Stuttgart, 12. Sept. In seinem Kinderheim Waib­lingen feierte gestern der Verein von Kinderfreunden das Fest seines 25jührigen Bestehens. Die Anstaltsgebäude waren schön beflaggt, im Garten waren eine Rednerbühne und Bänke aufgeschlagen. Zu der Feier, welche um Uhr begann waren erschienen: Frau Herzogin Wera von Württemberg in Begleitung ihrer Hofdame, als Vertreter Ihrer Majestät der Königin, der hohen Protektorin des Vereins, Kabinettsrat Kübel und die Palastdame Exzellenz Gräfin v. Uxkull-Gyllcnband, als Vertreter der Zentral- leilung des Wohlthätigkeitsvereins Obcrregierungsrat Falch, sodann Oberamtmann Dr. Bertsch, die Mitglieder des Ko- mites und endlich frühere Zöglinge und Einwohner von Waiblingen und Umgebung. Dekan Herzog von Waiblingen hielt die Festrede und gab einen Bericht über die Entsteh­ung und das Wachstum des Vereins, der einem thatsäch- lichen Bedürfnis entspricht, über die Gründung des ersten Kinderheims vor L5 Jahren in der Hegelstraße in Stutt­gart, die Ueberfiedelung der Anstalt nach Rommelshausen und von dort im Jahre 1885 nach Waiblingen. Im ersten Jahr waren es 13 Kinder, welche der Verein in seine Pflege nahm, in Rommelshausen stieg die Zahl auf 35, und nunmehr sind es etwa 50 arme, verwaiste oder sonst dem Verkommen ausgesetzte Kinder jeder Konfession, vom Säuglingsalter bis zum sechsten Levensjahr, welchen der Verein eine freundliche Heimstätte bereitet hat. Durch die in den letzten Jahren gemachten baulichen Veränderungen wäre der Verein in der Lage 65 Kinder ausnehmen zu können, vorausgesetzt, daß chm die hiezu nötigen Mittel seitens edler Menschenfreunde an die Hand gegeben werden. Der stellvertretende Vorstand, Gemeinderat Vöhringer von Stuttgart, welcher die Anwesenden begrüßte, dankte für alle dem Verein bisher geleistcte Unterstützung und hob die Namen derjenigen hervor, welche sich bei der Gründung und Fortführung des Werkes verdient gemacht haben. Eine große Freude bereitete es, daß seine Majestät der König der Vorsteistrin des Vereins, Frau Fabrikant Brauer in Stuttgart, die silberne Karl-Olga-Medaille verliehen hat. Deklamation und Spiel der Kinder, sowie allgemeine Ge­sänge mit Posaunenbegleitung des Vereins christlicher junger Männer in Waiblingen vervollständigten die schöne Feier. Der Verein ist fernerer kräftiger Unterstützung um so mehr bedürftig, als ihm im letzten Jahr durch die Herstellung eines Wirtschaftsgebäudes und die Verbesserung im Haupt­gebäude ein großer Aufwand erwachsen ist.

Eßlingen, 12. Scpt. Welche Früchte das Submissions­wesen zeitigt, zeigen die gestern im hiesigen Gemeinderat vergebenen Arbeiten zum neuen Mädchenvolksschulgebäude. Bei Schmiedearbeiten wurden auf den Voranschlag 44°/» und bei den Anstrcicharbeiten des Walzeisens 40°/° von hiesigen Meistern abgeboten.

r. Obcrtürkheim, 13. Sept. Bei der gestrigen Orts­vorsteherwahl wurde der bisherige Schultheißenamts-Assistent Krauß hier mit 266 Stimmen gewählt. Die Wahlbeteilig­ung war sehr lebhaft, da von 360 Wahlberechtigten Bür­gern 354 abstimmten, auf Polizeikommissär Forschner von Cannstatt entfielen 84 Stimmen, auf Amtsgerichtssekretär Schütz von da 4 Stimmen. Die Arbeiterschaft scheint in der Mehrzahl für Krauß gestimmt zu haben, der überhaupt in der Bürgerschaft, wie ersichtlich, großes Vertrauen ge­nießt. Obgleich Krauß erst in einigen Wochen das 26. Lebensjahr erreichen wird, steht dem Vernehmen nach seiner Bestätigung kein Hindernis im Wege.

r. Ochscnhausen, 12. Sept. Jetzt erst läßt sich der Schaden übersehen, den der Orkan von vorgestern brachte. Gegen 5 Uhr mittags kam ein Wirbelsturm und dauerte 7 Minuten an. Mit einem Hui riß derselbe die größten Birn- und Kastanienbäume aus, im Baumgut des Domäne­pächters Köstlin allein 34 Stück, in der Allee gegen Rottum zu ist je der zweite Baum geworfen; der schöne Spazier­weg im Krumbach ist mit gestürzten Baumriesen bedeckt. Der große Hopfengarten der Malzfabrik Christ liegt total am Boden, im Schloßbräuhaus von Wiest hat er das halbe Dach abgedcckt. Der Fürstenwald ist ein buntes Gewirr von ganz und halb geworfenen Tannen. Ganze geladene Wagen Oehmd flogen durch die Lust hin, zerstreut bald da, bald dort niederfallend. Das halbreife Obst ist abgeschlagen. Dabei haben die Hagelschlossen Scheiben zertrümmert. Die Telephonleitungen find abgerissen. In Hettenburg und Erlenmoos auf der Höhe hat der Sturm noch schlimmer gehaust als im Rottumthal selbst.

r. Blaubeuren, 13. Sept. In Dietingen stürzte vor­gestern mittag ein 26 Jahre alter Mann, der mit Birnen­brechen auf einem hohen Baume beschäftigt war, von dem­selben ab und erlitt sehr schwere Verletzungen.

r. Vom Oberland, 12. Sept. Ueber das schwere Ge­witter, das am letzten Mittwoch das Oberland heimgesucht hat, gehen uns noch immer w itere Berichte zu. In Roth a. d. Roth fiel dichter Hagel; eine Menge Fensterscheiben wurde durch die Hagelkörner eingeschlagen und der das Ge­witter begleitende heftige Sturm deckte viele Dächer ab und riß eine Menge Bäume um. Die im Rißthal bei der Anger­mühle befindliche Seilerbahn des Seilermeisters Bihlmaier von Biberach wurde, wie der An.;, v. Oberl. meldet, ihrer ganzen Länge nach umgestürzt wie ein Kartenhaus. Dächer im Jordanbad und in Rißegg an letzterem Ort auch das Kirchendach wurden abgedeckt und viele Heuwagen umgeworfen. Der an den Bäumen augerichtete Schaden läßt sich noch gar nicht übersehen. In Leupolz bei Wangen wurde laut Oberschw. Anz. eine 400 Jahre alte Linde mit 4 gewaltigen Aesten, an welche eine schöne Lourdesgrotte gebaut war, umgerissen, wobei die Anlagen bei der Kirche stark beschädigt wurden. In Enhofen, Gde. Wilflingen, OA. Riedlingen, schlug der Blitz laut Ricdl. Ztg. in das Haus des Bauern Joh. Bulander, zündete glücklicherweise

nicht, richtete jedoch am Gebäude verschiedenen Schaden an. Die vom Oehmden zurückkehrende Magd wurde von dem geteilten Strahl, als sie eben den Hausschlüssel langen wollte, getroffen, zu Boden geschleudert uud ihr der Schuh am rechten Fuß vollständig zerrissen. Mit einigen schwarzen Streifen an der rechten Seite und dem Schrecken kam die Betreffende davon. Auch in Braunenweiler hat das Gewitter schwer gehaust, es fielen Hagelkörner von über Walnußgröße.

Deutsches Reich.

Berlin, 12. Sept. In einer vön ca. 2000 Personen besuchten Versammlung in den Cocordiasälen sprach gestern abend Graf Pückler überDas Judentum in der Kritik der Geschichte." Graf Pückler, der mit Hochrufen, teilweise aber auch von Gegnern mit Gelächter empfangen wurde, ging zunächst auf seine Verurteilung in der Duell-Affaire ein und erklärte, daß die Strafe eher Dr. Neumann hätte treffen müssen. Er schwor, daß er bis zum letzten Atem­zug kämpfen wolle und daß weiter gedroschen werden würde. Im zweiten Teil seiner Rede richtete Graf Pückler überaus starke Angriffe gegen die Juden. Die Versammlung nahm im übrigen einen ruhigen Verlauf. Ein großes Polizei- Aufgebot war zur Stelle, fand aber keinen Anlaß zum Einschreiten. Unter Hochrufen auf Pückler und dem Ab­singen des Liedes:Deutschland, Deutschland über alles" ging die Versammlung auseinander.

Berlin, 12. Sept. Anläßlich des 26. deutschen Ju­ristentages fand heute unter zahlreicher Beteiligung ein Fest­mahl im Zoologischen Garten statt. Zugegen waren u. a. Justizminister Schönstedt, Staatssekretär Nieberding und der Präsident des Abgeordnetenhauses. Professor Brunner brachte einen Trinkspruch auf den Kaiser aus, Geh. Ober­justizrat Prof. Dr. Vierhaus auf den Kaiser von Oester­reich, Schönstedt ein Hoch auf den deutschen Juristentag.

Berlin, 13. Sept. Die Post schreibt: An der durch die Blätter gehenden Meldung, daß Deutschland mit China in Handelsvertragsunterhandlungen eingetretcn sei, kann nur so viel richtig sein, daß nach dem Vorgang Englands und anderer Regierungen auch Deutschland mit China in Ver­handlungen betreffs eines ähnlichen Abkommens eiugetreten ist. Im übrigen weisen die Schwierigkeiten, auf welche der englisch-chinesische Handelsvertrag stößt, darauf hin, daß sich diese Unterhandlungen nur um Sicherung derselben ver­tragsmäßigen Basis mit den anderen Handelsmächten drehen, ohne daß man von der Erzielung unmittelbarer Vorteile sprechen kann. Solche hat auch England bisher nicht ge­wonnen. Der Gouverneur von Deutsch-Südwest-Afrika, Oberst Leutwein, tritt eine mehrwöchige Erholungsreise an, nach deren Beendigung er wieder nach Berlin zurückkehrt. An der höheren Töchterschule in Jnowrazlaw wurden an die Schülerinnen Broschen mit den Bildnissen des Kaiser­paars verteilt. Eine polnische Schülerin der zweiten Klasse spie (!) auf die Brosche. Von der Vorsteherin wurde das Mädchen von der Anstalt verwiesen. Der Berliner Magist­rat hat dem Anträge der Stadtverordnetenversammlung zu­gestimmt, wonach der Magistrat gemeinsam mit dem Stadt­verordneten Schritte thun möge, wegen der Linderung und Beseitigung der Fleischnot bezw. wegen Aushebung der Grenzsperren für Vieh und Fleisch. Zunächst soll das Kuratorium des Vieh- und Schlachthauses beauftragt wer­den, über die letzten 5 Jahre statistische Tabellen aufzu­stellen, sowohl über den Viehauftrieb auf dem Berliner Markt als über die erfolgten Schlachtungen der verschiedenen Viehgattungen. Ferner sollen Ermittelungen über die Fleisch­preise während der genannten Zeitdauer angestellt werden.

r. Pforzheim, 12. Sept. Zur Affaire Dr. Kratt wird mitgeteilt, daß Herr Dr. Kratt nicht aus dem Re­serveoffizier-Korps ausgeschlossen wurde, es wurde ihm viel­mehr der Abschied verwilligt. Wie weiter gemeldet wird, soll die Sache von der Anwaltskammer noch ein Nachspiel haben.

München, 12. September. Die 5. Versammlung des Verbandes deutscher Bahnärzte findet am 18. und 19. Sept. ds. Js. in München statt, gleichzeitig mit dem Verein für öffentliche Gesundheitspflege. Aus Ken Verhandlungen und wissenschaftlichen Vorträgen heben wir hervor: Die praktische Prüfung des Farbensinns mit den beim Eisen­bahnbetrieb gebräuchlichen Signallichtern, den Entwurf eines einheitlichen Formulars für die Untersuchung des Per­sonals, die Alkoholfrage u. a. Einen wichtigen Teil der Tagesordnung bilden ferner die Rettungseinrichtungen bei den verschiedenen deutschen Eisenbahnverwaltungen. Hiefür sind aus sämtlichen deutschen Bundesstaaten Bahnärzte als Referenten bestellt (aus Württemberg der Vorsitzende des württ. bahnärztlichen Vereins, Dr. Beck-Mengen.) Zur Be­sichtigung des Rettungswagens und des Rettungszimmers im Münchener Zentralbahnhof und eines neuen preußischen Arziwagens ist Gelegenheit gegeben; ferner ist zur Besichtig­ung des Eisenbahnmuseums in Nürnberg Einladung er­gangen.

Zwickau, 9. Sept. Am Altar vom Schlage gerührt. Ein trauriges Ende nahm, der T. R. zufolge, die feierliche Einweihung des Anstaltsgeistlichen am Königlichen Kranken­stifte in Zwickau. Nachdem Konsistorialrat Klemm aus Dresden über den Text:Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht u. s. w. gepredigt hatte, kniete der An­staltsgeistliche am Altar nieder, und Dr. Klemm wollte eben den Segen über ihn sprechen, als er (Dr. Klemm) plötzlich vom Schlage getroffen die Stufen des Altars hinunterstürzte. Seine linke Seite war vollständig gelähmt. Jähe Bestürzung bemächtigte sich der sehr zahlreich zur Ein­weihung Erschienenen, die unter diesen Umständen natürlich nicht zu Ende geführt werden konnte.

r. Heidelberg, 12. Sept. (Ein kostbarer Schädel.) Dieser Tage verkaufte das Mineralienkomtoir von Blatz

einen fossilen Schädel an Kommerzienrat Krupp in Essen a. R. um den Preis von 1900 Mark. Der Schädel stammt von einem Titanotherium, einem tertiären Säuge­tier aus dem Bade Lands in Nordamerika. Einen Be­griff von der Größe des Schädels erhält man, wenn man erfährt, daß derselbe, obgleich der Unterkiefer fehlt, 1?/° Ztr. wiegt.

Aachen, 11. Sept. Die Aach. Ztg. schreibt: Pfarrer Pütz, katholischer Missionar auf St. Vincent, der gegen­wärtig in Aachen weilt, dürfte wohl in ganz Deutschland der einzige Augenzeuge jenes furchtbaren, durch den Vulkan Soufriöre herbeigeführten Unglücks sein, das an den Schrecken auf der benachbarten Insel Martinique heranreicht. Seine Erzählungen wurden am Samstag im englischen Klub Per- severance von einer Anzahl Damen und Herren mit großem Interesse verfolgt, umsomehr, als viele dieser Begebenheiten durch Lichtbilder illustriert wurden. Eine reiche Sammlung von Material, als Photographien, Steine und Lavastücke führt der Vortragende mit sich. Ausgestaltet mit einer schönen Rednergabe führt uns der Missionar all die furcht­baren und schrecklichen Einzelheiten vor, er erzählt uns, wie er selbst oftmals in Lebensgefahr schwebte und mit welchen Gefahren sein Amt als katholischer Priester bei Ausübung seiner Pflicht verbunden war. Erzähler befand sich mit mehreren Herren auf einem kleinen Boote unweit der Küste, als die Sonne sich verfinsterte, das Meer anfing, sich zu heben, dis völlige Dunkelheit eintrat, so daß sich die Herren gegenseitig nicht mehr sehen konnten. Der Pfarrer sprang ins Meer, schwamm der Küste zu und verdankte dieser Tbat sein Leben, die anderen Insassen des Bootes kamen um. Sechsmal schwebte der Vortragende in höchster Lebensgefahr.

Düsseldorf, 12. Sept. In seiner Rede bei dcr Pro­vinzialtierschau führte Minister von Podbielsü noch weiter aus: Die Ausstellung werde einen Beweis erbringen von der rastlosen Arbeit und dem unermüdlichen Fleiß, durch die es möglich geworden, die Fortschritte zu zeigen, die ge­macht worden seien. Gerade an den Rheinufern werden wir uns jederzeit klar sein, daß wir alle, ob Landwirtschaft ob Industrie, zusammenarbeiten müssen für das Wohl des Vaterlandes. Wir wollen uns nie trennen, sondern die Ueberzeugung haben, daß jeder an seiner Stelle seine Pflicht thut, wenn er in treuer, unentwegter Arbeit danach strebt, die Wohlfahrt des Landes zu fördern. Und uns, meine Herren ist der Wunsch, vorwärts zu kommen auf der Scholle, die wir von den Vätern ererbt haben, sie zu erhalten und in gutem Zustand unseren Kindern und Kindeskindern zu übergeben. Diescs Streben wollen wir allezeit Hochhalten. Seien Sie überzeugt, der Kaiser und König, sowie die kgl. Staatsregierung sind unermüdlich darauf bedacht, diese Be- strebungcu zu fördern, um Ihnen die Mittel zur Verfügung zu stellen, damit gerade aus züchterischem Gebiet wesentliche Fortschritte gemacht werden können. Aber ob schlechte, ob gute Zeiten, die preußische Landwirschaft hält stets in Liebe und Treue zu Kaiser und König. Darum soll auch der erste Ruf bei Eröffnung dieser Ausstellung sein:Der Kaiser und König Wilhelm II. hoch!"

Die Bewegung gegen die Fleischnot.

Die in Nr. 142 ds. Bl. von uns gebrachte Notiz aus Ulm ging auch der D. Reichspost in nachstehendem Wort­laut zu:

Ulm. Der Stadtvorstand hat neuerdings Erhebungen über die Wirkung der Fleischteuerung aus die hiesigen Ver­hältnisse anstellen lassen. Ein erschöpfender Bericht der Schlachthausverwaltung spricht sich dahin aus, daß nach der Lage der Dinge hier von einer Fleischnot keine Rede sein könne. Die Zahl der Schlachtungen im Jahr 1901 weise gegen den gleichen Zeitraum in diesem Jahr keinen wesent­lichen Unterschied auf. Auch die Fleischpreise sind nicht be­sonders gestiegen. Dagegen find im ersten Halbjahr 1902 1111 Stück Schweine weniger geschlachtet worden, als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Zu gleicher Zeit ist auch der Schweinefleischpreis um 10°/° gestiegen. Der Bericht hält darum eine Aufhebung des Einfuhrverbots für Schweine wünschenswert. Weiterhin wird konstatiert, daß die hiesigen Metzger vielfach ohne Nutzen arbeiten, weil der Ladenpreis dem Einkaufspreis beinahe gleichkommt. Auf Vorschlag des Stadtvorstands wurde nach kurzer Debatte eine Reso­lution dahingehend gefaßt, in Verbindung mit andern Städten an die württ. Staatsregierung die Bitte zu richten, auf den Bundesrat und Reichskanzler dahin einzuwirken, die Grenzen zur ungehinderten Einfuhr von lebendem Schlachtvieh und Schweinen aus den Nachbarstaaten insolange, als die gegen­wärtige Fleischteuerung anhält, sreizugeben.

Hiezu schreibt die D. Reichspost:

Also:Von einer Fleischnot ist keine Rede", dieZahl der Schlachtungen zeigt keinen wesentlichen Unterschied", die Fleischpreise sind nicht besonders gestiegen" weil aber bei einer Einwohnerzahl von 43000 Einwohnern (im selbst­verständlichen Zusammenhang mit den gedrückten Verhält­nissen im Geschäftsleben) in Ulm täglich drei ganze Schweine weniger verzehrt wurden und bei den Ulmer Metzgern vor­übergehendder Ladenpreis dem Einkaufspreis beinahe gleichkommt", weshalb sie sofort um 10°/° aufgeschlagen haben (bei den niedersten Viehpreisen fällt ihnen monate­lang ein entsprechender Fleischabschlag gar nicht ein!) deshalb muß manin Verbindung mit andern Städten" dieungehinderte Einfuhr von Schlachtvieh und Schweinen" aus dem Ausland erbitten (!), trotzdem nach der amtlichen Statistik am 1. Juli d. I. 2110 österreichisch-ungarische Ortschaften mit Schweinepest verseucht waren. DieseBitte" begreife wer kann! Aber, man muß auch in Ulm mitthun, wennandere Städte", d. h. die demokratisch-sozialdemo­kratischen Freihändler auf den Rathäusern von einem oder zwei Dutzend Großstädtenhohe Politik" machen, statt daß