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Der GkjrlMtn

Amts- und Anzeige-Blatt für -en Oberamts-Aezirk Nagold.

74. Jahrgang.

JnsertionS-Gebühr f. d. einspaltige Z,tlr auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum br, liumaltg. Einrückung S bei mehrmalig je S ^

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Schwäb. Landwirt.

Nagold, Samstag de» 3. November

^ 178.

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für die Monate November und Dezember

können noch jederzeit bei den Postanjtalten, Postboten und bei unseren Austrägerinnen gemacht werden. Der Win­terfahrplan wird jeder Bestellung beigelegt.

Amtlicher.

Bekanntmachung,

brtr. die Schwarjwaldtvalferversorguug.

Den Schultheißenämteru der zum Grmeiudeverband der Schwarzwaldwafferversorgung gehörige« Gemeinden des Be­zirks ist heute je ein Abdruck des Protokolls über die Ueber- gabe der Schwarzwaldwafferversorgung in dir Verwaltung der Gruppengemeinden vom 20. ds. Mts. zugegangen.

Dos Protokoll ist zur Kenntnis der Gemeindekollegieu zu bringen und das demselben angesügte Statut für die Benützung der Schwarzwaldwafferversorgung ist in der Ge­meinde in ortsüblicher Weise bekannt zu machen. Hierauf ist das Protokoll in der Ortsregistratur in dem Fascikel Wasserversorgung" sorgfältig auszubewahre«.

Nagold, den 1. Novbr. 1900.

K. Oberamt. Ritter.

Reforrnaliorrsfest.

Das Reformationsfest zählt nicht zu den Festen der alten Kirche, es zählt nicht zu den Hauptfesten der Christen­heit. Nur ein Bruchteil der Christen feiert das Fest. Ist aber darum vielleicht sein christlicher Charakter gefährdet oder zweifelhaft? Da wo man für die Reformation keine andere Würdigung kennt als die, daß sie einer gemeinen Revolution gleichzuachten sei, da spricht man auch dem Reformationsfest den christlichen Charakter ab. Die Evan- gelischen braucht solche Lieblosigkeit und Urteitsunsähigkeit nicht anzusechten. Sie wissen eS, daß ihr Reformationsfest ein christliches Fest ist. das sich würdig einreiht in die Reihe der christlichen Feste der alten Kirche. Seine Legi­timation ist der biblische Grund, auf dem es erwachsen ist. Wenn doch olle Feste, die sonst als kirchliche Feste gefeiert werden, sich des gleichen biblischen Grundes rühmen könnten und rühmen dürften! Auf biblischem Grund ist das Re- formotionsfest erwachsen, denn es ist nichts anderes, als ein Dankfest für die Gottesgabenreines Wort und Sa­krament." Dos ist die große Thal der Reformation und die bleibt bestehen, wie viel an ihr auch noch grmäk- kelt werden mag, daß sie dem Gottes-Wort die Auto­rität «ingeräumt hat, die ihm gebührt, daß sie die falschen Autoritäten, die dies Wort eingeschnürt hatten, gestürzt hat und der Autorität Gottes die Bahn frei machte, als der einzigen, der Macht über die Herzen und Gewissen zu­kommt. Dadurch erst ist das Gewissen frei geworden und drr Frömmigkeit, wie dem religiösen Leben überhaupt die Möglichkeit voller und reiner Entfaltung gegeben worden. Der evangelischen Kirche erwächst daraus von selbst die Pflicht, sich diesen beiden Gottesgaben, Wort und Sakra­ment, zu erhalten und ihre ganze Kraft einzusetzen, daß diese Gottesgaben mit ihrer heiligenden, läuternden und be­freienden Kraft unser Volksleben turchdringen, auf daß unserem Volk die Ehre und der Ruhm rein bleibe, daß es .ein Volk Gottes sei. Die Gefahr, dieses Ruhmes verlustig zu gehen, ist groß genug. Das Reformationsfest stellt uns diese Gefahr vor Augen, zeigt uns aber leuchtend klar den Weg ihrer Ueberwindung.Das Wort sie sollen las­sen stah'n!"

Württembergischer Landtag.

(146. Sitzung.)

Stuttgart, 31. Okt. (Korr.) Der zweite Teil des Berichts der staatsrechtlichen Kommission, das Ersparnisrecht am Württ. Militäretat, stand heute aus der Tagesordnung. Dieses Ersparnis­recht ist insofern zweifelhaft, als sich darüber streiten läßt, ob der Art. 12 der Militärkonvention nur für die Zeit des Pauschalver- hältnifses der Reichsmilitärausgaben (anfangs der siebziger Jahre) Geltung hatte oder ob derselbe auch noch nachher seit dem Bestehen des spezialisierten Militäretats giltig ist. Der Bericht- erst., Abg. Gröber, suchte in scharfsinniger Weise zu beweisen, daß letzteres der Fall sei und stellte namens der Kommission das Ersuchen an die Regierung, das Ersparnisrecht geltend zu machen. Der Ministerpräs. gab eine eingehende Darlegung der historischen Ent­wicklung der Verhältnisse und des Zustandekommens der Militär- konvention und hielt den Rechtsanspruch Württembergs nicht nur für einen zweifelhaften, sondern bezeichnte es sogar als Wahr­scheinlichkeit, daß der damalige Kriegsmin. v. Suckow, der verant­wortliche Urheber der Militärkonventton, nur die Zeit des Pauschal- vrrhältnifses mit dem fraglichen Art. 12 treffen wollte. Offen bekämpft wurde der Kommissionsantrag von Frhrn. v. Wöllwarth, der einen Gegenantrag einbrachte, denselben aber wieder zurückzog, als Frhr. v. Temmingen in Gemeinschaft mit dem Abg. v. Geß «inen abschwächrnden Antrag stellte. Da v. Seß auf ein geheimes Aktenstück hinwieS, das in der Kommission mitgeteilt worden sei.

so trat der für den Landtag äußerst seltene Fall ein, daß eine ge­heime Sitzung anberaumt wurde. Nach Beendigung derselben traten Haußmann-Gerabronn und Gröber nochmals wirksam für den Kommisfionsantrag ein, der dann auch in der Abstimmung mit 60 gegen 9 Stimmen (3 Ritter und 6 Prälaten) angenommen wurde. Der Antrag von Semmingen-Geß hatte nur bei den Rittern, Prälaten und einigen Deutschparteilern Zustimmung gefunden. Morgen findet keine Sitzung statt. Auf Freitag sind eine Reihe von Petitionen, u. a. die Eingabe des Städtetages und der Antrag Eggmann, zur Behandlung vorgesehen.

Tages-MeuigLetten.

Ventsches Leich.

Nagold, 2. November.

Postanweisungsverkehr. Die Postverwaltnng hat vor einiger Zeit eine Einrichtung getroffen, wodurch die Absender von Postanweisungen in die Lage versetzt find, sich durch Vermtttlung der Post Empfangsbescheinigungen der Adressaten der Postanweisungen über die an sie ausbe­zahlten Geldbeträge zu verschaffen. Zu diesem Zweck sind Postanweisungskarten mit angehängter Postkarte zur Em- pfangsbescheinigung ausgegeben, welche bei den Postanstalten zum Preis von 1 iZ für das Stück käuflich zu haben find. Bei Einzahlung der Geldbeträge sind vom Aufgeber Post- sreimarken in Höhe der Postanweisungsgebühr auf diePost- onweisungSkarte und in Höhe der Postkartengebühr auf die angehängte Karte zur Empfangsbestätigung zu kleben. Von Behörden werden Postanweisungen mit angehängter Postkarte auch angenommen, ohne daß die letztere frankiert ist. Bei Bestellung der Postanweisung an den Empfänger wird die Postkarte vom bestellenden Boten dem Adressaten der Post­anweisung zur Ausfertigung der Empfangsbestätigung über­lassen. Die Karte kann vom Adressaten auch zu sonstigen Mitteilungen benützt werden. Von dieser Einrichtung ist seit deren Einführung in ziemlichem Umfang Gebrauch ge- macht worden, doch nicht in dem Maße, daß angenommen werden kann, sie sei allgemein bekannt.

Der hiesige Turnverein hat wieder eine Turnstunde für die neuzubildende Männerriege eingeführt und zwar jeden Samstag abend von 89 Uhr. Die Gönner und Freunde der Turnsache haben damit Gelegenheit, sich durch rege Beteiligung an dieser Turnstunde in ihrer Ge­sundheit zu fördern. Es werden natürlich kein« Kunststücke geübt oder verlangt, sondern einfache Geräte- und Frei­übungen ausgeführt, welche ohne große Anstrengung und Vorkenntniffe mitgemacht werden können.

L. Herrenberg, 1. Noo. Gestern wurde hier unter dem Vorsitz von Bezirksschulinsprktor Stadtpfarrer Dr. Weber die heurige Bezirksschuloersammlung abgehalten, an der auch Oberamtmann Wiegand, verschiedene Geistliche und die Lehrer der hiesigen Latein- und Realschule teil- nahmen. Seinem Rechenschaftsbericht schickte der Vorsitzende eine interessante Säkularbetrachtung in pädagogischer Rich- tung voran. Schull. Kühnle jr. von Kuppingen gab ein Referat überdie Mission als Kulturträgerin" und Schull. Boßler von Thailfingen hatte Thesen überdie Raumlehre in der Volksschule" zur Debatte aufgestellt.

Stuttgart, 31. Okt. Zur Landtagswahl. Lud­wigsburg: In einer aus allen Kreisen der Bürgerschaft, namentlich aber von Mitgliedern der deutschen Partei gut besuchten Versammlung im Ratskeller wurde gestern abend der Hauptmaun z. D. und Gemeinderat Kleemann als Kandidat der Stadt Ludwigsburg für die LandiagSwahl aufgestellt. Von einer Gegenkandidatur verlautet bis jetzt nichts Bestimmtes. In einer von der Volkspartei des Oberamtsbezirks Waiblingen nach Korb rin berufenen Vertrauensmännervrrsammlung wurde dem seitherigen Ab­geordneten des Bezirks, Herrn Aug. Binz aus Winnenden, die Kandidatur für die bevorstehende Wahl wieder ange­tragen. Herr Binz hat angenommen. Weinsberg: Heute begab sich eine Deputation der Volkspartei nach Stuttgart, um Stadtrat Cleß daselbst um Annahme der Landtagskan- didatur für unfern Bezirk zu ersuchen; derselbe hat zuge­sagt. Eine am Sonntag in Eschenau abgehaltene Ver­trauensmännerversammlung stellte Cleß als Kandidaten auf. Als weitere Kandidaten treten auf: seitens des Bauern, bundes Ochsenwirt Barth in Willsbach. Pfarrer Esenwein in Langenbeutingen (national-sozial) und der Sozialdemokrat Seytrr aus Stuttgart. Mergentheim: Es hat dos Zentrum die Kandidatur dem Gemeinderat Hofmann in JgerSheim angetragen; derselbe hat bis jetzt noch nicht zu- gesagt. Ktrchheim u. T.: Von den Sozialdemokraten wurde Handschuhfabrikant Sperka-Stuttgart als Landlags­kandidat ausgestellt. Tpaichingen: In einer Versamm­lung des katholischen Volksvereins zu Wehingen wurde gestern Kaufmann Fritz Schöningrr aus Stuttgart als Kan­didat des Zentrums ausgestellt. Saulgau: Von einer Vertrauensmännerversammlung der Zrntrumspartei wurde

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gestern nachmittag dahier einstimmig dem bisherigen Abge­ordneten Sommer die Kandidatur für die nächste Land­tagswahl wieder angetragrn. Herr Sommer hat angenom­men. Eine Gegenkandidatur wurde bis jetzt nicht ausge­stellt, ist auch nicht in Aussicht zu nehmen, so daß wir von einem Wahlkampf verschont bleiben werden. Gail­dorf: Im hiesigen Bezirk tritt der volksparteiliche Abge­ordnete Schock wieder als Kandidat auf. Seine Wieder­wahl ist sicher. Gerabroan: In einer Vertrauens- männerversammlung des Bundes der Landwirte wurde für die Landtagswahl Karl Marquardt, Landwirt in Crails- Hausen, Gemeinde Tchrozberg als Kandidat aufgestellt. Geislingen a. St.: Von der deutschen Partei ist die Wiederaufstellung der Kandidatur des Oekonomierats Bant­leon beschlossen worden; der Bund der Landwirte stimmt diesem Vorschlag zu. Oekonomierat Bantleon hat sich zur Annahme der Kandidatur bereit erklärt. Sonst ist im Wahlbezirk noch alles ruhig. Riedlingen: In einer am 29. Okt. abgehaltenen Vertrauensmännerversammlung der Zentrumspartei wurde Landgerichtsrat Gröber wieder als Zenlrumskandidat ausgestellt.

Geislingen a. St., 30. Okt. Heute ist die vom landwirtschaftlichen Bezirksverein in die Normandie abgesandte Kommission, bestehend aus Oberamtstierarzt Maier von hier und Oekonom Gchäuffele von Türkheim hieher zurückgrkehrt und hat einen wertvollen Normannerhengst und fünf später zur Zucht geeignete Fohlen mitgebracht. Diese letzteren werden an Vereinsmitglieder abgegeben; der Hengst wird von Oeko­nom Schäuffele übernommen. Dieses Vorgehen ist mit Freu­den zu begrüßen, denn nur auf diese Weise wird eS mög­lich sein, das Pferdematerial im Bezirke zu einem immer besseren zu gestalten.

Friedrichs Hafen, 29. Okt.Warum fährt Graf Zeppelin nicht mehr?" Darauf antwortet Eugen Wolf in derMünch. Allg. Zeitung" :Weil der Grafganz fertig" ist mit feinem Geld nämlich. Er hat so viel von seinem Vermögen in diese epochemachende Arbeit hineingesteckt, daß er weitere Opfer nicht bringen kann und darauf angewiesen ist, daß ihm deutsches Kapital und der Staat entgegenkom- men, um ihm zu ermöglichen, sein Werk bis ans Ende, bis zum vollkommenen Erfolg durchzuführen. Ich prophezeie, daß Graf Zeppelin nicht allein mit Personen, sondern auch mit Frachten durch di« Luft fahren wird; daS sehe ich klar und deutlich kommen. Notwendig ist es in erster Linie, daß Se. Maj. der Kaiser, Deutschlands Fürsten, der Staat und auch das deutsche Volk ihre schützende Hand auf Graf Zeppelins großartiges Unternehmen, an dem er unentwegt weitergearbeitet hat, legen, damit wir es uns einst nicht zur Schande anrechnen müssen, am Vorabend des Ge­lingens nichts für ein solch epochemachendes Werk übrig ge­habt zu haben, als billige Kritik."

Aus Franken, 24. Okt. (Korr.) Gestern brannten im Dorfe Unteraltertheim 6 Scheunen total nieder. DaS Feuer entstand durch spielende Kinder.

Berlin, 30. Okt. Der Kaiser empfing heute vormittag 11 Uhr im Königlichen Schloß den Rektor der Universität Berlin, Professor Harnack.

Berlin. 31. Okt. In der heutigen Sitzung des Bun- deSrats wurde der Gesetzentwurf über die Verlegung der preußischen Ostgrrnze längs des PrzemzafluffeS dem zustän­digen Ausschuß überwiesen. Ebenso wurde die Uebersichl über die Einnahmen und Ausgaben der Landesoe,wallung von Elsaß-Lothringen für das Rechnungsjahr 1899 und der Entwurf von Abänderungen und Ergänzungen der Be­stimmungen über di« Statistik der Bewegung der Bevölke­rung den zuständigen Ausschüssen überwirsen. Der Vorlage vom 28. September 1900 betreffend die Revision der Brenn- steurrvergütungSsätze wurde die Zustimmung erteilt.

Ausland.

Paris, 31. Okt. Der Abg. Pichon kündigt an, daß er den Handelsminister wegen der in der Frage der Zucker­prämien gemachten Zugeständnisse interpellieren werde, weil durch dieselben die Zuckerindustrie und die Landwirt­schaft eine schwere Schädigung erfahren würde.

London, 31. Okt. Die Times schreibt: Lord Sa­lisbury giebt wahrscheinlich daS Amt des Staatssek­retärs des Auswärtigen an einen Kollegen ob, überwacht aber selbstverständlich als Piemierminister nach wir vor ge­nau di« Geschäfte dieses Amts. Der Daily Telegraph meldet: Mmquis Salisbury ist entschlossen, von seinem Posten als Staatssekretär des Aeußern zurückzmreten, da­gegen den Posten des Premierministers beizubehalten. Er ist. wie wir glauben, fügt das Blatt hinzu, zu dem Ent­schluß gekommen auf den Rat seiner Aerzte, obwohl in keiner Weise Besorgnisse für seine Gesundheit vorhanden sind. Der bisherige Kriegsminister Marquis LanSdowne wird sein Nachfolger im Ministerium.