8,. Jahrgang.

W Auflage 2606 .

«eschrtnt tLattch «tt Ausnahme der Vorm« und Festtag«.

Preis vierteljährlich hier 1 »a» mit Träger« i,h» «ezkrr.

«nd 10 d»-V«rtehr IM im übrige» Württemberg 1 « Mona 15 abo»»e««»tS »ach «erhäll»».

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f. d. ispalt. Zeile «»k gewöhn!. Vchrist »der deren Raum bei Imal» Einrückung 10 g. bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit de» Plmrderpübchl» und

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Amtliches.

Bekauutmachuug

der K. Zeutralffelle für die Landwirtschaft, betreffend die Adhaltnn; eine- MoHereNehrkurseS in Seradron».

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule in Gerabronn demnächst wiederum ein vierwöchiger Unterrichtskurs über Molkereiwesen ab­gehalten werden.

In diesem Kurs werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Molkerei eingestellt, sondern sie erhalten auch einen dem Zweck und der Dauer des Kurses entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.

Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen find die Teil­nehmer verpflichtet, die vorkommenden Arbeiten nach An­weisung des Leiters des Kurses zu verrichten, auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmate­rialien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staaisbeitrag in Ausficht gestellt werden.

Bedingungen der Zulassung find: zurückgelegtes sech­zehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichts notwendige» Fähigkeiten und Kenntnisse und guter Leumund. Vorkenntniffe im Molkereiwesen begründen eine vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme.

Der Beginn des Kurses ist auf Dienstag den 7. Januar 1908 festgesetzt. Da jedoch zu diesem Kurs nur eine beschränkte Zahl von Teilnehmern zugelassen werden kann, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Bedürfnis im Lauf der folgenden Monate noch wettere Kurse zu ver­anstalten und nach ihrem Ermessen die sich Anmeldenden in die einzelnen Kurse einznweisen.

Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind bi» längsten» 21. Dezember d. I. an da»Sekretariat der K. Zentralstelle f« die Send Wirtschaft i» Ststtaar* einzusenden. Den Auf­nahmegesuchen find beizulegen:

1. ein Geburtsschein;

2. ein Schulzeugnis, sowie etwaige Zeugnisse über Vor­kenntniffe im Molkereiwesen;

3. wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilli- gungserklärung des Vaters oder Vormunds, in wel­cher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;

4. ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlich­keit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für dm Bewerber übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzu- kommen;

5. wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, wa» zatreffeu- denfalls immer gleichzeitig mit der Verlage de» Ans vahmegesuch» za geschehe» hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familienverhält- niffe dcs Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirt­schaftliche Bezirksvcrein, eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befür­wortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aus- ficht gestellt haben.

Stuttgart den 27. Nov. 1907.

v. Ow.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 9. Dez.

V"einsgesetzentwurs. Staatssekretär v. Beth H°Hweg: Der Entwurf erfülle die Zusage dei ?Achskanzlers vom 25. Febr. Die verbündeten Regierunger Mückgestellt, die sie in Bezug auf Vorschriftei AAEN, die sich in, ihren einzelstaatlichcn Vereinsgesetzen be m Dtt Regierungen haben sich auf praktisch Dunstige Vorschläge beschränkt. Der Staatssekrctäi motiviert, warum von einer Altersgrenze überhaupt ab gesehen worden ist und wendet sich zu der Frage des tz 7 ^ Vtt^UM^gssPrache, hie in der Regel die deutsche sei, soll. Deutschland ist ein nationaler Staat, kein National! tätenstaal Auch die Polen, Dänen, Elsäßer, Äthane achten wir in ihrer Eigenart, wenn ste ihr Verhalten de Wohlfahrt des Staates entsprechend eiurichten. Aber dt Unsicherheit grade des nationalen Empfindens ist der Pfah

Nagold, Mittwoch dm 11. Dezemöer

in unserem Fleisch, der uns zu einer solchen Bestimmung wie hier zwwgt. Alles in Allem bedeutet dieses Gesetz einen großen Fortschritt.

Dietrich (kons.): Wir halten die Vorlage für eine brauchbare Grundlage und deshalb beantragen wir ihre Vorberatung in einer Kommission. Unsere definitive Stel­lung machen wir abhängig von den Beschlüssen der Kom­mission. Ein freiheitliches Vereins- und Versammlungsrecht wünschen auch wir.

Trimborn (Ztr.): Solange der Entwurf eine Spra- chenbestimmuug enthält, ist er für das Zentrum unannehm­bar. Auch der übrige Inhalt habe seine Freude nicht be­friedigt, besonders den Süddeutschen fei der Entwurf nicht freiheitlich genug, sodaß seine süddeutschen Freunde lieber ganz auf das Gesetz verzichten wollen, als es so, wie es sei, anznnehmen. Redner tadelt besonders noch die rechtlose Stellung der Ausländer in dem Entwurf. Die wundeste Stelle des Entwurfs sei, daß auch Privatversammlungen, die sich mit öffentlichen Dingen beschäftigen, dem Gesetz unterstehen. Dann seien Fraktionssttzungen, Wahl- und Streikberatungen nicht mehr vor der Polizei sicher. Hier sei Gefahr im Verzüge.

Hieb er (n.) erkennt als formalen Vorzug des Ge­setzentwurfes an, daß wir mit demselben ein einheitliches Recht für ganz Deutschland erringen und aus dem bishe­rigen Chaos herauskommen. Für Preußen sei der Fort­schritt ganz offenbar. Aber auch was der Vorredner hin­sichtlich Süddeutschland gesagt habe, woselbst man nach Kenntnisnahme des Entwurfs ganz perplex gewesen sein soll, trifft nicht zu. In Baden seien schon bisher die Poltzei- befugnisse dort größer gewesen als Trimborn meine. Natür­lich komme selbst bei dem liberalsten Vereinsrecht alles auf die Handhabung an. Als dankenswerter Fortschritt be­grüßt Redner die völlige'Freigabe des Vereinswesens für Frauen. Richtig >i auch, daß man den Schutz gegen den zu frühen-Vcrsammliingsbesuch bei Len Eltern und Lehr­herrn suchen müsse. Dankenswert seien die Vorschriften bezw. Kautelen hinsichtlich der Auflösungsbefugnis. Auch für nicht preußische Staaten bedeute das einen Fortschritt. In Braunschwetg z. B., ja auch in Württemberg, sei das alles der Willkür der Polizei anheimgegeben. Die Anzeige­frist sei mit 24 Stunden viel zu lang bemessen. Der Vor­schrift, daß die Versammlungssprache die deutsche sei, stimmten seine Freunde grundsätzlich zu, da, wo der Ge­brauch der fremden Sprache in den Dienst deutsch-feind­licher Bestrebungen gestellt werde, wie dies im Zusammen­hang der großpolnischen Bewegung der Fall sei, sei das Reich und sei der Staat berechtigt, sich zu wehren. Aber loyale Völkerschaften, Masuren, Lithauer, Wenden, müßten dagegen geschützt werden, daß die Ausnahmevorschristen des 8 7 auch auf ste Anwendung finde. (Lebhafter Widerspruch bei Polen und Zentrum, Beifall bei den Natioualliberalen und rechts.)

Heine (S.): Das Gesetz enthalte ja sicherlich einen Fortschritt, aber nicht entfernt einen so ausreichenden, wie er vom Volk gewünscht werde. Es enthalte auch einige Verschlechterungen gegenüber dem bestehenden Brauch in Sachsen und Preußen. An dem alten polizeilichen System halte der Entwurf nach wie vor fest. Das Gesetz wird wahrscheinlich nur eine neue Fülle von Drangsalierungen herbeiführen. Nicht einmal der Begriff der Versammlung ist zu definieren versucht worden. Die Bestimmung betr. Genehmigungspflicht der Versammlung unter freiem Himmel einschließlich der öffentlichen Aufzüge bedeutet eine Ver­schlechterung sogar für Sachsen. Von Grund aus verurteilt Redner den § 7. Dieser Paragraph ist offenbar auf Be­treiben der westfälischen Groß-Jndustrie herein gekommen. Er ist eine Schmach für unsere nationale Ehre. (Zustim­mung bei den Polen und im Zentrum.) Man steht hier wieder dm Geist der nationalen Unduldsamkett, der seit Gründung des Reiches bei uns herrscht. Von diesem Ge« fichtspunkt Ms müssen auch die Ausführungen des Vor­redners verurteilt werden. Ich würde mich schämen, wenn dieser Grundsatz der Unduldsamkeit auch der weinige wäre. Redner erinnert daran, daß sämtliche allgemeinen polizei­lichen Befugnisse auch nach dem Entwurf bestehen bleibm soll«.

Gages-Hleuigkeiten.

Aus Stadt md Land.

" r. Mötzinge« OA. Herrenberg, 10 Dez. Die Ehe­frau des Gipsers Karl Schwetkert von hier wurde gestern unter dem Verdacht des Meineids verhaftet und durch dm Landjäger ins Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert. Sie hatte die Ms der Zeit vor ihrer Verheiratung gemachten Liu-

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lagen bei der Oberamtssparkaffe allmählich erhoben, dm

letzten Betrag hatte sie durch Vermittlung des Schultheißen- amtS erhalten, diese Tatsache aber bestritten, so daß der Schultheiß verdächtigt wurde, das Geld, etwa 170 ^ unterschlagen zu haben. Der Schultheiß machte hierwegm Anzeige bei der Staatsanwaltschaft md in der infolgessm gegen ihn eingeleiteten Untersuchung, sagte die Schwetkert unter Eid aus, sie habe diesen Betrag nicht erhaltm. Das war bet der Persönlichkeit des Ortsvorstehers ausgeschlossen und es konnte auch die von der Schwetkert ausgestellte Be­scheinigung noch von der Oberamtssparkaffe beigebracht werden, wobei die Unterschrift sich genau in ganz unzweifel­hafter Weise mit den anderen Unterschriften der Schmettert deckte. ^ ^

Nottenbnrg, 9. Dezbr. Infolge des anhattendm RegenS beginnt der Neckar wieder zu steigen. Doch war der Wassermangel schon sehr fühlbar. Das Elekrizitäts- werk Kiebingen mußte seine Reservedampsmaschine tu Ge­brauch nehmen, die täglich 50 Ztr. Kohlen verschlingt.

r. Liebenzell, 10. Dez. In den letzten Jahren habm die Waldorte Jgelsloch, Maisenbach und Oberreichmbach zur Erbauung von Schulhänseru große Opfer gebracht; nun wollen auch Beinberg und Oberlengenhardt neue Schulhäuser erstellen.

Tübingen, 6. Dez. Anläßlich des Falls Keppler- Günter erinnert man sich wieder des im Juli d. I. im StuttgarterBeobachter" vielbesprochenen Falls des Alum­nus Heilig vom Priestersemiuar Rottenburg, dem Bischof Keppler wegen seiner religiösen Anschauungen die Priester­weihe verweigerte und der deshalb aus dem Seminar aus­schied. Wie jetzt verlautet, hat Heilig seinerzeit zur Recht­fertigung seines Standpunktes dem Bischof gegenüber sich auf Professor GüntersLegeudenstudien" berufen und diese- Vorkommnis habe Bischof Keppler mitveranlaßt, Günters Vorlesung überHeiligenleben" zu verhindern.

Leonberg, 8. Dez. DerRappeuhof" wurde von dm Erben des verstorbenen Ochsemmtzgers Frech Ms Stuttgart um 76 000 samt Inventar au die Lierbän- digerin Miß Helltot in Stuttgart verkauft.

r. Sulz a. N., 10. Nov. Hier ist die Geflngel- cholera ausgebrocheu und die Ausfuhr von lebendem Ge­flügel aus dem Seuchenort verbotm worden.

r. Eßlingen, 10. Nov. Eine Erbschastsaugelegeuheit, wie sie wohl zu den Seltenheiten gehört, wurde in dm letzten Tagen vor dem hiesigen Nachlaßgericht erledigt; es handelte sich um eineverschollene Amerikanerin", der ein vor siebzehn Jahren verstorbener Bruder, Bürger eines Filialorts, 75 ^ hinterließ. Hiervon erbtm u. a. eine noch lebende Schwester 4^t 36 die Erben des nächsten Grads 48 und die des übernächsten 14 ^z.

Spaichinge«, 8. Dez. Die Geschäftslokale des Franz Joseph Schmid brannten vollständig Ms. Eine große Menge von Kleiderstoffen, Hüten, Kappen etc. etc., sowie ein bedeutendes Schuhwarevlager verbrannten. Zwei Ein­brechern, die vor Ausbruch des Brandes daselbst in ihrem Geschäfte gestört wurdm Md die Flucht ergriffen, dürste die Entstehung des Feuers zuzuschreiben sein.

r. Schwenningen, 10. Dez. Me große Aufgaben Schwenningen vor seinem Eintritt in die Reihe der mittlerm Städt Württembergs zu bewältige« hatte, geht daraus hervor, daß es in den letzten Jahrm «eben der Realanstalt und einigen großen Bolksschulhäuseru ein Elektrizitätswerk mit einem Betriebskapital von 469 400, ein Wasserwerk mit einem Anlagekapital von 750 000 ^ errichtete und i« letzten Jahr ein Krankenhaus mit einem Kostenaufwand von 340000 ^ erbaut hat.

r. Heilbron«, 10. Dez. Bei der heutigen Ge- metnderatswahl habm von 4481 Wahlberechtigte« 3250 (72°/°) abgestimmt. Gewählt wurdm von der deut­schen Partei 2 Kandidaten, nämlich Weingärtuer Albrecht und Fabrikant Hauch, von der Volkspartei 4: Landtags­abgeordneter Betz, Weingärtuer Kistenmacher, Mechaniker Bach und Architekt Stroh, von der sozialdemokratischen Partei 2: Schneider Scheurer und Kaufmann Schweikert.

Serichtssttl.

Stuttgart, 10. Dezbr. Das Oberlandesgericht ver­kündigte heute in Sachen der Ehescheidung Md Ungültig­keitserklärung der Ehe deS Frhrn. v. Münch folgendes Ur­teil: Klage und Widerklage werden abgewiesen, jeder Teil rrägt an den Kosten mit Ausnahme der durch den Termin vom 26. Okt. 1907 vermlaßteu, die dem Kläger zur Last fallen. An den Kosten des Landgerichts Verfahrens hat Kläger Beklagte '/. zu tragen, au den Serichtskostm des BerusungSverfahrmS jeder Teil die Hälfte.