Pferdemarktstag wird, wie auch in den letzten Jahren sehr ruhig verlaufen. Die Konkurrenz des Stuttgarter Pferdemarktes hat eben die 'Bedeutung des früher berühmten hiesigen Pferdemarktes herabgedrückt. — Eine Pferdemarktslotterie haben wir auch schon lange nicht mehr; dafür entschädigten sich heute gegen 50 Herren dadurch, daß sie mit einander ein Pferd kauften, den bekränzten „Preisgaul" unter den Klängen der Stadtkapelle durch die Stadt führen ließen und dann unter sich verlosten.
Vom badischen Oberlande, 8. Jan. Seit einiger Zeit sieht man in der Gegend zwischen Freiburg und dem Rheine größere Herden Wildschweine. Am 3. ds. stieß man im Thüringer Walde bei Emmendingen auf eine Herde von 24 Stück, wovon 3 erlegt wurden, eine Bache und zwei kleinere Exemplare. Vorgestern hat eine Jagdgesellschaft bei Weisweil am Rheine 12 Stück Milchschweine beisammen angetroffen, wovon eine ältere Bache und zwei Jungs erlegt wurden. Die Jagdpächter der Gegend veranstalteten nun größere Treibjagden, um ihre Reviere von diesen der Jagd schadenden Raubtieren zu säubern.
Nürnberg, 8. Jan. Der vormittags hier fällige Münchener Schnellzug hat heute morgen auf freier gerader Strecke, aber in voller Geschwindigkeit, zwischen Reichardshausen und Pfaffenhofen einen Bandagenbruch an der Lokomotive erlitten. Der Zug wurde ohne Entgleisung zum Stehen gebracht; die abgewickelte Bandage war im Maschinenkessel gespießt und der Lokomotivführer wurde durch den Hebel der Häberlein'- schen Bremse am Kinn verletzt. Der Zug erhielt drei Stunden Verspätung, versäumte den Anschluß an Treuchtlingen, so daß die direkten Wagen München-Frankfurt-Köln über Nürnberg spediert werden mußten. Der heute nachmittag von hier nach München abgegangene Postzug erfuhr ebenfalls einen Defekt an der Maschine und erlitt ebenfalls, weil von hier eine Hilfsmaschine nachgeschickt werden mußte, eine wesentliche Verspätung. Der starke Temperaturwechsel der vergangenen Woche von —18» k. auf -j-3o k. macht sich am Lokomotivmaterial geltend.
Mainz, 10. Jan. Der Rhein bietet heute früh unterhalb der Mainmündung das Schauspiel eines kräftigen Eisganges. Gestern abend noch wurde von Aschaffenburg das Losbrechen des Main-Eises bis dahin telegraphisch gemeldet und heute früh stößt der Main unterhalb der Eisenbahnbrücke lange und breite Schollen weit in die Fläche des Rheins. Von oben her ist der Rhein vollständig eisfrei. Ueber ein Losbrechen des Neckar-Eises ist noch nichts gemeldet.
Darmstadt, 7. Jan. Die hübsche, junge Frau des Prokuristen M. im Hause Merk dahier war heute damit beschäftigt, ihren am Keuchhusten erkrankten Kindern die verordnete Arznei zu reichen, als sie von plötzlichem Zahnweh befallen wurde. Zur Stillung der Schmerzen wollte sie irgend ein Medicament verwenden, vergriff sich jedoch und nahm die im Zimmer befindliche sehr starke Carbollösung und trank dieselbe fast aus- Es traten fast augenblicklich die Vergiftungssymptome ein. Trotz der umfassendsten Rettungsversuche durch die Aerzte hauchte die Beklagenswerte nach halbstündigem, qualvollen Leiden ihr junges Leben in den Armen ihres inzwischen herbeigerufenen Mannes aus.
Straßburg, 8. Jan. Die Tabakmanufaktur ist im neuen Etat nicht mehr mit einem Ueberschuß von 500,000 vK, sondern nur von 450,000 eingestellt; die Einnahmen sind um 170,200 die Ausgaben um 120,000 geringer angesetzt; von den beiden bisher angestellten Direktoren, einem technischen und einem kaufmännischen, kommt der letztere in Wegfall. (Frkf. II
Kiel, 9. Jan. (E i s e n b a h n u n f a l l.) Als der Hamburger Nachtschnellzug gestern in den Bahnhof einlaufen sollte, versagte die Brems-
Doch was brauche ich sie Dir zu beschreiben? Denke Dir die Signora Vera zehn Jahre jünger, denke Dir die volle Rose als aufblühcnde Knospe, und Du hast das Bild das sich mir darbot. Sie war stehen geblieben, und auch ich stand still, gefesselt von der liebreizenden Erscheinung. Es war, als sei eine Fee des Waldes mir plötzlich entgegengetreten. Fast hatte ich die schöne Stimme vergessen, die Mozarts reizendes Liedchen so herrlich gesungen. Und doch war es diese Stimme, die mir Veranlassung gab, mich ihr zu nähern."
„Haben Sie soeben gesungen?" fragte ich, plötzlich zu dem Bewußtsein erwachend, daß ich sie unanständig lange angestarrt, und daß ich etwas sagen müsse, um den Bann zu lösen, der uns gefangen hielt. Sie antwortete mir unbefangen, und so war die Unterhaltung eingeleitet. Bald wußte ich, daß sie die Tochter des Försters sei, und ihrem Vater entgegengehe, der von seinem Waldgange nun zum Mittagsmahle heimkehren müsse. Ich bat sie, mir doch ein Lied zu singen, und sie that es in einer ungezwungenen, natürlichen Weise, die mich unendlich anzog. Es war merkwürdig, daß eine so starke Stimme in dem zarten Körper wohnen konnte.
„Hätten Sie nicht Lust, zur Bühne zu gehen?" fragte ich.
Bei dem Worte „Bühne" leuchtete es in ihren dunkeln Augen auf; doch schüttelte sie den Kopf.
„Ich kann den Vater nicht allein lasten", sprach sie, „denn er hat nur mich, seit die Mutter tot ist."
Ich gab ihr meine Adresse, indem ich ihr versprach, ich wollte ihr gern be- hülflich sein, wenn sie einmal ihre Ansicht ändern und sich doch der Bühne zuwenden wolle.
Lächelnd nahm sie die Karte entgegen.
„Ich werde wohl nie Gebrauch davon machen; doch ich danke für den guten Willen. Ah, da kommt der Vater!" Und sans ta^on ließ sie mich stehen und eilte dem alten Förster entgegen. Ihn kannte ich wohl, den alten Weber, denn er stand in Diensten Hohensteins; doch hatte ich nie geahnt, daß er eine so schöne Tochter habe. Ich war im Begriffe ihr nachzueilen, da trat Hohenstein aus einem Seitenpfade auf mich zu.
„Ah! Auch schon der schönen Veronika auf der Spur!" rief er lachend.
Wirkung. Die Lokomotive durchbrach die Bahndammmauer und stürzte auf die Straße. Menschen wurden nicht verletzt.
Wevnrischtes.
— Es heißt in Montenegro seien 30,000 Menschen ohne Nahrungsmittel. Die russische Kaiserfamilie hat den Bewohnern Montenegros ein Schiff voll Getreide gespendet; bisher ist dasselbe jedoch noch nicht angekommen.
Schlechtigkeit der Menschen. In ein Weißwarengeschäft in Köln trat am 5. Jan. abends eine Dame mit ihrem Kindermädchen, welches ein Kind auf dem Arme hatte. Die Dame suchte sich allerlei feinere Waren aus. Inzwischen wurde das Kind unruhig und schrie. Das Mädchen spazierte mit ihm im Geschäft auf und ab. Die Dame ließ sich die Rechnung schreiben und bat, man möge das Kind für eine Viertelstunde im Laden lassen, damit ihr Dienstmädchen die Sachen zu Hause tragen könne; sie werde demselben das Geld mitgeben. Bereitwillig wurden zwei Stühle zusammengesetzt und das Kind auf dieselben gebettet. Darauf entfernte sich die Dame nebst Dienstmädchen, letzteres unter Mitnahme der Waren; als eine Stunde verflossen und das Kind erstaunlich ruhig gersttzrden, wollte die Ladengehilfin nach demselben sehen. Doch wie erstaunte dieselbe, als sie nur eine große Schreipuppe vorfand. Nun sah der Geschäftsinhaber ein, daß er es mit einer bis jetzt noch nie dagewesenen Schwindelei zu thun gehabt habe.
Ein Mißverständnis. Eine Engländerin in reiferem Lebens- alter trat jüngst, wie erzählt wird, an den Billetschalter eines deutschen Bahn' Hofes und forderte ein B.llet zu dem bereitstehenden Güterzug. Der Beamte erfüllt nach vielem Parlamentieren kopfschüttelnd den Wunsch der Dame. Diese fährt einige Stationen mit, dann ruft sie bei einer Haltestelle den Con- ducteur herbei und sagt ärgerlich: „Das nennen Sie Güterzug? I call tbis bumbu§! Dieser Zug sein nix güter als die andern."
Zwischen guten Freunden. „Ich muß Ihnen gratulieren, Sie haben geheiratet." — „Ja ... und gottlob ein recht bescheidenes, ganz und gar anspruchsloses Weiberl bekommen." — „Na das Letztere habe ich mir auch gleich gedacht, als ich davon hörte!"
Gemeinnütziges.
— Ein abwaschbarer Ueberzug für Gypsfiguren wird erhalten, wenn man 3 Teile Aetzkali in 36 Teile heißen Wassers auslöst, 9 Teile Stearinsäure hinzufügt und den dadurch erhaltenen Seifenkuchen mit derselben Quantität Wasser und 95prozentigem Alkohol verdünnt. Die warme Lösung wird auf den Gypsguß mit einem nassen Schwamm aufgetragen und nach einigen Stunden noch ein zweiter Anstrich gemacht. Der Ueberzug wird aber noch schöner, wenn man an Stelle des Kali ein entsprechendes Quantum Ammoniak verwendet. Alte Gypsgüffe müssen erst mit einer Aetzkalilösuna gereinigt werden.
— Um vergoldete Gegenstände zu reinigen, bearbeitet man dieselben tüchtig mit gutem Salmiakgeist, Seife und heißem Wasser mittelst einer weichen Bürste und schwenkt sie dann in klarem Regenmesser ab. Hierauf wird der Gegenstand rasch mit einem leinenen Tuche abgetrocknet und in Sägespäne gelegt. Hat man häufig solche Arbeiten zu verrichten, so empfiehlt es sich, die Sägespäne von Zeit zu Zeit in reinem Wasser auszuwaschen und zu trocknen, damit die von denselben absorbierten sauren Stoffe daraus entfernt werden, weil sie sonst ein Anlaufen der später zu reinigenden Gegenstände herbeiführen könnten.
„Aber ich sage Dir, an der verschwendest Du Deine Kunst umsonst, die versteht es gar nicht, wenn man ihr die Kur machen will."
„Das war auch gar nicht meine Absicht", entgegnete ich ärgerlich; denn es schien mir eine Profanation, das Wort „Kurmachen" überhaupt auf sie anzuwenden.
„Unterdessen war Veronika mit ihrem Vater verschwunden und es blieb mir nichts anderes übrig, als Hohenstein auf das Schloß zu begleiten. Und obgleich ich noch über eine Woche dortblieb, so sah ich doch das reizende Mädchen nicht wieder."
„In die Residenz zurückgekehrt, hatte ich bald im Strudel der großen Welt, in dem ich damals einer der einigsten Schwimmer war, die kleine Waldepisode vergessen."
„Da kam eines Tages ein Brief von Veronika. Sie hatte ihren Vater plötzlich verloren und stand allein. Sie erinnerte mich an mein Versprechen, ihr behülflich sein zu wollen und bat mich, sie wissen zu lasten, welche Schritte sie zu thun habe, um in die Chorschule der Oper ausgenommen zu werden, von der ich ihr versprochen."
„Ich ging sogleich zu Deinem Vater, Arthur, der ja damals Intendant war und erzählte ihm die Geschichte. Er versprach mir, wenn das Mädchen eine so ausnahmsweise schöne Stimme habe, wie ich sie ihm schilderte, so wolle er sie unentgeltlich aufnehmen. Dies schrieb ich ihr und sie kam. Dein Vater prüfte sie, fand ihre Stimme herrlich, und nahm sie sogleich auf. Und nun begann die glücklichste Zeit meines Lebens. Sie war ein Kind, so rein, so unschuldvoll, sie wußte nichts von den Sitten der Welt, sie bettachtete mich als ihren Freund und vertraute mir. Ich durfte sie in das Theater begleiten, durfte sie abholen, und bald verstand es sich von selbst, daß ich die Abende, an der sie nicht an der Oper beschäftigt war, bei ihr zubrachte. Meine Freunde neckten mich mit meiner neuen Eroberung, der hübschen Choristin, denn da Veronika nie unverschleiert über die Straße ging, so hatte Keiner eine Ahnung von ihrer strahlenden Schönheit. Wir sprachen nie ein Wort von Liebe, und doch liebten wir uns, ohne uns selbst vielleicht darüber klar zu sein. Sie nannte mich „Alfred" und ich sie Veronica, noch öfters aber „Veilchen" zur Erinnerung an unsere erste Begegnung."
(Schluß folgt.)