Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage 1SS0 Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 im Bezirk! außerhalb d. Bezirks 1 20 -f.

Monatsabonnements nach Verhältnis.

Amts- und Anzeige-Blatt für Len Oberarnts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

JuferttonS- Gebühr f. d. einspaltig« Zeile auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum be, einmalig. Einrückung S bei mehrmalig, je S

Gratisbeilagen: DaS Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

^ 138.

Zum Scdaustage.

Geit 30 Jahren ist der Tag von Sedan der große vaterländische Freudentag unseres deutschen Volkes. Was sür unsere Großväter der Gedenktag der Schlacht von Leipzig bedeutete, das ist für uns und unsere Nachkommen der Tag der Erinnerung an jene gewaltige Entscheidung geworden, durch die das französische Kaisertum dahinfiel und das deutsche Kaiserreich glorreich auferstard. Die wunderweisen Gnaden­wege, die G tt der Herr mit unserem Volke gegangen ist, können wir in keinem anderen Ereignis so deutlich offen­bart sehen als in jenem beispiellos herrlichen Siege. Und so lange wir uns des edlen Gewinnes freuen dürfen, den unS der Tag von Sedan eingebracht hat, so lange dürfen wir nicht vergessen, an diesem Tage mit allen deutschen Christen dankbar unfern Gott zu preisen.

Dreißig Jahre lang haben wir den Gedantag im Frieden feiern dürfen. Heuer zum ersten Male müssen wir am hohen Siegesfeste zugleich um neuen Sieg der deutschen Waffen flehen, die im fernen Osten sür des Vaterlandes Ehre ge­schwungen werden. Es ist kein neidischer Nachbar, kein altbekannter Erbfeind, der unseres Landes Grenzen bedroht; «8 ist ein entlegenes, aber mächtiges Barbarenvolk, das unserer Macht die notwendige Ausbreitung verwehren will und die Stellung Deutschlands im Rate der weltbeherrschen­den Völker bedroht. Und darum ist auch dieser Feldzug, defsengleichen Deutschland noch nicht erlebt hat, dieser Streit l«tt dem fernen China, ein notwendiger und heiliger Krieg. Nur daß wir ihn mit Gott führen und in der ernsten Heim­suchung, die er über unser ganzes Vaterland und über so viele Häuser bringt, deren Söhne hinouSziehen in die un­gewisse Ferne, uns dem Herrn von ganzem Herzen wieder zuwenden, der dem deutschen Volke in den größten Nöten ein Erretter gewesen ist ! Viel schwere Schäden zeigt unser heutiges Geschlecht, und groß ist der Abfall vom Glauben und von der Zucht der Väter. Gebe denn Gott, daß der Ernst der Zeit auch in den Herzen wieder den Ernst christ­lichen und deutschen Sinnes erwecke, daß wir uns auf die lebendige Quelle unserer Kraft besinnen lernen im Glauben und Gebet, und daß wir in der Zeit der Heimsuchung uns bewähren als ein Volk, das zu Gott ruft und mit Gott streitet ! To wird auch unser Gott in China wie dereinst in Frankreich mit uns sein.

Tages-HleuigLeiten.

Deutsches Leich.

Nagold, den 31. Aug.

Museumsgefellschaft. Am letzten Mittwoch waren bie oberen Räume des Gasthoss zum Hirsch von fröhlicher Gesellschaft belebt: Die Mitglieder des Museums hatten sich dort zu einem Familtenabend zusammmgefunden. Und jeder, der dabei war, wird mit größter Befriedigung auf diesen gelungenen Abend zurückblicken und sich sagen: selten ist ein Abend so schön und genußreich gewesen! Nachdem man trotz des schönen Nachmittags wegen des vorausge- gangenen schlechten Wetters hatte daraus verzichten müssen, aus unserem herrlichen Schloßberge sich mit einander zu

Die Erschießung Hans Corduas und Lord Roberts' Kriegssührung.

(Fortsetzung.)

Wenn die Mitglieder des Kriegsgerichts gleichwohl den Leutnant Cordua wegen Teilnahme an einer Verschwörung verurteilten, obschon es nicht gelungen ist, auch nur einen Helfershelfer zu entdecken und die Anklage sich lediglich auf Aussagen des Geheimagenten stützt, der mindestens verdäch­tig ist, der Schöpfer des ganzen Verschwörungsplans zu fein, so haben sie nur damit bewiesen, daß sie die Ange­legenheit nicht als eine Rechtsfrage behandelten, sondern sie politisch auszunutzen gedachten. Unter demselben Ge­sichtspunkt scheint auch Lord Roberts den Vorgang, den er so zutreffend gekennzeichnet hatte, betrachtet zu haben, denn sonst hätte er nicht den Mut zur Bestätigung des Urteils finden könnm. Es fragt sich nur, ob die Vollstreckung des Todesurteils an Cordua die Wirkung auf die Buren haben wird, die die Herren in Prätoria von ihr erwarten. Wir halten dies bei dem Charakter der Buren nicht für wahr­scheinlich, glauben vielmehr, daß diese neue Ungerechtigkeit und Grausamkeit den Haß der Buren gegen ihre Unter­drücker steigern wird. Je länger dieser unglückliche Krieg dauert, desto gehässiger wird er von den Engländern geführt und desto unbegreiflicher werden die Maßnahmen, die von dem den Ruf eines menschenfreudlichen Soldaten genießen­den Lord Roberts zur Anwendung gelangen. In der ge­sitteten Welt hat dessen Kundmachung, die von allen Buren den Treueid fordert und die diesen verweigernden die De-

ttagold, Lamstaz -rn 1. September

freuen, stand den Mitgliedern nur der Abend im Hirsch

mit Zigeunermufik und Tanz in Aussicht, eine Aussicht, die ja gewiß an sich schon lockend genug ist. Aber noch ganz andere Genüsse warteten unser. Wir sollten erfahren, was ein gewandter und rühriger Vorstand und die Liebens­würdigkeit junger Damen vermag. Unserem Vorstand, Herrn Kübel, haben wir es zu danken, daß liebe Sommergäste, die sich seit einigen Wochen, in unserer Stadt aufhalten, durch liebenswürdiges Entgegenkommen unS großen künst­lerischen Genuß bereiteten. Gesangs- Deklamations- und Jnstrumentalvorträge wechselten miteinander ab. Eröffnet wurde der Abend durch eine Ouvertüre für Klavier zu vier Händen (Frl. Pieper und Frl. M. Sigel). Als treffliche Solistin erwieS sich Frau Dreling aus Köln, die uns mit 7 Liedern erfreute, auch Frl. Ziegler aus Gächingen fand durch ihre mit sympathischer Altstimme vorgetragrnen Lie­der allgemeinen Beifall; zu diesen wie auch zu den Jnstru- mentalvorträgen aus Cello (Oberreallehrer Wnnmann) und Vi«line (Taubstummenlehrer Hegrle) hatte Frl. Pieper auS Köln in dankenswertester Weise die Klavierbegleitung über­nommen. Einen ganz besonderen Genuß bot Miß Dünn, indem sie in launigem und temperamentvollem Vortrag unS zeigte, wie sie alle sind, die Männer all und all die Frauen! Bet der Rückerinnerurg an diese Genüsse dürfte es nicht un­angebracht sein, allen Mitwirkenden, insbesondere aber den verehrten Gästen, den Dank, der schon am Abend ausgesprochen wurde, hier zu wiederholen und den lieben Gästen ein herzliches Auf Wiedersehen" zuzurufen. Den Beschluß des Abends bildete das Tanzvergnügen, dem allseitig eifrigstgehuldigt wurde und wozu die feurig-n Weisen der Zigeuner aufs einschmei­chelndste einluden! Ja, er war schön, der Abend! Vivant ssgnsnteo!

Der Verband württ. Gewerbevereine hält in diesem Jahr seinen Verbandstag in Biberach, und zwar in den Tagen vom 22.24. September.

Einen gefährlichen Schmuck tragen jetzt die Wiesen, die Herbstzeitlose. So unschädlich daS Pflänzchen aussteht, so gefährlich ist es aber durch seinen großen Giftgehalt. Die Knolle der Pflanze enthält ein sehr giftiges Alkaloid, das Kolchicin, in großen Mengen hervorruft. Eine War­nung vor dieser Pflanze ist also gerade jetzt wohl angebracht.

t. Ebhausen, 30. Aug. Gestern fand hier unter Leitung von H. Seminarobrrlehrer Köbele eine Sonder­konferenz statt für sämtliche unständige Lehrer des Bezirks. Anwesend bei derselben war auch H. Bezirksschulinspsktor Pf. Schott von Altensteig-Dorf. Den Anfang der Verhand­lungen bildeten zwei Leh spröden betreffend ») Einfluß der physikalischen Beschaffenheit eines Landes auf die Beschäf­tigung und den Charakter der Bewohner, d) die politische Einteilung und das Wichtigste aus der Verfassung des Deutschen Reichs. Es folgten sodann noch verschiedene Riff erat« über naturwissenschaftliche Stoffe, lieber die Orgelspielproben der Lehrer hatte H. Mustkoberlehrer He­gel« und über die von denselben gefertigten Zeichnungen H. Schullehrer Arnold zu referieren..

Von der oberen Donau, 30. Aug. (Korr.) Nachdem fast den ganzen Sommer über das Flußbett der Donau trocken stand von der Versickerungsstelle zwischen Immen-

portation androht, Entrüstung erregt. Man hat diese An­kündigung, die durch nichts zu rechtfertigen ist, allgemein als Ausfluß der Mißstimmung aufgefaßt, die sich des Lord Roberts angesichts der geringen Fortschritte in der Nieder­werfung der Buren bemächtigt hat. Aber ein englischer General sollte zu stolz sein, um in einem regulären Kriege die Methoden anzuwenden, durch die sich General Weyler in Kuba für alle Zeiten ein trauriges Andenken gesetzt hat. Dieses neue Verhalten gegen die Buren wird vermutlich dem Lord Roberts die Sympathien wieder gewinnen, die er bei einem Teil der englischen Presse eingebüßt hat, seit­dem in Südafrika nichts mehr gelingen will und die Buren immer von Neuem die bereits erobertem Bezirke beunruhigen. Ist doch kürzlich in derMorning Post", die nicht das schlimmste Organ des Jingoismus ist, sogar die Plünderung der Burensarmen als heilsame Maßregel empfohlen worden, auch wenn die Besitzer dieser Farmen sich nichts haben zu Schulden kommen lassen! Man darf wohl onnehmen, daß sich endlich die öffentliche Meinung auf die besseren Ueber- lieferungen des englischen Volks besinnt und gegen diese unzivilisterte Art der Kriegführung entrüsteten Protest erhebt.

Wird doch unter der SpitzmarkeSüdafrikanische Ent­täuschungen" derWelt-Korresp." aus Kapstadt 1. Aug., geschrieben:

Um durch List den Widerstand der Freistaatler zu brechen, wurden Erlasse verbreitet, daß, wer die Waffen niederlege, ruhig nach seiner Farm zurückkehrcn könnte; die es nicht thätcn, würden hinfort als Rebellen behandelt. !

1S00.

dingen und Möhringen bis Tuttlingen, haben die Regentage

in letzter Zeit der Donau wieder Nahrung gebracht. Be­merkenswert ist, daß auch in der Breg, die als Quellst mitangesehen werden muß, an einer Stell« oberhalb Hüstn- gen (Baden) Wasser versickert. Hier wurden erst kürzlich von Ingenieur Schilling und dem bad. Landes geologen Dr. Schalk Versuche mit Farbstoffen angestellt, welche darthun sollen, wo daS versickerte Wasser wieder zu Tage tritt.

Pfedelbach, 30. Aug. (Korr.) Der hiesigen Gemeinde wurde in Anbetracht ihrer ökonomischen Verhältnisse durch Kgl. Entschließung zu den Kosten der Verbesserung von Wegen und der Korrektion des Pfedelbachs der StaatSber- trag von 1350 ^ verwilligt.

B e r lin, 20. Aug. Heute Vormittag 10 Uhr fand im Licht­hof des Zeughauses die Nagelung und Weihe von 64 Fahnen und Standarten statt. Da auch heute wie der di« polizril. Ab­sperrungen sehr umfangreich waren, konnte nureine ganz be- schränkteAnzahlPersonenindieNähedeSZeughauses gelangen.

Aus der Reichshauptstadt. Die historische Mühle bei Großbeeren ist jetzt auf Veranlassung der letzten Eigen­tümerin, der Stadt Berlin, abgebrochen werden. An ihrer Stelle soll nach der Voss. Ztg. ein Gedenkstein mit Anga­ben, die auf den Sieg BülowS Bezug nehmen, errichtet werden.

Ein Lob deutscher Matrosen aus fremdem Mun­de. Der Korrespondent desNienws Rott. Courant" schreibt unterm 16. Juni auS Tientsin u. a.: Momentan ist unsere Verbindung mit der Rhede noch intakt; das ver­danken wir der druischen Marine. Ich war verwundert,» als ich heute einen Zug Anlaufen sab, dessen Lokomotivfüh­rer und Heizer sich als Matrosen des deutschen ESkadres entpuppten. Man ersteht hieraus. Über welch' vorzügliche Elemente auf Spezialgebieten die deutsche Marine verfügt. Di« Engländer fanden in ihrem Rieseneskadre keine Person die im Stande gewesen wäre, eine Lokomotive zu führen und sie müssen jetzt dankbaren Herzens mit ansehen. daß die mit englischem Geld begründete Eisenbahnlinie durch deutsche Intelligenz in Betrieb gehalten wird."

Das ostasiatische Eisenbahnbataillon wird im Ok­tober vollständig in Ostasien vereinigt sein. Die beiden neuen Kompagnien sollen am 3. September den AuSmarsch nach China antreten, nachdem sie noch in ihren neuen Uni­formen an der Herbstparade am 1. September tellgenommen haben. Die Einschiffung erfolgt wieder in Bremerhaven, von wo die Reise nach Ostasien am 4. September angetreten wird. Die beiden Kompagnien sind augenblicklich in den Kasernen des zweiten Elsenbahnregiments zusammengezozen.

Ansland.

Mailand, 29. Aug. Der Königsmörder Brekci ist in der letzten Nacht unter starker Bewachung vom Zellev- gefängnis in das Gesänanis des Schwurgerichts überführt worden. Er hat zum Verteidiger den Advokaten Merlino gewählt, der die Verteidigung angenommen hat. Auch der gerichtlich bestellte Verteidiger Martrlli wird auf Brekcis Verlangen die Verteidigung übernehmen. Der Prozeß d«. ginnt heute früh 9 Uhr und wird nur gegen BreSci allein geführt, da die Untersuchung über seine Mitschuldigen noch nicht abgeschlossen ist. Für den Sicherheitsdienst sind

i Mancher hat sich leider verleiten lassen, solchen Worten zu glauben, aber viele von ihnen wurden doch gefangen oder im besten Falle wurde ihnen unter Parole erlaubt, in East London oder am Kap sich aufzuhalten: andere, die überhaupt j keine Waffen aufgehoben oder sich an dem Kriege betciiigt hatten, wie so mancher Prediger, wurden einfach als Kriegs­gefangene behandelt. Und dazu der Vandalismus der britischen Truppen im Freistaat, wo sie die einzelnen Ge­höfte systematisch verbrannten, Wöchnerinnen erbarmungslos aus ihren Häusern vertrieben, die nun Schutz gegen die Unbill der Witterung in Kaffernhütten suchen mußten, von anderen Greuelthaten zu schweigen welche Enttäuschungen! Wer nur einigermaßen die Großthaten der britischen Armee im Freistaat kennt, sendet gewiß nicht Glückwunschtelegramme nach London. Den Freistaatlern wird der Name Roberts ja wohl ebenso lange im Gedächtnis bleiben wie der Name Turenne den Deutschen. Die englischen Berichte vom Kriegs­schauplatz sind noch immer großartig im Verschweigen der Wahrheit. Wie hart am Sandriver, vor Johannesburg und Prätoria gefochten, wird man jetzt nicht erfahren. Glücklich, daß wir auch Berichte von anderen Selten er­halten (wie sei besser nicht erwähnt.) Vierschn Tage nach der Einnahme von Johannesburg brachten die lanzen noch Verwundete von dem Schlachtfeld nach Joim'.- nesburg, und dann lagen noch die Leichen der ne.i britischen Soldaten haufenweis unbegraben in nächp iahe der Stadt. (Schluß fo^.l.)