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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
Auflage 1950 Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn SO im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 20
MonatsabonnementS nach Verhältnis.
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Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagotd.
74. Jahrgang.
JnferttonS-Tedüh» f. d. einspaltige Z»il« auS gewöhn!. Lchrist oder deren Raum b», einmalig. Einrückung » bei mehrmalig, je «
Gratisbeilagen: DaS Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
163.
Amtliches.
An die Ortsbehördeu
betr. die Veranstaltung von Wanderkochknrse«.
Die Ortsbehörde« derjenigen Gemeinden, in welchen die Veranstaltung von Wanderkochkursen im Laufe dieses Winters beabsichtigt ist, wollen hierüber biuueu l4 Tage« Bericht erstatte«, damit für die Gewinnung der Lehren« rechtzeitig Fürsorge getroffen werden kann. In den Berichten ist die ungefähre Zahl der Teilnehmerinnen, sowie die gewünschte Zeit zur Vornahme des Kochkurses anzugrben.
Man vertraut zu de« Herrn OrtSgeistlicheu, OrtSvor- steher« und Lehrern des Bezirks, daß sie in ihren Gemeinden fortgesetzt auf di« Abhaltung von Wanderkochkursen hinwirken, damit diese so segensreiche Einrichtung immer mehr Boden gewinnt und die weibliche Jugend in hinreichender Weise für ihre künftigen Aufgaben herangebildet wird.
Nagold, den 15. Oktober 1900.
K. Oberamt. Ritter.
Hages-Aerrigketten.
Virisches Leich.
Nagold, 15. Oktober.
:: Am gestrigen Sonntag wurde in unserer Stadrkirche zum erstenmal in diesem Herbst wieder ein Abendgottesdienst und zwar eine Missio nSstunde gehalten. Dekan Römer sprach über die Christenverfolgungen im allgemeinen und insbesondere üb-r die derzeitigen in China. In seinen Ausführungen entwickelte er die Ursachen der Christenverfolgungen überhaupt; wie sie sich zeigen in der Feindschaft der jüdischen Pharisäer gegen di« Person und Lehre Jesu, in de» ersten Verfolgungen im römischen Kafferreich bis zu den Greueln der Türken gegen die Armenier in den letzten Jahren und den jüngsten blutigen Ausschreitungen gegen die chinesischen Christen. Redner liest einige Sätze aus dem Briefe eines im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebenden Römers, die von einem grimmigen Haß gegen die „Nazarener," welche ans der niedersten Hefe des Volkes stammen, zeugen. Obgleich die vornehmen Römer selbst an dem Vorhandensein ihrer Götter zweifelten, so konnten fie doch nicht leiden, daß solch geringe Leute einen nemn Glauben verbreiteten. ES ist also in erster Linie der blind« Haß gegen das Neue, der den Christenverfolgungen zu Grunde liegt; daneben geht aber auch eine satanische Macht: die Feindschaft der Finsternis gegen das Licht, der Lüg« gegen die Wahrheit. die auch in unserer Christenheit wahrzunehmen ist. Redner streifte auch den Ausspruch eines deutschen Diplomaten, wonach die Chinesen durch die Lehre der Missionare „in ihren heiligsten Gefühlen verletzt worden find." Das ist allerdings der Fall, und es kann bei der Misstonsarbeit gar nicht anders gehen. Die Chinesen haben den sogenannten Ahnenkultus; fie opfern und räuchern den Abgeschiedenen und würden sich fürchten vor deren Geistern, wenn sie das Opfern unterließen. Die Missionare dagegen sagen: „Euer Opfern und Räuchern hat gar keinen Sinn und keinen Wert; die Verstorbenen haben nichts davon, auch haben fie keinen Einfluß auf euer Lebensschicksal." Es müssen also Gegensätze entstehen und bet gewissen Anlässen lodert der Haß des chinesischen Volkes gegen die neue Lehre und gegen die „fremden Teufel", die fie gebracht haben, in Hellen Flammen auf. Verhängnisvoll war allerdings die Verbindung der katholischen Missionen mit der Politik, worunter jetzt auch die evangelischen Missionare und Christen zu leiden haben. Uebrigens — so führte der Redner weiter aus — wird es bei der Ausbreitung des Evangeliums nicht ohne Kampf und Blut abgehen, denn Christus sagt selber: „Ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern das Schwert" und an anderer Stelle: „Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe." Die interessanten und wichtigen Ausführungen schloffen mit einer herzlichen Fürbitte für die christlichen Sendboten und Brüder in China. — Bekannte des Missionars Wohllrber aus Nagold werden mit Freude die Nachricht vernehmen, daß eS demselben rechtzeitig gelungen ist, aus dem Innern Chinas an die Küste zu kommen.
Thalheim, 12. Okt. Am heutigen Freitag, nachmittags 4 Uhr. beobachteten wir eine merkwürdige Erscheinung am Himmel. Vom Farrenberg gegen den Kirchenkopf, gerade Über das Steinlachthal, bewegte fich in langsamem Tempo eine längliche, bläulichgelb leuchtende, metallisch glänzende Feurrmaffe. Dieselbe löst« fich gegen den Kirchenkopf hin in verschiedene pfeilförmige Teile auf. welche mit einem Geprassel gegen die Erde hin verschwanden. In glei- cher Zeit hörten die Leute des OrtS an entfernteren Teilen der Gemarkung ein donnerähnlichks Geräusch. Allgemein machte man die Beobachtung, daß von dem Augenblick dieser elektrischen Erscheinung an eine empfindliche Kälte eintrat. welche aber später wieder etwas nachließ.—(Der Be
Uazold, Mittwoch Leu 17. Oktober
schreibung nach handelt es sich offenbar um einen Kugelblitz. Die überaus seltene Erscheinung der Kugelblitze ist bis jetzt wissenschaftlich noch nicht erklärt. Sie durchlaufen die Atmosphäre meist in geringer Geschwindigkeit, so daß sie während mehrerer Sekunden sichtbar bleiben. Sie erscheinen meist in der Nähe der Erdoberfläche als eine Feuerkugel in verschiedener Größe und Farbe, weiß, gelblich oder rötlich bis tiefrot, stehen zuweilen kurze Zeit an derselben Stelle still und bewegen sich dann in fast allen Fällen langsam fort, meist ohne Geräusch, bisweilen unter starkem Knattern, bis sie dann bald darauf, meist unter einem ungewöhnlich heftigem Knall verschwinden. Zuweilen ist das Verschwinden der Feuerkugel, wie im vorliegenden Falle, mit einem Platzen derselben verbunden, bei welchem fie feurige Strahlen nach allen Griten hin ausfendet, die erhebliche Zerstörungen und Brandschaden verursachen können.
(T. Chr.)
Stuttgart. 10. Okt. Am 8. d. M. rückten die zur Kavallerie auSgehobenen Rekruten rin und zwar, wie der Schur. B. berichtet, nach Stuttgart 174, nach LudwigSburg 352 und nach Ulm 176 Mann, zusammen 702 Mann. Am 12. Okt. kommen sodann dir Rekruten der Infanterie, der Feldartillerie, des Pionierbataillons rc., zusammen 6461 Mann zur Einstellung. Dieselben verteilen sich auf die einzelnen Garnisonen wie folgt: Stuttgart 1020 Mann, LudwigSburg 1394 Mann, Hrilbronn 499 Mann. Tübingen 475 Mann, Ulm 2518 Mann und Weingarten 555 Mann. Die diesjährige Grsamlrekrutenzahl beziffert sich demnach auf 7163 Mann (ohne die Einjährig-Freiwilligen). Auf die Gestellbezirke der einzelnen Bezirkskommandos verteilen fich diese Mannschaften folgendermaßen: Calw 330 Mann. Stuttgart 270 Mann, Reutlingen 329 Mann, Horb 291 Mann, Rottweil 399 Mann, Leonberg 439 Mann, Heilbronn 473 Mann, Hall 419 Mann. Mergentheim 414 Mann, Ellwangen 430 Mann. Ludwigsburg 805 Mann, Gmünd 508 Mann. Eßlingen 755 Mann, Ulm 245 Mann, Ehingen 224 Mann, Biberach 397 Mann, Ravensburg 435 Mann.
Stuttgart, 12. Okt. In der Ortsgruppe des Evangelischen Bundes sprach gestern obend Superintendent Meyer aus Zwickau über die Wirkung der evangelischen Bewegung in Oesterreich auf den deutschen Protestantismus. Frau Herzogin Wera befand sich unter den Zuhörern. Nach einer einleitenden Ansprache von Hosprediger Keeser begann Redner seine Ausführungen, worin er namentlich der Anschauung entgegentrat, daß die evangelische Bewegung in Oesterreich «ine Zertrümmerung der österreichischen Monarchie nach sich ziehe. Redner erblickt in der österreichischen UebertnttSbewegung den Anfang einer großen Volksbewegung. 15 000 Personen und darüber traten schon zu dem eoan- gelischen Glauben über, obgleich auch von der Regierung alle möglichen Schwierigkeiten gemacht werden. Diese Bewegung haben der Evangelische Bund und der Gustav-Adolf- Verein unterstützt, im ganzen wurden für diese Zwecke vom Mutterlands deS Protestantismus (Deutschland) etwa 200000 ^ gegeben.
Stuttgart. 12. Okt. Seit einiger Zeit wird in den Annoncenteilen der Zeitungen für ein „Audiphon" genanntes Instrument Reklame gemacht, daS für Schwerhörige und Taube radikale Heilung bringen soll. Es handelt sich hier um rin Instrument, das nach seiner Zusammensetzung die angepriesene Wirkung gar nicht haben kann und »ach Mitteilung in den ärztlichen Zeitschriften bei damit angestellten Versuchen tatsächlich auch nicht gehabt hat. Dieses In- strument steht auf derselben Stufe wie Voltakrruz, Volteuhr rc.. nur daß dasselbe zu ganz unverhältnismäßig hohen Preisen (20 Fr. pro Stück, also meistens 40 Franken pro Person) an den Mann gebracht wird. Bet der überaus großen Zahl schwerhöriger Personen liegt die Gefahr vor. daß den (französischen) Vertreiben» des Instruments in Bälde rin großer Gewinn winkt. ES wird deshalb vor dem Ankauf des Instruments aewarnt. Dasselbe ist durch Ministerialversüguug vom 9. Okt. in das Verzeichnis der dem Verbot der öffentlichen Ankündigung unterstellten Ge- heimmittel ausgenommen worden.
Friedrichshafen, 15. Okt. DaS Luftschiff des Grafen Zeppelin ist nach seinem Unfall am 25. Sept. wieder vollständig repariert. Es hätte die erste Auffahrt heute schon stattgefunde». wenn nicht ein allzustarker West- sturm den Aufstieg unmöglich gemacht hätte. Die Probefahrt soll nun morgen brzw. übermorgen, je nachdem daS Wetter es zuläßt, ausgesührt werden. Im Anschluß daran sollen, wenn möglich, mehrtägige Uebungen stattstnden.
-j- Am Donnerstag Vormittag erfolgte auf der Saal» bürg bei Homburg die feierliche Grundsteinlegung zum Reichs-Limes-Museum im Rahmen deS hierzu festgestellten Programmes. Neben dem Kaiserpaare wohnten dem festlichen Akte von fürstlichen Tasten noch der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen, sowie Prinz und Prin
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zessin Friedrich Karl von Hessen bei. Die ersten drei Hammerschläge wurden vom Kaiser vollzogen, wobei derselbe eine kurze Ansprache hielt. In ihr gedachte der hohe Redner der Wiedererstehung der Saalburg infolge de« schaffensfreu- digen Wollens des unvergeßlichen Kaisers Friedrich III. und erinnerte dann an die einstige Bedeutung dieses alte« Römerkastells. Von de» drei Hammerschlägen weihte er den ersten der Erinnerung an Kaffer Friedrich III., de« zweiten der deutsche» Jugend, den dritten der Zukunft deS deutschen Vaterlandes. Als die gesamte Feierlichkeit beendigt war. begaben fich der Kaiser und die Kaiserin zur Kaiserin Friedrich nach Schloß Friedrichshof und nahmen dort an der Mittagstafel teil; um 4 Uhr nachmittags trafen die Majestäten wieder in Homburg ein. Von der Saalburg aus hatte der Kaiser dem Professor Mommsen ein lateinisches Telegramm zugesandt.
Homburg, 15. Okt. Das Kaiserpaar sowje Prinz und Prinzessin Heinrich unternahmen heute Vormittag eine« Spaziergang auf der Saalburg. Heute nachmittag fand auf Anordnung des Kaisers ein Festessen für die bei den Ausgrabungen beschäftigten Arbeiter statt.
Essen, 15. Okt. Der Erbgroßherzog von Baden stattet« heute früh Krupp einen Besuch auf der Villa Hügel ab und besichtigte die Gußstahlfabrik.
Homburg. 15. Okt. Folgendes Bulletin über dea Gesundheitszustand der Kaiserin Friedrich vom 14. wird im hiesigen „Taunusboten" durch Oberbürqermeister Dr. Tettenborn veröffentlicht: Di« Kaiserin Friedrich leidet seit längerer Zerr an neuralgischen Schmerzen. In Folge andauernder Beschwerde hat fich allmählich ein Erschöpfungszustand bemerkbar gemacht, der von einem Anfall von akuter Herzschwäche gefolgt war. Im Anschluß daran hat sich ein sekundärer Luvgrnkatarrh entwickelt, der unter leichter Steigerung der Temperatur und wechselnder Pulsfrequenz noch fortbesteht. Eine momentane Lebensgefahr ist gegenwärtig nicht vorhanden. Indessen muß die Wiederholung eines solchen Herzschwächezustandes als ein das Leben unmittelbar gefährdendes Ereignis erachtet werden. Auf Wunsch und mit Rückficht auf die hohe Patiennn ist bisher von der Ausgabe von Bulletins Abstand genommen war- den. Friedrichshofen. 14. Okt. Sez. Professor RenoerS, Leibarzt Dr. Spirlbagen.
Berlin, 15. Okt. Die Berl. Montagsztg. ist in der Lage, festzustellen, daß die verschiedenen Meldungen, nach denen der Kaiser zum 200jährigen Jubiläum der Erhebung Preußens zum Königreich am 18. Januar 1901 nach Königsberg kommen werde, unzutreffend sind. Eine Feier deS Krönungsjubiläums in Königsberg ist nicht in Aussicht genommen.
Berlin, 15. Okt. Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe ist um 1" Nachmittags nach Homburg v. d. H. abgereist.
Der christlichsoziale Parteitag hat bezüglich de: Lage der Landwirtschaft folgende Entschließung angenommen: Zur Hebung und Besserung der vielfach ungünstigen Lage der deutschen Landwirte fordert der Partei- tag außer den Programmforderungen: 1. Durch SraatS- hilfe: a) neue Handelsverträge, welche gleichermaßen Landwirtschaft und Industrie berücksichtigen und nicht dem Ausland« mehr Vorteil bieten als dem eigenen Lande; b) ge- eignete Maßregeln gegen Einschleppung von Viehseuche.,; a) bessere Regelung deS Wildschadenersatzes; ä) in Zeiten dec Arbeitslosigkeit Urbarmachungen der Oedländereten. wie e« seiten« der Arbeiterkolonien mit Erfolg begonnen ist, so daß wir mehr Land zur Bebauung bekommen und immer weniger vom Ausland« abhängig werden; «) Kleinbahnen aufs Land. Vereinfachung und Verbilligung der Gütertarife; k- weitere Förderung der inneren Kolonffation; x) soziale Fürsorge für die ärmeren Gemeinden durch die größeren Velbände; ll) Förderung durch landwirtschaftliche Winterschulen und Wandervorträge über Ergebnisse der Wissenschaft und Praxis. Landwirtschaftliche Versuchsstationen; i) Maßregel« zur Beseitigung der Lrutenot. zentralisierten Arbeitsnachweis auch fürs Land, feste Regelung der Bedingungen, unter denen die Einwanderung ausländischer Arbeitrr sich voll- ziehen darf. 2. Durch Selbsthilfe: a) Durch genossenschaftliche Fürsorge, Einkaufsgenossenschaften zum Bezug von Dungmitteln rc., VnkaufSgenoffenschasten, Molkereigenossenschaften, Kreditgenossenschaften, Raiffeisens Darlehenskassen rc., d) durch größere Teilnahme an Versicherungen: Hagel-, Dchlachtviehvrrficherung rc.; o) Einführung rationeller Betriebsweise und Einführung neuer Betriebszwerge in der Nähe von Industriezentren und Städten da, wo die natürlichen Vorbedingungen vorhanden find, wie Gemüse- und Obstbau, Bienen- und Geflügelzucht; ä) Ausdehnung der Viehzucht, besonders Schweinezucht, Verkauf direkt an Proviantämter und Schlachthäuser, stärkere Benutzung der Srlbstoerficherung für Kleinbauern.