schieden werden und die Praxis müsse sich, ehe das Reichs­gesetz einschreitet, vorerst behelfen.

Minister Dr. v. Pischek: Zu der Frage der Mit­gliedschaft zu den Handels- und Handwerkskammern teile er ganz die Ansicht des Abg. Gröber. Zwischen der Ge­werbeordnung und dem Handelsgesetzbuch bestehe keine Ueber- einstimmung. Da wo sich Zweifel ergeben, haben die höheren Verwaltungsbehörden zu entscheiden. Um ins Handelsregister eingetragen zu werden, muff: übrigens das kaufmännische Geschäft desHandwerkers schon eine gewisse Bedeu­tung haben und nur beim Baugewerbe tretender Fall ein, daß die Beteiligung zu beiden Kammern in Betracht komme und zweifelhaft sei, und dies führe zu Mißständen. Von dem Belieben des Interessenten dürfe aber die Mitgliedschaft nicht abhängen, wie dies eine Handelskammer vorgcschlagen habe. In Zweifelsfällen gebe die Zentralstelle gerne Aus­kunft.

Es ist in obigen Ausführungen von dem umgekehrten Fall, daß ein kaufmännischer Betrieb, in wel­chem vielleicht ein Handwerker beschäftigt wird, nicht die Rede; also scheint es selten vorzukommen, daß ein Handel­treibender deshalb zur Handwerkskammer beigezogen wird; darin liegt ein gewisser ungleicher Zustand. Auch scheint dem von Minister Pischek erwähnten Umstand, daß das kaufmännische Geschäft des Handwerkers schon eine ge­wisse Bedeutung haben müsse, um ins Handelsregister eingetragen zu werden, nicht immer genügend Rechnung ge­tragen zu werden, denn mancherorts sind eben alle offenen Geschäfte bezw. Ladengeschäfte ins Handelsregister ausge­nommen worden. Wie wir schon gelegentlich unseres Be­richts über die Ausschußfltzung des Gewerbevereins in Nr. 96 ds. Blattes erwähnten, wirkt die doppelte Besteuerung des Handwerkers sehr empfindlich und es ist dem vom Abg. Gröber oben bezeichnten Eingriff des Reichsgesetzes baldige Verwirklichung dringend zu wünschen.

r. Fischereiverein. Die diesjährige Hauptversamm­lung des Württ. Fischereivereins (Xll. Fischereitag) findet am 7. Juni d. I. in Sigmaringen statt. Außer dem ge­schäftlichen Teil weist die Tagesordnung eine Reihe wichtiger Punkte auf: u. a. Vortrag von H. Professor Dr. Hofer in München über Fischkrankheiten, Verbot der Fischerei an Sonn- und Festtagen, zu welch letzteren Punkt neulich der Nagolder Fischereiverein in einer Ausschußsitzung in Altensteig Stellung genommen hat. Wenn das Fischen an Sonntagen allgemein verboten würde, so würden die Fischer im oberen Nagoldtal schwer geschädigt. Der Schriftführer des Nagolder Vereins wird der Hauptversammlung in Sigmaringen anwohnen.

Inhalt des Reichsgesetzblattes. Nr. 25: Bekanntmachung, betreffend Abänderung der Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten. S. 219. Nr. 26: Bekanntmachung, betreffend die Anzeigepflicht für die Hühnerpest. S. 2 23. - Be­kanntmachung, betreffend die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. S. 224.

r. Altensteig-Dorf, 24. Mai. Die hiesige Kirche wird, nachdem die Mittel hiezu vom Staat bewilligt worden sind, diesen Sommer umgebaut werden. Mit den Arbeiten wird sofort begonnen, so daß die Kirche in diesem Jahr wieder benützt werden kann. Die Reparatur der Orgel ist der Firma Walker-Ludwigsburg übertragen worden.

Herrenberg, 27. Mai. Wie vom Schloßberg aus um 2 Uhr zu sehen war, brennen in Unterjesingen einige Häuser.

Calw, 26. Mai. Die Verhandlungen des Württ. Bezirksvereinstages des deutschen Flei­scher-Verbands begannen um 12 Uhr mittags im badischen Hofe; anwesend waren 400 Metzger, darunter 61 Delegierte und 26 stimmberechtigte Obermeister. Den Vor­sitz führte Obermeister Häußermann aus Stuttgart. Dem württ. Bezirksverein gehören 26 Innungen mit 873 Mitgliedern, sowie 14 Einzelmeister an; das Vermögen des Vereins beziffert sich auf 2522 Mk. Den wichtigsten Punkt der Tagesordnung bildete dieneue Schlachtvieh- und Fleisch- befchauordnung". Hiezu wurde folgender Antrag angenommen:

Der Vorstand wird beauftragt, geeignete Schritte zu tun, um bei dem K. Ministerium und auch bei dem württ. Landtag dahin zu wirken, daß das neue Schlachtvieh- und Fleischbeschau-Gesetz den süddeutschen Verhältnissen mehr angepaßt, sowie die Abstempelung der Schlachttiere, wie der Fleischstücke vereinfacht wird und daß die Kosten für die Schau von den Gemeinden übernommen werden, wie das seither der Fall war.

Eine von Schmalzried-Stuttgart gestellter Antrag, daß der württ. Bezirksverein auf dem nächsten deutschen Fleischer­verbandstag in Potsdam dafür eintreten solle, daß beim Bundesrat beantragt werde, den 8 105e der Reichsgewerbe­ordnung betr. Ladenschluß an Sonn- und Festtagen in dem Sinne zu ändern, daß die Kunden, die um 9 Uhr sich im Laden befinden, noch bedient werden, ferner daß die Gehilfen zum Reinigen der Geräte und Maschinen zc. noch arbeiten dürfen, wurde einstimmig angenommen. Ein von Redakteur Dietrich eingebrachter Antrag:

Der württ. Bezirksverein stellt beim Deutschen Fleischer­verband den Antrag, alles zu tun, um eine bundesrätliche Verordnung über die Arbeitszeit im Fleischergewerbe zu verhindern, und wenn dieses nicht möglich sein sollte, da­hin zu wirken, daß anstatt einer Maxlmalarbeitszeit eine Minimalruhezeit eingeführt werde, fand ebenfalls Annahme.

Dann kam noch das Submissionswesen zur Sprache. Als Ort für den nächsten Bezirksvereinstag wurde Aalen vorgeschlagen.

Freud enstadt, 24. Mai. Gestern fanden im kgl. Hüt­tenwerk Friedrichstal Verhandlungen zwischen Vertretern der Gemeinden Baiersbronn und Freudenstadt wegen Ein­gemeindung von Friedrichstal mit der Stadt Freudenstadt

im Beisein je eines Vertreters der Kreisregiexnug für den Schwarzwaldkreis und des Bergrats in Stuttgart statt. Die kgl. Hüttenwerke Friedrichstal liegen auf Markung Baiersbronn, während die dortigen Werks-Angehörigen nutzungsberechtigte Bürger von Freudenstadt sind auf Grund eines alten Munizipalvertrags vom Jahre 1833/37, dessen Bestimmungen über Besteuerungsverhältnisse, Polizei, frei­willige Gerichtsbarkeit rc. mit der heutigen Gesetzgebung nicht mehr im Einklang stehen. Die Gemeinde Baiersbronn verlangt, so wird dem Schw. M. geschrieben, im Fall der Eingemeindung von Friedrichstal mit Freuden­stadt eine Abfindungssumme namentlich für entgehende Stenern rc. im Betrag von 50,000 während die Stadt Freudenstadt kein Interesse an der Aenderung des bestehen­den tatsächlichen Zustandes hat und sich auf den Boden des alten Vertrags stellt.

Tübingen, 26. Mai. SpruchlistederGeschworenen für die am 18. Juni beginnende 2. Sitzungsperiode des Schwur­gerichts. In der gestrigen öffentlichen Ätzung wurden zur Dienst­leistung durch das Los bestimmt: W. Steiner, Gemeinderat in Kie­bingen, OA. Rottenbura, A. Göppinger, Kaufmann in Reutlingen,

H. Köhler, Gemeinderat in Wendelsheim, OA. Rottenburg, K Schaal, Fabrikant in Betzingen, OA. Reutlingen, U. Holzäpfel, Bauer in Ottenbronn, OA. Calw, I. G. Weimar, Gem.-Pfleger in Degerschlacht, OA. Tübingen, H. Beiter, Gemeinderat in Niedernau, OA. Rotten­burg, A. Straßer, Flaschnermeister in Dettingen, OA. Urach, M. Betz, Kaufmann in Erpfingen, OA. Reutlingen, L. Bader, Leder­händler in Unterreichenbach, OA. Calw, G. Kraushaar, Kaufmann in Unterensingen,. Nürtingen, O. Wolfs, Gutsbesitzer in Linden­hof bei Eningen, OA. Reutlingen, I. M. Stiefel, Rotgerbermeister in Metzingen, OA. Urach, I. D. Schmauder, Wirt und Gemeinderat in Glems, OA. Urach, A. Mayer, Privatier in Rottenburg, I. G. Kreudler, Bauer in Effringen, G. Schwarz, Gemeinderat in Ober­boihingen, OA. Nürtingen, I. Bader, Bauer in Oberhausen, OA. Reutlingen, W. Benz, Gemeinderat und Buchbindermeister in Urach,

F. Hayer, Privatier in Rottenburg, I. Böhm, Bauer in Mössingen, OA. Rottenburg, G. Walker, Gemeindepfleger in Altenrieth, ÖA. Nürtingen, D. Weiß, Gemeinderat in Seebronn, OA. Rottenburg,

I. G- Schaible, Hofbauer in Altnuifra, R. Ruoff, Oekonomierat in Niederreuthin, OA. Herrenberg, L. Kußmaul, Gemeindepfleger in Mötzingen, OA. Herrenbcrg, K. Lutz, Lindenwirt in Altensteig, Chr.

G. Arnold, Bauer in Reicheneck, OA. Urach, M. Rentschler, Bauer in Schmieh, OA. Calw, L. Geuthner, Kaufmann in Feldrennach, OA. Neuenbürg.

r. Cannstatt, 26. Mai. Der hiesige Verein für Volks­bildung hat im abgelaüfenen zweiten Geschäftsjahr bedeutend an Mitgliedern zugenommen. Der Verein zählt zurzeit 696 Mitglieder, nämlich 194 Arbeitnehmer, 147 Fabrikanten und Kaufleute, 144 Angehörige der freien Berufe, 124 Gewerbetreibende, 81 Privatiers, 6 Gärtner und Landwirte. Die vom Verein veranstalteten ^Theatervorstellungen und Konzerte waren besonders von den Arbeitern zahlreich be­sucht. Ein hiesiger Bürger, Fabrikant Lindauer, hat zur Erbauung eines eigenen Heims 5000 »A dem Verein ge­spendet ; ein erlassener Aufruf ergab für den gleichen Zweck 3567 Die Stadtgemeinde und die Amtskorporation sind dem Verein mit höheren Beiträgen als außerordentliche Mitglieder beigetreten.

r. Bietigheim, 25. Mai. Die an der Enzbrücke am 18. d. M. ausgefundene Leiche wurde als diejenige des Kaufmanns C. Götz aus Stuttgart erkannt. Was den Verlebten in den Tod getrieben hat, ist nicht bekannt.

r. Bietigheim, 25. Mai. Die Oelfabrik von Gottlob Weller hier ist um die Summe von 204,500 ^ in den Besitz einer Gesellschaft mit beschränkter Haftpflicht über­gegangen. Die Firma lautet jetzt: Gottlob Weller, Ge­sellschaft mit beschränkter Haftung. Als Geschäftsführer sind die Herren G. Weller hier und Karl Geiger aus Heil­bronn bestellt.

Ulm, 26. Mai. Der König hat die Begnadigung der zum Tode verurteilten Margarete Schenzle und des Schafhalters I. Raa ch, die den Ehemann der ersteren am 14. Dezember vor. Js. ermordeten, abgelehnt. Die Hinrichtung Beider findet am Donnerstag früh hier statt.

*

Aus dem Parteileben. Bei den Verhandlungen des Landesausschuffes der württembergischen Zentrumspartei, der anläßlich der Parteiversammlung in Rottweil ebenfalls tagte, wurde dem D. Volksbl. zufolge einstimmig beschlossen, bei den Reichstagswahlcn in sämtlichen Wahlkreisen Württembergs einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Die Entscheidung über die Stellungnahme in der Stichwahl soll auf einer Ver­sammlung der Vertreter der in Betracht kommenden Kreise im Einverständnis mit der Parteileitung getroffen werden.

-I- -i-

*

Zur Wahldewegung. Die Partriblätter berichten über die Wählerversammlung des volksparteilichen Kandidaten Sonntag den 24. d. Mts. in Nagold wie folgt:

Nagold, 25. Mai. Eine Äeichstagswählerversamm- lung hat heute, einer Einladung des hiesigen Wahlausschusses der Volkspartei zufolge, im Gasthof zum Rößle dahier statt­gefunden. Das angekündigte Auftreten nicht bloß des Kan­didaten der Volkspartei, Herrn Mühlebesitzer Schweickhardt von Tübingen, sondern auch des Herrn Kammerpräsidenten Payer füllte den Saal bis auf den letzten Platz. Die Wahl­rede des Herrn Kandidaten bot denjenigen Zuhörern, die aus der Zeitungslektüre auf dem Laufenden sind, nichts neues. Er wiederholte die bekannten Sätze des demokrati­schen Programms und beschuldigte denBund der Land­wirte", daß er durch seine extremen Forderungen und seine Nichtberückfichtigung anderer Erwerbsstände sich der Sozial­demokratie gleichstelle. Hierauf sekundierte dem Kandidaten Herr Payer, indem er seine Ausfälle gegen den Bund der Landwirte und besonders gegen die norddeutschen Junker mit pikanten Witzen zu würzen versuchte. Als Hauptauf­gabe des nächsten Reichstags bezeichnet: er fürs erste den Abschluß langfristiger, der Industrie flotten Absatz sichernde Handelsverträge, die auch für die Bauern weit nützlicher seien als ein den allgemeinen Wohlstand bedrohender Zoll­

krieg; fürs zweite eine stärkere Vertretung des Bürgertums im neuen Reichstag. Anzuerkennen ist, daß sich diese Leiden Redner jedes persönlichen Ausfalls gegen unseren bisherigen Reichstagsabgeordneten Schrempf enthielten. Hierauf oppo­nierte der aus Anlaß einer Müllerversammlung hier an­wesende Sekretär des süddeutschen Müllerverbands, Stadt­gartenverwalter Hilleraus Stuttgart, indem er hervorhob, daß ja unsere Landwirte sich mit solchen Getreidepreisen begnügen, wie sie schon vor 30 Jahren in Geltung standen, ohne daß die Konsumenten damals über drückende Ver­teuerung der Lebensmittel klagten und daß die von der Volkspartei den Bauern angeratene Einschränkung des Ge­treidebaus und Ausdehnung der Viehzucht unabwendbar bald eine Ueberproduktion von Vieh, eben damit aber sicher ein Sinken der Viehpreise, also eine neue Schädigung der Bauern zur Folge hätten. Das Gerechtigkeitsgefühl müsse auch allen Nichtbauern sagen, daß der Staat den offenbar und nach allgemeinem Zugeständnis durch die Caprivischen Handelsverträge me ist geschädigten größeren und kleineren Bauern durch höhere Schutzzölle (als in den letzten 10 Jahren) zu Hilfe kommen müsse, zumal ja auch der Bund der Landwirte in seinem Programm und durch seine bis­herige Tätigkeit ebenso die unsere Industrie schützenden Zölle als unerläßlich anerkannt habe. Kürzere Entgegnungen der beiden erstgenannten Redner vermochten den sichtbaren und hörbaren Eindruck der Hillerschen Rede nicht mehr zu beseitigen. Als Schlußredner schilderte Herr Rotgerber Mayer von hier die durch die Schuhfabriken bedrängte Lage der mittleren und kleineren Gerber, sowie die auf die einheimischen Gewerbetreibenden keine Rücksicht nehmenden Warenbezüge von auswärts seitens vieler Beamten, und be­klagte es tief, daß eben unsere Zeit und unser Volk in seiner großen Mehrheit von christlicher Rücksichtnahme auf andere nichts mehr wissen wolle. Hierauf schloß der Vor­sitzende der Versammlung, Herr Sägwerkbesitzer und Stadt­rat Karl Reichert von hier, die ungestört verlaufene Versammlung mit einem Trinkspruch auf die beiden Herren Redner Payer und Schweikhardt. Der 16. Juni wird uns aber enthüllen, ob die Ausführungen dieser zwei Redner das Vertrauen der bisherigen Wähler unseres durch treue fünfjährige Sorge für den meistbedrängten Mittelstand im Reichstage bewährten Abg. Schrempf zu erschüttern ver­mochten. Reichspost.

Nagold, 25. Mai. Vor einer Wählermenge, die der Rößlessaal bei weitem nicht fassen konnte, entwickelte unter dem Vorsitz von Sägwerkbesitzer K. Reichert der von Präsident Payer begleitete Kandidat der Volkspartei, Kfm. und Mühlebesitzer Schweickhardt aus Tübingen, sein Programm. Er ist für langfristige Handelsverträge, will sich in Militär- und Marinefragen genaue Prüfung etwa weiter angesonnener Ausgaben Vorbehalten, aber die Schlag­fertigkeit des Heeres und der Marine garantiert wißen. Im übrigen beruft er sich aus das volksparteiliche Pro­gramm. Hierauf ergriff, stürmisch begrüßt, Kammerpräsi­dent Payer das Wort und führte aus, welche nachteiligen Wirkungen der Zolltarif und besonders derjenige für Ge­treide ausüben würden, wenn keine Handelsverträge zustande kämen. Er geißelt in satirischer Weise die einseitigen Be­strebungen der meist aus norddeutschen Junkern zusammen­gesetzten konservativen Partei und ihres Ablegers, des Bundes der Landwirte. Der Müllerverband richtete eine Anfrage an den Kandidaten, wie er sich zu einer Umsatz­steuer für die Großmühlen stelle, worauf dieser antwortete, daß er, so lange als nicht alle Großbetriebe zu einer Um­satzsteuer herangezogen werden, sich nicht für eine solche für die Großmühlen erwärmen könne. Stadtgartenverwalter Hiller aus Stuttgart, der Sekretär des Müllerverbands, übte hierauf eingehend Kritik, sowohl an des Kandidaten als an Payers Ausführungen, worauf Payer erwiderte. Ein konservativer Nagolder Gerber beklagte sich darüber, daß sich die Beamten ihre Stiefelwaren von auswärts kommen lassen. Die Stimmung hier dürfte hälftig für die Volkspartei und hälftig für den Bauernbund sein.

Schw. Merkur.

Nagold, 25. Mai. Eine imposantere Versammlung hat unsere Seminarstadt noch nicht oft gesehen, wie die gestern von der Volkspartei im Saale des Rößle abge­haltene Wahlversammlung. Weit über 300 Personen waren nach Angabe des Wirtes selbst zugegen. Viele, die nicht einmal im Hausgange und auf der Treppe Platz fanden, mußten wieder abziehen. Gemeinderat Reichert eröffnete die Versammlung, worauf der Kandidat Schweickhardt- Tübingen mit gutem Erfolg und unter merkbarer Sympa­thie der Versammlung die Hauptpunkte seines Programms vortrug. Lebhaft begrüßt schloß sich hierauf Payer an, dessen Rede von durchschlagender Wirkung war. Ein Müller interpellierte den Kandidaten über die gewünschte progressive Umsatzsteuer für Großmühleu, die nach den Kurpfuschern vom Schlage der Hiller den Kleinmüllern helfen soll. Schweickhardt erwiderte ganzszutr essend: so lange man nicht alle Großbetriebe einer progressiven Umsatzsteuer unterwerfe, sei es nicht gerechtfertigt, nur einen einzelnen Geschäftszweig damit zu treffen. Auch der Verwalter des Stuttgarter Stadtgartens und Redakteur der Geschäftswehr, Hiller, war herbeigeeilt, um für seinen Freund Schrempf zu zeugen und gegen die Volkspartei zu streiten. Hiller trat --- ein merkwürdiger Vertreter des Kaufmanns- und Mittel­standes l für höhere Zölle ein, die dem Handwerker Leben und Halbfabrikate verteuern. Unter lebhaftem Beifall kennzeichnete Payer diese Mittclstaudsretterei. Ein konser­vativer Schuhmacher griff zum Schluffe die Beamten an, weil sie ihre Schuhe von auswärts kommen lassen. Ein frischer Zug geht durch unfern Waldbezirk, der ftither eme Hochburg der konservativen Partei gewesen ist. (Selbst der Merkur meint:Die Stimmung hier dürfte hälftig für die