81. Jahrgang.

Auflage 2soo.

«rscheiut täglich mit «nsnähme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hie» 1 mit Träger­lehn 1LV ^e,tm «ezirtS- «nd lo Km-Perteh, 1.28 tm übrige» Württemberg 1.38 alt. WonatSabonnement» »ach Verhältnis.

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jNnzeigen-Gebühr f. d. ispalt. Zeile m»L gewöhn!. Schrift oder deren Raum bet lm«l» MnrüSnng 10 bei mehrmalig« entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

«chwäb. Landwirt.

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Kagold, Samstag dm 16. Movemöer

1S07

Amtliche«.

Bekanntmachung

-e- S. MedizluaUollegium», Tierärztlich r Abteilung, be­treffend die Abhaltung riueS UaterrichtSlurseS für Fleisch- b'schauer iu Ul«.

Im Anschluß an den gegmwärtig in Ulm stattfindenden Unterrichtskurs für Fleischbeschauer wird ein zweiter Kurs mit Beginn am 25. d. Mts. abgehalten werden, wenn noch einige weitere Teilnehmer sich melden. Die Anmeldungen find spätestens bis zum 21. ds. Mts. bei dem Unter­richtsleiter, Stadttierarzt vr. Rößle in Ulm, einzureichen. Im übrigen wird auf die Bekanntmachung vom 20. Dez. vor. Js. (Staatsanzeiger Nr. 301) verwiesen.

Stuttgart, den 14. Nov. 1907. _ Nestle.

An die Evaug. Pfarrämter.

Auf 1. Dez. ist gemäß §4 Abs. 2 der Kämmererord- uung dasErgänznugshest" und dasAbrechnungs- Verzeichnis" (bezw. Fehlanzeige) an den Kämmerer ein­zusenden.

Nagold, den 16. Nov. 1907.

Eoang. Dekanatamt. Römer.

UoMifche Hleöerficht.

Ein Jonrnalistenstreik in der Zweiten sächsischen Kammer ist durch eine volle Genugtuung gebende Erklärung des nationalliberalen Abgeordneten, Landgerichtsdirektor Dr. Hettner, in der vorgestrigen Sitzung der Kammer beigelegt worden. Er hob hervor, daß er nicht die Absicht gehabt habe, den parlamentarischen Berichterstattern zu nahe zu treten, da er wohl wisse, unter wie schwierigen Verhältnissen sie arbeiten müßten.

Im österreichische« Abgeordnetenhaus kündigte am Dienstag die Regierung an, daß dem Haus nach der Lösung der wichtigsten Fragen ein geforderter Gesetz­entwurf betreffend die Unterstützung der Familien der zu Waffenübungen etnberufenen Reservisten vorgelegt werden soll. Es folgte eine Debatte über die Lebmsmittelteuerung. Im Anschluß daran wurde der Präsident aufgefordert, im Hinblick auf eine Meldung, wonach in Nachod eine Hunger­revolte ausgebrochen sei, bei >der angeblich zwei Arbeiter verwundet und zwölf verhaftet wurden, die Regierung zu veranlaßen, daß dem Blutvergießen Einhalt getan und den hungernden Arbeitern billige Lebensmittel zur Verfügung gestellt werden. Nach amtlichen Feststellungen handelte eS fich bei den Nachoder Zusammenstößen um Kundgebungen halbwüchsiger Burschen. Von der Waffe wurde kein Ge­brauch gemacht.

In der franzöfische« Deputiertenkammer sprach im wetteren Verlaus der Marokkodebatte am Dienstag Ribot seine Genugtuung über das französtsch-spamsche und das französisch-englische gute Einvernehmen"«^, das eine Macht iu der Welt darstclle. Er kam sodann auf die Konferenz von Algeciras und meinte, Frankreich habe im Interesse Europas Deutschland gegenüber nicht stillschwügen können; Frankreich könne ebensowenig wie Spanten zugeben, daß andere Machte dieselben Rechte hätten, das europäische Vor­gehen in Marokko zu leiten. Unter Zustimmung Clömen- ceaus und Pichons sprach Ribot ferner sein Bedauern aus, daß General Drude nicht früher die Offensive ergriffen habe, und fuhr dann fort:Wir find in Casablanca, um eine Pflicht zu erfüllen, und wir werden Casablanca erst verlassen, wenn wir diese Pflicht vollständig erfüllt und für Sicherheit in Casablanca gesorgt haben." Nach Ribot sprach Minister Pichon; er streifte kurz die Vorgeschichte des marok­kanischen Abenteuers und erklärte dann, alle Mächte hätten auf Frankreich und Spanien zurückgegriffen, die die Sicher­heit der fremden Staatsangehörigen in Marokko gewähr­leisten sollten, sogar die Marokkaner hätten den Beistand Frankreichs nachgesucht. Seit der Landung französischer Truppen habe die Erregung in allen Häfen abgenommen. Pichon besprach weiter die Anstrengungen Frankreichs und Spaniens, die Polizei einzurichten, was durch die Lang­samkeit des Machsens verhindert worden sei, und erklärte sodann, die Antwort Deutschlands wegen der Ausschiffung von Truppen m anderen Häfen habe keineswegs die Ent­scheidung Frankreichs und Spaniens beeinflußt. Die deutsche Note spräche fich nicht gegen eine Ausschiffung aus, doch sei eine solche Maßregel nur für den Fall der unumgäng- lichsten Notwendigkeit vorgesehen, möglich sei es schon, daß sie noch ergriffen werde. Nachdem Pichon noch erklärt hatte, daß General Drude fich mit Mulay Hafid um in einen Kampf eiulafseu dürfe, wenn er angegriffen würde, uud daß Frankreich in Uebercinstimmung mit Spanien auch

in Zukunft zu Abdul Afis halten werde, schloß er mit den Worten, Frankreich wolle durchaus eine militärische Expe­dition vermeiden und fich nicht in die inneren Angelegen­heiten Marokkos einmischeu, um jedem Verdacht bezüglich seiner Intervention zu entgehen. Es wolle Marokko nicht zu einem Land mache«, das unter seinem Protektorat stehe, aber auch keine andere Macht solle einen überwiegenden Einfluß haben. Frankreich werde seine Verpflichtungen gegenüber allen Mächten einhalten. Er hoffe, daß in Marokko in Bälde wieder Ruhe und Frieden einkehren werde. Am Donnerstag wurde die Debatte fortgesetzt, ohne daß jedoch neue Gesichtspunkte zutag gefördert wurden. Mit überwiegender Mehrheit wurde schließlich eine Tages­ordnung angenommen, in der unter Billigung der Regierungs­erklärungen der Regierung das Vertrauen ausgesprochen wird, daß sie die Achtung der Rechte Frankreichs in Marokko sichern werde, ebenso wie die Ausführung der eingegangeneu Verbindlichkeiten.

Erste Tagung der Dnma.

Petersburg, 14. Nov. Die Reichsduma wählte zum Präsidenten Nikolai Alexejewitsch Chomjakow (Okto- brist) mit 371 gegen 9 Stimmen. Chomjakow sagte, er betrete die Präfidententribüne mit dem Glauben an eine Helle Zukunft des ganzen einheitlichen und unteilbaren Rußland. (Stürmischer Beifall.) Er habe das Vertrauen zu der Duma und zu den Abgeordneten, daß sie den sou­veränen Willen des Kaisers erfüllen, alle Parteifeindlichkeit vergessen und dazu bettragen werden, mittels gesetzgeberischen Schaffens in Rußland den Frieden wiederherzustellen. (Stürmischer Beifall)

Tclges-WerrigkerLen.

Aus Stadt md Land.

Nagold, 16 . November.

2 Alouo Gastner. Auf das Sonntag abend in der Seminar-Turnhalle stattfindende einmalige Gastspiel des Zauberkünstlers Alono Gaßner sei hiemit aufmerksam ge­macht. Der Künstler wird auch einige Tricks der sogen, spiritistischen Offenbarungsmedien L ln Rothe erläutern und praktisch erklären. Es sei besonders bemerkt, daß hier nur eine Vorstellung stattfindet.

* Brotanfschlag. Die Bäckergenoffenschaft verkauft von heute ab das Pfund Weißbrot zu 17 das Kilo Roggenbrot zu 28 --Z, den Zweikilolai- Schwarzbrot zu 56 .

Einige Bäcker stehen außerhalb der Genoffenschaft und ver­kaufen zu alten Preisen.

Wildberg, 15. Nov. Heute früh 1 Uhr blieb plötzlich das Räderwerk der Mittelmühle stehen. Als der Besitzer nach der Ursache forschte, bemerkte er zu seinem Entsetzen, daß sein Mahlknecht, der die Nacht freighatte, im Wasserrad als Leiche steckte. Erwachte fich scheint? auf der Bedachung desselben zu schaffen und ist dabei durch­gebrochen, was ihn das Leben kostete. Anfangs dieser Woche hat die Privatbanschule des Architekten Schitten- helm ihren Winterkurs begonnen. Derselbe wird von ca. 50 Schülern besucht.

* Ebhanfe«, 14. Nov. Seit einigen Tagen ist der zum Unteroffizier beförderte Afrikakämpfer Kummer hier­her in seine Heimat wohl und munter zurückgekehrt.

r. Neuenbürg, 15. Nov. Es läßt sich nicht leugnen, daß unser ObcramtSbezirk bald eine unrühmliche Aufmerk­samkeit durch seine vielen Schadenfeuer'erregt. Dem Brand von Schwann am Sonntag Nacht folgte vom Dienstag auf Mittwoch das große Feuer in Dobel, bei dem die von 5 Familien bewohnten Häuser des Maurers Karl Burkhardt, der Witwe Christine Ruf und ihres Sohnes Friedrich Ruf eingeäschert worden find. Der Maurer Burkhardt wurde wegen Ueberverfichernng und Brandstistungsverdacht ver­haftet.

Die neue« Zehnmark-Kafsenfcheine,

die vorgestern zum erstenmale zur Ausgabe gelangten, stud iu grünlich-grauem Kupferstichdruck auf geschöpftem uud wellig geriffeltem Hanfpapier hergestellt, das ein begrenztes Wasserzeichen und auf der Rückseite links eineu mit gemisch­ten (orangeroten und grünen) Pflanzenfasern durchsetzten Streifen enthält. In den oberen Ecken auf der Vorderseite befinden fich zwei etwa 16 nun große Kreise, von denen der linke die schräg nach innen in lichter Form angebrachte ZU. 10 und dahinter den Buchstaben Ll umschließt, während im rechten Kreise die gleichen Zeichen in dunkler Form er­

scheinen. Auf der linken oberen Hälfte der Vorderseite ist

das nur mit einem leicht schraffierten Ueberdruck versehene natürliche Wasserzeichen, ein nach rechts blickender Merkur- köpf, sichtbar. Die Rückseite ist mit einem guillochierten Untergrundmuster versehen, das in kleinen Feldern abwech­selnd die Ziffer 10 und den Buchstaben N in Weißdruck zeigt. Der Kontrollstempel der Reichsschuldenverwaltung ist in stahlblauer Farbe gehalten; in gleicher Farbe sind Litera und Nummer des Scheines zweimal aufgedruckt.

Parlamentarische Nachrichten.

r. Stuttgart, 15. Nov. Die Legitimationskom- mission hat heute in mehrstündiger Beratung über die An­fechtung der Landtagswahl von Oberndorf beraten und kam noch zu keiner endgültigen Beschlußfassung. Nach den bis­her vorgenommenen Abstimmungen über die vielen einzelnen Anfechtungspunkte wären dem gewählten Andre 5 Stimmen abzuziehen und dem Ntchtgewählten Harttmam 2 Stimmen zuzurechnen, wobei übrigens ein Beschluß nur mit 5 gegen 4 Stimmen gefaßt wurde.

Zahnersatz und Berfichernugsanstalt. Nach den Heilverfahrensgrundsätzen der Versicherungsanstalt Württem­berg betreffend die Beteiligung an der Beschaffung von Zahnersatz kann ein Beürag nur dam gewährt werden, wem nachweisbar durch den Mangel der Zähne Krankheiten bereits entstanden find oder zu entstehen drohen, die Erwerbsunfähigkeit uud Anspruch auf Rente herbeizuführen geeignet sind. Die Berfichernugsanstalt macht jetzt aufs neue bekannt, daß, wenn es sich nur um das Ausbeffern (Plombieren) von Zähnen handelt, sie nicht eingreifen kam. Bei Neubeschaffmg von Zahnersatz betrage der Beitrag der Anstalt in der Regel die Hälfte der Kosten. Gesuche um Verwilligung von Beiträgen, nachdem das Ge­biß vom Versicherten bereits beschafft ist oder, wenn Gebisse bestellt und ««geschafft werden, bevor fich die Ver­sicherungsanstalt über die Gewährung eines Beitrages zu dem Gebiß schlüssig gemacht hat, muß die Versicherungsan­stalt, wie fie in einem Erlaß kundgibt, ablehnen.

r. Aale«, 15. Novbr. In derINacht von Dienstag auf Mittwoch ereignete fich, wie jetzt bekannt wird, auf der Straße AbtsgmündLeinroden ein schwerer und doch glücklich verlaufener Unfall. Etwa um 4 Uhr früh verlor eine mit drei Personen besetzte Kutsche in der Nähe des sogen. Hohenrain plötzlich den festen Boden und rollte in einen Steinbruch hinab. Ein wertvolles Pferd blieb tot, die Droschke wurde zertrümmert, md nur die Insassen, die von einem kleinen Gelage heimzukehren schienen, kämm mit Schürfungen davon.

r. Heidenheim, 15. Nov. Am Mittwoch früh er­schoß sich der Waldschütze Gütinger, wahrscheinlich wegen einer sehr schmerzhaften md schweren Krankheit im Hofe seines Hauses, das er mit seiner Tochter teilte. Gütinger, der früher in Steinheim wohnte, hatte dort ausgedehnte Blumenanlagen und war besonders als Nelkenzüchter bekannt geworden.

r. Tnttlinge«, 14. Nov. Der hiesigen Reichsbank­nebenstelle wurde auf den weiteren Zeitraum von 5 Jahrm Steuerfreiheit gewährt.

Deutsche« Reich.

Der Merknrdurchgnng wird, wie schon gesagt, von süddeutschen Blättern ignoriert, obgleich er der Gegen­stand ihrer ausführlichen Hinweise war. ES ist anzuneh­men, daß eine Besprechung unterblieb, weil nun well eben nichts zu sehen war. DerBerliner Lokal-Anzeiger" registriert aber diese-leidige Tatsache gewissenhaft und be­richtet wie folgt:

Der Eintritt spielte fich hinter einem so dichten Wolkenmmtel ab, daß ebenso wie bei dem 20 Mi­nuten später erfolgten Meridiaudurchgang auch nicht ein schwacher Schimmer von der Sonne zu entdecken war: Trotz­dem warteten die Astronomen geduldig auf daszeitweise heiter" der Wetterprognose. Gegen 12'/» Uhr schien es in der Tat fich aufklären zu wollen. Man sah für einen Augenblick sogar eine Somenhälfte, aber leider gerade die falsche, nämlich die rechte, während der Planet noch auf der linken Sette weilte. Bald darauf war es wieder gänz­lich trübe und schließlich sogar regnerisch, so daß weder die Wanderung quer über die Somenscheibe verfolgt, (Wie ge­meldet, haben wir die Scheibe des Merkur auf Sekmdendauer gesehen. D. R.) noch auch schließ­lich die Austrtttserscheimngen wahrgenommen werdm konnten. Man erinnert fich dabei an die Hamburger Son­nenfinsternis-Expedition zu Anfang dieses Jahres nach Tur- kesta«, die wegm dichter Bewölkung und heftigen Schnee-