V». Jnhrznn«.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Eonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger. loh»1.20^.imBe,trlS. und 10 Km-Perkehr 1.28 im übrigen Württemberg 1.88 MonatSabonnementS »ach BerhältniS.

er EeftlMister.

Ms- M LnM-Slstl str tm AkMlj-Skjilk Wzck.

JerrrspvecHev Hlr. LS.

Akevrrspvechev Mr. SS.

Anflnge SSS0.

Nnzetgm-Sebühr s. d. Ifpalt. Zeile auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübcheu und

Echwäb. Landwirt.

252

Bündmspolitik.

Lnndo«, 26. Oktober. Eine Mitteilung aus zuver­lässigster diplomatischer Quelle bezeichnet die Meldungen, nach welchen zwischen England und Rußland eineEntente" gesichert sei, lediglich als englische Fühler. Der englische Botschafter Hardtuge in Petersburg yabe nur die Wünsche Rußlands hinsichtlich ZentralafienS erkundet. Bestenfalls sei ein awäii8 vivkiuli (Verständigung) brtr. Zeutralasiens erreichbar, falls England den bisher verweigerten Hafen am persischen Golfe an Rußland zugestehe.

Lnnß»«, 25. Oktbr. In einer in Steur Bridge ge­haltenen Rede bezeichnet« Lord Rosebery die Polemiken zwischen England u. Deutschland als eine ernstliche Gefahr für den Frieden, da sie ans die beiden Nationen und auf deren Heranwachsende Generationen einen vergiftenden Einfluß ausnbten. er selbst sei daher auch einer von denen, die auf­richtig die Ansicht mißbilligten, die in einigen Kreisen zu herrschen scheine, daß die herzlichen Beziehungen zu Frank­reich eine unversöhnliche Feindseligkeit gegen Deutschland bedeuteten.

Rosebery erklärte schließlich noch, trotz seiner eigenen persönlichen Besorgnis freue er sich, daß die Führer der Liberalen dem Marokkoabkommeu zugestimmt hätten, weil dadurch die Fortführung der jetzigen auswärtigen Politik gesichert fei.

Dentschlnnd und England.

Lands«, 27. Okt. Staatssekretär Brodrick erklärte in einer Rede tu Guildford, es gebe keinen Gegenstand eines Streites zwischen den Regierungen von Deutschland und England, nichts, was zwischen England und seine freund­schaftlichen Beziehungen zu Deutschland treten könnte. Gute Beziehungen zwischen den beiden Ländern seien vor­teilhaft und wichtig. Die Worte RoseberyS über die Polemiken zwischen EuKand und Deutschland könnten einer falschen Idee Ran« geben.

Der Aufstand iu Deutsch-Südwestasrika.

Berlin, 26. Okt. AnS Südwsstafrika wird gemeldet: Der Angriff einer Hottentottenbande unter Hendrik Witboi, der aus der Flucht vor Major Estorff sich nach dem bereits von Teilen der Abteilung Leugerke besetzten Aminuis begebe» wollte wurde nach halbstündigem Gefecht abgewtesen. Witboi ging östlich in die Saudwüste zu­rück. Estorff und Lemke setzten die Verfolgung fort und besetzten dle Wasserstelle. Die Nachrichten über den lieber- fall bei Jerusalem und Schuitrifft werden dahin aufgeklärt, daß Msreuga und Morris am 7. Jerusalem durch Verrat eines eingeborenen Polizisten einuahmeu. Hiebet fielen Oberleutnannt Surmaun n. 3 Reiter. IRetter wurde verwundet und starb später. Ueber zwei Reiter, die gefangen ge­nommen wurden, wird gemeldet, daß sie sich jetzt auf der Station Mamas befinden. Der 8 Mann starke Rest der Besatzung bei Schuitrifft ist auf englisches Gebiet über- getretea. Morenga ist ans der Gegend von Jerusalem mit 200 Krieger» und 300 Kindern und Weibern west-

Kagold, Samstag den 28. Hktoöer:

I wärts abgezogen und wird verfolgt. Cornelius ist vor den

aus Keetmaushoop uachgesaudteu Truppen iu nordwestlicher Richtung abgezogen. In erfolgreichen Gefechten deutscher Patrouillen iu den letzten Tagen fielen 23 Hotten­totten; 13 Männer und 63 Weiber und Kinder wurden gefangen genommen. Infolge der Gefechte tm September bei Zarts und iu den Achabbergen find 107 Hereros des Andreas auf das englische Walstschbaigebiet übergelreteu; darunter find 45 Männer mit 48 Gewehren, die die eng­lische Polizei abgeuommeu hat.

Gages-Hleuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

e WUdberg, 28. Okt. Mit der Prüfung neueiu- tretender Schüler eröffnet die Württ. Baugewerkschule am Samstag den 4. Nov. ihr 6. Semester. Die Unter- rtchtskurse selbst beginnen Montag den 6. November Vor«. 10 Uhr. Das nun nach Kategorien geordnete Baumu­seum der Lehranstalt hat durch ansehnliche Stiftungen iu letzter Zeit wieder namhafte Bereicherungen erhalten, auch die Schulbibltothek hat erfreulicherweise durch gütige Zuwendungen wieder au Bänden zugeuommeu.

r. Hsr-,27. Okt. In de« benachbarten Lützen Hardt wurde gestern die neu erbaute katholische Kirche durch den Landesbtschos vr. v. Keppler eingewetht.

Nottenbnrg, 25. Okt. Bor etwa 4 Wochen kaufte ein Bezirksaugehörtger ein LoS der Aachener Geldlotterie von einem Handwerksburschen, welche« das Schlafgeld «angelte um 25 Pseuutge, während der eigentliche Wert 3 Mark betrug. Jetzt ist dasselbe mit einem Treffer von 3000 herauSgekommeu.

r. Tübingen, 27. Okt. Zum Nachfolger des Prof, v. Below ist lt. Tüb. Ehr. Dr. Walter Söz iu München berufen worden, der, wie wir hören, den Ruf angenommen hat und oorauSstchlltch für das Wintersemester sein Amt autreteu wird, so daß keine Unterbrechung im historischen Leseplau stattfinden wird.

Aidlingen, 26. Okt. Der des Mords au der Witwe Paultne Hetzer verdächtige Schreiner WUHel« Stürmer von hier, welcher am Dienstag abend ins AmtsgertchtSgefängutS Böblingen eingeliescrt werden sollte, ans dem Transport aber die Flucht ergriff, stellte sich gestern abend hier der Polizei.

r. Gräfenhnnfe«, 27. Okt. Hier wurde der Gold­arbeiter Dollinger von einem alten Gegner ans dem Heim­weg überfallen und durch Messerstiche in den Kopf und Oberarm schwer verletzt.

Gtnltgnrt, 27. Okt. DiestaatsrechtlicheKommis- stou der Abgeordnetenkammer begann gestern mit der Beratung des Gesetzentwurfs bete, die Abänderung der Gesetze über die Vertretung der evang. Kirchengemeiude und der katholischen Pfarrgemeindeu und die Verwaltung ihrer BermögeuSangelegenhetten vom 14. Juni 1887. Der Bil­dung mehrerer VerwaltuugSausschüffe des Kirchengemeiude- ratS (bisher ist nur ein solcher Ausschuß zulässig) wurde

1905

zugestimmt und jede« BerwaltuugsanSschuß erforderlichen­falls die Bestellung seines Borfitzeudeu über lassen; de« Vor­sitzenden des ganzen KircheugemetuderatS soll aber iu allen Fällen das Recht zustehen, den Berhaudluugen eines jeden Ausschusses anznwohuen, ein Vorschlag des Berichterstatters v. Seckendorfs, den Maximalsatz von 10°/» der Gesamtheit der Staatssteueru der Kircheugemeivdemitglieder, welchen die Kirchengemeiude erheben darf, auf 25°/» zs erhöhen, wurde abgelehut, ebenso die Erhöhung auf 15°/». Der Be­schluß lautete ans einen Maxtmalsatz »ou 10°/». Urb« die Gesetzesbestimmung, daß in den Fällen, wo jemand Genosse mehrerer Kirchengemeiude« ist, die beteiligten Ktrchengemeiudeu das BesteneruugSrecht zu gleichen Tellen haben sollen, ent­spann sich eine ausgedehnte Debatte, die gestern noch nicht abgeschlossen wurde und heute fortgesetzt werden soll.

r. Anle», 27. Okt. Gestern abend kurz nach 7 Uhr brannte das große Oekouomieauweseu und die Gastwirt­schaft des Johann Jlg in Röthardt bei Aalen voll­ständig nieder. Der Eigentümer konnte mit Mühe seine kranke Frau und seine 3 Kinder retten.

r. Mein, 27. Oktbr. Große Kartoffel« wachsen zwar hin und wieder; aber daß eine Kartoffel 1050 Ar., also «ehr als 2 Psd. wiegt und dabet durchaus gesund ist, ohne auch nur eine Spur von Hohlräumeu, das dürste immerhin eine Ausnahme- sein. Außer dieser genannten Riefln haben sich solche von 900, 800 u. 600 Ar. gefunden. Die Durchschuittsgröße der betr. Sorte komm der anderer Kartoffeln gleich. Die Festigkeit deS Fleisches ist aber wett größer als bei anderen Arten. Die Kartoffel ist durch Küfermeister Möuziug hier aus der Mark bezogen und erst­mals hier augebaut worden.

r. Tuttlingen, 27. Okt. Der hiesige Spar- und Bauvereiu, der im Laufe des vergangenen und des heurige« Jahres tu Dutteutal iu unmittelbarer Nähe der Stadt 4 Häuser für seine Mitglieder erstellte, beschloß die freiwillige Auflösung. Der Antrag auf Liquidation wird später gestellt werden.

r. Löff-lst-lz-n, 27. Okt. Hiesige Holzmacher faudm im Kettenwald, lt.BaterlandSfrenud" iu einer aus Reisig gemachten Hütte ein Bterfäßcheu mit noch etwas Inhalt, mehrere Flaschen Wein, eine Joppe und einige Säcke n. a. Mau vermutet, daß diese Gegenstände von einer Diebesbande herrühre«, die vor nicht allzulauger Zeit in der betreffenden Gegend ihr Unwesen trieb.

r. KriedrichShafe«, 26. Ott. Die Motoren, die zu» Aufstieg des Zeppeltnscheu Luftschiffs Verwendung finden, sind gegen die früheren mit 24 bedeutend verstärkt, sie entwickeln bis zu 80 ES waren 2 Benzinmotoren ans der Daimlerscheu Fabrik iu Cannstatt aufgestellt. Dieselben werden schon längere Zeit erprobt und sollen bis zu 24 Stunden bei ca. 1000 Touren iu der Minute leistungsfähig bleiben. Bct der verhältnismäßig leichten Beschaffenheit der Motors ist nun einer derselben durch irgend einen Reibung?- gegenständ iu dem Gang gestört, und bis die Abstellung erfolgte völlig zerstört worden. Der Maschinist mußte eiligst flüchten, um nicht von den umherfltegendeu Stücken getroffen zu werden. Bis iu 14 Tagen kann erst ein neuer Motor erstellt werden.

Wottkes Aeldßerrnkunst.

Als eine Kunst, nicht als eine nach Regeln erlernbare Fertigkeit hat Moltke die Strategie aufgefatzl; er erkannte ste alsein System der Aushilfen." Für die uubernfenen Kritiker, die da meinen, er habe iu manchen der schwierigsten Lagen die Situation beim Gegner falsch beurteilt und nur durch Zufall" noch im letzten Augenblick den Erfolg er­rungen, würde der verewigte Feldmarschall wahrscheinlich nur ein spöttisches Lächeln haben; Erfolge die »au bestimmt vorausberechuen kann, sind jedenfalls weniger verdienstlich, als solche, die sich aus einer unausgesetzten Aufmerksamkeit auf alle Veränderungen und auf die Entschlossenheit be­gründe», »ach gewonnener Einsicht unverzüglich vollständig neue Operationen zu entwerfen und anzuordncn.

Eine solche Entschlossenheit setzt natürlich einen Cha­rakter von äußerster Festigkeit voraus, gepaart mit der ge­nauen Beherrschung aller vorhandenen und noch im Bereich der Möglichkeit liegenden Umstände und einem sicheren Bertrauen auf die ausführenden Organe, vor allem ans die Leistungsfähigkeit der Truppen. So sehen wir unseren Moltke in der Nacht vom 2. zum 3. Juli 1866, kaum daß er mit dem König und de« Hauptquartier auf dem Kriegs­schauplatz in Gitschtu eiugetroffeu war. den zuerst gefaßten Entschluß, eine kurze Pause in den Operationen etutreteu zu lassen, alsbald abäudern, als eine Meldung des Prinzen Friedrich Karl von der Versammlung der österreichischen

Armee diesseits Königgrätz berichtete. ES wurde mit Ein­willigung des Königs der sofortige Angriff beschlossen und Kronprinz Friedrich Wilhelm, dessen Armee noch meilenweit entfernt stand, benachrichtigt, daß er ohne Säumen auf das Schlachtfeld znmarschiereu möge, um den Feind iu der rechten Flanke zu fassen. Der Angriff Friedrich Karls am Morgen des 3. Juli auf die ihm weit überlegenen Streitkräfte Beuedeks kam zum Stehen; schon hörte man in der Um- gebung des Königs warnende Stimmen, mau solle die In­fanterie lieber aus dem Gefecht zurückziehen; aber Moltke blieb ruhig. Da sprengte eia Offizier mit der Nachricht heran, daß die Truppe» des Kronprinzen soeben in den Kampf eingegriffen hätten; der Geoeralstabschef wandte sein Pferd und meldete dem König:Jetzt ist Eurer Maje­stät der Sieg nicht «ehr zu nehmen." Wenige Stunden später war die Entscheidung besiegelt.

In den Tage« vor Metz im August 1870 zögerte Moltke ebenfalls nicht, nachdem die zuerst mangelhaften Er- kundungeu über den Verbleib BazaiueS ihn endlich aufge­klärt hatten, die Schlacht bei Gravelotte a« 18. mit ver­kehrter Front schlagen zu lasten. Es war wohl der kri­tischste Tag iu seinem Feldherruleben, und als am Abend die Franzosen einen stürmischen Gegenstoß auf den rechten Flügel der deutschen Armee «achten, als preußische Truppen in aufgelösten Maste« zurückfluteteu, als selbst der Stand­ort des König? von Granaten bedroht wurde, da erfaßte auch den eisernen Mann ein Anfall der Unruhe. Moltke ritt im Dunkel ungeduldig in der Richtung hin, wo daS zur

Hilfe herbeigeruseuepommerscheArmrekorpS ankommrn mußte' er setzte sich sogar einen Augenblick an die Spitze der erste«' tm Laufschritt heranetleuden Kolonnen und ries ihnen auf- muuternde Worte zu. Die Truppen, die ihn mit stürmische« Hurra begrüßt hatten, warfen sich sofort ins Gefecht und taten dem feindlichen Borstoß schnell Einhalt. Bald darauf konnte er auch hier de« König den errungenen Steg «eldev.

Es folgte später der von Moltke genial geleitete Rechts- abmarfch der auf Paris vordrtngendeu deutschen Heere, als der Zug Mar MahonS nach der Maas erkennbar wurde, und als Ergebnis dieser Operation der Sieg von Sedan, der in seiner ganzen Anlage und Durchführung ein Meister­werk der Kriegskunst im wahrsten Sinne des Wortes dar­stellt. Noch nie vorher war eS geschehen, daß nach eintäg­iger Schlacht eine ganze Armee rettungslos zur Kapitulation gezwungen wurde.

Es erübrigt sich, Beweise von Moltkes überlegener Kriegskunst noch aus dem spätere« Verlaufe des französischen Feldzuges betzubrtugeo, iu dem es der kritischen, nur mit Anspannung aller Kräfte zu überwindenden Momente noch so manche gab. Nur sei erinnert au die ungemeine Spann­kraft deS Geistes, mit der der Stabschef im Januar 1871, als Süddeutschlaud von dem Angriff BourbaktS bedroht war, die Befehle zur Zusammensetzung einer neuen Armee gab und ihr vo« vornherein die Direktiven erteilte, die nach kurzer Zeit mit dem Uebertritt jenes franzöfischeu Heere» in die neutrale Schweiz ihr Ziel erreicht hatten. L.-A.