63. Jahrgang.

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Amts- unä IntekkigenMatt für äen Kezirk

Erscheint Sieurtag, Z»o««er»tag L Samstag.

Die EinrückungSgebühr beträgt S H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Dienstag, äen 10. Januar 1888.

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, ganz Württemberg 2 X. 70 H.

AmtLicHe Mekcrnntmcrchungen.

Erlaß an die Strstungs- «nd Gemeirrderate,

betreffend die Ausführung des Gesetzes über die Vertretung der evan­gelischen Kirchcngemeinden und die Verwaltung ihrer Vermögens- angekegenheiten vom 14. Juni 1887.

Anter Bezugnahme auf den gemeinschaftlichen Erlaß des K. Ministeriums des Innern und des Kirchen- und Schulwesens in vorstehendem Betreff vom 19. November 1887 Minist.-Amtsblatt S. 425, dessen genaue Ein­haltung in seinem ganzen Umfang hiemit eingeschärft wird, wird Folgendes angeordnet:

I. Die Grundlagen der Stiftungsausscheidung und Vermögensausein­andersetzung sind sofort (vgl. auch II. dieses Erlasses) zu erheben und in einer Darstellung der für die Ausscheidung des Orts-KirchenvsrmögenS maßgebenden Verhältnisse zusammenzufassen. Die Sammlung der Notizen und die Fertigung der Darstellung liegt zunächst den Vorständen des Stif­tungsrats ob. Sollten diese das Bedürfnis fühlen, sich zu dem Geschäft der Beihilfe eines Sachverständigen zu bedienen, so kann der Stiftungsrat mit dessen Besorgung den Verwaltungsaktuar der Gemeinde oder einen anderen Sachverständigen beauftragen. Im Uebrigen sind hiebei die Bestimmungen in I. des genannten Ministerialerlasses pünktlich zu beachten.

Die Darstellungen sind von den Vorständen des Stiftungsrats, sowie, wenn dieselben im Auftrag der letzteren von einem Dritten gefertigt sind, auch von ihrem Verfasser zu unterzeichnen und längstens bis 1. Juni 1888 hieher vorzulegen.

II. Wenn ein Antrag dahin gestellt werden will, daß von der Aus­nahmebestimmung des Art. 92 des Gesetzes vom 14. Juni 1887 Gebrauch gemacht und unter den daselbst enthaltenen stäheren Bestimmungen die Ver­tretung der Kirchengemeinde und die Verwaltung des Kirchenvermögens dem Stiftungsrat übertragen werden soll, so ist spätestens bis 1. Feb­ruar d. I. ein Beschluß des Stiftungsrats und des Gemeinderats über diesen Antrag herbeizuiühren. Wird der Antrag von beiden Kollegien oder von einem derselben abgelehnt, so ist ohne Verzug mit den unter I. ange­ordneten Erhebungen zu beginnen. Gelangt er aber in beiden Kollegien zur Annahme, so ist in einer schriftlichen Urkunde eine die näheren Bestimmungen über die Fortdauer des bisherigen Verhältnisses enthaltende Uebereinkunft vom Stiftungsrat und Gemeinderat zu formulieren und die Urkunde unter

Beischluß der zur Beurteilung der Uebereinkunft erforderlichen Notizen nach dem Formular L (Minist.-Amtsblatt Seite 439), in dessen sämtliche Spalten die entsprechenden Zahlen einzusetzen sind, spätestens bis 1. März d. I. behufs Herbeiführung der Genehmigung durch das K. evang. Konsi­storium und die K. Kreisregierung hieher vorzulegen.

Calw, 8. Januar 1888. K. gem. Oberamt.

Supper. Braun.

Die gemeinschaftlichen Aemter

werden zum Bericht innerhalb 8 Tagen darüber aufgefordert, ob Baulasten an katholischen Kirchengebäuden und sonstige Leistungen für katholische kirch­liche Zwecke, welche der bürgerlichen Gemeinde oder der Stiftungspflege ob­liegen, beziehungsweise Baulasten oder sonstige Leistungen für Zwecke der bürgerlichen Gemeinde, welche von der Stiftungspflege einer katholischen Ge­meinde zu tragen sind, bestehen (vgl. Art. 24 des Gesetzes vom 14. Juni 1887, betreffend die Vertretung der katholischen Pfarrgemeinden und die Ver­waltung ihrer Vermögensangelegenheiten).

Calw, 8. Januar 1888. K. Oberamt.

Supper.

An die Herren Vermaltnngsaktnare.

Sämtliche Stiftungsrechnungen sind längstens bis 1. Feb­ruar d. I. zur Revision hieher vorzulegen. Bei denjenigen Stiftungen, deren Rechnungsperiode nicht am 31. März 1887 abgelaufen war, ist auf diesen Termin eine Stückrechnung zu stellen.

Calw, 8. Januar 1888. K. Oberamt.

Supper.

Diejenigen Ortsvorsteher,

welche mit den Berichten über das Ergebnis der im vorigen Monat vorge» nommenen Ergänzungswahlen für den Gemeinderat und Bürger­ausschuß noch im Rückstand sind, werden an deren ungesäumte Erstattung hiemit erinnert, wobei bemerkt wird, daß die Berichte getrennt einzusenden sind, Calw, 8. Januar 1888. K. Oberamt.

Supper.

Jeiritteton. «Nachdruck °-rb°,-n.>

Eine Reisebekanntschaft.

Novelle von Fred. Vincent.

(Fortsetzung und Schluß.)

Angeregt von dieser Frage, erzählte der junge Mann, wie der Freund ihn zu sich berufen, um die kaufmännische Leitung der Anstalt zu übernehmen, wie er jetzt sich die Sache ansehen, dann aber, ehe er sich in London festsetze, noch einen Aus­flug zu seiner Schwester machen wolle, deren Alaun eine Baumwollspinnerei in einem kleinen Landstädtchen habe.

Mit wachsendem Interesse hatte seine Begleiterin dieser Erzählung zugehört, und als er zu Ende, spielte ein leises Lächeln um ihre Lippen, das jedoch sofort wieder verschwand, als sie seine Blicke auf sich gerichtet sah.

Verzeihen Sie, Fräulein", fuhr er fort,daß ich Sie da mit Dingen lang­weile, die Sie gewiß nicht interessieren; doch Sie sind durch Ihre Frage eigentlich selbst schuld daran. Ach, da sind wir am Ziel, an dem meinen wenigstens. Und nun, eine Bitte. Wir haben ein paar heitere Stunden zusammen verlebt, und wenn wir uns auch vielleicht im Leben nicht Wiedersehen, so werde ich doch manchmal an diese Reise zurückdenken, und ich möchte wissen, wer meine liebenswürdige Begleiterin war. Hier ist meine Karte. Darf ich um die Ihre bitten?"

Der Zug fuhr eben in die Station ein, als er ihr die Karte gab. Rasch nahm sie dieselbe entgegen und zog ein kleines Täschchen hervor, aus dem sie eine eben­solche nahm und sie ihm reichte. Ein rascher Blick darauf, und:

Adieu, Fräulein Walter", rief er,vergessen Sie mich auch nicht ganz!"

Gewiß nicht, Herr Roeßler, leben Sie wohl, und viel Glück bei Jhrein Unternehmen."

Auch Ich wünsche Ihnen den besten Erfolg", sprach er noch im Aussteigen, und bald war er im Gedränge ihren Augen entschwunden.

Das luftige Lächeln von vorhin spielte wieder um die Lippen des jungen Mädchens, das ganz allein im Koup« zurückgeblieben.

Er ist Ls wirklich gewesen", flüsterte sie, indem sie die Karte in ihren Händen drehte,Ferdinand Roeßler, der Name hebt ja jeden Zweifel auf, den ich noch hätte hegen können. ,Es ist wirklich köstlich, und daß ich gerade die Karte von Elise Walter bei mir hatte und ihm geben konnte, das traf sich prächtig; denn hätte er er­fahren, daß ich Bertha Lindner bin, so hätte aller Spaß ein Ende gehabt. Es ist zu nett." Und sie lachte fröhlich vor sich hin.

Unter diesen Betrachtungen war auch sie an ihrem vorläufigen Bestimmungs­ott angekommen, wo sie zu ihrer großen Freude ihren Bruder vorfand, den ein un­vorhergesehenes Geschäft nach London geführt, und der sie hier ermattet hatte. Er brachte sie zuerst in sein Hotel, wo ein Frühstück für sie bereit stand, und nach einigen Stunden fuhren sie nach dem Euston Square Bahnhof, von wo der Zug sie in kurzer Zeit nach Exton, dem Wohnorte ihres Bruders brachte.

O Amalie", rief sie nach der ersten Begrüßung ihrer Schwägerin zu,wenn Du wüßtest, mit wem ich von Vlissingen herübergefahren bin!"

Nun, darf man nicht erfahren, wer die interessante Persönlichkeit'war?" fragte Herr Lindner, während seine Frau der Ankommenden Hut und Mantel abnahm.

Du nicht, liebster Bruder; Amalie will ich es nachher unter dem Siegel der tiefsten Verschwiegenheit mitteilen."

So, so? Na, Ihr Frauenzimmer habt ja immer Geheimnisse miteinander, also plaudert nur zu, ich gehe noch einmal auf das Komptoir, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Beim Esten sehen wir uns dann wieder. Lange werde ich ja doch nicht in Unwissenheit bleiben, denn Damen können ja bekanntlich keine Geheimniste bewahren."

Diesmal sollte sich Herr Lindner jedoch getäuscht haben; denn es vergingen mehrere Tage, ohne daß man ihn zum Vertrauten gemacht hätte. Oft fand er seine Frau und Bertha in eifrigem Gespräch, das bei seinem Eintritt sofort abgebrochen wurde.

Ich möchte nur wissen, was die ewige Geheimniskrämerei bedeutet", rief er einmal fast ärgerlich.