81 . Jahrgang.
Auflage 2600 .
Erscheint täglich mit Ausnahme der Gönn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Trägerlohn 1.20 ^t,im Bezirksund 10 lrw-Berlehr 1.28 im übrigen Württemberg 1.86 Monatsabonnements nach Verhältnis.
N KMWstkr.
Ms- M 7.,..^ 77" ftr k»' -SkD 7 „7.
AeicnspvecHer Mr. Lv.
A«errfpv<ch«» M». SV.
Anzeigen-Gebühr f. d. IfpaL. Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 1V A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mit dem Plauderstübche» und
Gchwäb. Landwirt.
183
Magold, Mittwoch den 7. August
1907
Kaiseröegegrmrrg in Swinemünde.
Swrrremünde, 5. August. Die im Binnenhafen ankernde Torpedoflotte ist feit heute früh 6 Uhr unter Dampf. Zu dieser Zeit trafen an den Ankerplätzen vor dem Zollschuppen die russischen 4 Torpedokreuzer ein, die während des Manövers, dem sie nicht beiwohnten, Kohlen eirmahmen. Um 9 Uhr erhielten die Torpedokreuzer Befehl, zur Flotte zu stoßen. Die eng nebeneiuanderliegenden Fahrzeuge führten den Befehl mit erstaunlicher Behendigkeit aus. Endlich um 10 Uhr stieg ein Signal vom Dampfer Deutschland empor. Auf der ganzen Flotte wurde der Ruf ausgenommen. Diese formierte sich in zwei Geschwader. — Der Zar hat, wie jetzt aus Gesprächen bekannt wird, während seines Aufenthalts vor Swinemünde den Leistungen der deutschen Flotte wiederholt warmes Lob gezollt. Der heutige Torpedobootangriff hat dem Zaren lebhafte Aeußerungen der Anerkennung entlockt. Auch bei der gestrigen Preisverteilung für die Ruderregatta der Kriegsflotte hat sich der Zar durch Aeußerungen als ein Verehrer der deutschen Marine bekannt. Er überreichte den'Siegern die Preise persönlich, den Mannschaften je 6 Rubel, dem Führer des Bootes einen Orden. Nach einer weiteren Meldung hat er den markanten Ausspruch getan, mit einer solchen Flotte könne man den Erdball bezwingen. Der Zar spricht ein tadelloses Deutsch, ohne Accent, seine Bewegungen sind ein bißchen hastig, aber er wird beim Gespräch warm und ist ein aufmerksamer Zuhörer. Der Kaiser ist fast ständig um den Gast. Der ganze Verkehr macht den Eindruck eines intimen Familienverkehrs. Prinz Heinrich von Preußen weilt gleichfalls viel um den Gast. Wenn morgen früh der Standard den Hasen von Swinemünde verläßt, so wird das Flottenflaggschiff Deutschland mit dem Prinzen Heinrich an Bord dem Zaren das Geleite geben. Es verlautet, daß der Kurs des Standard auf Saßnitz zugeht, und daß Prinz Heinrich den Zaren bis dorthin begleitet. (Mpst.)
Swinemünde, 5. Aug. Die Begegnung in Swinemünde ist eine neue Bekräftigung der aus einer alten Tradition beruhenden freundschaftlichen Beziehungen der beiden Monarchen und ein Beweis für das gute Einvernehmen der leitenden Staatsmänner beider Reiche. Es hat eine vertrauensvolle Aussprache über alle aktuellen Fragen stattgefunden, in der eine erfreuliche Uebereinstim- mung sestgestellt werden konnte und in der auf beiden Seiten der Wunsch zu Tage trat, Frieden und Ruhe auf der Welt aufrecht zu erhalten. An den bestehenden Bundesverhältnissen wird durch die Begegnung weder für Deutschland noch für Rußland etwas geändert. Es ist zu erwarten, daß der jüngste Zwischenfall in Marokko keine politische Komplikationen im Gefolge haben wird, zumal der Minister des Aeußeren, Pichon, dem Fürsten Radolin befriedigende Erklärungen gegeben hat und alle Mächte entschlossen sind, sich an die Algccirasakte zu halten. So ist zu hoffen, daß die Begegnung in Swinemünde dazu beitragen wird, überall das Vertrauen in die Aufrechterhaltung des Friedens zu stärken.
Die Besichtigung der Schlachtfelder von Weißenburg und Wörth durch den Militär- und Veteranenverein Nagold 3.-5. August 1907.
Die große Zeit des deutsch-französischen Krieges liegt schon mehrere Jahrzehnte hinter uns und doch ist das Andenken an dieselbe unter den Zeitgenossen noch sehr lebendig. Die Kriegervereine sind es insbesondere, welche die Erinnerung an die Erlebnisse der Jahre 1870 71 immer wieder auffrischen und wach erhalten, sei es in patriotischen Gedenkfeiern an besonderen Tagen, sei es durch Zusammenkünfte und gegenseitige Besuche. Nichts vermag aber das Herz des Veteranen mehr zu erheben, die Ereignisse jener Monate mehr ins Gedächtnis zurückzurufen als der Besuch der Schlachtfelder selbst. Und so entschloß sich unser Verein nach längerem Ueberlegen, die Reise nach Weißenburg und Wörth zu unternehmen und zwar ohne Anschluß an den Württ. Kriegerbund, der am Sonntag, den 11. August mit Extrazug dieselbe Tour auszuführen gedenkt; denn bei großem Andrang können Einzelheiten nicht genau besichtigt und Vorträge nicht verstanden werden. Die Fahrt ging über Pforzheim-Karlsruhe-Maxau; an letzterem Punkt fand sich Ende Juli 1870 die württ. Felddivision zusammen und zog dort singend über den Rhein. Hier begann denn auch die Staffel der Erinnerungen und ein lebhafter Austausch der
Swirremünde, 6. Aug. Bei der Abschiedsfeier an Bord der russischen Katserjacht „Standart" brachte Kaiser Nikolaus folgenden Trinkspruch aus: „Ich bin glücklich, daß ich Gelegenheit habe, Ew. Maj. für die mir bereitete so herzliche Aufnahme aufrichtigst zu danken und den ganzen Wert zum Ausdruck zu bringen, den ich auf die Fortdauer der Beziehungen überlieferter Freundschaft und Verwandtschaft lege, die beständig ein enges Band zwischen unseren Häusern und Ländern gewesen sind. Nachdem ich mit lebhaftem Interesse und großer Bewunderung den Manövern der schönen deutschen Flotte beigewohnt habe, erhebe ich mein Glas auf die Gesundheit Kaiser Wilhelms, des obersten Chefs dieser Flotte, und auf das Gedeihen der tapferen deutschen Marine." Kaiser Wilhelm erwiderte: „Ew. Majestät sage ich meinen herzlichen Dank für die soeben gesprochenen gütigen Worte, welche die Freundschaft zum Ausdruck gebracht haben, die uns und unsere Länder verbindet. Es ist das erstemal, daß meine Flotte unter dem Kommando meines Bruders die Ehre gehabt hat, vor Ew. Majestät zu manövrieren. Die anerkennenden Worte Ew. Maj. werden in den Herzen meiner Offiziere und Mannschaften fortleben. Wir alle find von dem Wunsch durchdrungen, daß es Ew. Maj. vergöi nt fein möge, den eingeleiteten Ausbau der russischen Flotte erfolgreich durchzuführen. Wie Ew. Maj. bin auch ich erfüllt von der unveränderlichen Freundschaft unsererHäufer und unserer Völker. Diese Freundschaft hat mehr als ein Jahrhundert überdauert. Sie verbindet unsere Häuser und wird weiter dauern. Ich erhebe mein Glas auf das Wohl des Kaisers Nikolaus. S. M. Kaiser Nikolaus von Rußland Hurra!"
Berlin, 6. Aug. Eine vom Auswärtigen Amt stammende Meldung stellt fest, daß die deutsche Reichsregierung vom Erfolg der Monarchenzusammenkunft in Swinemünde in hohem Maße befriedigt ist. Mpst.
Swinemünde, 6. Aug. Der Kaiser verließ um 10 Uhr die Hohenzollern und verabschiedete sich von der Besatzung. Vor dem Hofzug hatte eine Ehrenkompanie der Stettiner Grenadiere Aufstellung genommen. Der Kaiser bestieg unter dem brausenden Jubel der Bevölkerung den Zug und grüßte freundlich. Morgen früh 7 Uhr wird der der Kaiser in Altengrobe zu Pferde steigen, wo er bis Dienstag abend bleibt. Von dort geht der Monarch nach Wilhelmshöhe. (Mpst.)
UoMijche HleSerficht.
Nachrichte« aus Tanger zufolge hat der Wachsen sich damit begnügt, nach Casablanca zwei Agenten ohne Vollmacht mit einigen hundert Frank für die Truppen zu senden. Diese Maßregel wird von den Europäern wie ein Hohn aufgefaßt. Mohammed el Torres hat im Namen des Wachsen auf der französischen Gesandschaft einen Entschuldigungsbesuch abgestattet und dabei die Versicherung abgegeben, daß die Gouverneure der verschiedenen Häfen den Befehl erhalten hätten, über die Sicherheit der Europäer zu wachen, und daß die Gouverneure für etwaige Unruhen verantwortlich gemacht werden würden. — In Casablanca
Gedanken fand statt. Auf der alten Schiffbrücke fuhr der Zug hinüber ans linke Rheinufer nach Maximiliansau. Es war ein Umsteigen in einen anderen Wagen desselben Zuges nötig; in Baden saßen wir nämlich in Klaffe Illb, welche Note dort in keinem schlimmen Rufe steht, in der Pfalz wurden wir auf IV. Klaffe degradiert, fühlten uns aber in den praktischen Wagen recht wohl. Nach kurzem Aufenthalt auf Station Winden fuhr man auf der Reichseisenbahn ins Elsaß hinein und vor 10 Uhr Vorm, war Weißenburg erreicht — eine saubere, im Lautertal gelegene, einst befestigte Stadt, die zwar selbst den Franzosen wenig Rückhalt zu bieten vermochte, um so mehr aber der im Westen der Stadt gelegene, mäßig ansteigende Geißberg. Zunächst brachte uns der Führer auf die dem Geißberg gegenüberliegende Anhöhe in die Weinberge zum Bayerndenkmal, das zum 4. August dem Tag von Weißenburg mit Kränzen geschmückt worden war. Die Bayern waren es, die Weißenburg mit großen Opfern erstürmten, die Franzosen zum Hagenauer Tor Hinaustrieben und die Turkos in den hinter der Stadt gepflanzten Hopfengärten mit dem Gewehrkolben bearbeiteten. Bald darauf begann die Erstürmung des Geißbergs, wo sich die Division Douay in vorzüglicher Stellung befand. Unter ungeheuren Verlusten wurde der Berg, der in halber Höhe eine von unten nicht sichtbare muldenartige Vertiefung hat, rechts von den Bayern, links von den Preußen, genommen; in dieser Mulde fand der französische General Douay den Tod. Kronprinz Friedrich
sind die ermordeten Europäer auf Veranlassung des franzö
sischen Konsulats beerdigt worden. Der christliche Friedhof soll übrigens verwüstet sein. Die letzten Meldungen aus Casablanca besagen, daß dort große Panik herrsche. Alle Europäer verlassen die Stadt. Die Truppen hatten mehrere Scharmützel mit den Kabilen. Die Flüchtlinge, zum großen Teil Juden, berichten, daß die Europäer Zuflucht in den betreffenden Konsulaten gesucht haben. Die ganze französische Kolonie befinde sich an Bord des Galilei in der Bai von Easablanca. Der Kommandant des Galiläi habe die Stadt bombardieren wollen, sei aber davon durch verschiedene Konsuln abgehalten worden. Die Europäer seien in den Straßen geschlagen und insultiert worden. — In Tanger ist jetzt der neue Gesandte Italiens in Marokko, Nerazzini, an Bord des italienischen Kreuzers „Etna" eingetroffen. — Nach einer Meldung aus Tetuan haben die Bergstämme die Truppenabteilung des ben Bagdadi, die gegen Raisuli vorgeht, angegriffen. Bagdadi soll das Bein zerschmettert sein; mehrere Kaids und zahlreiche Soldaten sind getötet. Verstärkungen sind hingeschickt.
Die belgische Kammer hat mit 59 gegen 23 Stimmen bei neun Stimmenenthaltungen die Mittel für die Anlage der zweiten Verteidigungslinie von Antwerpen nach dem Regierungsentwurf bewilligt und sich dann auf unbestimmte Zeit vertagt.
Die französische« Panzerkreuzer „Gloire" «nd „Jeaune d'Äre" sowie der Truppentransportdampfer „Ntve" sind in der Nacht zum Sonntag von Toulon aus unter dem Kommando des Admirals Philibert nach Marokko abgegangeu. — Eine offizielle Note der „Agence Havas" meldet: Dem Vernehmen nach werden infolge der beklagenswerten Zwischenfälle in Casablanla und wegen der vollständigen Unfähigkeit deS Wachsen, sie zu verhindern, zwischen Frankreich und Spanien Unterhandlungen gepflogen, um ein Einvernehmen über die Landung einer Mannschaft in diesem Hafen herbeizuführen, die notwendig ist, um die Sicherheit der Angehörigen aller Nationalitäten und die Bestrafung der Schuldigen zu gewährleisten. Die Besetzung, welche eine zeitweilige sein soll, entspricht dem Geist der Algecirasakte und würde den Mächten von Frankreich und Spanien unverzüglich bekannt gegeben werden. Ein Minister erklärte einem Mitarbeiter des Echo de Paris, daß Italien der französischen und spanischen Regierung die Vollmacht erteilt habe, die Angelegenheit von Casablanca in betreff seiner Staatsangehörigen in der ihnen entsprechend erscheinenden Weise zu regeln. Die nach Marokko abgehenden französischen Truppen iu der Stärke von 3000 Mann werden von einem General befehligt. — Nach Meldungen zu der Winzerbewegung im Süden Frankreichs ist die Freilassung Ferrouls und seiner Mitgefangenen überall mit Genugtuung ausgenommen worden. Es hat den Anschein, daß dadurch wieder Ruhe und ein gesetzmäßiger Zustand zurückkehren wird. Die Zahl von Zurückziehungen der Entlaffungsgesuche mehrt sich.
I» Belfast haben die Behörden infolge wiederholter Angriffe auf'Fuhrleute beschlossen, von Montag ab Militär in den Straßen patrouillieren zu lasten, um Lastwagen vor Angriffen zu schützen. Der Ausstand der Kohlenarbeiler ist nun beigelegt. Der Ausstand der Fuhrleute ist ebenfalls so gitt
Wilhelm stand abends vor der Leiche des Gegners seine Tapferkeit anerkennend. Abel Douays und seiner Söhne Grabmal wurde uns in dem schönen, wohlgepflegten Fried- ! Hof von Weißenburg gezeigt.
Drei Pappeln auf der Höhe des Geißbergs bezeichnen den ersten Standort des franz. Kommandeurs. Auf dem Plateau befinden sich mehrere Denkmäler, von einzelnen Regimentern, französischen und deutschen, errichtet; unter und neben denselben liegen in Massengräbern die in der Nähe Gefallenen. Ein kolossales Denkmal, 4 sterbende Löwen darstellend, nahm unser Interesse besonders in Anspruch. Wir gingen alsdann feldeinwärts zum Schlößchen Geißberg. An den Oekonomiegebäuden steht man heute noch zahlreiche Spuren der Beschießung; auf der Freitreppe des Schlosses ergaben sich einst die franz. Offiziere dem preußischen General Voigts-Rhetz als Gefangene. Der Rückweg in die Stadt führte uns am vielgenannten Gutleuthof vorbei, von wo aus die preußischen Königsgrenadiere, die Schlesier und Posener zum Angriff übergingen. Weißenburg ist Garnisonsstadt und beherbergt in schön gelegener, in modernem Stil erbauter Kaserne das 60. Infanterieregiment. Wir verließen die Stadt nachmittags 4 Uhr, um per Bahn so zeitig die Gegend von Wörth zu erreichen, daß man noch die Punkte aufsuchen konnte, wo die Würt- temberger in diese Schlacht eingriffen.
(Fortsetzung folgt.)