530
sammenstellung, insbesondere aber ihrer hohen Leistung wegen manches Interesse. Nach Besichtigung der Pumpstation bewegte sich unter Vorantritt der Altensteiger Stadtkapelle ein hübscher Festzug zu dem 500 Fuß höher gelegenen Hochbehälter, welcher 250 kkm Wasser faßt. Der Wasserdruck im Ort beträgt bis zu 30 m und darüber. Neben 17 Gemeindebrunnen und 24 Hydranten sind im Ort nahezu 100 Privatleitungen hergestellt. Das Werk ist im stände, täglich bis zu 90 000 Liter reines Quellwasser zu liefern. Die Kosten des Wasserwerkes belaufen sich auf etwa 75 000 M. Nachdem nun das durch Ingenieur Kröber aus Stuttgart hergestellte Werk vollständig erbaut ist, freuen sich nach langem Streit zwischen „Trockenen" und „Nassen" in der Gemeinde auch die ehemaligen Gegner des Unternehmens des gelungenen Werkes.
Stuttgart, 23. Oktbr. Die Münchener „Neuesten Nachrichten" wurden heute hier wegen eines sich mit dem Stuttgarter Hof beschäftigten Artikels konfisziert. Frkf. I.
Stuttgart. Tivoli-Theater. Bei sehr gut besetztem Hause wurden gestern von dem beliebten Musikal-Clown-Parodisien Herrn Jigg die bereits angekündeten vier dressierten Gänse zum erstenmal« vorgeführt und kam das Publikum nicht aus dem Lachen heraus. Herr Jigg stellte die Gänse als seine Rekruten vor und ließ seine Kommandos erschallen, und staune, Leser, diese an und für sich dummen Tiere fügten sich mit wunderbarer Präzision den Befehlen ihres Kommandeurs in den verschiedenen Marsch- tempis, Schritt, Trab, Halt, Front, Kehrt rc. Bei Uebersetzungen der Barriere war auch ein August dabei, welcher urkomisch wirkte. Welche Geduld dazu gehört, eine Gans gelehrig zu machen? Jedenfalls ist diese Vorführung originell und „neu," und ist zu wünschen, daß die „Gänse" zugkräftig wirken, damit die rührige Direktion, welche stets bemüht ist, Spezialpiecen zu bringen, welche noch nicht hier gesehen wurden, entschädigt werde.
Cannstatt, 23. Okt. Heute mittag wurden mit einem eleganten viersitzigen Wagen, an welchem ein Daimlerscher Dampfmotor angebracht war, mehrere Probefahrten gemacht. Auf dem Gefährt befanden sich u. a. auch ein Polizeirat und ein Regierungsbaumeister aus Stuttgart, welche großes Interesse für dieses neue Fahrzeug bekundeten. Außer einigen zur Sicherheit noch anzubringenden Vorrichtungen hießen sie den Wagen unbedingt zeitgemäß. Auch die hiesigen Einwohner folgten den Probefahrten, welche ohne Pferde ausgeführt wurden, mit Bewunderung. Wie es heißt, sollen demnächst auch in Stuttgart, wo der Verkehr ein größerer ist, mit einem Wagen, an dem obengenannte Sicherheitsvorrichtungen schon angebracht sind, unternommen werden. Die Geschwindigkeit der Gangart kann bei diesem Gefährt bis zum schnellsten Tempo gesteigert werden.
Oehringen, 23. Okt. Heute vormittag 9 Uhr starb unerwartet rasch im besten Mannesalter an einem Lungenschlag der hier wohnhafte Landesscharfrichter Wilhelm Schwarz, Oekonom und Kleemeister, als Nachrichter ernannt durch die Entschließung des k. Justizministeriums vom 29. Nov. 1873. Seinem Vater, Georg Schwarz von hier, der seit 1842 desselben Amtes gewaltet hatte, folgte der Sohn, der durch mehrere Jahre ihm zur Seite gestanden hatte, welcher laut der von uns eingesehenen Zeugnisse der mit der Leitung von Hinrichtungen betrauten Staatsanwaltschaften in und außer Württemberg seit 15. April 1880 in acht Fällen zur vollsten Zufriedenheit die Enthauptung vollzogen hat. Er hinterläßt eine Witwe und drei Kinder.
Ulm, 23. Oktober. Heute nachmittag wurde der neue vergoldete „Ulmer Spatz" auf dem Dachfirst des Münsters aufgestellt. Zu dieser Aufstellung hatten sich sehr viele hiesige Einwohner eingefunden. Der neue Spatz ist von der Gesellschaft „Hundskomödie" gestiftet worden und der Vorstand der Gesellschaft, Rechtsanwalt Teichman, verlas auf der Höhe des Firstes die Stiftungsurkunde, deren Original in den Bauch des Spatzen eingeschlossen war. Die Arbeiter, die auf der Höhe mit einem Glas Champagner regaliert wurden, erhielten heute Abend in der Brauerei zur Bierhalle einen Imbiß. — Der am 15. d. Mts. hier auf der Bahnlinie bewußtlos aufgefundene K n a b e ist bis jetzt nicht reklamiert worden. Derselbe
scheint taubstumm zu sein und kann weder lesen noch schreiben. Die Polizeibehörde hat wegen des Aufgefundenen, der sich inzwischen wieder ganz erholt hat, ein Ausfchreiben erlassen.
Ravensburg, 23. Okt. Der Gasthof zum Kronprinzen, dessen Besitzer gestorben, ist seit einiger Zeit geschlossen. Vor acht Jahren wnrde dieses hübsch gelegene Hotel um 145 000 angekauft; jetzt beträgt der waisengerichtliche Anschlag 80 000 Am 30. Oktober findet der erste Verkauf statt.
Hanau, 22. Okt. Der „Kl. Pr." meldet man: Einen grauenerregenden Fund machten gestern einige Spaziergänger im sog. Poppen-Walde, nämlich einen leinenen Sack, welcher drei menschliche Skelette enthielt. Das größte war von einem erwachsenen Manne, ganz fleischlos: an den beiden anderen befand sich noch stellenweise Fleisch, dieselben stammen von Knaben von ungefähr 4 und 6 Jahren. Das eine Skelett trug am Halse eine Schnur, von einem Portepee stammend, womit das Kind anscheinend erdrosselt wurde.
Daß sich die Skelette noch nicht lange an der Fundstelle befanden, geht daraus ^
hervor, daß die Umhüllung noch sehr gut erhalten ist. Die Skelette wurden §
nach dem Hanauer Friedhofe transportiert, wo dieselben einstweilen untergebracht wurden, bis ein gerichtsärztliches Protokoll ausgenommen ist. Daß hier ein schweres geheimnisvolles Verbrechen vorliegt, ist unzweifelhaft.
Hamburg, 23. Okt. Für den Kaisertag haben sich bereits mehr als 300 deutsche und fremde Berichterstatter bei dem Senat angemeldet. Der j
Senat setzte behufs Vermittlung des Verkehrs ein eigenes Zeitungsbureau !
ein. _ (Frkft. Ztg. i
Kartoffel-, Obst- und Weinpreise. !
Stuttgart, 25. Okt. Kartoffeln: 600 Ztr. Preis 3 !
50 H bis 4 H per Zentner.
Mostobst: 10,000 Zentner. Aepfel 2 -/k 50 H bis 2 ^ 80 L pr. Zentner.
Grunbach, 25. Okt. Ziemlich verkauft zu 56 und 60 pr. 3 bl.
Noch Vieles feil. Käufer erwünscht. — Schnaith i. R., 24. Okt. Verkauf gut. Preise von 80—87 vlL pr. 3 bl. Vorrat noch 1000 bl. — Großheppach, 21. Okt. Verkauf sehr lebhaft zu 70—90 ^ pr. 3 bl., Preise steigen. Noch feil 1000 KI. — Strümpfelbach i. R., 24. Okt.
Lese im Gang. Gesamterzeugnis ca. 4,000 kl. Qualität gut. — Waiblingen, 24. Okt. Käufe zu 50—60 pr. 3 kl. Vorrat noch 600 KI.
— Eßlingen, 24. Okt. Gesellschaftskelter und Eitelffche Kelter: Lese in vollem Gang, Ende der Woche kann Wein gefaßt werden. Käufer erwünscht. — Feuerbach, 24. Okt. Lese in vollem Gang, 1 Kauf zu 70 pr. dl. Mehreres verstellt. Qualität gut. — Marbach a. N.
Feil 2500—3000 kl. Preise noch unbestimmt. — Beil st ein, 23. Okt. Einiges verstellt. Noch kein Kauf. 24. Okt. Einige Käufe von 64—68 pr. 3 kl. — Großbottwar, 24. Okt. Lese dauert noch zwei Tage. Bessere Qualität Käufe zu 61—65 Manches verstellt. — Klein- * Jngersheim, 24. Okt. 1 Kauf zu 78 pr. 3 KI. Qualität des Bergweius gut. — Besigheim, 24. Okt. Weinlese nahezu beendigt. Einige Käufe zu 75—90 ^ pr. 3 kl. — Brackenheim, 24. Okt. Käufe zu 65, 68 u. 70 pr. 3 kl. Lese in vollem Gange. Quantum schlägt zurückt. Qualität besser als erwartet. — Meimsheim, 24. Okt. Schwarzes Gewächs Käufe zu 60 u. 56 ^L, gemischtes 49 vlL pr 3 KI.
Lese dauert fort. — Löwenstein, 24. Okt. Lese in vollem Gang. Qualität gut. Gewicht 60—72». Vieles verstellt. Preise 60 bis 70 pr. 3 KI. Käufer erwünscht.
Gottesdienst am Sonntag, den 28. Oktober 1888.
Vom Turme: Nr. 272. Vormittagsprediat: Hr. Helfer Eytel. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr Missionsstunde im Vereinshaus: Hr. Missionar Hesse.
Gotteeäimste in cker Metkoäifteakapelle am Sonntag, den 28. Oktober 1888, morgens VzIO Uhr, abends 8 Uhr.
„Du hast den Tag gut gewählt, ich stehe Dir zu Diensten; um was handelt es sich?"
„Ich habe einem meiner Freunde im Duell als Zeuge gedient und er tötete seinen Gegner."
„Teufel, das ist eine ernste Sache! In früheren Zeiten würdet Ihr Beide auf das Ernsteste zur Verantwortung gezogen worden sein, doch jetzt ist die Jurisprudenz viel nachsichtiger geworden. Es kommt häufig vor, daß man gar keine Verfolgung einleitet, wenn man nicht den Duellanten nebstbei schwere Vergehen zur Last legen kann, was hier nicht der Fall zu sein scheint."
„Der Kampf war ein redlicher; doch hatten wir insofern Unrecht, als nur zwei Zeugen gegenwärtig waren und kein Arzt. Derselbe wäre allerdings ganz überflüssig gewesen, denn der Tod trat sofort ein."
„Durch einen Degenstich?"
„Rein, durch einen Pistolenschuß auf fünfundzwanzig Schritt Entfernung."
„Diese Pistolenduelle sind ein böses System. Wo fand die Begegnung statt?"
„In Dille d'Avray."
„Ville d'Avray ist im Departement Seine et Oise; es dürfte die Untersuchung also von Versailles aus ins Werk gesetzt werden und ich kenne den dortigen Staatsanwalt gar nicht. Immerhin — ehe ich Dir alle Hoffnung nehme, erkläre mir das Ganze. Vor Allem: Wer sind die Duellanten?"
„Zuerst: der Beleidigende," entgegnete Chantal auf d'Arcys Frage, „ist Albert d'Artige, den Du kennen mußt; er war Gesandtschafts-Sekretär und hat seine Demission eingereicht."
„Ich entsinne mich seiner gar wohl. Weshalb hat er sich geschlagen?"
„Well er seinem Gegner eine Ohrfeige versetzte."
„Dann ist er der Angreifende; das erschwert für ihn die Sache."
„Die Herausforderung lag auf Teste des Beledigten. Ehe d'Artige dm Grafm Listrac schlug, war er von ihm in der gröblichsten Wesse insultiert worden."
„Listrac, Graf von Listrac, der Gatte Bianka Monti's, welche sich gestem im TheLtre Lyrique vergiftete?"
„Ja, er! Ich sehe, daß Du bereüs die Geschichte dieser armen Frau kennst."
„Ganz Paris kennt sie zur Stunde und ich weiß auch, warum sie sich vergiftete. Nachdem ihr Gatte sie vollständig ausgenützt hatte, betrog er sie noch obendrein und hatte die Frechheit, sich gestern mit der Baronin Benserrade öffentlich zu zeigen. Niemand wird ihn beklagen und es geschah ihm nur, was er verdient. Stand d'Artige übrigens in intimen Beziehungen zu seiner Frau?"
„Durchaus nicht. Er heiratet vielmehr ein junges Mädchen, eine Italienerin, welche, Bianka Monti's Schützling gewesen ist, und auch hinsichtlich dieser habe ich Dir ein Geständnis abzulegen. Das junge Mädchen hatte den verwegenm Einfall, uns zu folgen, ohne daß wir es ahntm; sie erriet, daß ihr Verlobter sich duellieren wollte, und faßte die Absicht, bei dem Duell gegenwärtig zu sein. Sie reiste im selben Zuge mit uns und verbarg sich im Walde."
„Welche Heldin!"
„Ihr Heldentum ist ihr schlecht bekommen. Der Graf von Listrac gab, obwohl er bereüs tätlich verwundet war, Feuer und die Kugel, welche für d'Artige bestimmt gewesen, drang Andrea in dm Arm. Uebrigens handelt es sich nur um eine ganz ungefährliche Verwundung und die Kleine ist mit uns nach Paris zurück- gekehrt."
„Das ist ja ein ganzer Roman, welchen Du da stählst," bemerkte Herr d'Arcy.
„Im Gegenteil, es ist ein Bild aus dem wirklichen Leben; die Verwundete kann es bezeugen, indem sie ihren Arm herweist. Aber ich fürchte, daß die Sache durch jene Verwundung sich nur wesentlicher kompliziert. Nebenbei ist es mü dem Duell noch nicht abgetan, — es kommt noch Anderes hinzu."
(Fortsetzung folgt.)