81- Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 *6, mit Träger­lohn 1.20 im Bezirks­und 10 Lm-Berkehr 1.2S X, im übrigen Württemberg 1.3S »ck. Monatsabonnements nach Verhältnis.

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JeienfprecHev Nv. LS.

Auflage 2600.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Gchwäb. Landwirt.

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HlagoLd» Samstag den 29. Zurrt

1-07

An die Ortsbehörden und die gemeinschaftlichen Aemter betr. die Veranstaltung von Wanderko chknrs en.

Die Ortsbehörden derjenigen Gemeinden, in welchen Wanderkochkurse im Laufe des Winters veranstaltet werden sollen, wollen unter Bezugnahme auf das Ausschreiben vom 23. Mai d. Js. Ges. Nr. 120 unfehlbar binnen 14 Tage» anher Bericht erstatten.

Nagold, 28. Juni 1907.

_ K. Oberamt. Ritter.

An die Herren Ortsvorsteher.

Die Gesangenentransportkoftenverzeichnisse ans SO. Juni d. I. sind abzuschließen und anher vor­zulegen, event. ist Fehlanzeige zu erstatten. Zu Fehl­anzeigen dürfen keine Formulare des Transportkostenver­zeichnisses verwendet werden.

Nagold, den 28. Juni 1907. K. Oberamt. Ritter.

Die Gemeindebehörden

werden unter Hinweisung aus den Ministerial-Erlaß vom 1. Nov. 1906, A.-Bl. S. 321 beauftragt, das Verzeichnis

der Anträge ans Verleihung des Fenerwehrdienst- ehrenzeichens spätestens bis 20. Juli d. Js. als portopflichtige Dienstsache anher vorzulegen, bezw. Fehlanzeige zu erstatten.

Nagold, den 28. Juni 1907.

_ _ _ K. Oberamt. Ritter.

Die Marschgebührenverzeichnifse

pro I. Quartal 1907/08, bezw. Fehlanzeigen haben die Gemeindepflegen bis 10. k. M. alsMilitaria" an die Amtspflege einzusenden.

Nagold, den 28. Juni 1907.

K. Oberamt. Ritter. DiHerren Ortsvorsteher wollen die Sportelverzeichnisse bezw. Fehlurkunde»

bis spätestens 8. k. Monats als portopflichtige Dienst­sache vorlegen.

Nagold, den 28. Juni 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Die Gemeindebehörde«

wollen die Regiebaunachweisungen über Hoch- und Tiefbauarbeiten oder Fehlurkunden spätestens bis 7.

k. Monats als portopflichtige Dienstsache vorlegen. Nagold, den 28. Juni 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Marktgenehmignng.

Die K. Regierung des Schwarzwaldkreises hat durch Erlaß vom 27. Juni d. Js. Nr. 4948 der Stadtgemeinde Altensteig die Erlaubnis zur einmaligen Abhaltung eines

Viehmarkts am Mittwoch, den S. Juli d. Js.

erteilt.

Nagold, den 28. Juni 1907. K. Oberamt.

Mayer, Reg.-Afs.

Die zweite theologische Dienstprüfung hat u a. mit Ersoff bestanden: Hornberger, Wilhelm, von Gpielberg.'

Gages-Neuigksilen.

Aus Stadt und Land.

Nagold, LS. Jxnt.

* Zeitnngsbefördernng. In wenigen Tagen ist es heute das zweitemal vorgekommen, daß die Morgenblätter in Horb liegen blieben. Wir können deshalb heute unser Blatt nicht so gestalten, wie es im Interesse unserer Leser notwendig wäre. Wir werden Schritte tun, die Ursache der Verzögerung herauszufinden und dem Uebelstand abzuhelfen.

-tz. Unterjettingen, 28. Juni. Was lange währt, wird endlich wahr! Heute wurden die hies. Leitungen der Genoffenschaft für elektrische Kraftübertragung unter Strom gesetzt. Die angeschloffenen Teilnehmer werden die Wohl­tat des elektr. Lichtes vollauf zu würdigen wissen; auch die elektr. Kraft wird manchem über die Zeit der dringenden Feldgeschäfte sehr zur statten kommen. Jetzt noch vor der Ernte das Wasser, dann kanns heißen:Es ist erreicht."

-o. Unterjettingen, 29. Juni. Der am 12. Juni erfolgten Berufs- und Betriebszählung sind folgende statistische Notizen zu entnehmen. Die hiesige Gemeinde mit Teilge­meinde Sindlingen zählt 1172 Einw. worunter 560 männ­lich und 612 weiblich. Haushaltungslisten waren notwendig 227. Landwirtschaftskarten wurden ausgestellt 199, Ge­werbekarten 70 und Gewerbebogen 1 Stück. Gegenüber der Zählung vom 1. Dez. 1905 weist die heurige Zählung ein Minus von 10 Personen auf.

pünktliche Zustellung

der Zeitung bei Beginn des neuen Vierteljahrs kann unseren Postabonnenten nur dann gewähr­leistet werden, wenn sie rechtzeitig, d. h. um­gehend das Abonnement beim Briefträger oder Postamt erneuern.

r. Ehningen im Gäu, 28. Juni. Ein verheirateter Elektromonteur wollte an einem Transformatorenhäuschen die Arbeiten zum Abschluß bringen. Dabei kam er mit einem Draht der unter Strom stehenden Hochspannung in Berührung, was den augenblicklichen Tod des bedauerns­werten Mannes herbeiführte.

r. Reutlingen, 28. Juni. Der Achtuhr-Laden- schluß wird nun auch hier eingesührt werden. Entsprechend einem Antrag eines großen Teils der beteiligten ,Geschäfts­inhaber wurde seitens der K. Regierung für den Schwarz­waldkreis die Vornahme einer Abstimmung über folgenden Antrag angeordnet:Für alle Geschäftszweige in Reutlingen einschließlich Betzingens mit Ausnahme derjenigen der Bäcker, Metzger, Flaschenbier- und Wurstwarenhändler die Schließung der offenen Verkaufsstellen während des ganzen Jahres, ausgenommen die Samstage, die Vorabende vor Festtagen, sowie die letzten zwei Wochen vor Weihnachten, auch in der

Zeit von 89 Uhr abends zu verfügen." Die Abstimmung fand gestern vormittag statt. Es wurde der Antrag von 189 Ladeninhabern angenommen; dagegen stimmten 83. Es dürfte sonach die gesetzliche Einführung des Achtuhr- Ladenschlusses demnächst erfolgen.

r. Ludwigsbnrg, 27. Juni. Im Alter von 82',/» Jahren starb hier Regierungsdirektor a. D. Adolf von Holland, Inhaber des Eisemen Kreuzes und des Ehren­kreuzes des Ordens der württembergischen Krone. In beinahe 50jähriger Dienstzeit hat der Verstorbene, der bis in sein hohes Alter mit dem öffentlichen Leben in Fühlung blieb, sehr verdienstlich gewirkt, zuletzt bei der K. Regierung des Neckarkreises bis zu seiner im Jahre 1898 erfolgten Pen­sionierung. U. a. war er auch während des Feldzuges von 187071 als Generalsekretär der deutschen Präfektur des Marnedepartements in Chalais tätig. Der heutigen Beerdigung wohnten zahlreiche Beamte von hier und Stutt­gart, Offiziere u. s. w. an. An dem mit Blumen geschmückten Grabe hielt Dekan Bacmeister die Trauerpredigt, während Oberstleutnant a. D. Freiherr von Varnbühler namens des hiesigen Kriegervereins, dessen Ehrenmitglied der Entschlafene gewesen war, einen Lorbeerkranz niederlegte.

r. Göppingen, 28. Juni. Gestern nachmittag er­schoß sich der Heizer Hermann Krauß. Er hinterläßt Frau und Kinder. Er ist 42 Jahre alt. Das Motiv der Tat ist unbekannt.

Bopfingen, 27. Juni. Bei einem vom Militärverein , Oberdorf abgehaltenen Waldfest kletterte ein Teilnehmer j aus einen Baum. Durch das Brechen eines Astes fiel der Mann herunter und so unglücklich auf die Frau des Michael Truckemnüller, daß diese sehr schwere Verletzungen erlitt, an denen sie in der vergangenen Nacht gestorben ist.

GerichtSsaal.

r. Tübingen, 28. Juni. (Strafkammer.) Wegen vieler Kredit- und Warenschwindeleien standen gestern dreiOeschinger Kräutersammler vor der Strafkammer. Der Johann Georg Buck, welcher es hauptsächlich auf Weinhändler und Wirte abgesehen hatte und in letzten Jahren in Reutlingen und Tübingen etwa 15 Weinfäßchen mit ca. 25100 Liter er­schwindelt und aber auch geleert hat, wurde wegen Betrugs zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Deutsches Reich.

Berlin, 27. Jnni. Ein schweres Verbrechen haben, wie dem Berl. Tagebl. gemeldet wird, 2 Deutsche in Stockholm begangen. Sie haben in ihrem Hotel einen Briefträger ermordet und um 700 Kronen beraubt. Die Mörder sind entflohen.

Die neuesten LinienschiffePommern" und Hannover", die am 29. September und am 2. Dezember 1905 vom Stapel gelaufen sind, werden demnächst in Dienst gestellt, wodurch unsere Schlachtflotte eine wesentliche Ver­stärkung erfährt. Auch der moderne PanzerkreuzerScharn­horst" der am 22. März 1906 vom Stapel lief, ist jetzt fertig und soll binnen kurzem in Dienst gestellt werden.

Wlode und Gynismus.

(Fortsetzung.)

Das Weib will hier sagen, das Mädchen ist in einer Übeln Lage, das muß man billig bedenken. Sie will einen Mann, das ist doch wahrhaftig in Ordnung, ist Naturordnung und sittliche Ordnung. Werben darf sie nicht. Sie muß sich finden lassen. Ob einer, ob der Rechte sie findet, wer kann es wissen? Diese Ungewißheit, diese Ab­hängigkeit vom Zufall, der doch über ein ganzes Lebens­schicksal entscheiden soll, trägt einen Zustand der Fraglichkeit, daher notwendig der Unruhe, der Aufregung in's weibliche Leben, vollends in den Jahren, wo es hohe Zeit ist. Allein auch im Lenz des Lebens man muß doch etwas tun, um sich leichter finden zu lassen, muß doch dem dummen Zufall etwas nachhelfen. Ganz und gar nicht zu verargen ist's, wenn der Gedanke sich dahin erweitert; und wie nett wär's, wenn mich Viele fänden! wenn ich nur so wählen dürfte nach Lust und die Uebrigen so ein bißchen zwicken und zerren! Merkwürdig nur, daß zu genannter Nachhilfe nie und nimmer die Schönheit als genügend gilt. Und ginge es auf ihre Kosten, der Putz muß es tun! Genug, es ist nur ganz natürlich, daß also eines der findung- wünschendeu Wesen etwa denkt: halt, ich mache meinen Kopf höher, da noch eine Masche, hier ein Band angmadelt, dort einen Lockenhügel erhöht, auf den Hut noch dieses Bukett: da rage ich hervor, so findet man mich leichter. Das fleht eine Zweite und denkt: das kann ich auch und

besser, treibt's um einen Zoll und etliche Besätze weiter, die Dritte noch mehr und der Teufel ist los. In der Tat, die Wut des Ueberbietens ini Mannfang ( das Wort ist nicht so übel gemeint, als es scheint, wir wissen nur kein anderes, das nicht zu lang wäre für den Sinn: Anstalten- system, sich finden zu lassen) sie ist vielleicht der stärkste unter den Holzbränden, die den Wahnsinn der Mode, ihres hirnlosen Wechsels, ihrer furiösen Neigungen, ihres wüten­den Verzerrens zur Siedhitze schüren. Goethe sagt, die Weiber putzen sich noch mehr für einander, als für die Männer. Aber was in diesem Satz unterschieden wird, kommt logisch auf ein Kausalverhältnis hinaus: die Weiber putzen sich ursprünglich für die Männer, darüber geraten sie in einen Wettstreit, welche sich besser putzen könne zu diesem Zweck; und so kommt es zu einem entbrannten Kriege der Eifersucht in der Putzkunst zwischen Weib und Weib, einer Fehde, in welcher mindestens ebensoviel Leidenschaft, ja Haß und Wut auflodert oder stille glüht, als in der direkten Jagd des Mannfangs. So nun wird einmal ein liebes Kind gedacht haben: mir fällt was Neues ein, darauf ist noch keine gekommen, ich lasse mir eine Zeile von Locken auf die Stirn hereinfallen. Vielleicht hatte sie antike Büsten, Statuen, pompejanische Gemälde gesehen und wußte, daß die Frauen des Altertums es gerne so hielten; sie vergaß nur, daß man damals keine Damenhüte trug und daß, was zu freiem Haupte paßt, nicht auch mit diesem Deckel sich vereinigen läßt; oder sie kannte van Dyks Porträt der Ge­mahlin Karls t., deren weißex Stirne diese spielende Be­schattung so lieblich ansteht, und ubersah nur auch hier, daß

der Kopf unbedeckt ist. Es gibt gewisse naturfreie Formen, die mit Zutaten, wie sie die moderne Putzmacherin schneidert, schlechterdings nicht stimmen, und dazu gehört das Herein­wallen der/ Haare über die Stirne. Von den Alten weiß man, daß ihr Schönheitsbegriff ein Vorherrschen der Stirne über die anderen Teile des Angesichts ausschloß, daher liebten sie auch diese Haartracht. Man weiß aber auch, daß das Ganze ihrer Kleidung auf freien Fluß der Formen ging: wie die Falten, so durften auch die Locken fallen; auch nach dieser Seite stimmt doch ein solches Motiv mit dem mo­dernen weiblichen Modesystem nicht zusammen wie mit dem antiken. Genug, besagte Schöne kam auf den Gedanken der stirnumkränzenden Löckchen und sagte sich vor dem Spiegel: es steht so halb träumerisch, halb wild, eben gar so nett bubig aus, ist lang nicht da gewesen, o, das muß wirken! Dem ist doch kaum zu widerstehen! Sie macht's j noch gnädig, beläßt es bei einer Löckchenreihe, worunter die Stirne noch aufkommen kann. Sie zeigt fich, eine Zweite steht's und denkt: o, so? Das kann unser Eins auch! Bubig? Ich mach's noch bubiger! Und sie läßt sich nicht Locken, sondern straffe. Borsten oder einen weichselzöpfischen Haarwald auf die Stirne hängen, Hie Dritte macht den Ueberhang noch dichter und länger, der Vierten fällt nicht ein, daß sie eine sehr niedrige Stirne Hai und sich mit dieser Verdunklung vollends ganz zum Bild eines Simpels, Fexen, Trottels, Daggels macht, und so steht denn der Kretinis­mus in Blüte, der Blödsinn, das Schönste am Menschen- antlitz, den Tempel des Gedankens mit Haar zu verfinstern, ist Mode. (Fortsetzung folgt.)