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Amts- und Anzeige-Blatt für -en Oberamts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

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Hages-Aeuigkeilen.

Deutscher Leich.

Nagold, 11. Okt.

Eine neue Bestimmung der Gewerbeordnung ist mit dem 1. Oktober ds. Is. in Kraft getreten. Nach der­selben haben minderjährige Fabrikarbeiter ein Lohnzahlungs­buch auf Kosten des Arbeitgebers zu erhalten, in welches bei der Lohnzahlung der Betrag des verdienten Geldes mit Tinte einzutragen und von dem Arbeitgeber oder dessen Bevollmächtigten zu unterzeichnen ist. Das Lohvzahlungs- buch hat den Namen des Arbeiters, Ort, Jahr und Tag seiner Geburt, sowie den Namen und den letzten Wohnort seines Vaters oder Vormunds und die Unterschrift des Ar­beiters zu enthalten. Die Ausstellung erfolgt unter dem Siegel und der Unterschrift des Stadlamtrs. Dos Lohn­zahlungsbuch ist dem minderjährigen Arbeiter bei der Lohn­zahlung auszuhändigen. Durch die Bestimmung ist dem Vater oder dem Vormund des Minderjährigen auch eine Kontrolle des Lohnes in dem Falle ermöglicht, wenn der jugendliche Arbeiter in Akkordarbeit beschäftigt ist.

Am Sonntag fand in der Traube die Hauptversamm­lung des neu gegründeten Verbandes der Po st unter be­dien steten statt. Zu der Versammlung, welche von dem Obmann Hrn. Briefträger Schroth in Calw geleitet wurde, hatten sich zahlreiche Kollegen aus dem Oberamt eingefundrn. Nach einigen Begrüßungsworten des Vorsitzenden gab Hr. Briefträger Strecker weitere Aufklärungen über die Zwecke und Ziele des Verbandes, worauf Hr. Briefträger Stei­ner über den Stand der Kasse Mitteilunaen machte. Die lebhaft geführten Debatten ließen eine volle Einigung und Uebereinstimmung der Verbandsmitglieder erkennen. Dem neuen Verein traten 10 weitere Mitglieder bei. Der Ob­mann schloß die in schönster Harmonie verlaufene Versamm- lung mit der Aufforderung, treu zum Verbände zu stehen und neue Mitglieder zu gewinnen; sein beifällig aufgenom­menes Hoch galt dem ferneren Blühen und Gedeihen des jungen Vereins.

Calw, 10. Okt. (Korr.) Einer hier eingetroffeven Nachricht zufolge ist gestern früh Oberpräzeptor Dr. Viktor Müller im Diokontfsenhavs in Stuttgart gestorben. Derselbe war 15 Jahre am hiesigen Reallyceum thätig und in allen Kreisen der Stadt sehr beliebt. Er wurde als trefflicher Lehrer sehr geschätzt; feine zahlreichen Freunde werden ihn schmerzlich vermissen. Der Verstorbene, welcher in Stuttgart Erholung von seinem schweren Leiden suchte, erreichte ein Alter von 41 Jahren.

Neuenbürg, 11. Okt. Oberforstrat Graf v. Uxkull verläßt aus Anlaß feiner Pensionierung nach langjähriger Thätigkeit als Forstrat die hiesige Stadt. Die Einwohner.

Nagold, Donnerstag Leu 11. Oktober

schaft wird dem teuren Scheidenden und Gemahlin ein treues Andenken bewahren.

Wie aus Tübingen gemeldet wird, beschloß di« deutsche Partei, die am Sonntag eine stark besuchte Vertrauensmän­nerversammlung nach Kirchentellinsfurt einberufen hatte, nachdem Finanzamtmann Gerhardt über die bisherigen Landtagsverhandlungen berichtet, einstimmig, den früheren Abgeordneten Bayha als Wahlkandidaten für Tübingen- Amt aufzustellen. Bayha hat sich zur Annahme der Kan­didatur bereit erklärt.

Aus Reutlingen. 8. Okt., wird gemeldet: Bei einer gestern Mittag in Pfullingen stattgehabten Vertrauens- mänNerversammlung der Volkspartei wurde Fabrikant Karl Schickhardt von Betzingen als LandtagSkandidat für Reut- lingen-Amt aufgestellt.

Stuttgart. 4. Okt. Am 1. Oktober ist das Gesetz in Kraft getreten, wonach nur Malz und Hopfen zur Be­reitung des Bieres verwandt werden darf, alle Ersatzmittel aber verboten sind. Der Verbrauch an Malzsurrogaten war in der letzten Zeit auf 10°/o des Gesamtverbrauches gestie­gen ; es kamen hierbei nur die Großbrauereien in Betracht. Das hat nun aufgehört, und die Brauereien müssen sich dazu entschließen, nur Malz und Hopfen zu verwenden. Man darf hoffen, daß sich die Beschaffenheit des Bieres damit verbessert.

Stuttgart, 8. Okt. Eine anscheinend auS Münchener parlamentarischen Kreisen stammende Nachricht weiß davon zu berichten, daß die süddeutsche Eisenbahngemeinschaft nun­mehr so weit gediehen sei, daß sie in verhältnismäßig kurzer Zeit in Kraft treten könne. Namentlich der bayerischen Eisenbahnoerwaltung sei es gelungen, den in Württemberg noch vorhandenen Widerstand zu besiegen. Wir möchten dazu bemerken, daß von einem besonders hartnäckigen Wi­derstand Württembergs gegen die Elsenbahngrmeinfchaft bis- her noch nichts bekannt geworden ist. Es war im Gegen­teil gerade der württembergische Ministerpräsident, der die Angelegenheit bisher am eifrigsten betrieben und der auch in seiner letzten Auslassung in der Abgesrdnetenkammer angekündigt hat, daß Württemberg eventuell für sich allein Vorgehen werde.

Stuttgart, 8. Okt. Wie der St.-Anz. vernimmt, hat der König die Berufung des Landtags auf Dienstag den 16. Oktober genehmigt. Durch die ungemein rasche Arbeit in den Kommissionen ist in kürzester Zeit eine Fülle von Material geschaffen worden, das den Landtag immerhin 14 Tage beschäftigen dürste.

Stuttgart. 10. Okt. Am heutigen Geburtsfest Ihrer Majestät der Königin haben die königlichen. Staats­und städtischen Gebäude wie auch viele Privathäuser ge­flaggt. Offiziere und Mannschaften erscheinen auf der Straße in Helm und Waffenrock. In den Offizierskasinos finden Festessen statt. Unteroffiziere und Mannschaften werden festlich gespeist. Das Osfizierkorps des Landwehrbezirks Stuttgart feierte gestern Abend das Geburtsfest der Königin durch ein Festessen im Hotel Marquardt, dem auch der Brigadekommandeur Generalmajor Herzog Al brecht von Württemberg beiwohnte. Den Toast auf die Königin brachte der Bezirkskommandeur Oberstleutnant Geßler aus. Zur

19ÜÜ.

Tafel spielte das Musikkorps des Gren.-Regts. Königin Olga.

Zur Privatunfallversicherung. DemSchwab. Merkur" wird geschrieben: Der im Abendbl. desSchwäb. Merk." Nr. 460 erwähnte Prozeß, der von Seiten des Verlegers des Duisburger Generalanzeigers gegen den All­gemeinen Deutschen Verstcherungsoerein schwebt, betrifft eine Frage von hohem, allgemeinem Interesse. Es dürfte bisher weniger bekannt gewesen sein, daß nicht etwa nur ein Zeitungsverleger, der für die Gesamtzahl seiner Abonnenten Versicherung nimmt, sondern auch jede Einzelperson, die für sich «ine Unfallversicherung eingegangen ist, jederzeit der Gefahr untersteht, von Seiten der Versicherungsgesellschaft ganz nach deren Belieben Kündigung zu erhalten. Dem Einsender sind mehrere Fälle bekannt, in denen von Seiten einer rheinischen Versicherungsgesellschaft Personen gekündigt wurde, nachdem sie zufällig innerhalb eines Zeitraums von mehreren Monaten zwei leichte Unfälle erlitten hatten. Einerderselben hatte 3 Jahre, ein anderer sogar 11 Jahre lang regelmäßig seine Beiträge entrichtet und in dieser ganzen Zeit die Gesellschaft niemals in Anspruch genommen, so daß im letzteren Fall die gereichte Entschädigung bei weitem nicht die Summe der gezahlten Beiträge erreichte. Aber das Schlimmste an der Sache ist: Jeder Teilnehmer, dem von einer Gesellschaft gekündigt wurde, kommt dazu noch auf eine schwarze Liste, welche viele Versicherungsge­sellschaften unter einander auStauschen, und wird dann von keiner anderen Gesellschaft mehr zur Versicherung zugelaffen. Und dies ohne daß irgend welche Erhebungen darüber vorausgegangen wären, ob bei dem Betreffenden etwa wirklich eine größere Unfallgefohr in Aussicht zu nehmen ist oder nicht (etwa infolge eines Berufswechsels oder einer schuldhaften Veränderung in der Lebensweise). Es kann auf diese Weise einer, der mit der Absicht, sich und seine Familie gegen die Folgen solch schwerer Wechselsälle des Lebens zu schützen, eine Unfallversicherung eingegangen ist, in späteren Jahren plötzlich der Möglichkeit beraubt sein, sich und die Seinen in einem solchen Fall vor bitterem Elend bewahrt zu wissen.

Laupheim, 9. Okt. Bei der gestrigen Vertraurns- männeroersammlung der Zentrumspartei wurde an Stelle des verstorbenen Kaufmanns Raff und Dr. Gnant-Lrup- heim in den Landesausschuß gewählt: Oberamts Pfleger Lerch-Laupheim, Lehrer Kreitler-Ochsenhausen und Domäne­direktor Steinhauser-Oberkirchberg. Die Volkspartei wird auch mit einem Kandidaten kommen, der aber lediglich keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

Ulm, 6. Okt. Der evang. Kirchengemeinderat hat den Münster-Architekten Bauer beauftragt, für den verstorbenen Münsterbaumeister Prof. Dr. v. Beyer ein Grabmonument zu entwerfen. Dieses Grabmal, ein gothischer Aufbau mit der Büste des Verstorbenen, ist nun fertig und wird in näch­ster Zeit mit einer entsprechenden Feierlichkeit auf der Ruhe­stätte des berühmten Vollenders unseres Münsterturmes auf­gestellt und eingeweiht werden.

München, 9. Okt. Prinz Rupprecht von Bey:rn, Kommandeur des 2. Infanterieregiments ist unter Beförde­rung zum Generalmajor zum Kommandeur der 7. Jnfante- riebrigade ernannt worden. Gleichzeitig wurde verfügt, daß

Allerlei Rechtsbelehrung.

(Fortsetzung.)

Vormundschaft.

Dem von Professor Joseph Kürschner herausgegebenen Rechtslexikon, das in lexikalischer Form eine ungemein über­sichtliche und praktische Darstellung des gesamten geltenden Reichsrechtszustandes und zahlreiche Formulare für den prak­tischen Gebrauch enthält, entnehmen wir mit Genehmigung des Verlags von Hermann Hillger in Berlin den folgenden Artikel über Vormundschaft.

Vormundschaft ist die über einen Minderjährigen, der nicht unter elterlicher Gewalt steht, oder dessen Eltern weder zur Vertretung in den persönlichen noch den vermögensrecht­lichen Angelegenheiten berechtigt sind, angeordnete Pflege und Vermögensverwaltung. AnordnungderVor mundschaft. Die Vormundschaft wird durch das Vormundschaftsgericht von Amts wegen angeordnet, und regelmäßig bestellt dasselbe auch für mehrere Mündel nur einen Vormund stz 1774 f.). Als Vormund wird berufen der von dem Vater oder der Mutter des Mündels Benannter, der Großvater von väter­licher, der Großvater von mütterlicher Seite oder, falls der Vormund nach diesen Angaben nicht ernannt werden kann, eine von dem Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisenrats ausgewählte Person s§ 1776). Ein Mitvormund darf nur mit Zustimmung der Berufenen be­stellt werden. Der Vater kann einen Vormund nur benen­nen, wenn ihm zur Zeit des Todes die elterliche Gewalt

über das Kind zusteht, er hat dieses Recht nicht, wenn er in den die Person oder in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten nicht zur Vertretung des Kindes berechtigt ist. Das Gleiche gilt für die Mutter j§ 1777 f.). Ist die Vormundschaft nicht in dieser Weise übertragen, io hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisen­rats eine geeignete Persönlichkeit als Vormund zu wählen, wobei auf das religiöse Bekenntnis des Mündels Rücksicht zu nehmen ist sH 1779). Zum Vormund kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist stz 1780); es soll ferner nicht bestellt werden, wer minderjährig oder unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist, wer zur Besor­gung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat, wer in Konkurs geraten ist, für die Dauer des Kon­kursverfahrens, wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, sofern sich nicht aus den Vorschriften des Straf­gesetzbuches ein anderes ergiebt jtz 1781). Eine Frau, die mit einem andern als dem Vater des Mündels verheiratet ist, soll nur mit Zustimmung ihres Mannes zum Vormund bestellt werden 1783); ein Beamter oder Religionsdiener, der nach den Landesgesetzen einer besonderen Erlaubnis zur Uebernahme einer Vormundschaft bedarf, nicht ohne diese Erlaubnis 1784). Jeder Deutsche hat die Berufung zur Vormundschaft zu übernehmen, sofern nicht einer der Gründe vorliegt, aus denen dieselbe abgelehnt werden kann s§ 1785). Die Vormundschaft kann ablehnen: a) eine Frau; b) wer das 60. Lebensjahr vollendet hat; o) wer mehr als 4 minderjährige eheliche Kinder hat; ck) wer durch Krankheit oder Gebrechen

verhindert ist, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu versehen; o) wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere Belästigung führen kann; k) wer zur Sicherheits­leistung angehalten wird; A) wer mit einem andern zur ge­meinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll; b) wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; zwei Gegenvormundschafteu stehen der Führung einer Vormundschaft gleich, die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als eine. Das Ableh­nungsrecht erlischt, wenn es nicht vor der Bestellung bei dem Vormundschaftsgericht geltend gemacht wird s§ 1786). Wer durch eine verschuldete Ablehnung eine Verzögerung in der Bestellung des Vormunds bewirkt, ist dem Mündel für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich sZ 1787). Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund zur Uebernahme der Vormundschaft durch Ordnungsstrafen bis 300 an- halten, die in Zwischenräumen von je einer Woche verhängt werden können; die Verhängung von mehr denn 3 Strafen ist unstatthaft sZ 1788). Der Vormund wird von dem Vor­mundschaftsgericht durch Verpflichtung mittelst Handschlages an Eidesstatt zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt stz 1789), er erhält eine Bestellung, welche Namen und Zeit der Geburt des Mündels, die Na­men des Vormundes, Gegenvormundesund der Mitvormünder, sowie im Falle der Teilung der Vormundschaft, die Art der Teilung und, falls ein Familienrat eingesetzt ist, auch die Angabe hierüber enthalten soll s§ 1791).

(Fortsetzung folgt.)