82. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Vonn- und Festtage.
Prei» vierteljährlich hier r «tt Träger« lohn I SO »», im BezirkS- nnd 10 irw-Vertehr 1.2b «M, tm übrige» Württemberg l.SS MsuatSabonnementS »ach Berhältni».
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Kevnfpvechev Wr. SS.
Isernfprecher Hlr. LS.
Auflage 2600.
Anzeigen-Erbühr ;s. d. Ispalt. geil, »uS gewöhn! Schrie icke» Herrn Raum bet ISial. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend RabnA,
Mit dem P'auderstüLche» und
Schwäb. Landwirt.
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N-Mchl-.
Beksnntwachung.
Von dem Gr. Bezirksamt R. statt wurde am 29. v. Ms. die mit Verfügung vom 23. Januar ds. Js. (Nr. 8456) wegen des Elsenbahnbaus von Weiseubach nach Schönmünzach augeorduete Sperre der Landstraße Nr. 22 zwischen Langenbrand und Gausbach am sogenannten Rappenloch mit Wirkung vom 2. März ds. IS. an wieder anfgehobcn.
Die Vorschriften, welche die Sprengungen und die Sprengzeiten im allg meinen betreffen, bleiben indessen auch fernerhin bestehen. ES wird Hierwegen auf die ausgestellten Tafeln verwiesen.
Nagold, den 3. März 1908.
^__ __K. Ober amt. Ritter .
Au die Ortsbehörde» für die Arbeiterversichcrung.
Vom Reichsverficherungsautt ist angeordnet worden, daß bezüglich der Ne«renx«spfä»gcr eine möglichst genaue Feststellung über dm Haiptdems ( Beschäftigung) d. h. demjenigen aus dem hauptsächlich die Lebensstellung beruht, und von dem der Erwerb oder dessen größter Teil herrührt, vorgenommrn werde.
Die Ortsbehörden wollen düs inskünftig bei Aufnahme der Rerttengesuche schon genau feststellen und in die Gesuche aufnehmen.
Dabei ist folgendes zn beachten:
Der Hauptberuf (-Beschäftigung) ist so genau wie möglich anzugebm, damit die Eiatetiimg der Rentenempfänger nach Berufs- und Gewerbearten richtig und eingehend geschehen kann. Ausdrücke wie Arbeiter, Taglöhner, Maschinist, Heizer, Schlosser, Tücher, Fabrikarbeiter, Kutscher usw. find hierfür unzureichend: Es ist vielmehr der besondere Arbetts-, Geschäfts- oder Fabrtkationszwcig anzugeben, in dem die Rrutenempfäuger zuletzt ständig oder meistens gearbeitet haben (z. B. Bau-Arbeiter, Taglöhner in der Land- oder Forstwirtschaft, Maschinist auf Brrmeudampfern, Schlosier- geselle in einer Maschinenfabrik od -r Brauerei, Bautischler, Kutscher in einem Speditionsgeschäft oder einer Brauerei). Für Dienstboten ist anzugeb n, ob für häusliche Dienste, persönliche Bedienung, oder aber ob für Landwirtschaft, Handel, Gastwirtschaft oder für weiches andere Gewerbe. Bei Rentenempfängern, welche als selbständige Gewerbetreibende in eigenen Betriedsstälten im Auftrag und für Rechnung anderer Gewerbetreibenden mit der Herstellung oder Bearbeitung gewerblicher Erz ugmsft beschäftigt waren (Hausgewcrberrerbmde), ist hierauf neben der oben erforderten genauen Bcrmsailgübe durch den Zusatz „Hausgewerbetreibende" noch ansdrück ich hinzuweffen.
Bei Webern uns Weberinnen ist anzugeben, welche Rohstoffe von dms lbeu verarbeitet werden, ob es sich also um Baumwollen,- Leinen-, Seiden-, Wollen-, Asbest-, Kamelhaarwcberei rc. handelt. Bei E senbahnarbeiten ist zwischen Eisenbahnbetriebs- vnd EisenbaHub auarbeitern zu unterscheiden.
Bet solchen Berufen, die auf eine nicht verstcherungS-
Die weitze Nelke.
Kriminalroman von I. Kanlbach.
(Fortsetzung.) (Nachdr. vrrb.)
„Wir müssen überlegen, lieber Freund, lassen Sie uv Zeit," gab der Rechtsanwalt zur Antwort „Was hat das Mädchen hier bei Ihnen im Zimmer zu tun? Z später Abendstunde? Ua < dieser Dolch — können Sie b weisen, daß er nicht der Ihrige ist?"'
„Ein Rätsel — ein granscnvolles Rätsel!" rief Claas? safsnngZlss.
„Ader Sie haben die Goladtka doch gemalt — f muß doch täglich zn ihren Sitzungen gekommen sein. W ist es möglich, daß Ihnen dies alles rätselhaft sein soll?
„Und doch kann ich das Wort, dos ich spreche, bl schwören! O, sagen Sie mir, was können wir tun?"
Glaudttz hatte jetzt seine Erregung einigermaßen übe, wunden. „Zunächst werde ich gehen und einen Nrzr holen, sagte er ruhiger; „Doktor Größer wohnt hier ganz in di Nähe. Und dann — es ist besser, damit nicht zu laus zu war!« — werde ich auch gleich die Polizei beuack richtigen."
„Tun Sie das — gehen Sie, aber kommen Sie bal zurück!"
Glaubitz verließ das Zimmer und ließ Richard Claasr in Verzweiflung zurück. Eine dumpfe Niedergeschlagenhe überfiel diesen. Wie im schweren Traum saß er da ai einem Stuhl neben dem Tisch; er fühlte nicht und dachi
Mittwoch de« 4. März
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pflichtige Beschäftigung hindeuten (z. B. Gastwirt, Gemeindevorstand) muß aus den Akten hervorgehen, ob bei dem Rentenbewerber Selbkversicherung oder Fortsetzung des Verstcherungsverhällntfses Vorgelegen hat und tm letzteren Fall?, bis wann die Verficherungspfltcht oder das die Be- rechtigung zur Selbstverstcheruug begründende Verhältnis bestanden hat und welches der frühere Beruf des Renten» bewerbers war.
(vgl. auch Erlaß des Vorstands der Versicherungsanstalt Württemberg, vom 30. Jan. 1908, Amtsblatt desselben 1908 S. 1/2).
Nagold, den 2. März 1908.
K. Oberamt:
Mayer, Reg.-Aff.
An die Ortsbehörde« für die Arbeiterverficherrmg.
Dir Versicherung der Hausgewerbetreibende» -er Textilindustrie, welche nach Ser Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 1. III. 1894/9 Xl 1895 inva- lidenversichernngspfiichtig siud, läßt immer noch viel zu wünschen übrig.
Die OrtSbehörden werden daher veranlaßt, der Invalidenversicherung dieser Hausgewerbetreibenden ihre Aufmerksamkeit zuzuwendru und dieselben, wo es noch nicht geschehen, zur Versicherung beizuziehen. Besteheu Zweifel, ob ei« Hausgewerbetreibender verstcheruvgspflichtig ist, kann das Oberamt um einen Bescheid angegangen werden.
Nachstehend wird der Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 9. Juli 1894 Nr. 8585, welcher in der Angelegenheit nähere Weisungen gibt, zum Ausdruck gebracht:
„Zur Durchführung der Invalidität»- und Altersversicherung der Hausgewerbetreibenden der Textilindustrie in Gemäßheit der durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 1. März 1894 (Retchsgesetz-Blatt S. 324) veröffentlichten Vorschriften und unter Bezugnahme auf Z 2 der Ministerial- Berfügung vsm 11. Juni 1894 (Reg. Blatt Seite 149 ff.) und § 112 des Invalidität?- und Mersverstchernngsgesetzes vom 22. Juni 1889, wird hiemit nachstehendes angeordnet:
1. Die Beiträge für die Jnvaiiditäts- und Altersversicherung der nach Ziffer 1 der Bekanntmachung des Reichskanzlers verstcherungspfllchttgen Hausgewerbetreibenden der Textilindustrie find, soweit diese Personen regelmäßig um für einen einzigen Fabrikanten arbeiten, von der OrtS- (BrzickZ)- Krankenkasse, Gemeindekrankenverficherung oder Krankenpflegeverstchemng, welcher sie angehören, und sofern sie keiner solchen Krankenkasse angehören, von den Ortsbehörden für die Arberterversicherung gemäß §§ 3 und 4 der Minifterialverfügnng vom 11. Juni 1894 und gegen die ebendaselbst in 8 5 bezeichneten Bergütnngen einzuziehen.
2. Die Verstcherungspflichtigen Hausgewerbetreibenden Hatzen den Beginn und die Beendigung der die VerficherungS- pflicht begründenden Beschäftigung und zwar auch im Fall einer die Bettragspflicht zeitweise unterbrechenden Einstellung der Beschäftigung spätestens binnen einer Woche bei der Krankenkasse, bezw. der Ortsbehörde für die Arbeiter- verstchernng, welch: di: Beiträge emzuziehen hat, zu melden.
Wenn die Fabrikanten, für welche die Hausgewerbe-
treibenden arbeiten, entweder fteiwillig oder auf Grund oberamtlicher Auflage (Ziffer 9 der Bekanntmachung des Reichskanzlers und 8 3 der Ministertalverfüguug vom 11. Juni 1894) die Beiträge für die Hausgewerbetreibenden entrichten, so liegt die An- und Abmeldung der Beschäftigung derselben den Fabrikanten ob. Die Anmeldung der zettweisen vorübergehende« Beschäftigung für eigene Rechnung haben die Hausgewerbetreibenden übrigens auch i« diesem Fall selbst zu besorge».
Das Unterlassen dieser Meldungen kann mit Geldstrafen bis zu 100 ^ bestraft werden. Die Erlassung der polizeilichen Strafverfügung kommt zunächst dem Ortsvorsteher
Sette 86.)
° 3. Soweit nicht nach der in Ziffer 1 getroffenen Anordnung die Beiträge für die Juvaliditäis- und Altersversicherung der verstcherungspflichtigen Hausgewerbetreibenden von den Krankenkassen oder Ortsbehörden für die Arbeiter- Versicherung eiugezogeu werden, find diese Beiträge durch Etuklebung der denselben entsprechenden Marken in die QutttungSkarteu von den Hausgewerbetreibenden selbst oder, wenn die sie beschäftigenden Fabrikanten freiwillig oder auf Grund ober amtlicher Anordnung die Verpflichtungen der Arbeitgeber übernommen haben, von diesen zu entrichten (88 7 und 9 der Misisterialverfüguug vom 11. Juni 1894.)
Hinsichtlich des Einzugs der Betträge für die Versicherung des vo« deu Hausgewerbetreibenden beschäftigten versicheruugspfltchtigeu Hilfspersonals gelten die allgemeinen Vorschriften der 8§ 44 ff. der Vollzugsverfügung vom 24. Oktober 1890 (Regierungsblatt Seite 261 ff.)"
Nagold, den 2. März 1908.
K. Oberamt:
Mayer, Reg.-Aff.
-KoMische Mebsrficht.
Die koloniale Giseubahuvorlage liegt, wie das Berliner Tageblatt mttteilt, augenblicklich dem Bundesrat zur Beschlußfassung vor. Die Bahnen sollen in der Hauptsache nicht aus Reichsmittcln erbaut werden; daS Reich würde nur eine entsprechende Ziosgaravtie übernehmen.
Der BnndeSrat hat in seiner letzten Sitzung noch den Entwurf eines Abkommens mit Belgien betreffend die gegenseitige Anerkennung derJdentitätszeichen au Warenmustern, welche von Handlungsreifenden eisgeführt werden, sowie die Vorlage wegen Ergänzung des 8 6 der Grundzüge für den Radfahrverkehr angenommen. In dem Entwurf über die Zivilprozeßreform, der in der gleichen Sitzung die Zustimmung des Bundesrats fand und der inzwischen dem Reichstag zugegangen ist, wurde an der Bestimmung fest- gehalten, daß die Zuständigkeit der Amtsgerichte ans 800 erweitert werden soll. Im übrigen wurden auch bemerkenswerte Aeuderungen vorgenommen. Unter anderem hat mau, was die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen anlangt, diese Zuständigkeit dadurch erweitert, daß man gegen die Urteile der Amtsgerichte in Handelssachen die Berufung nicht an die Zivilkammern der Landgerichte, sondern au
nicht; es lag nur wie ein Alpdruck auf ihm. Draußen
ließen sich bald verworrene Stimmen, Schritte, hastig her- vorgestoßeue Lame vernehmen. Daun wurde die Tür auf- geriffen, die Magd stürzte in das Zimmer, laut weinend und sich anklagend, daß sie das HauS verlassen habe, während niemand zu seinem Schutze da war. Ihr auf dem Fuß folgten der Krimiualkommifsär Meyer uud ein Schutzmann in Begleitung von Alfred Glaubitz.
Noch immer saß Claasen, einem Betäubten gleich, im Sessel. Er war unfähig aufzustehen, als die Beamten mit Glaubitz emtraten. Die flackernde Kerze war fast herabgebrannt und verbreitete ein unsicheres Licht.
Nach eiaer kleinen Pause erschien auch der Arzt.
„Bringen Sie eine L^mpe," besah! der erste Beamte dem Dienstmädchen."
Als dieses, zitternd am ganze» Körper, deu Auftrag erfüllt harte, betrachteten die Beamten genau die Lage der Leiche uud untersuchten mit kundigem Auge die Wunde und die Blutspuren. Dabei unterließen sie nicht, den Maler scharf zu beobachten, dessen Verstörtheit ihnen zn denken gab. Wenigstens wechselten sie einen Blick des Einverständnisses miteinander, als Glauditz ihnen die verhängnisvolle Waffe eiubändigtc.
„Gehört Ihnen dieser Dolch?" fragte der Kriminal- kommiffär. Richard nickte.
Der Schutzmann suchte indessen nach Gegenständen, die vielleicht die Sache noch klarer erhellen konnten. Anfangs fand er nichts; doch endlich bückte er sich nach einem Gegenstand, den der Schein der Lampe, die er in der Hand hielt,
, grell beleuchtete: Es war eine große, weiße Nelke. Der Manu hob die Blume auf und betrachtete ste. Der Fund schien an sich nicht wichtig; nur weil alles, was neben der Leiche auf dem Boden lag, vielleicht auf irgend eine Spur führen konnte, erhielt das Dienstmädchen deu Auftrag, die Nelke in ein Wasserglas za stellen.
Der Arzt hatte inzwischen die Wunde untersucht; er konnte nichts tun, als den vor etwa dreiviertel Stunde« eiugetreteuea Tod konstatieren.
Eben wollte der Krtminalkommissär mit Claasen, au dessen Anzüge er die Blutspuren wahrgenommen hatte, ein Verhör beginnen; da traten Meta Henzen und deren Vater ins Zimmer. Der Buchhalter Henzen, ein hagerer Mann, dessen knochiges Gr ficht von einem langen, weißen Bart umrahmt war, gab sich stets das Ansehen großer Ehrwürdigkeit. Er hatte mitunter etwas Feierliches in seinem Wesen, namentlich bet außerordentlichen Vorfällen, wenn er zufällig deren Zeuge war. Er war viel in der Welt herum- gekommen, und man hielt ihn für einen absonderlichen Menschen.
Ganz im Gegensatz zu seiner leicht erregbaren Tochter, bewahrte er fast immer eine äußere Rnhe. Meta zog ihn zu der Letche heran und rief außer sich: „Sieh hier, Vater, so lag ste. als ich eintrat, mit der blutigen Wunde in der Brust! Und Herr Claasen sah selbst aus, wie der Tod! Haben Sie keinen Verdacht, wer eS getan haben könnte — keinen?" wandte ste sich au die Beamten, während ihr Blick auf den Maler gerichtet war, der noch immer in derselben Stellung verharrte.