8ft Jahrgang.

Erscheint tLgüch mir AnSnahnrr dcr Sonn- und Festtaxi.

Preis vierteljährlich hier 1 >6, mit Träger, lohn 1.20 >U, im BeML- mrd 10 Iwr-Perkeh« 1.25 ^ im übrigen kürttemberg 1.85 MonatsabounementS nach BerhältniS.

Dkl GMWsttt.

Jevnspvecher Wv. 29.

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Jevnfpvechev Uv. SS.

Auflage

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile WS gewöhnt. Schrift >ib?> deren Raum bet Einrückung w -f- bei mehrmalixir entsprechend Nab-!:'.

Mit dem Plauderstüdch - und

Schwab. Land

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Bekanntmachung der K. Zentralstelle.

Handwerkerkurse.

Die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel beab­sichtigt, im Falle genügender Beteiligung von Mitte November 1907 ab folgende Handwerkerkurse abzuhalten (weitere Kurse find für die Zeit nach Neujahr in Aussicht genommen):

a) für Maler im Glasvergolden einschließlich Schristen-

malen, Dauer 3 Wochen;

d) für Wagner im Kastenbau, Dauer 4 Wochen;

e) für Schuhmacher im Musterzeichnen und Zuschnetdeu,

Dauer 2 Wochen.

Zu den Kursen werden im Land ansässige selbständige Handwerker und ältere Gesellen, in erster Linie solche, welche sich selbständig zu machen im Begriff sind, zugelassen. Ein Unterrichtsgelb wird nicht erhoben. Auswärtigen minder­bemittelten Teilnehmern wird auf Ansuchen für die einmalige Her- und Rückfahrt Ersatz für die Eisenbahnfahrkarte ge­währt; außerdem kann solchen auswärtigen Kursteilnehmern, welche besonders bedürftig sind, aus Ansuchen und auf Nach­weis ihrer besonderem Bedürftigkeit ein Beitrag zu ihrem Mehraufwand für den Aufenthalt in Stuttgart verwilligt werden. Beitragsgesuche sind gleich bei der Anmeldung an- zubringen; nachträglich einkommende Gesuche können in der Regel nicht berücksichtigt werden.

Anmeldungen zur Teilnahme an den Kursen sind durch Vermittlung der Gemeindebehörden oder des Vorstands einer örtlichen gewerblichen Bereinigung bis spätestens 3. November 1907 an die Zentralstelle für Gewerbe Md Handel einzureichen. Die Gemeindebehörden und die Vor­stände der gewerblichen Vereinigungen werden ersucht, bei der Vorlage der Anmeldungen sich darüber zu äußern, ob die Angemeldeten nach ihrer Ausbildung und ihren Fähigkeiten voraussichtlich in der Lage find, mit Erfolg an den Kursen sich zu beteiligen und ob ihrer Zulassung zu dem Kurs keine sonstigen Bedenken «Mge genstehen. Sofern ein Angemeldeter wegen besonderer Bedürftigkeit nm einen Beitrag zu seinem Mehr­aufwand für den Aufenthalt in Stuttgart nachfncht, wolle bei der Vorlage seiner Anmeldung auch Auskunft über seine Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnifse gegeben werden.

Aus den Anmeldungen sollen im übrigen ersichtlich sein: Namen, Berus, Bernfsstellung (ob selbständig oder Geselle), Wohnort und Alter der Angemeldeten. In den Anmel­dungen zu dem Kurs für Maler soll außerdem noch ange­geben sein, ob der Angemeldete schon einige Uebung im Glasvergolden und Schriftenmalen hat.

Stuttgart, den 14. Oktober 1907. __Mosthas.

Die Ortsbehörden

werden htemit angewiesen, die Metznrknndeu über die vom 1. Januar bis 30. September d. Js. angefallenen Veränderungen in aller Bälde der K. Bezirksgeometer- ftelle Nagold zu übersenden, damit die Prvfungs- geschäfte rechtzeitig erledigt werden können.

Nagold, 21. Okt. 1907. K. Oberamt. Ritter.

Nagold, Dienstag den 22. HktoSer

. . .

Die Lchnltheisienämter

werden hiemit aufgefordert, für die Feuerwehr ihrer Ge­meinde das in neuer Auflage erschienene Jnstrnktionsbnch für die Feuerwehren anzuschaffen.

Die neue Auflage des Jnstruktionsbuchs ist in der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold erhältlich.

Nagold, den 21. Oktober 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Zweiter deutscher Arbeiter-Kongreß.

(Unber. Nachdr. Verb.) I. 8. n. L. Berlin, 20. Okt.

In denGermaniasälen" trat heute unter außerordent­lich starker Beteiligung der zweite deutsche Arbeiterkongreß zusammen. Es waren mehr als 300 Delegierte aus allen Teilen des Reiches erschienen, die etwa 1200000 christlich­nationale Arbeiter vertraten. Auch Vertreterinnen von christlich-nationalen Frauenvereinen waren anwesend. Die Reichsregierung war durch den Staatssekretär des Reichs­amts des Innern v. Bethmann-Hollweg vertreten, die preußische Regierung durch den Handelsminister Delbrück. Von Retchstagsabgeordneten waren anwesend Giesberts, Erzberger, Schack. Linz, Behrens, Schiffer, Becker, Schirmer, Schwabach, Pauli, Liebermann von Son­nenberg, Stöcker. Ferner waren vertreten die Gesellschaft für Sozialreform durch Professor Francke, der Bund für Bodenreform, die Mittelstandsvereiaigung und andere Kor­porationen. Aus der christlich-nationalen Arbeiterbewegung hatten Delegierte entsendet der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter, die christlichen Textilarbeiter, die Bauhand- werkcr, die Metallarbeiter, die bayerischen Eisenbahner, die Hilft- Md Transportarbeiter, die Keramarbeiter, die Holz­arbeiter, die Schuh- und Lederarbeiter, die Schneider und Schneiderinnen, die Tabak- und Zigarrenarbeiter, die Heim­arbeiterinnen, die Maler und Anstreicher, die Arbeiter der bayerischen Staats-, Berg-, Hütten- und Salincnwerke, der Verband der Krankenpfleger und -Pflegerinnen, der deutsche Gastwirtverband, der Gutenbergbund, die Bäcker und Kon­ditoren, die Brauer, die Arbeiter für das graphische Ge­werbe und die Papierbranche, der deutsch-nationale Hand- lungsgehilfenverband, die Eisenbahnhandwerker und Arbeiter, die würtiembergischen Staatsunterbeamten, die bayerischen Post- und Telegraphenbeamten, der deutsche Kellnerbund, der württembergische Eisenbahnerverband, der Verband deutscher Privateisenbahnbeamten, die Ziegler, die Gasthofs­gehilfen, Grubcnsteiger, Kutscher und Fuhrleute, Handwerks­gesellen, Waschmeister, die evangelischen Arbeitervereine aus allen Teilen des Reiches, die katholischen Arbeitervereine aus ganz Deutschland und die evangelischen Textilarbeiter in Lodz (Rußland).

Reichstagsabg. Behrens eröffnete den Kongreß und hieß die Vertreter der Staatsregierung willkommen. Er wies darauf hin, daß auch die konservative, frcikon- servative, die nationalliberale Partei und die Wirt­schaftliche Vereinigung und das Zentrum Vertreter emsendet haben, ebenso die Gesellschaft für Sozialreform

1867

und die Gewerbeinspektion Berlin. Er führte weiter aus: Die christlich-nationale Arbeiterbewegung ist heute ein Faktor, mit dem im öffentlichen Leben gerechnet werden muß und mit dem gerechnet wird. Auf dem zweiten Kongreß soll nun Stellung genommen werden zu der jetzigen sozialpoli­tischen Lage. Die Größe und Wohlfahrt unseres Vater­landes beruht auf der Leistungsfähigkeit und Schaffenskraft unseres Volkes (Beifall). Die christlich-nationale Arbeiter­bewegung will sich nicht von den Gliedern unseres Volkes trennen, sondern mit ihnen verbunden für die Größe unseres Vaterlandes kämpfen (Beifall). Sie will als gleichwertiges Glied der Gesellschaft anerkannt werden (Beifall). Wir find Freunde des Friedens. Im freundlichen? Zusammen­wirken, vor allem mit Landwirtschaft und Mittelstand, wollen wir für die Wohlfahrt des Vaterlandes arbeiten. Wir müssen aber verlangen, daß man auch uns vorurteils­frei gegenübertrttt (Beifall). Es stehen an unserem Wege manche Nörgler Md Zweifler; wir lasten uns aber dadurch nicht beirren. Wir sind national und christlich und stehen treu zu Kaiser und Reich (lebhafter Beifall.) Zwei kaiser­liche Kundgebungen sind es, die uns zur Richtlinie dienen; die kaiserliche Botschaft, die es aussprach, daß der Staat die Pflicht habe, für die Arbeiter zu sorgen und die Rede in Münster, die zum konfessionellen Frieden mahnte. Sie verbürgen uns eine Fortsetzung der Sozialpolitik. Der Redner schloß mit einem Kaiserhoch (lebhafter Beifall).

Darauf ergriff, mit Händeklatschen lebhaft begrüßt, der Staatssekretär des Reichsamts des Innern von Beth­mann-Hollweg das Wort. Er führte aus: Meme Herren. Sie haben die Güte gehabt, mich zu diesem Ar­beiterkongreß einzuladen und ich bin der Einladung mit Freuden gefolgt. Das Amt, zu dessen Führung ich berufen worden bin, erfaßt fast alle Lebensverhältmsse im Deutschen Reiche und so insonderheit die Verhältnisse Ihres Standes, des Arbeiterstandes. Um so dankbarer bin ich für jede Gelegenheit, die mir geboten wird, mit Vertretern der ver­schiedenen Berufsstände in persönliche Berührung zu treten, weil auch die sachlichste Behandlung der Geschäfte durch persönliche Beziehungen jeglicher Art nur gefördert werden kann. Hängt es doch wohl auch mit einer solchen mensch­lichen Auffassung der Dinge zusammen, wenn Sie selbst, wie ich zu meiner großen und besonderen Freude höre, meinem Amtsvorgänger dem Grafen Posadowsky, öffent­lich Ihre Dankbarkeit bezeugt haben und noch bezeugen wollen für die außerordentlichen Verdienste, die er sich auf allen Gebieten und namentlich um die Sozialpolitik im Deutsche Reiche erworben hat, indem er unermüdlich und tatkräftig, und nicht nur mit seinem die Dinge von Grund Ms beherrschenden Verstände sondern auch mit einem warmen Herzen für das Los der arbeitenden Klaffe gesorgt und ge­arbeitet hat (Beifall).

M. H. Seitdem Sie den ersten großen Kongreß in Frankfurt a. M. veranstaltet haben, sind vier Jahre ins Land gegangen. In der Zwischenzeit hat das Streben nach korporativer Zusammenschließung weiter stark zugenommen, bei den Arbeitgebern sowohl wie bei den Arbeitnehmern Md auch bei Ihnen find die Zahlen ihrer Mitglieder ganz

Aöenöterrer >

des Kntfpekter Wraeflg

von Fritz Reuter.

(Fortsetzung.)

Indem daß ich mir hierüber noch den Kopf zerbreche, gehe ich weiter und befinde mich bald daraus nach Aussage eines angetroffenen Schutzmanns in dem Tiergarten.Um Vergebung!* sage ich zu ihm,in diesem Garten sollen jo woll noch wirkliche wilde Biester sein, wie Affen, Bären und Kameeler!"

,,O ja,"" sagt er,es sünd noch welche; aber nicht in der Freiheit hier herum, das wäre polizeiwidrig; nee! sie fitzen alle in Prisong in einem eingerichteten Garten, und wenn Sie dahin wollen, dann wüsten Sie erst hier links und dann rechts und dann so und dann so und dann ümmer grad' aus gehen.""

Na, ich bedanke mir denn natürlich und geh' natür­lich nun auch rechts und links un so un so und zuletzt auch grad' aus und verbiester mir denn nu auch natürlich, indem daß ich grade auf einem Stackettengeländer loskam. Weilen besten ich nun hier noch stand rumierte, wo ick mich hinschlagen sollte, kommt ein Mensch, den ich so for einen Maurergesellen außer Dienst taxiere, ans der andern Sette von das Stackett zu stehen.Lieber Freund, wo komme ich woll von hier in den wilden Tiergarten?"

Kommen Sie mal en Bischen besser 'rarmer,"" sagt er; und ich komme auch dicht an das Stackett heran! >

iSehen Sie woll das Hesternest in jener Pappel?"" sagt ' er und zeigt über meiner Schulter 'rüber. Ich dreh mich also um und seh' auch das Hesterneft und sag':Ja," sag' ich,ich seh's."Na,"" sagt er, und legt mir die Hand vertrauensvoll auf die Schulter,denn sehen Sie nich rechts noch links, sondern sehen Sie sich ümmer das Hesternest an.""Schön," sag' ich, denn ich denke, er will mir 'ne Art von Contenanz-Pnnkt geben, wonach ich mir richten kan».Und denn leben Sie wohl!"" sagt er und nimmt mir meinen Hut ab, macht mir mit meinen eigenen Hut 'ne Verbeugung, schmeißt mir über das Ge­länder das seinkgte schauderhafte Etabliffemang von einem Mam erhut vor die Füße und verliert sich ohne Wiedersehen in die nebenbei befindliche grüne Buschkasche Und zwischen uns das vierfüßige Stackettengeländer!

Da stand ich nu und sah mir abwechselnd den Maurer­hut und das Hesternest an, wobei sich mir eine große Aehn- lichkeit zwischen beiden aufdrang.

Mer was tun? Uebe: das Geländer könnte ich nicht herüber und den Hut könnte ich doch nicht anfsetzen; ich resolvierte mich also rasch und ging denselben Weg wieder zurück, daß ich doch erst bloß wieder in bewohnte Gegenden käme.

Dies Glück gelang mich denn auch bald, indem daß ich einen kleinen, «üblichen, auferweckten Straßenjungen traf, der mich for einem Silbergroschen nach dem zotologischen Garten brachte, natürlich in bloßem Kopfe, d. h. mit bloßer Perüke. Entreh: vier Groschen. Ich bezahlte und ! konnte nun 'rein gehen.

i Hier ist nun eine merkwürdige Einrichtung getroffen, die mir dem bekannten Post- und Reisespiel aus meiner Jugendzeit entnommen zu sein scheint. Es stehen nähmlich an den Wegen lauter Wegweiser, die ümmer von einer Kreatur zur andern zeigen, wobei man sich aber in Acht nehmen muß, daß man keine überschlägt, wie mich das passiert ist; denn dann kann eS existieren, daß man total in Bisternis kommt, und daß man, wie ich z. B., einen Eis­bären for eine Löffelgans hält.

Hier in diesem Garten sünd nun sehr verschiedene Markwürdigkeiten, meistens vierfüßige, aber auch Vögel und Ungeziefer. Sie alle zu beschreiben is nich nötig, denn ste stehen schon gedruckt in einer kleinen Naturgeschichte, die man for vier Schilling beim Entreh mitkauft. Außer Affen,

> Bären, Kameeler, die auch bei uns in Mecklenborg in der Borzeit auf Jahrmärkte begänge waren, nu aber an der Grenze von der Polezei als Tagediebe abgewiesen werden, habe ich allhter kennen gelernt: den Pepita-Hirsch, ein Prachtstück von einem Achtzehnender, vorne gut aufgesetzt Md mit schöner Aktion in dem Hinterteile, dann zweierlei Schweineraßen aus Amerika, von denen der eine der Mark- Würdigkeit wegen keinen Schwanz hatte; scheinen mich aber keine Mastungsfähigkeit zu haben; ferner die sogenannten reißenden Tiere, wie Hiähnen, Tigers und Löwen, die zum Frühstück und zum Mittag- und Abendessen rohe Bicwstücks ^ essen; aber ohne Pfeffer und Zwiebeln, wie es jetzund die ! Reisenden genießen. (Ahpropoh! Dies soll von mich ein Witz sein!) -

! Wie ich man gehört habe, haben ste hier eine kleine