur von dm Sozialdemokraten erstrebt werde. Er beantragt die Vufaffungsauträge an eine besondere Kommission zu verweisen, dagegen die Anträge zur Geschäftsordnung gesondert au dir GeschästSordmmgS- kommission.

Abg. Dietrich (kovs): ES erscheint uus nicht richtig, aus dem Gefüge der Geschäftsordnung die Frage der Interpellationen herauszngretfen und besonders zu behandeln. Wir lehnen es auch ab, daß der Reichstag über Kcikg und Frieden entscheiden soll. Anch der polnische Antrag ist unannehmbar. Vom monarchischen Standpunkt aus haben wir den Mansch nach einer stärkeren Verant­wortlichkeit des Reichskanzlers. Wir haben aber bereits eine solche Verantwortlichkeit: die öffmtliche Meinung ist ja da und der Reichstag! Die Anträge schweben also völlig in der Last.

Abg. Rtckliu (Ztr. Elf.) erklärt sich für die Anträge des Zentrums, der Freist-lüge» und Polen.

Damit schließt die Diskussion.

Abg. v. Payer (D. Vp.) hat daS Schlußwort für die Anträge der Freisinnigen. Die verbündeten Regierungen haben sich diesmal der Pflicht des Zuhörens nicht entzogen kein Anlaß zum Dank, aber doch immerhin ein Fort­schritt. (Sehr wahr.) Ein wahrhaft konstitutionelles System, die Beseitigung dieses scheirrkonstltutiouelleu EleudS wird hoffentlich der greifbare Erfolg urserer Anträge sein.

Abg. Dr. v. DziembowSki (Pole) verwahrt sich gegen die Unterstellung in der Presse der polatsche Antrag sei aus ualionalpolitischen Gesichtspunkten erfolgt.

Abg. Heine (Soz.) erklärt in einem Schlußwort, der wichtigste Antrag sei der über die Geschäftsordnung, der sich auch am schnellsten verwirklichen lasse. Deshalb sollten diese Anträge besonders an die GeMstsordnungskommisfiou verwiesen werde«. Der Redner polemisiert dann eingehend gegen die Abgg. Jrmck und Naumann.

ASg. Dr. Spahn (Ztr.) tritt rioHmals für diesen An­trag seiner Partei ein und richtet eine scharfe Absage gegen die Sozialdemokratie.

Hierauf folge« persönliche Bemerkungen der Abgg. Dr. Juuck, Heine und Dirksen.

In der Abstimmung wird der Antrag Müller-Mei­ningen, sämtliche Anträge der auf 28 Mitglieder zu ver­stärkenden GeschäftsorduungSkommisston zu überweisen, an­genommen.

Nächste Sitzung Freitag 2 Uhr: GewerbeordsungS- uovellr. Schluß 7 Uhr.

Tages-Meuigkeiten.

Aus Stadt Md Land.

Zu« Postsch rckverk.hr. Der Post-Ueberweisnngs- und Scheckverkehr bei sämtlichen deutschen Poßanstaltm beginnt am 1. Januar 1909. Anträge auf Eröffnung eines Postscheckkontos werden schon j;tzt bet allen Psstarr- stalteu eutgegeugerwmmen. Formularen za diesen Anträgen werden am Postschaltrr abgegeben.

1968

r. Calw, 4. Drz. In Simmozhelm haben der 76jähr.

Gemetudepfleger Thomas Bauser »ud seine 74jähr. Gattin Sophie geb. Klink in seltener Rüstigkeit ihre goldene Hochzeit feiern können. DaS Jubelpaar hat vom König eine goldbeschlageue Haukbibel und von dem Bürgerlichen Kollegin« zwei silberne Bestecke erhalte».

r. Stuttgart, 3. Dezbr. Heute nachmittag fand im Friedrichsbau eine Versammlung württembergischer Zei- tuugSverleger statt. Diese nahm nach eine« Vortrag von Dr. Wolf (Schwarzw. Bote Oberndorf) gegen die geplante Anzeigenstcuer Stellung und billigte die bisher vom Vorstand des Vereins deutscher ZeituugSver- leger in der Angelegenheit unternommenen Schritte. Im Anschluß an die Versammlung wurde beschlossen, einen KreiSvereiu Württembergs des Vereins deutscher Zeitungs- Verleger zu gründe«. Der größte Teil der Anwesenden erklärte sofort seinen Beitritt. Ein provisorischer Ausschuß wurde mit den weiteren Schritten beauftragt.

Stuttgart, 4. Dezbr. Für die BürgerauSschnßwahl beträat die Zahl der Wahlberechtigten in Groß-Stuttgart 29 241 gegen 27 297 im Vorjahr.

r. Stuttgart, 3. Drzbr. Die Zweite Kammer wird sich bet Wiederaufnahme ihrer Verhandlungen am 10. Dez. mit einer Veteraueueingabe und einem Antrag deS Zent­rums, brtr. die Ueberuahme der Fletschbeschaugebühren auf die Bundesstaaten, zu befassen haben

Lorch, 3. Dez. Bei der heutigen SLadschultheißeu- wah! waren «ach dem Rücktritt von 10 Bewerbern noch 3 übrig. Bon 461 Wahlberechtigten haben 439, somit ca. 93 Prozent abgesttmmt. Gewühlt wurde stellv. AmtsgeriLts- schreiber Schenfele (von hier) in Vaihingen a. E. mit 235 Stimmen; Ratsschreiber Horsch bei« städt. Armeuamt in Stuttgart hatte 195 Stimmen erhalte«. In den letzten Tagen hatte sich die Agitation bedenklich verschärft «ud stark ins persönliche Gebiet hinübergrsptelt.

r. Mariazell OA. Oberndorf, 3. Dez. Unser Ort steht gegenwärtig nicht nur im Züchen deS Verkehrs, sondern auch in dem der Industrie. Eine Pforzheim« Uhrketten­fabrik hat hier von der Gemeinde ein größeres Areal zur Verfügung gestellt erhalten, aus dem bis kommenden Sommer eine Fabrik erstehen wird, die mindestens 100 Arbeiter be­schäftigen dürfte. Der Gemeindeverwaltung wird für die weitsichtige Förderung dieses Unternehmens, das vielen OrtSangebörtg-n Verdienst bringen wird, Anerkennung gezollt.

r. Wiuueudeu, 4. Dez. In dem WohrhauS des Schreiners Schiefer in Bürg ist in vorletzter Nacht Feuer auSgebrochen. Das Wohnhaus und die Werkstatt find fast vollständig niedergebrannt. Die Entstehung ist nach nicht bekannt.

Heilbrouu, 3. Dez. In der vielumstritteneu Theater- Platz-Frage entschieden sich die bürgerlichen Kollegien für das von Prof. Fischer-München in seinem Gutachten be­vorzugte Projekt an der unteren Allee.

r. Grirliage», 3. Dez. Innerhalb weniger Tage hat der TyvhuS hier das dritte Opfer gefordert. Die nötigen Voikchrungen sind getroffen, um ein epidemisches Umsichgreifen der Krankheit zu verhüten.

r. Bib-r«ch, 4. Dez. Der Straßenwärter H ß erlitt vorgestern, als er sich einen schweren Fntteüack ans die Schulter laden wollte, einen bedauerlichen Unfall. Er brach unter der Last des SackeS zusammen, wurde vollständig gelähmt aufgrhoben und hat anscheinend eine schwere Rück- gratSverlltznng l avongetragen.

Friedrich-Hase«, 4. Dez. Graf Zeppelin erklärte iu eine« Schreibe« an die Berliner Motorluftschiffahrt- Studierrgesellschaft: ES würde mir eine herzliche Freude sein, wenn sich die großen noch unverkauften Vorräte der Samwclmarke irgendwie dazu verwenden ließen, dreien arm«: Kindern i« deutschen Reiche eine kleine Weihuachtsfrmde zu bereiten.

Gerabrourr, 4. Dez. Unter dem Verdacht des ver­suchten Mordes wurde in Michelbach a. L. die Schwieger­tochter eines Schuhmachers Reiß verhaftet, de sie versucht haben soll, den tm Ausbeding bei seinem Sohn wohnenden alten Mann zu vergiften.

Deutsches Reich.

Mamuheim, 4.Dez. Der Mädchenmörder ver­haftet. Der Bäckergkhstfe Humana Bergmeister, der am Mittwoch abend auf offener Srraße das Dienstmädchen Anna Lehndsrs erstochen hatte, wurde heute nachmittag in einer hiesigen Herberge velhaftrt. Er hat bereits gestan­den, die Tat ans verschmähter Liebe begingen zu haben.

H««b«rg, 4. Dez. In den deutschen Erdöl- werkev WclhelmSbnrg ist Großseuer auSgebrochen. Die Hamburg« Wehr bekämpfte das Feuer mit 18 Rohren.