bestätigte er, indem er sich vor der Abreise noch durch alle Hotelräume führen und den Betrieb des so großen Instituts erklären ließ. Besonders interessierten ihn die Einrichtungs­gegenstände kunstgewerblichen Charakters, die er lange und mit vieler Befriedigung betrachtete. Die Hotelrechnung be­trägt etwa 20,000 Frcs. Deren Begleichung wird von Berlin aus erfolgen, da bei der Plötzlichkeit der Abreise der Schatzmeister die Rechnungen nicht mehr zu prüfen ver­mochte, man aber den Prinzen nicht ohne seinen Finanz­verwalter abfahren lassen wollte. In das den Fürstlich­keiten vorbehaltene Fremdenbuch hat sich der Prinz zu­fällig auf demselben Blatt eingetragen, auf welchem sich Prinz Albrecht von Preußen bei seinem letzten Aufenthalt eingezeichnet hatte. Während dieser aber kurz und knapp nur Namen und Datum schrieb, hat Tschun als echter Sohn des schreibseligen Litteratenvolkes fast das ganze Blatt mit feinen Schriftzügen angefüllt und in diesen Mandschndialekt genau erzählt, West' Namens und Art er sei.

Karlsruhe, 0. Sept. Heule nacht 2.15 Uhr reiste der chinesische Prinz Tschun mit Gefolge mittelst Sonderzugs von Basel nach Berlin hier durch.

Potsdam, 3. Sept. Der Zug mit dem Prinzen Tschun lief programmäßig ein. Der Prinz stieg in Begleitung der deutschen Herren (v. Höpffner und v. Lüttwitz) aus. Der Prinz macht einen durchaus knabenhaften Eindruck und sieht sehr verschüchtert aus. Er begrüßte den zum Empfang erschienenen Stadtkommandanten und den Polizeidirektor, sowie die chinesischen Herren, und bestiegt nach kurzem Auf­enthalt im Empfangssalon den Wagen, um nach der Neuen Orangerie zu fahren. Kundgebungen fanden nicht statt, der Wagen hatte keine militärische Eskorte, nur Spitzen­reiter. Der Wegfall des großen militärischen Empfangs und des Einzugs in Potsdam mit Kavallerie Eskorte, namentlich die Thatsache, daß der Reichskanzler Berlin ver­lassen hat und von der Sühnemisfion keine Notiz nimmt, spricht eine deutliche Sprache.

Potsdam, 4. Sept. Prinz Tschun besuchte mit Begleit­ung heut vorniittag das Mausoleum in der Friedenskirche und legte am Sarkophage Kaifer Friedrichs sowie auf der Sargplatte, welche die Ruhestätte der Kaiserin Friedrich deckt, Kränze nieder.

Potsdam, 4. Sept. Der Kaiser stattete nachmittags drei Uhr dem Prinzen Tschun in dem Orangeriegebäude einen Besuch ab.

Potsdam, 4. Sept. Der Kaiser empfing um 12 Uhr in Gegenwart der königlichen Prinzen, des Staatssekretärs des Aeußeren, der Minister, Generalität und Hofchargen den Prinzen Tschun, welcher einen auf gelber Seide ge­schriebenen Brief des Kaisers von China verlas. Der Brief hatte ins Deutsche übertragen folgenden Wortlaut: Im Aufträge des großen Kaisers meines allergnädigsten Herrn und Gebieters, habe ich die Ehre, allerhöchst dessen Schreiben in Eurer Majestät kaiserliche Hände zu über­geben. Nach den im vergangenen Jahre in China ein­getretenen aufständischen Bewegungen fühlte der kaiserliche Hof aus eigenem Antrieb nicht weniger als auf Ver­langen der Mächte die Verpflichtung, durch eine besondere .Mission nach Deutschland Eurer Majestät sein auf­richtiges Bedauern über diese Vorkommnisse, insbesondere über den Vorfall, welchem Eurer Majestät ausgezeichneter Gesandte Freiherr v. Ketteler zum Opfer gefallen ist, aus­zudrücken. Um die Aufrichtigkeit dieses Bedauerns über allen Zweifel zu erheben, bestimmte der Kaiser seinen aller­nächsten Blutsverwandten für die Mission. Ich bin in der Lage, Eurer Majestät zu versichern, daß der Kaiser, mein allergnädigster Herr, diesen Wirren, welche großes Unglück über China gebracht haben, für Deutschland Verluste und Sorgen im vollsten Sinne des Wortes ferngestanden hat. Dennoch hat nach dem feit Jahrtausenden bestehenden Ge­brauch der Kaiser von China die Schuld dafür auf seine eigene geheiligte Person genommen. Ich habe daher den Auftrag, die innigsten Gefühle des Kaisers, meines erhabenen Herrn, für Eure Majestät bei Ueberreichung dieses Schreibens zum Ausdruck zu bringen. Auch bei I. M. der Kaiserin und der ganzen kaiserlichen Familie bin ich beauftragt, der Dol­metsch der Gefühle des großen Kaisers von China zu sein, und q en Wunsch auszudrücken, daß Eurer Majestät Haus blühe und

Gesundheit, Glück und Segen im vollsten Maße genieße. Seine Majestät der Kaiser von China hofft, daß die Er­eignisse des vergangenen Jahres nur eine vorübergehende Trübung gewesen sind und daß, nachdem das Gewölk nun­mehr der Klarheit des Friedens gewichen ist, die Völker Deutschlands nnd Chinas sich gegenseitig immer besser ver­stehen und schätzen lernen mögen. Dies ist auch mein auf­richtigster Wunsch. (Schluß folgt.)

Vom südafrikanischen Kriegsschauplatz.

London, 3. Sept. Der letzte Burenkommandant von Johannesburg, Dr. Krause, welcher seiner Zeit Johannes­burg Lord Roberts übergab und der, nachdem er den Treueid geschworen, seit 4 Monaten in London lebte, wurde gestern abend in einem hiesigen Hotel unter dem Verdacht der Spionage verhaftet. Sein Gepäck wurde be­schlagnahmt.

London, 3. Sept., Der unter dem Verdacht der Spionage verhaftete frühere Burenkommandant Dr. Krause erschien heute vor dem Bowstreet-Polizeigericht. Die Verhandlung wurde auf eine Woche vertagt. Die von Dr. Krause an­gebotene Kaution für Freilassung wurde abgelehnt. Die Anklage lautet auf Hochverrat, begangen in Transvaal. Als ihm gestern abend der Haftbefehl vorgelesen wurde, bezeichnte er die Anklage als unsinnig.

London, 3. Sept. Aus Pretoria wird gemeldet: Bei der Entgleisung des Eisenbahnzugs, welcher von den Buren in die Luft gesprengt wurde, sind auch drei Zivilpersonen verwundet worden. Die Buren hatten die Vorsicht ge­troffen, die Eingeborenen, welche zum Aufklärungsdienst an der Eisenbahn verwendet wurden, fest za nehmen und sie unschädlich zu machen.

London, 3. Sept. Aus Kimberley wird berichtet: Das Kriegsgericht verurteilte einen gewissen Espach zu drei Jahren Gefängnis, weil derselbe die Revolte im Gebiete Barktay- West gepredigt hatte.

London, 4. Sept. Das Kolonialamt hat am 1. Sept. ein Telegramm vom Gouverneur der Kapkolonie erhalten, wonach der Richter des Orts Prisch, am 28. v. M. meldete, daß die Buren in der Nähe von Aaarekloof zwei englische gut bewaffnete Kundschafter angegriffen und erschossen hätten. Der Richter von Niedsdale meldete vom 31. August, daß die Buren zwei Farmen in der Nähe von Minskraal in Brand steckten.

London, 4. Sept. Daily Mail meldet aus Kapstadt: Kommandant Myrburg hat eine Proklamation erlassen, worin er erklärt, daß alle Bewohner der Kapkolonie, die nach dem 15. September in Waffen angetroffen werden, standrechtlich erschossen werden sollen. Einem Gerücht zu­folge soll Dewet ebenfalls eine Proklamation erlassen haben, wonach alle englischen Gefangenen, die nach dem 15. September im Oranjefreistaate gemacht werden, erschossen werden sollen.

Cradock, 3. Sept. Die Unruhen unter den Eingeborenen nehmen zu. Vorgestern wurde ein Dorf, 20 englische Meilen von Cradock entfernt, von den Bergstämmen angegriffen und geplündert. Frauen wurden mißhandelt und vergewaltigt. Die Eindringlinge kehrten alsdann in die Berge zurück, ohne von den Reichstruppen irgendwie belästigt worden zu sein.

Die Vorgänge in China.

Wie sehr man von deutscher Seite bestrebt ist, in China endlich zn einem Abschluß zu kommen und wie dieses Bestreben immer wieder durch andere Mächte durchkreuzt wird, geht aus der neuesten Timesmeldung aus Peking, 1. Sept. hervor, worin es heißt: Der hiesige deutsche Ge­sandte richtete an die übrigen Gesandten ein Rundschreiben, worin der frühere Vorschlag wiederholt wird, die Ver­öffentlichung der beiden noch fehlenden Edikte nicht abzu­warten, sondern das Protokoll sofort mit den chinesischen Bevollmächtigten zu unterzeichnen und sich auf die letzteren hinsichtlich der späteren Veröffentlichung der beiden Edikte zu verlassen. In Anbetracht der wenig zufriedenstellenden Form des Ediktes, betr. das Verbot der Waffeneinfuhr, sei es aber den Gesandten Englands und der Ver. Staaten von Amerika unmöglich den Vorschlag des deutschen Ge­sandten anzunehmen, obgleich er von den übrigen Gesandten gutgeheißen wurde.

Paris, 3. Sept. Der Marineminister empfing ein Telegramm aus Tientsin, in dein gemeldet wurde, daß der Palast der Vorfahren in der kaiserlichen Stadt in Peking den chinesischen Bevollmächtigten feierlich übergeben wurde. Ein Bataillon verschiedener Truppen verbleibt vorläufig in dem Franzosenviertel, bis die Befestigung der Gesandtschaft im Oktober erfolgt ist.

Vermischtes.

Aus New-Iork wird über eine Hinrichtung durch Elektri­zität berichtet: Eine Brooklyner Mordthat, deren letzte Ur­sache wohl im Klasseuhaß zu suchen war, wurde in Sing- Sing (das Staatsgefängnis) gesühnt, wo der Farbige Benjamin Pugh, der am 23. August letzten Jahres den deutschen Kellner John Tiegen erschoß, durch den elektrischen Stuhl vom Leben zum Tode befördert wurde. Es bedurfte eines dreimaligen Andrehens des elektrischen Stromes, ehe die Aerzte den Tod des Delinquenten konstatieren konnten. Pugh war abends um 10 Uhr zu Bette gegangen und hatte bis um 5 Uhr morgens fest geschlafen. Nachdem er sein Frühstück, aus Beefsteak, Kaffee und Brot bestehend, ein­genommen, erhielt er den Besuch zweier Geistlichen, die bis zur letzten Minute ihm zur Seite blieben. Kurz vor 6 Uhr bat er um die Erlaubnis, sich eine Zigarette anzünden zu dürfen. Er hatte diese etwa zur Hälfte geraucht, als er zu feinem letzten Gange gerufen wurde. Mit festen Schritten ging er, nachdem er der Verlesung des Todes­urteils zugehört, nach dem Hinrichtungsraum, ihm zur Seite die beiden Geistlichen, die Sterbegebete murmelten. Die Zellen von änderen fünf zum Tode Verurteilten waren verhängt worden. Pugh wurde dann im elektrischen Stuhle festgeschnallt. Um 6 Uhr 3 Min. wurde der Strom an­gedreht, gerade als der Delinquent, der bis dahin laut gebetet hatte, das WortJesus" über die Lippen gebracht hatte. Da indessen nach Abdrehung des Stromes noch Leben in ihm war, wurde die tätliche Kraft noch ein zweites und drittes Mal angedreht. Dann erst wurde Pugh für tot erklärt. Staatselektriker Davis sagte bezüglich der Lebenzähigkeit des Mannes nach der Hinrichtung, daß es im Sommer immer länger dauere, einen Menschen mit Elektrizität zu töten, als im Winter, da das Blut in der heißen Jahreszeit dünner fei. Das treffe besonders auf Neger zu. _

LitLerarisches.

Die Woche. Die neuerschienene Nummer 35 zieht Professor Dr. Max Lenz eine Parallele zwischen Bismark und Ranke. Die geistvolle hochinteressante Abhandlung zeigt uns den Altreichskanzler in seinem Verhältnis zu den modernen Historikern unserer Nation. Von den drei reichillustrierten Artikeln des neuen Heftes führt der eine die nicht zu unterschätzende Rolle vor Augen, die das Pferd im Polizeidienst, namentlich in Amerika spielt. Der zweite Aufsatz, Der Baum der Zukunft, der sich besonders durch Bilder von überraschender Anschaulichkeit auSzcichnet, ist eine umfassende Studie über die Ge­winnung des Kautschuks, während der dritte in die Arbeitsstätten be­kannter Berliner Mnstlerinnen führt. Die Bilder vom Tage ent­halten u. a. vorzügliche Bilder von den Augustmanövern unserer Kavallerie, von Stapellauf des Linienschiffes Schwaben- in Wilhelms­haven rc. An leitender Stelle bekämpt Frau Natalie von Rümelin- Ocsterlen (Stuttgart) in einem sehr beachtenswerten Aufsatz Standesgemäße Frauenberufe die Vorurteile, die sich den Frauen und Mädchen der so­genannten besseren Ständebei ihrer Berufswahl cntgegenstellen. Im Unter­haltungsteil ist der beliebte Erzähler Karl Busse mit einer packenden Novelle Die Verräterin vertreten. Außerdem hat Dr. Felix Poppen­berg eine kunstgewerbliche Plauderei Kunstverglasungcn und Heinrich (Halle a. S.) eine zeitgemäße Abhandlung über den Obstbau in Deutsch­land beigesteuert.

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Hiezu die BeilageSchwäbischer Landwirt" Nr. 16.

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