81. Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 «6, mit Lräger- lvhn 1.20^. im BezirkS- und Il> icw-Verkehr 1.W im übrigen Württemberg lLS MonatSabounementS

nach Verhältnis.

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Jevnspvechev Wv. 29.

Ilern sprechen Ar. 29.

Auflage 2600.

Anzeigen-Eebühr f. d. Ispalt. Zelle a«S gewöhnt. Schrift oder deren Raum bei lmal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübche» und

Echwäb. Lmckrwirt.

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1907

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nehmen jetzt schon alle Postaustatte», Post- ^ boten, sowie unsere Ansträgerinne« entgegen.»!

Amtliches.

Die Fischereiberechtigte«

werden darauf aufmerksam gemacht, daß etwaige Gesuche

um Dispensation von den Wirkungen der gesetz­lichen Schonzeit der Bachforellen, Bachsaiblinge «nd Krenznngssaibliuge alsbald beim Oberamt ein- znreichen find.

Nagold, 23. September 1907.

K. Oberami.

Mayer, Reg.-Afs.

Wölkischs HleSersicht.

Zwei ehrende Urteile über Deutschland kommen Ms Liverpool und aus Norfolk. In Liverpool sprach der englische Kriegsminister Haldane über den Wert wissenschaft­licher Ideen für die Regierungen. Er führte als nach­ahmenswerte Beispiele in der Verwertung solcher Ideen die deutschen Regierungen und den deutschen Generalbstab an und meinte, es müsse anerkannt werden, daß die Deutschen besser als die Engländer zur Erfassung allgemeiner Ideen befähigt seien. In Norfolk verglich der Konteradmiral Chadwick auf dem Jahreskonvent des Verbands der ame­rikanischen Stadtverwaltungen die amerikanischen mit den europäischen Stadtverwaltungen und bezeichnte die deutschen Verwaltungen als die besten der Welt.

Der Optimismus Frankreichs in bezug auf Ma­rokko schein: rasch verraucht zu sein. Eine Aeußerung Clemenceaus läßt erkennen, daß man von der Möglichkeit einer baldigen Wiederherstellung des Friedens bereits eine kritischere Auffassung gewonnen hat. Clemenceau drückte einem Journalisten gegenüber die Meinung aus, daß aus den zwischen General Drude und den Stämmen eingeleiteten Verhandlungen zwar nicht der unmittelbare Friede, aber doch ein gewisser Fortschritt sich ergeben werde. Im übrige» Hab; Drude, der keine Truppen, sondern nur Ergänzung feines Materials verlangt habe, Vollmacht, die Widerstand

leistenden Kabylen auch in weiteren Entfernungen mit allen Machtmitteln zu bekämpfen. Die offiziellen Meldungen ließen keinen Zweifel, daß nur die in unmittelbarer Nähe von Casablanca wohnenden Stämme des Schaujas bereit seien, Friede» zu schließen; die Stämme des Hinterlandes würden erst mürbe werden, wenn sie ähnliche Niederlagen erlitten hätten. Nach einer englischen Meldung aus Mogador find die fremden Konsuln der Ansicht, daß die französischen Schiffe nicht genügen, um die Europäer zu beschützen. Sie haben daher eigene Maßnahmen getroffen zum Schutz ihrer Kolonien. Eine jede hat jetzt genügend Waffen und Mu­nition empfangen, welche in Bereitschaft gehalten werden sollen. Die fremden Staatsangehörigen haben die Auf­forderung erhalten, bei dem ersten Anzeichen von Feind­seligkeit seitens der Eingeborenen sich in ihre Konsulate zu begeben, wo sie sich verteidigen werden. Leute Raisulis überfielen am 17. d. Ms. bei Larrasch französische, eng­lische und deutsche Postkuriere. Sie mißhandelten sie, ließen sie dann aber die Reise fortsetzen, ohne ihr Gepäck berührt zu haben. Dem französischen Kurier wurde der Mantel sowie das Reisegeld geraubt und der Depeschenbeutel zer­fetzt; die für Rabat bestimmten Postsachen sind verschwunden und sämtliche Zeitungen aus ihren Hüllen gerissen.

Der englisch-russische Vertrag über Persien, Afghanistan und Tibet, über den bereits seit längerer Zeit verhandelt wurde, wurde am 23. Sept. ratifiziert und am 26. d. Mts. veröffentlicht. Die Summe des Vertrags ist, daß England Rußland in dem reichen Nordpersten freie Hand läßt, sich aber gegen Versuche, den russischen Einfluß bis zum persischen Golf auszudehnen, sichert. Es nimmt Afghanistan nach der Formel, nach welcher Korea an Ja­pan abgetreten wurde. Die gegenseitige Freundschaft wird durch die Neutralisierung Tibets gegen friedliche und mehr noch kriegerische Versuche, vorzudringen, gefestigt. In Eng­land zeigt man sich im höchsten Grad unzufrieden mit diesen Abmachungen, namentlich soweit Persien in Betracht kommt. Man sagt, das England reservierte südöstliche Dreieck sei faktisch wertlos, während Rußland den reichen nördlichen Streifen einschließlich Teheran, Mesched TSbris und Ha- madan erhalte. Die allgemeine Ansicht geht dahin, Ruß­land habe einen großen diplomatischen Triumph errungen, indem es die Beseitigung der britischen Opposition gegen die Herstellung seines Einflusses über ganz Nordpersien durchsetzte, ohne irgend etwas dafür zu opfern.

Die Lage in Korea scheint an Bedenklichkeit znzuuehme«. Eine Meldung derFranks. Ztg." aus Tokio besagt: Koreanische Insurgenten sammeln sich um Söul. In ^den Provinzen werden japanische Polizisten und Beamte von Jnsurgentenbanden überfallen und ermor­det. Marquis Jto droht den Koreanern angeblich mit Annexion.

Ans China wird ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Reform gemeldet. Pu-lun und Sun-Chia-nai sind zu Präsidenten des neuen Gouvernementsrats ernannt worden, der zunächst als Vorläufer für die Einführung eines wirk­

lichen Parlaments ins Leben gerufen wird. Die neuen Präsidenten sind mit der Ausarbeitung von Bestimmungen für den neuen Gouvernementsrat gemeinsam mit dem Großen Rat beauftragt worden.

Die afiatenfeindliche Bewegung in Canada

hat eine weitere Förderung durch einen einstimmigen Be­schluß des in Winnipeg tagenden canadischen Arbeiter- kongresses erfahren, der von der Regierung des Dominion die sofortige Kündigung des die Einwanderung von Japa­nern nach Canada gestattenden Vertrags mit Japan fordert.

Erinnerungen an de» Fürste» Hohenlohe ver­öffentlicht I. Heckler imTürmer", der von I. E. Frhrn. von Grotthuß herausgegebeuen Monatsschrift, die soeben ihren zehnten Jahrgang beginnt (Verlag von Greiner « Pfeiffer in Stuttgart). Sie datieren vom Jahre 1898 und reichen bis zur Verabschiedung des Fürsten. U. a. läßt er von der Aufhebung des Verbindungsverbots für die Vereine in Preußen den Zentrumsabgeordneten Dr. Lieber folgendes erzählen: ^ .

Vor einigen Tagen (Spätherbst 1899) sprach ich em ernstes Wort mit dem Sohne des Reichskanzlers, dem Prinzen Alexander, ich sagte ihm, der Reichstag könne mit seinem Vater emsthast nicht mehr verhandeln, wenn er sein dem Reichstage bet der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegebenes Wort, das Verbindungsverbot in Preußen aufzuhebe«, verfallen lasse. Darauf begab sich der Fürst zum Kaiser und bat um die Ermächtigung, die preußischen Stimmen im Buudesrat für die Aufhebung des Verbots abgeben zu dürfen. Der Kaiser erwiderte ihm: Ja wieso denn? Und grade jetzt, wo mir soeben der Reichs­tag das Arbettswilligengesetz vor die Füße geworfen hat? Worauf Hohenlohe entgegnete: Ich habe dem Reichstage mein Wort gegeben, und mein Wort ist Fürstenwort, grad so gut wie das Eurer Majestät. Wenn ich die Er­mächtigung nicht erhalte, gehe ich als Exkanzler von hier fort und sitze heute abend schon auf der Eisenbahn nach Süddeutschland. Der Kaiser: Aber Onkel Chlodwig, das hast du ja schon oft gesagt. Hohenlohe: Eure Majestät können sich überzmgev, daß bei mir zu Hause schon die Koffer gepackt find . . . Da erteilte der Kaiser die Er­mächtigung.

Die Erinnemngen betreffen weiter die Entlastung Hohenlohes, für die bekanntlich der Chinakrieg der mittel­bare Anlaß war. Fürst Hohenlohe war damals wegen seiner Kur in Ragaz lange von Berlin abwesend. Heckler hatte eine Unterredung mit ihm, deren Inhalt er veröffent­lichen wollte. Als er ihm aber das Schriftstück zusandte, wurde ihm von Herrn v. Wilmowski bedeutet, daß er damit nicht im Interesse des Fürsten handle, und aus den Aeußer- ungen über Hohenlohes Gesundheitszustand entnahm er, daß dessen Sturz beschlossene Sache sei. Einige Tage später, am 10. Oktober, erklärte ihm Fürst Hohenlohe, daß er nicht daran denke, seine Entlassung zu nehmen. Am 18. Oktober erfolgte daun doch die Mitteilung vom Kanzler­

Hralis-AuLomoöikfahrlen.

Eine juristische Plauderei.

Aus dem Berl. Lok.-Anzeiger.

In unserem Zeitalter der Naturwissenschaften, das uns eine ungeahnte Entwicklung der Technik beschert hat, sehen wir immer neue Erfindungen sich Bahn brechen und freuen uns der Errungenschaften des menschlichen Geistes. Doch diese rapide Entwicklung zeiligt auch manche weniger er­freuliche Folge. So sieht sich insbesondere die Rechts­wissenschaft und die Rechtsprechung fortdauernd vor neue und schwierige Aufgaben gestellt. Es gilt, völlig neue Rechtsverhältnisse zu beurteilen, an die der Gesetzgeber früherer Zeiten nicht gedacht hat, ja die er nicht einmal hat ahnen können. Daß es hier ohne mancherlei Irrungen und Wirrungen nicht abgeht, zeigt ein besonders wichtiges Bei­spiel, an das ich hier erinnern möchte.

Als am Ende des vorigen Jahrhunderts der elektrische Strom als Kraft- Md Lichtquelle sich die Weltherrschaft erobert hatte, tauchte in der Rechtswissenschaft plötzlich die Frage auf: Was ist dieser elektrische Strom? Ist er eine körperliche Sache, in der auch ein Diebstahl möglich ist? oder ist die Entwendung elektrischer Kraft, wenn sie kein Diebstahl ist, strafrechtlich anders zu fassen? Die Frage hat die bedeutendsten Geister in der Theorie und Praxis beschäftigt. Viel Druckerschwärze ist verbraucht worden, bis schließlich das Reichsgericht konsequent ausgesprochen hatte, daß der elektrische Strom nicht Gegenstand eines Diebstahls sein könne (Entsch. des Reichsgerichts in Straf­sachen Bd. 29, 8. HI.; Bd. 32, S. 165). Nun gilt in

unserem Strafrecht glücklicherweise noch immer der alte Satz: milla xosiiL sine ltzgs, keine Strafe darf verhängt werden, wenn nicht ein bestimmtes Gesetz verletzt ist (vgl. § 2 Strafgesetzbuchs). Was bleibt also übrig? Da die Entwendung elektrischer Kraft in unserem Strafgesetzbuch mit Strafe nicht bedroht war, mußte ein besonderes Gesetz (betr. die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit vom 9. April 1900) erlasien werden, um der durch den technischen Fortschritt geschaffenen neuen Rechtslage Rechnung zu tragen und de« Uebeltäter, der, wenn auch nicht ein Dieb, aber ihm gleichwertig zu erachten ist, der wohlverdienten Bestrafung zuzuführen.

Es scheint, als ob die rapide Entwicklung des Auto­mobilismus der Rechtsprechung noch manche Nuß zu knacken aufgeben wird. Das zeigt ein Rechtsfall, überden neulich berichtet wurde. Dieser Fall hat eine über den Etnzelfall weit hinausgehende Bedeutung. Die Art, wie sich die Ge­richte damit abgefunden haben, ist nicht recht befriedigend. Das ist immer so, wenn die Rechtsprechung neue Wege sucht, um zu einem guten Ende zu kommen. Ich halte deshalb eine Besprechung für geboten.

Ein Chauffeur, dem zur Nachtzeit ein Automobil nicht zur Verfügung stand, verspürte die Lust, nachts eine Auto- mobilfahrt zu machen. Er verschaffte sich mittels Nach­schlüssels Eingang in den Aufbewahrungsraum eines fremden Automobils, holte sich dieses heraus und machte damit eine Spazierfahrt. Nach erfolgter Benutzung brachte er es an seinen Standort zurück und reinigte es. Die Sache wurde ruchbar, und der Chauffeur wegen schweren Diebstahls an­geklagt, weil er die Fortnahme des Autos dadurch bewirft hätte, daß zm Eröffnung eines Gebäudes falsche Schlüssel

s augewendet waren. Verbrechen, strafbar nach § 243 Nr. ! 3 Reichsstrafgesetzbuchs!

Die Strafkammer sprach den Angeklagten frei. Sie nahm an, es liege nur ein widerrechtlicher Gebrauch des Autos vor, solcher sei aber als Diebsiahl nicht zu bestrafen, denn dieser setze eine widerrechtliche Wegnahme voraus.

Der Staatsanwalt beruhigte sich nicht bei diesem Spruche. Er legte Revision ein und hatte Erfolg. Das Reichsgericht hob das fteW'echende Urteil auf. Zwar trat es der Strafkammer insofern 'nicht entgegen, als es einen Diebstahl au dem Automobil gleichfalls verneinte, aber cs nimmt an, daß das Benzin von dem Chauffeur gestohlen sei, das zur Ausführung der Fahrt von ihm iverbraucht worden war. Der Angeklagte habe nämlich das Benzin als Antriebmittel zur Fortbewegung des Fahrzeugs ver­wenden, es also seinen Interessen dienstbar machen wollen. Indem er das fremde Benzin seiner Substanz nach für sich verbrauchte, habe er es, wenn auch nur vorübergehend, seinem Vermögen zugeführt. Durch den Verbrauch habe der Angeklagte sein Vermögen in indirekter Weise bereichert. Daß der Angeklagte mit der in der Absicht der Zueignung verbunden habe, vermöge an der rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. (Schluß folgt.)

Unartige Kinder.

Sind Erwachsene unliebenswürdig, geben sie sich rück­sichtslos ihren Launen hin, so ist dieNervosität" daran schuld. Kinder aber müssen sich beherrschen, Kinder find nienervös", immerunartig".

Kluge Leute," so wendet sich Franziska Manu in der