81. Jahrgang.
Auflage 2600.
«rscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtag«.
Preis vierteljährlich hier 1 »4, mit Träger« lohn ILO ^t.im Bezirks- und 10 dm-»eS«h, 1.LS ^», im übrige» Württemberg 1L8 MonatSabouuemmW »ach Verhältnis.
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Mit dem Plauderstübch« und
Gchwäb. Lmdmtrt.
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Magold, Dienstag den 2S. Hktoöer
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A«tliches.
Bekanntmachung,
betreffend die Feldbereiuigung auf der Markuug Rohrdorf.
Nachdem die Ausführungsarbeiten der Feldbereinigung auf der Markung Rohrdorf entsprechend gediehen sind, wird hiemit
Schlrchtagfahrt
auf Mittwoch, de» SS. Novbr. d. IS. vormittags S Uhr auf das Rathaus i» Rohrdorf anberaumt, zu welcher die beteiligten Grundeigentümer beziehungsweise deren Vertreter und sämtliche berechtigte Dritte mit dem Bemerken eingeladen werden, daß der Zuteilungsplan samt Tabellen und Akten auf dem Rathaus in Rohrdorf zur Einsichtnahme aufgelegt ist, und daß etwaige Einwendungen in der Schlußtagfahrt vorzubringen, spätere Einwendungen gegen den Zuteilungsplan, sowie gegen die in Gemäßheit desselben erfolgte Ausführung der Feldbercimgung aber ausgeschlossen sind.
Nagold, 28. Okt. 1907.
K. Oberamt. Ritter.
Bekauutruachnug.
Friedrich Erhardt, Schultheiß in Euztal, beabsichtigt seine in Parz. Lappach an der Enz gelegene, im Juli d. Js. abgebrannte Sägmühle, Gebde. Nr. 50, wieder aufzubauen und dabei an Stelle des seitherigen Wasserrads eine Francisturbine von 21 ?. 8. einzusetzen. An der Stauanlage sollen, abgesehen von der Erbreiterung der Einlaßfalle um 16 om, keine Aenderungen vorgenommen werden.
Etwaige Einwendungen gegen vorstehendes Gesuch find biuueu vierzehn Tage» beim Oberamt, in dessen Kanzlei die Pläne und Beschreibungen aufgelegt find, anzubringen.
Später vorgebrachte Einwendungen können in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
Nagold, den 28. Okt. 1907.
K. Oberamt.
Mayer, Reg.-Aff.
H'oMische Keöersicht.
Die Genesung des Kaisers vo» Oesterreich
macht jetzt so gute Fortschritte, daß die Ausgabe von Krankheitsberichten eingestellt werden konnte. — Im österreichischen Abgeordnetenhaus begann am Donnerstag die erste Lesung der Ausgleichs Vorlagen. Zum Wort gemeldet find 172 Contra-Redner und 52 Pro-Redner. Zum Wort werben 37 Redner gelangen. Die Debatten kamen am Samstag in ein lebhafteres Fahrwasser, förderten indessen bemerkens
werte Einzelheiten nicht zutag. Lueger erklärte, daß die
Christlich-Sozialen ihre Haltung von den Aufklärungen im Regierungsausschuß abhängig machen wollen, und daß sie sich schon jetzt gegen weitere militärische Konzessionen an Ungarn verwahren. Die Christlich-Sozialen ziehen den Frieden vor, sind jedoch bereit, den von den Magyaren aufgedrängten Kampf aufs rücksichtsloseste fortzuführen. — Der Jungtschechenklnb hat dem Entschluß der Minister Pacack und Forscht, zurückzutreten, zugestimmt.
Ueber Untäter» bulgarischer Baude» i« Mazedonier» liegen amtliche Meldungen vor, aus denen man die Folgerung zieht, daß die Tätigkeit der bulgarischen Komitees ungeschwächt sortdauert. Auch einige bulgarische Zeitungen erklären, daß die Tätigkeit der bulgarischen Banden niemals unterbrochen gewesen sei, und daß von denselben beauftragte Persönlichkeiten öffentlich für die Bildung von Banden eintraten. Weiteren Zeitungsmeldungen zufolge hat die griechische Regierung anläßlich der Zerstörung von Rakovon einen energischen Protest an die Mächte gerichtet.
Wie aus Marokko gemeldet wird, hat Mulay Hafid am Donnerstag einen Angriff auf Mogador gemacht. Die Kriegsschiffe „Amiral-Aube" und „Desaix" eröffnten das Feuer und brachten den Angreifern schwere Verluste bei. Ueber 1000 Mann der Armee des Sultans Abdul Afis wurden von dem dort eingetroffenen Truppentransportdampfer „Artois" sofort als Verstärkung der Garnison gelandet. — Nachrichten von Eingeborenen zufolge ist der bei Casablanca verschwundene Franzose, nachdem er einen Angreifer getötet und zwei verwundet hatte, niedergemacht worden. — Gegenüber anders lautenden Meldungen wird festgestellt, nicht Frankreich, sondern eine französische Bank werde dem Sultan Abdul Asis den notwendigen Vorschuß gewähren. — „Petit Parisien" bringt eine kurze Inhaltsangabe des von dem Minister Pichon vorbereiteten Gelbbuches über Marokko. Aus den zehn in diesem veröffentlichten Schriftstücken gehe hervor, daß die Regierung in der Tat eine zielbewußte Politik verfolgt habe, nämlich: Herstellung der Ordnung, Bestrafung der Mörder der französischen Staatsangehörigen und dabei genaue Beobachtung der Akte von Algeciras. Das Gelbbuch werde zeigen, unter welchen Umständen die Reise des Sultans Abdul Asis nach Rabat und die Mission des Gesandten Regnault erfolgt sei, sowie daß Abdul Asis, der das Recht uud die Gesetzlichkeit für sich habe, von Frankreich gegen Muley Hafid finanziell unterstützt wurde. Dem Sultan seien von Frankreich für seinen unmittelbaren Bedarf 2 000 000 Frank vorgestrcckt worden. Selbstverständlich sei dafür Sorge getragen, daß von diesem Geld kein schlechter Gebrauch gemacht werden könne. In der Zusammenkunft zwischen dem Sultan und General Liautey sei vereinbart worden, daß die Polizei au der algerisch-marokkanischen Grenze in der
im Jahr 1901 vorgesehenen Weise organisiert werden soll, und daß die französischen Truppen bei der Verfolgung der Räuberbanden auf marokkanischem Gebiet von einer gemischten Polizei ünterstützt werden, deren Kadres aus Franzosen bestehen. Die Ergebnisse der Mission Regnault- Liautey seien Ueberwachung des Zollwesens uud die Abmachung, daß die Mahalla des Sultans Abdul Afis m Begleitung eines französischen Offiziers in Casablanca ein- treffen soll, sowie daß dank dem Einfluß des Machseu auch im Gebiet von Udschda die Ruhe wieder eintreten werde.
Eindruck des Moltke-Hardeu-Pr,zesses am Berliner Hof.
Zum Prozeß Moltke-Hardeu schreibt die nationalliberale „Magdeburgische Zeitung":
„Die maßgebendsten Vertreter der Armee, der Kriegsminister v. Einem, der Chef des Generalstabes der Armee v. Moltke und der Generalmajor v. Oertzen an Stelle des Chefs des Mtlttärkabiuetts Grafen Hülsen-Haeseler, waren gestern beim Kaiser zu längerem Vortrag. Es liegt nahe, diesen Empfang mit den skandalösen Zuständen, welche durch den Prozeß Moltke-Harden enthüllt worden find, in Zusammenhang zu bringen. Wir wissen aus erster Quelle, daß der Kaiser auf das höchste entrüstet ist über die Vorgänge, welche jetzt durch den Prozeß in die Oeffentlichkeit gebracht sind. Wir glauben, daß nach diesem Prozeß an die Generalkommandos aller Armeekorps Ordres ergehen werden, dem entsetzlichen Laster, wo es sich etwa finden sollte mit aller Energie entgegenzulreten. Es gilt als vollständig ausgeschlossen, daß die Personen, die durch diesen Prozeß an den Pranger gestellt find, jemals wieder bei Hofe Zutritt erlangen werden. Der Kronprinz, durch deu der Stein ins Rollen gekommen, hat in den herbsten Worten sein Urteil über die Männer abgegeben, die sich so vergessen konnten. Und das Volk? Wer nur einige Beziehungen mit dev breiten Mafien hat, der wird empfunden haben, daß ein Sturm der Entrüstung durch alle Schichten geht. Und das ist das Gute, das dieser Prozeß hervorgemfen hat; er hat uns gezeigt, wie tief die Empfindungen des Volkes verletzt find."
Das Echo des Prozefses i» der Presse.
Berlin, 27. Okt. Die Blätter kommentieren in spaltenlangen Artikeln das nicht mehr zweifelhafte Ergebnis des Prozeffes Moltke-Harden und wenden sich mit Abscheu gegen den Morast, welchen die Verhandlungen ausgedeckt haben. Selbst rechtsstehende Organe betonen, daß ein längeres Verbleiben des Grafen Moltke in der Umgebung des Kaisers unmöglich war. Rechtsstehende Blätter sind es auch, welche l zum Teil in außerordentlich scharfer Weise sich gegen dm
Abenüteuer
des Kntfpektev Wvcresig von Fritz Reuter. lS»»ts«tz»»>.)
Auf Befehl des Schutzmann ging denn Moses vor mir auf und ich folgte; aber als wir so die Treppen und die langen Koridons lang gingen, konnte ich sehen: Moseffen bäwerteu die Büxen. Mich war auch besonderlich zu Sinn, indessen doch verließ mich nicht das Bewußtsein: Du büst wieder Entspekter Brästg.
Als wir hereinkameu, d. h. ich allein, den Moses und der Schutzmann blieben vor der Türe, saß da wieder ein Herr Rewerendarius, von welcher Art sie in Berlin mannigfaltig haben. Er stand auf und kuckte mir gerade in das Gesicht: „Sünd Sie ein Jude oder sünd Sie's nicht?" — „„Ich Hab' meinen Herrn Jesum Christum meindag' noch nicht verleugnet,"" sage ich. — „Schön," sagt er, „denn sünd Sie der Entspekter Bräfig." — „„Aufzuwarten, sag' ich. ""
Bei dieser von mir erteilten Antwort stand er auf uud besann sich — ich besann wich auch. Darauf setzte er sich nu, stippte seine Feder in das Dinteufaß und schrieb was uu murmelte in den Bart: .Jndintifenziert'.
Mit einmal stand er wieder auf und sah mich höllischen an, als wenn ich männigmal in früheren Zeiten so einen Talps von Hofjungen ankuckte, bloß daß ich denn mehr von oben, er aber mehr von unten kuckte, indem daß er noch kürzer verpahlt war, als ich selber. „Herr," sagte er, „Sie haben sich unter einem nachgemachteu Namen mit uer Schwindlerbande befaßt." — „„Das wär' nüdlich!"" sage ich. „„Ne! die Schwindlerbande hat sich mit mir be
faßt und das gründlich! Denn sie haben mich mein Geld, meine Uhr, meinen Hur und meinen Taschentuch genommen."" - „Wie kommen Sie aber zu dem Judennamen? Warum haben Sie sich ihn gegeben?" fragt er. — „„Ich habe ihn mir nicht gegeben,"" sage ich, „„Moses Löwenihal hat ihn mich gegeben und Bexbacher, und ein Mitkollege von Ihnen hat ihn mir gesetzlich in den Paß geschrieben."" „Erzählen Sie mal die ganze Geschichte," sagt er.
Na, ich erzähl' nun also auch, und er wurde ümmer freundlicher und zuletzt ordentlich lustig, und als ich ihm die Geschichte mit meinem Hut in dem Tiergarten erzähle, springt er auf, läuft aus der Tür und kommt mit einem Herrn wieder der alle himmlischen Sterne und Kreuze auf einer sogenannten Heldenbrust trägt — wie ich mich das von anno 13 und 15 her zu erinnern pflege und sagt zu mich: Der Herr Polizeipräsendeut!" — Ich stehe denn in der Höbe und mache ihm einen Diener und sage höflich: „„Wohl der Oebbersie von die Herren?"" — Worauf er er mir zutrauungsvoll und bereitwillig zunickte, darauf mich auf meinen Platz niederwinkte und höflich zu mir sagte: Erzählen Sie mir auch die Geschichte, aber gründlich!"
Das tat ich denn auch, indem daß ich mit Moses Löwenthalen seinen Bläßten anfing und mit den zuletzt aufgeknöpften Extremitäten aufhörte.
Als ich zu Ende war lachte er sehr freundlich und sagte zu dem Herrn Rewerendarius: „Rufen Sie mich mal Petschken hinein!"
Petschke kam. „Petschke," sagte er, „wer mag wohl von unser« üblichen Bekannten um diese Jahreszeit einen Oekonomiker vorstellen?"' — So'n Mensch, wie Petschke, weiß allens; er sagte also ohne Besinnung: „„Herr President, wenn ich's sagen soll, so is das kein anderer nich, als Corl Pihmüller, denn der zieht sich ümmer zu Wull-
marktszeiten mit Stulpenstiewel an und fängt in ihnen die fremden Oekonomiker ein, wie sie in Polen die Äffen in Pechstiewel fangen."" — „Schaffen Sie mir den Menschen," sagte er. — „„In fünf Minuten,"" antwortet er und dreht sich um. — „Petsche," sagt der President und kloppt ihm auf die Schulter, „Sie sünd eine Stütze des Staats!" und damit geht Petschke.
„Herr Entspekter," sagt der Presendeut zu mir, „Sie sind während deffen in meiner Achtung gestiegen, denn Sie find bloß ein erbärmlich betrogener Mann; wir müssen Sie aber telegrafieren. „„Danke schön"" sage ich. „„Von der Art habe ich nu gnug. Heute morgen zum Koffee balbiert, zum Frühstück potografiert und nun zum Mittagessen telegrafiert!" — „Herr Entspekter," sagt er, „hilft Ihnen nichts! — Wo wohnen Sie?" — „,,Zu Hauhnerwiem,"" sage ich. — „Ist es 'ne Stadt?" sagt er. — „„Nein,"" sage ich, „„es ist aber ein kleiner lebhafter Ort, zwei Meilen von der Schoffeh mit einem verlassenen Müllerhaus und zwei Tagelöhner-Kathen."" — „Unter was for einer Gerichtsbarkeit?" fragt er. — „„Weiß ich nich,"" sag' ich, „„die Taglöhner kriegen ihre Prügel ümmer von's Patrt- monial; das Müllerhaus worin ich wohne, is noch nich in solche Lage gekommen."" — „Aber," sagt er, „Sie müssen doch wissen, unter welchem Richter Sie stehen."
(Fortsetzung folgt.)
Au» de« Meggr»dorfrr.Blätter». Bor dem St«nbesamt. — „Wer find dort die Herren, dir mit Deiner Braut sprechen?" — „Die SchuldentilgungSkommisfion!" Zeitkind. — „WaS? Du willst nicht mit Deinen Pferdchen spielen und lieber auf die Gaff« gehen zu den bösen Kindern! DaS ist idoch unerhört?" — .Reg' Dich nicht auf, lieber Papa! Unsere Ansichten gehen eben in diesem Punkt auseinander."