VS. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

Amtliches.

Amtliches. Se. König!. Maj. haben am 4. November d. I. allergnädigst geruht, dem Landjäger I. Klasse Mohr in Wildberg, die Verdienstmedaille des Friedrichsordens zu verleihen. __^

Tages-Ueuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 9. November.

Lichtbilder. Im Fluge durch die Welt, von den Ur­anfängen der Menschheit, durch die Zeit der Höhlenbären und Mammute, der späteren Pfahlbauten, durch tropische Länder, moderne Großstädte und schöne Landschaften, das gelobte Land und die Wunderwelt des Mikroskops führten die am Mittwoch abend vom Gewerbeverein im Festsaal des K. Seminars vor ansehnlicher Versammlung vorgezeigten Lichtbilder. Es gab des Schönen und Interessanten viel zu sehen. Vorstand S.-O.-Lehrer Köbele dankte am Schluß Oberschulrat Dr. Brügel für die gütige Ermöglichung, S.-O.-Lehrer Schwarzmaier für die technische Vorbereitung und S.-Lehrer Schumann für die gute Ausführung der ge­lungenen Veranstaltung. Auch Pfarrer Sigwart in Emmingen erntete besten Dank für die Vorführung seiner im heiligen Lande Palästina persönlich aufgenommenen Bilder.

Lehrlingswesen. Für die Bezirke der Handwerkskammern Stuttgart, Heilbronn, Reutlingen und Ulm sind zur Rege­lung des Lehrlingswesens auf Grund der M 103 s 1 und 2 und 103 u der Reichsgewerbeordnung mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern entsprechende Borschrifien erlassen worden. Die 45 Paragraphen umfassenden Be­stimmungen sind in der Nr. 44 des von der K. Zentral­stelle für Gewerbe und Handel herausgegebcnen Gewerbe­blattes für Württemberg enthalten.

Altcrtumsverein. Der Sülchgauer Altertums- Verein hält Sonntag den 10. Nov. seine Jahresversamm­lung im Waldhorn in Rottenburg ab. Außer geschäftlichen Mitteilungen wird ein Vortrag über Pfalzgräfin Mechthilde, Erzherzogin v. Oestreich, gehalten werden.

Horb, 7. Nov. Gestern hatten wir hier einen Besuch, der einiges Aufsehen erregte: Frhr. Oskar v. Münch ist in Begleitung von 2 Wärtern beim k. Amtsgericht Horb erschienen, wo in 2 Zivilprozeffen gegen ihn verhandelt wurde. Nachdem er und die beiden Wärter ihr Mittags­mahl in der Bahnhofrestauration eingenommen hatten, machten sie noch vor der Abfahrt einen kurzen gemein­schaftlichen Spaziergang._

Freudenstadt, 8. Nov. Der Grenzer berichtet über die Kälte vom 1. bis 7 d. M., daß dieselbe 1.8 bis4» betragen hat. Er bedauert dabei, daß Freudenstadt als Winterluftkurort noch sehr in den Kinderschuhen steckt. Die Bauthätigkeit schreitet bei gegenwärtigem Wetter rüstig vorwärts. Morgen Sonntag nachmittag 20r Uhr wird in der Turnhalle Landtagsabg. Galler über 1. Sollen die württ. Eisenbahnen preußisch werden? 2. Die Notwendig­keit langfristiger Handelsverträge sprechen.

Stuttgart, 6. Nov. DieEinhcitspostmarke" ist ohne sonderliche Aufregung ausgenommen worden. Das Organ der deutschen Partei, die Württ. Volks;., begrüßt mit Freuden den Tag, da mit den Sondermarken der Einzel­verwaltungen ein weiteres Merkzeichen der einstigen Zer­rissenheit aus dem öffentlichen Verkehr verschwindet. In gleichem Sinne äußert sich der Schw. M. Sachliche Ein­wendungen werden auch von den Organen der anderen Parteien nicht gemacht; bloß in staatsrechtlicher Beziehung gehen die Meinungen auseinander. Von der einen Seite wird die Ansicht vertreten, es müsse zu dem Uebereinkommen noch die Zustimmung der württembergischen Stände ernge- holt werden, während von der Gegenseite dieses Erforder­nis verneint wird. Die Regierung teilt jedenfalls die letztere Anschauung, denn sonst hätte sie den Vertrag den Ständen nicht lediglich zurKenntnisnahme" vorgelegt. Der Be­obachter bezweifelt, ob das verfassungsmäßig der rechte Weg und ob es politisch klug gehandelt sei und stellt eine genaue Prüfung dieser beiden Fragen in Aussicht. Die Regierung kann sich zu ihrer Rechtfertigung auf die Er­klärung des Ministerpräsidenten berufen, der am 18. Mai in der Kammer aussührte, über das Ergebnis der Verhand­lungen mit der Reichspostverwaltung und die von- der Re­gierung getroffene Entscheidung werde seinerzeit den Ständen Mitteilung" gemacht werden.

r- Stuttgart, 7. Nov. Bei der Vorstands- und Aus­schußwahl des katholischen Volksschullehrersvereins wurde

Nagold, Samstag drn 9. November

der seitherige Vorstand Oberlehrer Ruf-Rottweil mit 936 von 1326 abgegebenen Stimmen wiedergewählt. Ober­lehrer Edelmann-Wangen erhielt 357 Stimmen.

r. Cannstatt, 7. Nov. (Eingemeiudungssrage). In der heutigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien beschloß der Bürgerausschuß einstimmig und der Gemeinderat mit 11 gegen 3 Stimmen, auf die Anfrage des Ministeriums des Innern folgenden Antrag, der in vorberatenden Sitzungen des Bürgerausschusscs von gestern eingehend durchberaten worden war, anzunehmen:Auf die Anfrage des K. Mini­steriums des Innern an die Stadtverwaltung Cannstatts erklären sich die bürgerlichen Kollegien bereit, eine Kommission zur Beratung der Eingemeindungsfrage zu beschicken, welche von Stuttgart und Cannstatt zu gleichen Teilen zu besetzen ist, unter der Voraussetzung, daß die kgl. Staatsregierung sich entschließen kann, der genannten Kommission Aufschlüsse über die verkehrspolitischen Fragen und über andere Punkte, welche die Entwicklung der beiden Städte berühren, zu geben." Die Sitzung war reich an erregten Debatten und fand erst um 12 Uhr mittags ihr Ende.

r. Altoberndors, 7. Nov. Unter Aufgebot mehrerer hies. Bürger wurde in einer Wirtschaft dahier ein wegen Mthrfachen Betrügereien gesuchter Bierbrauer Namens Büchler verhaftet und mittelst Karren in die Oberamtsstadt eingelicfert. Wahrscheinlich ist er die Person, welche einem hiesigen Bauern Len Betrag von 150 gestohlen hat. Vielleicht sind von ihm auch andere Einbruchsdiebstähle, die in Bahnhosrestaurationen vorgekommen sind, ausgesührt worden. Büchler war zuletzt in Tübingen beschäftigt.

r. Schwabsberg, 5. Nov. Am letzten Sonntag früh hat sich lt. Ellwanger Blattes die Ehefrau des Josef Wied­mann, Wagenbauers hier, in nur halber Kleidung vom Hause entfernt. Trotz Nachfrage bei Verwandten und eifrigem Absuchen der Jagst und der angrenzenden Waldungen hat man bis heute keine Spur über ihren Verbleib gefunden. Da schon längere Zeit Spuren geistiger Störung an der­selben beobachtet wurden, ist es nicht ausgeschlossen, daß sie in einem solchen Ansall den Tod gesucht und gefunden hat.

Gerichtssaal.

r. Stuttgart, 7. Nov. (Strafkammer.) Ein zweiter kleinerer Chinaprozeß wurde auf Grund eines vom Kgl. preuß. Kriegsminister gestellten Antrags heute gegen den Redakteur der hier erscheinenden periodischen Druckschrift, Der wahre Jakob, Berthold Hey mann verhandelt, wegen eines am 2. Juli d. I. veröffentlichten Gedichts, mit der Aufschrift:Heimkehr", dessen letzter Vers lautete:Unsere Hunnen kehren wieder, Schlapp vom Sengen, Brennen, Morden, Und ne Viertelmilliarde Sind wir dabei losge­worden." Der Angeklagte machte geltend, das Gedicht nicht selbst verfaßt, sondern von einem seit dem 20jährigen Bestehen des Blattes thätigen Mitarbeiter, den er nicht nenne, eingesandt erhalten zu haben. Wegen einer vierwöchentlichen Gefängnisstrafe, die er damals habe antreten müssen, sei es ihm nicht möglich gewesen, die anstößigen Strophen, welche ihm nicht einwavdsfrei erschienen, zu korri­gieren. Man habe damals die in größeren deutschen Blättern verbreiteten Nachrichten aus China etwas leichtgläubig für völlig wahr gehalten. Oberstaatsanwalt Herrschner bean­tragte eine mäßige Gefängnisstrafe, denn es seien auch der poetischen Lizenz eines Witzblattes Grenzen gezogen. Dem deutschen Expeditionscorps und jedem einzelnen Teilnehmer sei die Kollektivbeleidigung zugefügt, als ob sie Mordbrenner gewesen und nur auf Sengen, Brennen und Morden aus­gegangen wären. Die Uebertreibungen der sogen. Hunnen­briefe haben nicht allein in der Presse, sondern auch im Reichstag allzu leichtfertig Glauben gefunden und das Schlimme daran sei gewesen, daß man einzelne Exzesse, welche tatsächlich bestraft worden seien, als straflos geschehen angesehen habe. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Fr. Hauß- mann, wies auf die beim Beginn der Chiuaexpedition aus­gegebene Parole hin, auf den nachher den Mannschaften erteilten strikten Befehl, über die Vorkommnisse daselbst so­gar ihren Angehörigen strengstes Stillschweigen zu beobachten und verlas einen im Schw. Merkur veröffentlichten Bericht des Kriegsberichterstatters Rudolf Zabel, worin das Ab­brennen verschiedener chinesischer Ortschaften durch deutsche Truppen erwähnt ist, zum Beweise, daß Sengen und Brennen doch tatsächlich vorgekommen sein müsse. Daß viel Blut in China geflossen sei, bedürfe keiner weiteren Ausführung, das rudelweise Zusammenschießen irregulärer Truppen oder Banden, die mitgebrachten chinesischen Zöpfe seien bekannte Thatsachen und zeigen den grausamen Charakter dieses Kriegs, worüber Friedensfreunde ehrlich, vielleicht übertrieben empört gewesen seien. Auch ein im Neuen Tagbl. veröffentlichter Privatbries aus China habe über das Lebendigbegraben zweier Chinesen durch russische Kosaken im Beisein deutscher Soldaten berichtet. Der Aufschrei über diese Grausamkeiten

1901.

sei von einem sittlichen Gedanken getragen, eine Freiheits­strafe erscheine unter solchen Umständen zu hart und eine Geldstrafe genügend, wenn nicht wie er, der Verteidiger, beantrage, wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen auf Freisprechung erkannt werden wolle. Der Verteidiger ent- gegnete noch im Sinne seiner Ausführungen, auch durch strategische Erfordernisse könne an den Thatsachen nichts geändert werden. Die weiteren Entgegnungen des Ober­staatsanwalts und des Verteidigers bewegten sich in den aus dem letztwöchentlichen Prozesse bekannten Controversen. Die Strafkammer erkannte gegen den Angeklagten in Ge­mäßheit des Z 185 des Strafgesetzbuchs auf eine Geld­strafe von 200 ^ (event. 20 Tage Gefängnis). Dem Kgl. preußischen Kriegsminister wurde die Befugnis zuerkannt, das Urteil innerhalb 4 Wochen nach eingetretencr Rechts­kraft im Wahren Jakob und im Deutschen Reichsanzeiger einmal auf Kosten des Verurteilten bekannt zu machen. Auch wurde die Unbrauchbarmachung der unter Anklage gestellten Nummer u. s. w. verfügt.

Eine für Inserenten wichtige Entscheidung hat un­längst ein Landgericht gefällt. Der Auftraggeber einer Anzeige hatte die Zahlung verweigert, weil ihm kein Belegexemplar zugesandt worden sei. Das Landgericht als Berufsinstanz ver­urteilte den Beklagten zur Zahlung mit der Begründung, es sei Sache des Inserenten, sich selbst die Ueberzeugung von der Veröffentlichung seiner Anzeige zu verschaffen; die Leistung des Verlags erschöpfe sich in der Drucklegung der betreffenden Annonce und der Herausgabe der jeweiligen Auflage. Hiernach ist eine Zeitung zur unentgeltlichen Lieferung von Belegnummern nicht verpflichtet.

Deutsches Reich.

Berlin, 7. Nov. Der Bundesrat überwies in seiner heutigen Sitzung die Vorlagen betr. Uebersicht der Neichs- ausgaben und -Einnahmen für das Rechnungsjahr 1900, betr. die Uebersichten über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete für 18991900, betr. den Entwurf einer Verordnung wegen Festsetzung der Gebühren der Rechrsan- wälte im Verfahren vor den Schiedsgerichten im Reichs- vcrsicherungsamte, betr. den Entwurf von Bestimmungen über das Verfahren zur Feststellung der bei Anträgen auf Einführung des früheren Ladenschlusses erforderlichen Zahl von Geschäftsinhabern den zuständigen Ausschüssen.

Berlin, 7. Nov. Das sogen. Defizit im Reichsetat, das bisher auf 100 Will. Mark geschätzt wurde soll sich nach der Nat.-Ztg. bei der endgiltigen Aufstellung des Eiats- entwurss für den Bundesrat auf 140 Mill. Mk. gesteigert haben. Um diesen Betragwürden somit, wenn nicht andere Mittel der Deckung herangezogen werden, die Matrikular- beiträgc zu erhöhen sein. Auch in Preußen wird, wie es heißt, mit einer sich ungefähr ebenso hoch belaufenden Ver­schlechterung des Etats für 1902 im Vergleich mit dem des Jahres 1901 gerechnet, da zu der Steigerung der preuß. Matriknlarbeiträge eine beträchtlich geringere Ver­anschlagung der direkten Steuern und der Eiseubahnüber- schüssc hinzukommt. Hier werden allerdings die während der Miguelscheu Verwaltung gelegten Reserven einen Aus­gleich ermöglichen; alle Extraordinarien werden eine wesent­liche Verminderung erfahren können.

München, 6. Nov. Die Hoffnung, daß die bayerische Regierung dem Beispiel Württembergs in der Aufgabe der eigenen Postwertzeichen folgen werde, erweist sich als hin­fällig. Wie die Köln. Ztg. von hier i ört, ist die Regierung fest entschlossen, an den bestehenden Verhältnissen nichts zu ändern. Der Wortlaut des zwischen Preußen und Württem­berg abgeschlossenen Vertrages wurde Bayern nütgcteilt.

Kiel, 6. Nov. Der Kaiser richtete anläßlich des 50- jährigen Bestehens der Marineschule an den Inspekteur des Marinebildungswesens folgendes Telegramm:Zu dem heutigen Tage des 50jährigen Bestehens der Marineschule entbiete ich den Offizieren und Fähnrichen meinen kaiserlichen Gruß mit dem Wunsche, daß die Anstalt auch fernerhin als eine Stätte ritterlichen Geistes und Vcrufswiffeuschaftlicher Bildung meiner Seeoffiziere von Erfolg gekrönt sein möge. Sie haben diese Ordre den Offizieren und Fähnrichen be- kanntzugclwu."

Insterburg (Ostpr.), 5. Nov. Hier hat ein Ofsistersduell stattgefunden, in dem der Infanterie-Leutnant Blaskowitz einen Schuß in den Unterleib erhielt, an den: er Tags darauf starb. Auch bei dieser Affaire hat Dämon Alkohol sein unheilvolles Wesen getrieb.n Leutnant Blaskowitz hatte am Donnerstag abend stark gezech: und sollte deshalb von einigen Kameraden, unter denen sich sein nachheriger Gegner, Artillerie-Oberleutnant Hildebrand befand, nach Hause geleitet werden. Dem widersetzte er sich und vergaß sich in seinem Zustande so weit, daß er thätlich wurde. Jenen blieb nichts übrig, als den Vorgang dienstlich zu melden. Das Ehrengericht trat zusammen und erklärte den