7S. Jahrgang .
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Mit dem Plauderstübchen Mtd
Schwäb. Landwirt.
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Bekanntmachung
betr. die Vornahme von Gchutzimpfuuge« gegen Gchtoeirrerotlauf.
Die Herren Orts Vorsteher werden aufgefordert, soweit noch AnWeldungen von Schweinen zur Impfung erfolgen, die Anmeldungsverzeichniffe spätestens bis 14 d. M. hieher einznsende«. An diesem Tage werden die Verzeichnisse dem K. Medizinalkollegimn vorgelegt werden.
Zu vergl. im übrigen die Bekanntmachung vom 23. v. M. im BezirksamtSblatt Nr. 72.
Nagold, den 10. April 1905.
K. Oberamt. Bullinger, stv. Amtm.
WoWische YeSersicht.
Kaiser Franz Joseph regierungsmüde? „Petit Parifirn" veröffentlicht ein langes Telegramm aus Prag, wonach in Wien die Urbrrzengung herrscht, daß Kaiser Franz Joseph sich mit der Absicht trage, abzuoanken infolge der Schwierigkeiten, in denen sich die Krone durch die Lage in Ungarn befindet. Kaiser Franz Joseph soll bereits dem Erzherzog Franz Ferdinand hiervon Mitteilung gemacht haben. Erzherzog Franz Ferdinand erklärte in einem Gespräch, der -Kaiser wahre nicht genügend die Rechte seines Nachfolgers durch die Konzessionen au die Liberalen. ES sei zu befürchten, daß es dem Nachfolger des Kaisers nicht gelinkt» werde, die Einheit und die Militärmacht Oesterreich-Ungarns aufrecht zu erhalten. Als der Kaiser diese Worte seines NeffenS erfuhr, soll er den österreichischen Botschafter in Berlin zu sich gerufen und ihm seine Absicht mtt- geteilt haben, abzudankev. Der Gesandte bemerkte dem Kaiser, ein solcher Entschluß sei von großer Wichtigkeit und könne nur nach reiflicher Prüfung getroffen werden. Der Kaiser habe auch schon mir einigen interessierten Personen Beratungen darüber gehabt. Nach der Begegnung mit dem österreichischen Botschafter in Berlin Hab« sich der Kaiser nach Wien begeben und den Erzherzog ? ranz Ferdinand zu sich gerufen. Es scheint, der Kaiser wolle einen Familienrat einberufen und diesem seinen Entschluß vorlegen.
Die Versuche zur Lösung der ungarische« Krisis sind vollständig gescheitert; jetzt wird ein erbitterter parlamentarischer Kampf beginne». Im ungarischen Abge- ordnetenhaus beantragte der Abgeordnete Kosiuth, den Beschluß, den der Präsident des Abgeordnetenhauses am 18. November 1904, betreffend die Hausordnung, als angenommen verkündet hat, als nichtig und rechtsungültig zu erklären und aus dem Protokoll des Abgeordnetenhauses zu streichen. Der Antrag wird am Freilag auf die Tagesordnung gestellt. Kofsuth beantragte ferner, einen Ausschuß etnzusetzen, der mit der Abfassung einer Adresse an den König beauftragt werde, auf besten Grundlage die Majorität
Iteöer die Grdöeöen in Indien
liegen jetzt eine Anzahl Berichte vor, obwohl die ganze Größe des Unglücks sich noch nicht übersehen läßt.
Das Erdbeben war von außerordentlicher Dauer und in ganz Nordtudien fühlbar. Au mehr als einer Stelle folgten eine Reihe von Stößen nacheinander. Der genaue Umfang des angerichteten Schadens war am 5. April noch nicht festgestellt, da die Telegraphen Verbindung gestört war. Aus Mufsuri, einer südlich von Simla gelegenen Höhenstation liegt dem Bureau Reuter jedoch schon ein detaillierter Bericht vor. Das Wetter war am Donnerstag morgen klar und warm, als um 10 Minuten nach 6 Uhr eine Reihe heftiger Erdstöße begann. Die Oszillation ging von Osten nach Westen. Der erste Stoß dauerte volle drei Minuten und die Erde wogte so heftig, daß die Menschen sich uieder- werfen mußten. Diesem langen Stoß folgten vier oder fünf weniger heftige, die aber trotzdem großen Schaden anrichteten. Der ganze Umfang des an Gebäuden ungerichteten Schadens läßt sich vorläufig noch nicht ermessen. Große öffentliche Gebäude haben beträchtlich gelitten, viele Privathäuser wurden vollständig zerstört. Ein großer Erdspalt, der sich öffnete, schloß sich später wieder. An einer Stelle erschlugen stürzende Eidwasscn acht Eingeborene. Die römisch-katholische Kirche, die vor kurzem gebaut worden ist, liegt in Trümmern, ebenso das Savoy-Hotel. Die Häuser wurden möglichst schnell geräumt, aber doch nicht so schnell genug, daß die stürzenden Wände nicht Leute erschlagen und verletzt hätten. Die Erdoberfläche wurde durch klaffende Spalten zerrissen, an mehreren Steven fanden Landrntsche
Nazold, Dienstag Len 11. April
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ein neugebildetes Kabinett unterstützen würde. Der Antrag wird ebenfalls am Freitag verhandelt.
I« Gerbte« hat die Frage der Gefchntz-
lieferungen erneut zu politischen Schwierigkeiten geführt, ukkd zwar handelt es sich um Meinungsverschiedenheiten zwischen dem König und dem Ministerium. Der König will die Aufträge erst nach vergleichenden Proben vergeben wissen, die Minister dagegen haben mit der Geschützlieferung Finanzpläne verknüpft und wollen, daß die Entscheidung nach diesen Rücksichten getroffen werde. Sie unterbreiteten dem König auf dessen Verlangen ein Memorandum, in dem die Gründe für die Unterlassung vergleichender Geschützproben angeführt werden. Es wird darin angegeben, daß dadurch der günstige Moment für den Abschluß einer Anleihe verpaßt werden könnte. Der König hat sich noch nicht entschlossen, es scheint jedoch, er werde von den Geschützproben nicht abstehen, in welchem Falle die Demission des Kabinetts, Möglicherweise die Auflösung der Skupschtina wahrscheinlich ist.
Der Aufstand in Deutsch-Südwestasrika.
Verli«, 8. April. Eisern Telegramm aus Wtndhnk zufolge find im Gefechte im Osten von Hnrub am 19. März gefallen: Reiter Groth, Reiter Arbeit, Reiter Reich. I« Gefecht in der Gegend von Hnrub am 21. März fielen Sauitätssergeant Naundorf, Reiter Koch, Reiter Birth, Reiter Stüber. Verwundet wurde Gefreiter Hense. Nachträglich wird gemeldet: Im Gefecht bei Getbanes ist am 11. März gefallen Reiter Stern, früher Bezirkskommando Weilheim. Verwundet wurde Reiter Nrubert und zwar schwer (Schuß linker Unterarm), Reiter Bruno Jeckel schwer (Schuß linke Hüfte). Reiter Johann Storch, geb. 16. Feb. 1883 zu Eyb, früher kg!, büyer. 2. Jägerbataillou. ist au einem infizierten, komplizierten Knochmbrnch am 4. April im Lazarett Windhuk gestorben.
Der Krieg zwischen Rußland Md Japan.
Laudon, 8. April. Eine russisch-japanische Seeschlacht in Sicht? Der „Franks. Ztg." wird geschrieben: Nachdem sich bestätigt hat, daß die russische Oststeflotte die Straße von Malacca erreicht hat, kann innerhalb weniger Stunden eine Seeschlacht stattfinden. Die Schiffe, die gestern mittag in der Straße von Malacca gemeldet wurden, müssen das vollständige russische Geschwader sein. Die Fatho« Bank, woselbst die russischen Kriegsschiffe gesehen wurden, ist wmige Stunden von Singapore entfernt. Bereits am 15. März wurden die japanischen Kriegsschiffe „Kasuga", „Chitose," „Aawatamar" und „Nmericamaru" ebenfalls bet Singapore gemeldet. Einen Tag früher waren 22 japanische Kriegsschiffe beim Horsbnrg-Lsuchturm gesehen, der nun 42 englische Meilen von Singapore entfernt ist. Deshalb herrscht große Erregung tn Singapore.
Loudo«, 10. April. Admiral Roschdjestweuski steuert
nach Anficht hiesiger Mariuekreise auf den sranzöfischen Hasen Saigon, um seine Schiffe dort von den Reiseschädeu reparieren zu lassen und sie gefechtsbereit zu machen.
Giugavore, 9. April. Heute nachmittag 2 V, Uhr kam die baltische Flotte in Sicht und passierte 7 Meile« vom Lande. Da die Schiffe Wetchkohlen feuern, ist der Rauch auf mehrere Meilen zu sehen. Die Vorbeifahrt dieser modernen Armada von 47 Schiffen, die zu vieren nebeneinander fuhren, bot ein glänzendes Schauspiel. Die Schiffe fuhren ungefähr 8 Knoten. Die Spitze wurde von eise« großen Kreuzer und 3 Schnelldampfern gebildet. Daun folgten Kreuzer, Kohleuschiffe und Schlachtschiffe. Die Kohlenschiffe fuhren größtenteils in der Mitte. Der Korrespondent des Reuterschen Bnreaus fuhr auf einer Barkaffe hinan und nahm die Flotte in Augenschein. Die Schiffe zeigten Spuren der langen Fahrt der tropischen See. Au der Wasserlinie hatten fich Algen angesetzt. Die Flotte bestand aus 6 Schlachtschiffen, 9 Kreuzern, 8 Torpedoboots- z-rstörern, 3 Schnelldampfers, 3 Schiffen der freiwillige« Flotte, 16 «ohlendampfern, 1 Berguugsdampfer und einem Hospitalschiff. Die Kriegsschiffe hatten Kohlen an Deck. Die Schnelldampfer hatten augenscheinlich nur eine kleine Ladung. Der russische Konsul fuhr an die Flotte heran und übergab einem Torpedoboot Depeschen, ohne daß dt« Flotte Halt machte. Sodann ging der Konsul längseitS des Admiralschiffes, begab fich aber nicht an Bord. Er unterhielt sich mit der Besatzung vom Boote aus und gab ihnen die erste Nachricht von der Schlacht bei Mulden. Außer dem Boot'des russischen Konsuls und des Reuter- korrespondeuteu wurde niemand in die Nähe gelaffe». Die Eingeborenen in der Stadt waren in großer Erregung und eilten in Scharen au das MeereSufer. Die Artilleristen und das Miueupersoual waren den.ganzen Tag über auf ihren Posten.
London, 10. April. Dar hiesige Mariae-VersicherungS- Geschäft ist durch das plötzliche Auftanchen der russisches Flotte in den malayischeu Gewässern vollständig überrascht worden. Noch vorgestern bezweifelte man bei den LloydS, daß Roschdjestwensky, den man immer noch in den mada- gasstschen Gewässern glaubte, die Fahrt nach Ostafien überhaupt riskieren würde. Die SchiffS-Brrficherungeu gegen das Risiko der Beschädigung durch schwimmende Minen und durch Feuer bet Seegefechten wurden zu dem geringfügige« Prämtensatz von V«°/° übernommen. Die Meldungen auS Singapore schnellten, wie man dem Berl. Lok.-Nnz. meldet, die Prämie beträchtlich in die Höhe; denn auch für den Fall, daß es den Russen gelingt, Togo auSzuweichen, ist man doch darauf gefaßt, daß sie auf der Wetterfahrt «ach Norden unter den Handelsschiffen, die mit Konterbande nach japanische« Häfen unterwegs find, schweren Schaden anrichtes werden, zumal RoschdjestwenSki, um fich nicht zu belasten, ihre Versenkung der Kaperung vorziehen dürfte.
statt. Man unterschied im ganzen elf deutliche Stöße. Ein Augenzeuge schildert seine Erfahrungen wie folgt:
„Während der Nacht vom Montag zum Dienstag kamen zwei schwache Stöße vor, aber um 10 Minuten nach 6 Uhr morgens fühlte ich heftige Erdschwankungr«, dir von Norden nach Süden zu gehen schienen. Häuser, die in dem Wege der Erdwellen lagen, haben offenbar weniger gelitten, als diejenige», die in gleicher Richtung lagen. Die Dauer der heftigen Stöße wird verschieden lang geschätzt. Meiner Ansicht nach dauerten die Stöße «twaS unter zwei Minuten, andere Beobachter schätzen die Dauer auf 1*/. bis 5 Minuten, 24 Minuten nach 6 Uhr folgten vier weitere Stöße, 23 Minuten vor 7 Uhr machten fich zwei kleinere Stöße fühlbar. Was mir zuerst ausfiel, war die Geschwindigkeit, mit der die Häuser und Läden geräumt wurden. Die Europäer lagerten fich aus dm Tennisplätzen, während die Indier sich auf die Siraße platt hinwarsen. Jeder sprach laut und erzählte seine Empfindungen. Dos Savoy-Hotel hat schwer gelitten. Die meisten Türme sind eingestürzt, ebenso die Flügel zweier Gebäude, während die Fenster tn der Giebelsront verdreht und verbogen aussahen."
In Lahore wurde ebenfalls bald nach 6 Uhr morgens ein heftiger und lauganhaltcnder Erdstoß verspürt, dem eine Stunde hindurch kleinere Stöße folgten. Die entsetzten Einwohner stürzten, zumeist in Nachtkleidern, au? ihren krachenden und schwankenden Häusern aus die Straße. Bis jetzt liegen nur kurze und ungenaue Nachrichten über den in Lahore angerichtetm Schaden vor. Mau befürchtet, daß in der alten Stadt, in der viele stattlich? historischen Gebäude bis in ihre Fundamente erschüttert und nmgcstnrzt i find, zahlreiche Menschenleben verlöre: gegongm sind. Die I
goldene Moschee und die Moschee von Wastr-Khan litte« sehr, auch andere Moscheen und Kirchen wurden beschädigt, aber nicht in bedeutendem Maße. Die Säulenhalle der Mongomery-Hall wurde stark geschüttelt. Säulen und die Kreuzbogen rissen, das Dach und ein Teil der hinter der Halle liegenden Gallerte stürzten ein. Auch die Lawrence- Halle zeigt Spuren des Erdbebens. Einige Bögen find gebrochen, das ganze Gebäude macht einen unsicheren Eindruck. Der Bahnhof sieht wie eine Ruine auS. Hier wurde der elektrische Signal-Apparat plötzlich unbrauchbar und eS war eine Zeitlang unmöglich mit anderen Stationen zu verkehren. Die Verwaltungsgebäude haben am meisten gelitten. Von dem Rathaus fiel der größere Teil der Fassade herunter und die Froutmauer ist so beschädigt, daß sie ein- gerifsen werden muß.
In Agra, einer 200000 Einwohner zählenden Distrikts- haupistadt in den nordwestlichen Provinzen, machte sich daS Erdbeben weniger bemerkbar. ES erfolgtm zwar einige heftige Stöße, die stark genug waren, um Menschen umzu- wersen, aber eS fehlt an Meldungen über größeren Schaden. Auch aus Agra wird berichtet, daß die Erdschwankungen von Westen nach Osten gegangen seien.
In Delhi verspürte man, gevau wie in Mufsuri, den ersten Stoß um 10 Minuten «ach 6 Uhr morgens. Ihm folgten mit Unterbrechungen Erschütterungen, die bis 7 Uhr anhielten. Verluste an Menschenleben waren nicht zu beklagen, ober viele Gebäude in der Stadt wurden beschädigt.
Furchtbar gelitten hat die Bergstadt Dharmsala an der Grenze von Kaschmir. Die ganze Bevölkerung ist dort ohne Obdach. Das Elend, das jetzt dort herrsch,, ist in der Geschichte deS Landes ohne Beispiel. Von Lahore wurde nach