82. Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 «a, mit Lräger- rvhnl.LO^t, im BezirkS- und ia km Verkehr 1. im übrige» Württemberg 1.S5 MonatSabonnementS »ach Verhältnis.

Auflage 2600.

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Jevnspvechev Wv. LS.

Jevnspvecher Mv. SS.

»nzetgen-Sebühr s. d. Ispalt. Zeile a«I gewöhn!. Echrist oder deren Raum bet Imal. Einrückung 1V bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Schwill». Landwirt.

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Samstag den 8. Aeöruar

1908

Noch immer

kam der

Gesellschafter

für die Monate Februar undMärz bei allen Postaustalten und Laudpostboten bestellt werden.

A«1liche-.

Diejenige» Herren Ortsvorsteher,

welche die durch oberamtlicheu Erlaß vom 23. Januar 1908 im Gesellschafter Nr. 19 verlangten gemetusekärlichr« Aeoßeruagr« über die Revistsn der ortsüblichen Tagelöhne Gewöhnlicher Lohnarbeiter bis jetzt noch nicht vorgelegt haben, haben dieselben unverzüglich an das Oberamt einzusenden. Nagold, den 7. Febr. 1908.

K. Oberamt: Mayer, Reg.-Ass.

KoMische MeSerficht.

Reichsgericht «nd Oeffentlichkeit. Das Reichs­gericht hat, wie einem Berliner Blatt aus Leipzig gemeldet wird, beschlossen, bet Hochverratsprozefsen, sowie bet Pro­zessen wegen Landesverrat und Verrat militärischer Ge­heimnisse in noch größerem Maße als bisher die Verhand­lungen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit zu führen. Man ist der Ansicht in den Kreisen des Reichsgerichtes, daß bisher zu viel über solche Verhandlungen in die Oeffentlichkeit gekommen ist, besonders durch die Presse, (Mpst.)

DerNowoje Wremia" wird ans TifliS ge­meldet, daß die Lage dort sehr bedrohlich sei. Daß die Türkei zum Kriege rüste, sei eine Tatsache, die sogar die Türken selbst nicht leugneten. In militärischen Kreisen im Kaukasus herrscht nur eine Summe, daß ein bewaffneter Zusammenstoß mit der Türket unvermeidlich sei. Die Türkei soll für den Fall eines Krieges bereits einen großen Trans- portdamper des österreichischen Lloyd mit Kriegs Vorräten für Anatolien befrachten. In Tiflis wird von einem be­vorstehenden Kriege offen gesprochen.

Das spanische Marineministerinm erwägt die Entsendung von Kriegsschiffen, um in Ausübung der Be­stimmungen der Algecirasakte den Waffenschmuggel an der Küste von Marokko zu verhindern.

Vom Wechsel im Reichsschatzamt.

Berlin, 7. Februar. In parlamentarischen Kreisen verlautet mit Bestimmtheit, daß der Rcichsschatzsekretär Frhr. v. Stengel dem Reichskanzler Fürst Bülow sein Ent­lassung? ge such unterbreitet habe, das Gesuch ist jedoch noch nicht erledigt. Frhr. v. Stengel führt die Geschäfte des Retchsschatzamts weiter, nimmt jedoch an dm Berat­ungen des BuudeSratS und des Reichstags nicht teil.

Gegen die Enteignnngsvorlage.

Berlin, 7. Febr. Ein Aufruf gegen die Enteig- nungsvorlrge zirkuliert gegenwärtig unter den deutschen Großgrundbesitzern der Provinz Posen. Der Aufruf soll den Mitgliedern des Herrenhauses zugestellt werden. Auch die deutsche Geschäftswelt von Posen beginnt ihr Urteil über und damit gegen die Enteignungsvorlage abzugeben. Unter den Kaufleuten der Stadt Posen kursierte am Dienstag eine dahingehende Erklärung die dem Oberbürgermeister Dr. Wilms übergeben wurde. Sie lautet nach den Posener Neuesten Nachrichten:

Die zugespitzten Verhältnisse in unserer Provinz haben schon jetzt sehr ungünstig auf das Wirtschaftsleben ein­gewirkt. Für dasselbe sehen wir, die wir im Leben stehen, im Enteignungsgesetz eine ungeheure Gefahr, unter der jeder deutsche Gewerbetreibende in unserer Provinz mehr oder weniger leiden wird.

Diese Erklärung wurde schon am ersten Tage ihres Umlaufs von etwa hundert Deutschen unterzeichnet, darunter befinden sich die Namen der größten Firmen. Ueberein- Mmmend wurde erklärt, daß sie für tausende von Unter- chrtflen deutscher Kollegen in der Provinz verbürgen können.

(Mpst.)

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Parlslserrtarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 6. Februar.

Militär-Etat. Gröber (Z.): Es fehle noch immer an einer brauchbaren Mtlitärstrafrechtspflege. Aus dem vorhandenen Material ergebe sich, daß eine fortschrei­tende Milderung der StrafauSmeffung eingetreten sei. Na­mentlich zeige die StrafauSmeffung wegen Mißhandlung Untergebener eine deutliche Abnahme. Die SubordtnationS- delikte hätten dagegen allgemein zugenommen. Bet der Marine finde man mehr Vorbestrafte als beim Landheer. Im Ganzen erkenne man aus der Statistik, daß richterliche Milde walte. Um den der Kriminalstatistik anhaftenden Mängeln zu begegnen, beantrage seine Partei, die Nach­weisungen dieser Statistik auszudehnen, 1) durch Veröffentlichung der über die persönlichen Verhältnisse der Verurteilen erhobenen Tatsachen, 2) durch Erhebung und Veröffentlichung der prozeßstatistischen Tatsachen.

Stückle» (Soz.) wünscht Ausdehnung der Statistik dahin, ob der Verurteilte Volksschul- oder bessere Bildung genossen hat, ob die Mehrzahl der Verurteilten vom Land oder aus der Stadt stammt. Die Strafen gegen die Vor­gesetzten ständen in keinem Verhältnis zur Strafe gegen die Soldaten. Der Redner bringt dann Mißhandlungs­fälle vor.

Generalleutnant Sixt von Arnim konstatiert mit Befriedigung, daß Gröber von der Militärstrafrechtspflege als von einem erfreulichen Bilde sprach. Die Statistik schließe sich an die Zivtlstatistik an; darüber hinauszugehen habe man keine Veranlassung. Zur Beurteilung der vom Vorredner vorgebrachten Mißhandlungsfälle müsse man die ganzen Verhandlungen kennen. Bei den Jnsubordinattons- fällen handle es sich um den Schutz der Dienstautorität, die die Grundlage für jede militärische Organisation und Ordnung sei. Die Insubordination müsse deshalb schärfer beurteilt werden, als die Mißhandlung.

Wagner (kons.) verurteilt jdie Mißhandlungen. Den Soldaten werde die Lust zum Dienen durch die tägliche sozialdemokratische Agitation genommen. Roth (wirtsch. Vgg.) kritisiert das übermäßige Schreibwerk bei Kriegsge- richtsverhaudlungeu, wodurch das Verfahren verlängert werde. Zubeil (Soz.) führt für die von ihm angeführten Fälle ein Beispiel au und sagt die Sozialdemokraten würden von ihren Vorgesetzten als gute Soldaten bezeichnet. Stadlbagen (Soz.) führt einen Einzelfall von einseitiger MilitLrjustiz an, dessen Untersuchung Generalleutnant Sixt von Arnim zusagt. Darauf wird die Zentrums- resolution angenommen.

Beim Kapitel: Höhere Truppenbefehlshaber stellte die Bndgetkommisfion neu 60000 ^ für 2 Armeeinspek­teure ein, während bei den Ausgaben für Adjatantur und Offiziere in besonderer Stellung vom sogen. Aggregierten- foads 237237 abgesetzt und von 200 geforderten nur 120 Stellen bewilligt werden sollen. Gleichzeitig ist von der Kommission zu letzterem Fonds folgender Zusatz zur Annahme-empfohlen worden: Bei eintretendem Mehrbedarf kann 1908 ein Betrag bis zu 90000 ^ über den Etat verausgabt werden.

v. Elern (kons.) spricht sich gegen die Kommisfions- anträge aus. Erzberger (Ztr.) bittet, es bet denKom- misstonsbeschlüffen zu lassen. Der Aggregiertenfonds soll nur noch für vorübergehende Bedürfnisse Verwendung finden können. Südekum (Soz.) erklärt, die Freisinnigen hätten gestern das Milttärkabinett bekämpft, heute wollten sie in einem mit Elern gestellten Antrag seine Mittel erhöhen. Graf Hompesch beantragt, morgen über diesen Antrag namentlich abzustimmen. Ltebermann v. Sonnenberg (wirtsch. Vgg.): Durch den Aggregiertenfonds sollen keine Sinekuren geschaffen werden. Graf Ortola (natl.) stimmt dem Antrag Elern zu. Eickhoff (frs. Vgg.): Für den Mobilmachungsfall seien die Offiziere, für die dieser Betrag gefordert werde, dringend notwendig. General­leutnant Sixt v. Arnim: Die Kürzung des Fonds würde das Interesse der Armee sehr schädigen. Auf die Mobil­machung könne er nicht eingehen. Die Herren, die in der Kommission die Ausführungen des Kriegsministers gehört haben, werden den Ernst der Sache nicht verkennen. Nach weiterer Debatte schließt die Diskussion. Abstimmung morgen.

Eine Reihe von Titeln wird ohne Debatte bewilligt. Schließlich erfolgt die Abstimmung über die Resolution betr. die Geldverpflegnug. Die Resolutionen Albrecht- Gröber werden abgelehnt, dagegen wird die von der Bud- getkommisfion vorgeschlagene Resolution auf Erhöhung der Maunschaftslöhnnug spätestens im nächsten Jahre mit großer Mehrheit angenommen.

Tages-Meuigkeiten.

Aue Vtadt und Land.

Mötzingen, 8. Febr. Gestern abend 7 Uhr ist die Scheuer des Michael Schweickert abgebrannt. Die in- einaudergebauteu Nachbarhäuser konnten gerettet werden. Heber die Entstehuugsursacheu fehlm noch nähere Anhalts­punkte. ^ ,

r. Herrenberg, 7. Febr. Gestern nachmittag ist in der Scheuer des Bauern Mack in Bondorf Feüer auSge- brochen. Die Scheuer ist gänzlich und das Wohnhaus zum Teil niedergebrannt.

r. Neuenbürg, 7. Febr. In Obermichelsbach hat sich der 26jährige Karl Kraut aus verschmähter Liebe vor den Augen seiner Kameraden mit einem Jagdgewehr durch einen Schuß in den Kopf getötet. Das Gericht weilte gestern am Tatort zur Untersuchung des Falls.

Stuttgart, 7. Febr. Zur Förderung der Zwecke der Strafrechtspflege und des polizeilichen Sicherheitsdienstes wird in Stuttgart eine Kriminalsammlung errichtet. Sie ist besonders bestimmt, die bei Handhabung der Straf­rechtspflege gewonnenen Erfahrungen sowie die Fortschritte der Tech iik für die Unterweisung der mit der Aufdeckung strafbarer Handlungen und mit der Verfolgung und Ueber- führung der Schuldigen befaßten Beamten nutzbar zu machen. Die Sammlung bildet eine Einrichtung des Landjägerkorps.

Binsdorf, 5. Febr. Das Gasthaus zumLöwen*, das letzte vor dem der große Brand vom 14. Sept. 1904 Halt machte, wurde jetzt ein Raub der Flammen.

Reutlingen, 6. Febr. Das Lagerhaus von Wilhelm Lanner (Max Hägele), enthaltend Tapeten, Linoleum, Teppiche, ist mit seinem ganzen Inhalt niedergebrannt.

r. Esslingen, 7. Febr. Dem hiesigen Amtsgericht wurde dieser Tage ein Angestellter eines Rechtsanwalts­bureaus, wegen begangener Unterschlagungeltt etngekieftrL.

Aale«, 7. Febr. Am letzten Sonntag haben sich drei junge Burschen im Alter von 15 Jahren imRohrwang* mit schießen aus einem Terzerol belustigt, wobei sich einer von denselben aus Unvorsichtigkeit in die Hand schoß, so daß die Kugel unter Verursachung großer Schmerzen noch im Handgelenk feststtz; die Entfernung der Kugel solle eine gefährliche Operation in Aussicht stellen. Um sich schuldlos hinzustellen, haben diese drei Schützen die Abmachung getroffen, daß der Verletzte von einem Insassen eines vor- betfahrendeu Rennschlittens ohne jeden Grund in die Hand geschossen worden sei, was ihnen aber durch die Nach­forschung der Landjägermannschaft vonAalen widerlegt wurde.

r. Born Oberland, 7. Febr. Bekanntlich besteht die Haupteinnahmequelle des württ. Oberlandes und des württ. und bayr. Allgäus in Viehzucht und Gewinnung von Milchprodukten. Ts wäre aber ein Irrtum zu glauben, daß nun im Oberland z. B. die Butter billiger wäre als an Orten, die die Milchproduttion nicht kennen. Im Gegen­teil, mau weiß im Oberland oft keine Butter zu bekommen. DaS hat seinen Grund darin, daß bei MS Butterversand­geschäfte existieren, die von den Käsern auf dem Lande die Butter aufkaufeu und nach Norddeutschland, hauptsächlich auch nach den rheinischen Industriegebieten mit ihrer dichten Bevölkerung verschicken. Es gibt im Oberland und im Allgäu wohl keine Stadt oder ein Städtchen, das nicht eines oder mehrere Butterversaudgeschäfte beherbergte und dabei mehren sich die Geschäfte von Jahr zu Jahr. Nach tausenden zählen die Postkartenofferte, die täglich in die nordischen Städte versandt werden und da der Bedarf be­friedigt werden muß, ist der Paketvecsand ebenfalls enorm, so daß es heute schon vikl leichter ist, die Butter nach dem Norden abzusetzen, als den Bedarf bei dem Käser zu decken. Wohl kommen noch andere Länder für den Butterbezug in Bettacht, namentlich Schweden, auch Rußland und Amerika, aber unsere Butter wird von den Konsumenten überall vorgezogen. Es kann noch so weit kommen, daß die Oberländer Hausfrauen die ausländische Butter kaufen müssen, weil die unsrige am Platze selbst nicht mehr zu haben ist.

r. Biberach, 7. Febr. Gestern war der 57 Jahre alte Postbote Wiedmann von Alberweiler im Begriffe, mit seinem Botenfuhrwerke von hier nach Hause zu fahren, als das Pferd unterwegs scheute und den Schlitten umwarf. Der Bote kam so unglücklich unter den Schlitten zu liegen, daß ihm ein Fuß am Schienbein abgedruckt wurde, so daß eine Kaochenspitze durch das Fleisch drang. Widmaun ist schon 25 Jahre im Dienst, ohne daß ihm jemals der ge­ringste Unfall vorgekommen wäre.

r. Langenberg OA. Gerabronn, 6. Febr. Au einer epidemisch austretenden Mandelanschwellung find hier viele Kinder erkrankt.