Meldung soll in Belgrad eine fürchterliche Feuersbrunst wüten. (Diese Nachricht bestätigt sich nach neueren Meld­ungen nichts

Die Wahl Peter Karageorgiewitschs zum König von Serbien dürfte einstimmig erfolgen, gleichzeitig aber eine demokratischere Abänderung der Verfas­sung beschlossen werden.

Paris, 13. Juni. Die Aussichten des Fürsten Peter Karageorgiewitsch sind in dem heutigen Belgrader Minister- rate erheblich gesunken, weil dessen jüngste Aeußerungen stark verstimmten. Eine Proklamation im Sinne der Bei­behaltung der Regentschaft ist wahrscheinlich. Zehn Stim­men dürften auf den Prinzen Mirko von Montenegro ent­fallen.

Paris, 12. Juni. Königin Natalie liegt fiebernd im Udtsl äss Reservoirs zu Versailles. Niemand als der Arzt und ihre Schwester Prinzessin Ghika werden zu­gelassen. Ihre Belgrader Vertraute Fräulein Boskowitsch, eine frühere Hofdame, die die erste Meldung von der Kata­strophe an Natalie sandte, soll am Sonntag in Versailles eintreffen.

Köln, 12. Juni. Der Wiener Korrespondent der Köln. Ztg. telegraphiert seinem Blatt von heute: In Wien im Hotel Wand! am Petersplatz tagt unter Führung des Vetters des Fürsten Peter Karageorgjewitsch, Prof. Nenan- dowitsch, eine Gesellschaft von serbischen Politikern und Offizieren, die teilweise erst gestern während der Blut­tat in Belgrad hier eingetroffen sind. Er und andere ser­bische Flüchtlinge sollen die Verschwörung geführt und or­ganisiert haben. Hingegen soll Wladangeorgiewitsch, der ebenfalls. hier lebende frühere Ministerpräsident, die heimlich von serbischen Offizieren vor längerer Zeit über­brachte Einladung zur Teilnahme an der Verschwörung abgelehnt haben. Tatsächlich weilt er seit 2 Wochen mit seiner Familie in Sauerbronn bei Karlsbad. Die Gruppe im Hotel Wandl erhielt von Peter Karageorgjewitsch auf die Anbietung der Königskrone die Antwort, er sei bereit, die Krone anzunehmen, wenn ihn die Skuptschina einstimmig wähle und die Mächte dieser Wahl zustimmen. Bis dahin werde er in Genf bleiben. Er wolle nicht mit der Bel­grader Mordtat in Verbindung gebracht werden. Diese Versammlung soll beschlossen haben, das Vermögen der Königin Draga, welches in fremden Banken, teilweise

bei Rothschild, in nicht sehr wertvollen Papieren verwahrt ist, gerichtlich für den serbischen Staat zu beanspruchen. Wie der Korrespondent zuverlässig erfährt, waren noch kürzlich Versuche gemacht worden, einen Empfang des Königspaars beim Wiener Hof durchzusetzen. Auch diese Tatsache spricht gegen die Meldung, wonach eine Trennung Alexanders von Draga bevorgestanden hätte. Draga wurde in der Familiengruft der Maschin auf dem alten Friedhof beerdigt. Das Interesse des Auslandes ist ge­waltig. Auf den Telegraphenämtern in Belgrad und Sem- lin (das nur durch die Donau von Belgrad getrennt ist) ist der Andrang geradezu furchtbar. Mit dem gestrigen Nacht­expreß langten 33 Budapester Journalisten an. Der öster­reichisch-ungarische Gesandte, Dumba, verlangte von Awa- kumowitsch weitgehende Garantien für die Sicherheit der Ausländer, sonst werde die Peterwardeiner Artillerie in Belgrad einmarschieren. Die Sicherheit der Ausländer ist vollkommen gewährleistet. Königin Natalie protestierte tele­graphisch gegen die Bestattung Alexanders in'Serbien und verlangte, daß man ihr den Leichnam ihres Sohnes zur Beisetzung ausliefere.

Berlin, 13. Juni. Ein Berliner Großkaufmann, der in früher Morgenstunde nach der Schreckensnacht um V'5 Uhr morgens in Belgrad eingetroffen ist, schildert der National­zeitung, daß die Volksmenge trunken vor Blutdurst ge­wesen sei; es wurde gejohlt, geschrieen und gesungen. Ob Leutnant, Feldwebel oder Gemeiner, alle waren in diesen schaurigen Stunden Brüder. In ihrer tierischen Freude über das jammervolle Ende ihres obersten Kriegsherrn batten sie die Kokarden und alle anderen Uniformabzeichen, die sie an Ale­xander noch erinnern konnten, herabgerissen und an ihre Stelle Zweige und Blumen gesteckt. Es wurde geflaggt!! So brach der Vormittag herein. Später sah ich im Restaurant den Obersten des 6. Regiments Mischitsch ruhig, als ob nichts geschehen wäre, bei einem Glase Bier sitzen, ihn, der kurz vorher ungestraft auf feinen König geschossen hatte. Als man mir sagte, das sei Mischitsch, war ich nicht überrascht. Anders konnte der Mörder nicht aussehen. Er hatte die echte Verbrecher- Physiognomie: Vor seinem wilden stechenden Blick müßte man sich fürchten, auch wenn man nicht wüßte, daß er den König kalten Blutes niedergemacht hat. Merkwürdigerweise zeigten sich auch die respektabelsten Männer, alte Kaufleute, von deren Ehrenhaftigkeit ich tief überzeugt bin, von der

Bluttat befriedigt. Alle stimmten mit ein in den Ruf: Es lebe Peter Karageorgjewitsch!" An Geschäfte war na­türlich nicht zu denken, und so beeilte ich mich, wieder nach Berlin zurückzukehren.

London, 12. Juni. Daily Graphic sagt, das Blutbad in Serbien sei ein Ausbruch natürlicher Barbarei gewesen, welche einen unverwischbaren Flecken in der serbischen Ge­schichte binterlafsen werde. Daily Telegraph sagt: Die jüngsten Meldungen werfen eine Flut von Licht auf den Balkancharakter. Das letzte Ereignis wird den Westen über­zeugen, daß dort ein derartiges Verbrechen keine blutbefleckte Ausnahme, sondern eine wilde Regel ist.

Berlin, 13. Juni. Zu dem Ereignis in Serbien schreibt die Voss. Ztg., wie immer man über den letzten Sprossen des Hauses Obrenowitsch denke, über die Urheber des Gemetzels von Belgrad könne nur eine Stimme des Abscheus der zivilisierten Welt sein und daher werde man auch allenthalben fordern, daß die Schuldigen der gerechten Strafe überliefert werden. Die Sühne für die Greuel von Belgrad sei ein gemeinsames Interesse der Fürsten und Völker, eine Forderung der gesitteten Menschheit. Mit bitterem Spott bemerkt der Vorwärts u. a.: Die offizielle Welt Europas nimmt die Königs- mörderei wie etwas läng st Erwartetes, Natur­notwendiges auf. So mußte es kommen, das ist der Grund­ton. Das bischen militärischer Königsmord in Serbien isteine innere Angelegenheit dieses energischen Volkes".

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Der geisteskranke Handelsagent Reich, der am Freitag den Kaiser Franz Joseph sin Wien bei einer Ausfahrt be­drohte, wurde Samstag nacht der Niederösterreichischen Landesirrenanstalt übergeben.

Auswärtige Todesfälle.

Johann Georg Wunsch, 18 I. a., Obertal. Rosine Glau- ner, Witwe, 80 I. a., Gräfenhausen.

Konkurs-Eröffnungen. Reutlingen: Emil Heizmann, lediger Schreinermeister in Reutlingen.

Unserer heutigen Gesamtauflage liegen zwei Wahlzettel der Sozialdemokratischen Partei bei.

Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchdruckerei (Emil Zaiser) Nagold Für die Redaktion verantwortlich: K Paur,

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haben die Anhänger der Kandidatur Schrempf, denen das Flugblatt der Volkspartei

"schwer im Magen liegt, und da sie die angeführten Tatsachen nicht zu entkräften im Stande sind, so greifen sie zu leeren Ausflüchten.

Sie behaupten kLr Äi« irorlk<I«K»t8eIi6i» sei ruvLIs »»Ävrvs, »1» ei»v IküriLVvr-

KÜtiLiLx LI» viel 8t«ULvri», während es doch KvsvtLlivI» LvslKvLvKt ist, daß die vor 1887 vorhandenen und die seitdem hinzugekom­

menen landwirtsch. Brennereien eine bestimmte Spiritusmenge (das Kontingent) statt mit 70 Mark nur mit 50 Mark Verbrauchsabgabe zu versteuern haben. Es sind also die angeführten 4L ALiltivueu VLurli keine zuviel bezahlten Steuern, sondern ein Geschenk, welches in der Hauptsache den norddeutschen Großbrennern,Freunden und Parteigenossen des H: Schrempf" aus Kosten der Allgemeinheit zugute kommt.

Ueber die den Zuckerfabriken durch die Konservativen und Bündler gewährte Ausfuhrprämie von 30^ Ali111ou«u Ulurlr wissen die Schrempf- 'schen Anhänger nichts weiter zu sagen, als daß der Landwirt nicht empfindlich unter dem bisherigen hohen Zuckerpreis gelitten habe.

Um die 10 ^ Steuer, welche man infolge ihrer Ausfuhrprämienbewilligung für jedes Pfund Zucker im Deutschen Reiche weiter bezahlen mußte, kümmern sie sich nicht, weil ja der 4vi» iLorääeulsvlL«!» VrvumÄei» in der Hauptsache in die Tasche fließt.

In gleicher Weise könnten wir sämtliche anderen Punkte des bündlerischen Flugblattes, das von Eigendünkel strotzt, beleuchten, wir wollen uns aber mit diesen beiden Punkten begnügen und nur das eine noch anfügen, daß es eine

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und Konservativen ist, die Volkspartei sei vorwiegend eine Interessenvertretung des Großkapitals und Großhandels.

Also Wähler, laßt Euch durch Redensarten nicht irre führe«, sondern wendet Euch ab vom Bund der Landwirte und gebt Eure Stimmen dem freie« und ««abhängigen Manne, der keine einseitigen Interessen vertritt, sondern das Wohl des ganze« Volkes im Auge hat

^einsick 8clmeicl(lial'l!1.