./U AI. Nagold, Samstag dev 26. Mai 19ÜV.

Hages-Meuigkeiten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 23. Mai. Dem Besucher de- Truppen« Übungsplatzes bei Münsingen fällt neuerdings ein schmucker Bau in die Augen, der nahe dem Eingang zum Baracken­lager sich in dominierender Lage am Waldrands erhebt und mit seiner weithin leuchtenden Inschrift:Soldaten­heim" den Wanderer gar freundlich grüßt. Als ein be­redter Zeuge der opferfreudigen Liebe zum Vaterland und seinem Heere, die ihn geschaffen, steht er da und ladet unsere Jugend in Waffen nach den anstrengenden Uebungen des TageS zu leiblicher Erquickung, zur Pflege gute Kame­radschaft und zu religiöser Erbauung im Kreise gleichgesinnter Freunde ein. Das Soldktenheim ist in den Jahren 1898 und 1899 von dem Süddeutschen Jünglingsbund mit einem Aufwand von nahezu 60000 erstellt worden. Davon wurden 20 060 ^ an freiwilligen Beitragen innerhalb der dem Bunde angehörenden Vereine und sonstiger soldaten­freundlich gesinnter Kreise aufgebracht. Weitere 30000 ^ wurden dem Bunde vom Stuttgarter Verein für VolkSkafsie- häuser zunächst als unverzinsliches Darlehen vorgestrcckt, so daß zur Stunde noch 10000 ^ zu decken sind. Es ist also der vielen Vätern und Müttern militärpflichtiger oder schon zur Fahne eingezogener Söhne, die den Wert und Segen eines solchen christlichen Toldatenheims zu würdigen wissen, noch reichlich Gelegenheit geboten, ihr Interesse für dasselbe auch durch einen Beitrag zur Tilgung der noch auf ihm lastenden Schuld zu bethätigen. Diejenigen, die da wissen, welchen besonderen Versuchungen und Gefahren die Soldaten gerade auf solchen UebuvgSplätzkn auSgesetzt sind, werden dies gewiß mit freudigem Herzen thun und auch andere zu gleichem Thun ermuntern. Manche dieser Gefahren knüpft sich an den Alkohol. Darum haben die Gründer deS Goldatenheims mit weisem Vorbedacht und nach reiflicher Erwägung aller Umstände die geistigen Getränke: Wein, Bier, ^Branntwein. Most u. s. w. vom Betrieb gänzlich ausgeschloffen, dafür aber Sorge getragen, daß den im Heim verkehrenden Mannschaften gute, gesunde Speisen in reichli­chen Portionen und zu billigen Preise« gereicht werden, ja daß dieselben sich auch dort aufhalten können, wenn sie nicht das Bedürfnis haben, eine leibliche Erfrischung zu sich zu nehmen. Ein eigenes Schreibzimmer mit den nötigen Schreibmaterialien stehen ihnen zur Verfügung, damit sie in Ruhe den Verkehr mit der Heimat pflegen können. Pa­pier, Briefumschläge, Federn, Postkarten mit dem Bilde deS Goldatenheims u. s. w. werden unentgeltlich an sie ab­gegeben. Desgleichen steht ihnen eine hübsche Bibliothek zur Verfügung, die bereits über ISO Bände zählt. Eine Anzahl freundlicher Zimmer sind für Einjährige, die außer­halb des Lagers wohnen dürfen, zu mäßigen Preisen vor­gesehen. Außerdem ist der Verwalter und Soldatenvater StephanWurster jederzeit bereit, den Soldaten, die sich an ihn wenden, mit Rat und Hilfe an die Hand zu gehen. Tr ist auch bemüht, durch Veranstaltung paffender Vorträge patriotischen und religiösen Charakters, sowie durch regel­mäßige HauSandachten den Bedürfnissen ernster gerichteter Soldaten und Unteroffiziere entgegenzukommen. Dabei ist das Haus, dessen Bau von Architekt Friz in Stuttgart geleitet wurde, seinem Zweck aufs beste angepaßt. Ein Heller, geräumiger Saal vermag gegen 200 Mann zu soffen; er eignet sich vorzüglich zu allerlei Zusammenkünften, wie sie das Soldatenleben mit sich bringen mag. Wie sehr sich Liese patriotische Einrichtung auch der Gunst der militäri­schen Kreise erfreuen darf, ist nicht nur an dem erfreulichen Besuch von seiten der Soldaten und Mannschaften des Trup­penübungsplatzes ersichtlich, sondern auch an der Teilnahme an der Einweihungsfeierlichkeit von seiten des Kommandan­ten des Uebungsplatzes, des Generals von der Osten, sowie einer stattlichen Anzahl höherer und Sudaltern-Osfiziere. Die Einweihung fand vom herrlichsten Frühlingswetter be­günstigt, am 17. Mai statt ünd wurde von Oberkonsistorialrat Stadtdekan Dr. v. Braun aus Stuttgart als dem Vorstand des Süddeutschen Jünglingsbundes geleitet. Von allen Seiten waren die geladenen Gäste herzugeeilt, und selbst Ihre Majestäten der König und die Königin hatten ihre Glückwünsche gesandt, begleitet von reichen Gaben für das Soldatenheim. Stadt und Bezirk Münsingen waren u. a. durch Stadtfchultheiß Oßwald und Dekan Dieterle ver­treten. Die Feier verlief in erhebender Weise. Jedermann konnte den Eindruck nach Hause nehmen, daß im Soldaten- heim ein gutes und notwendiges Werk geschehe, dessen Segen sich über unser ganzes Volk ergießen werde. Diese Arbeit hat um so mehr Aussicht auf Gelingen, als sie geschieht im Anschluß an die bestehende Militärseelsorge und unter ausdrücklicher Billigung durch die Militärbehörden. Möge dem Soldatenheim dieselbe schöne Entwicklung beschieden sein, deren sich das vom Westdeutschen JünglingSbunde in der großen Garnisonsstadt Metz seit der Zeit seines Be­stehens erfreuen darf, zum Heile unserer Soldaten und zum Besten unseres geliebten Vaterlandes!

Stuttgart, 22. Mai. (Korr.) Württ. Müllerver­band. Die jährliche Generalversammlung findet am Sonn­tag den 27. Mai ds. Js. vormittags 11 Uhr im Europä­ischen Hof hier statt. Außer den rein geschäftlichen Ange­

legenheiten werden die derzeit im Vordergrund stehenden Forderungen der Handels- und Kundenmüller in 2 Refera­ten eingehend behandelt werden. Zu den Verhandlungen haben auch Kollegen, die nicht Berbandsmitglieder sind, Zutritt.

Stuttgart, 21. Mai. Die am Samstag Abend er­folgte Eröffnung des Warenhauses Löwenthal, Ecke Rothe- bühl- und Hrrzogstraße, gab zu einem förmlichen Auflauf Anlaß. Schon vormittags wurden zum Zweck der Reklame Bleistifte und Ballons mit der Aufschrift der Firma verteilt. Aus allen Teilen der Stadt eilten Kinder herbei und um­standen in dichten Scharen das Warenhaus. Sechs Schutz­leute hatten vollauf zu thun, um die Menge einigermaßen im Zaume zu halten. Die Wagenführer der Straßenbahn mußten die größte Vorsicht anwenden, um ein Unglück zu verhüten. Mehrere Kinder wurden durch Handwagen über­fahren. Am Sonntag gegen Mittag war das Warenhaus geöffnet, wie es scheint, zur Besichtigung.

Aus Urach, 20. Mai, wird derWürtt. Volksztg." geschrieben: Die hiesigen organisierten Holzarbeiter legten am 4. ds. ihren Arbeitgebern verschiedene Forderungen zur Bewilligung vor; sie gipfelten in: Verkürzung der Arbeits­zeit aus 9'/i bis 9'/r Stunden gegen seither 10'/i101, Stunden und Erhöhung oller Lohnsätze um 1020 Proz. Da die Fabrikanten sich weigerten, mit dem Holzarbeiter­verband zu unterhandeln und jedem die Kündigung anheim­stellten, der zu den seitherigen Bedingungen nicht arbeiten wolle, antworteten die Leute am 9. ds. mit sofortiger Nieder- legung der Arbeit und wurden kontraktbrüchig. Don ca. 350 Arbeitern streikten nur ca. 145; sämtliche Betriebe blieben aufrecht erhalten, die Prinzipale aber sprachen tags darauf die förmliche Entlassung aller Strecker aus und sahen sich nach auswärtigen Arbeitskräften um. Gestern, am 19., haben nun die Ausständigen beschlossen, am 2l. ds. ohne Vorbehalt zu den alten Bedingungen die Arbeit wieder aufzunehmev; da aber inzwischen manche Stellen anderweitig besetzt worden waren, oder noch werden, so si«d die Prinzipal gar nicht in der Loge, ihre sämtlichen früheren Leute wieder einzustellen. Der vom sozialdemo­kratischen Holzarbeiterverband vom Zaun gerissene Lohn­kampf tüchtige, solide Arbeiter haben hier ihr gutes Auskommen fand sein schnelles Ende und scheiterte an ! der absoluten Einigkeit der Arbeitgeber.

Gtraßburg, 22. Mai. Ein Privattelegramm der Straßb. Post" aus Berlin meldet: Das Kompromiß in der lax Heinze ist fertig. Es ist Friede geschloffen: Das Zentrum hat völlig nachgegeben. Das Gesitz ist als ein neuer Initiativantrag eingebracht. Dieser wird dem Prä­sidenten morgen bei Fortsetzung der Beratung oorlisgen. Diese Fortsetzung wird daraufhin unter Einverständnis oller Parteien nicht in Angriff genommen werden. Dieser Ini­tiativantrag kommt in erster und zweiter Lesung am Mitt­woch, in dritter am Freitag zur Verabschiedung. Dieses Kompromiß, an dessen Zustandekommen Präsident Graf Ballrstrem einen ganz besonders hervorragenden Anteil Hai, enthält das Gesetz bis zum § 184 einschließlich. Der Thea­terparagraph, sowie der Schaufenster- und Kunstparagroph fallen weg, mit Ausnahme der einzigen Strafbestimmung des AnbietrnS oder Verkaufs unzüchtiger Darstellungen und so weiter an Personen unter 16 Jahren. Die Einwilligung des Zentrums ist uur nach schweren stundenlangen Kämpfen zu erreichen gewesen.

Berlin, 21. Mai. Die gestrigen Ausschreitungen aus Anlaß des Generalausstandes der Berliner Straßen­bahnbediensteten beschränkt sich hauptsächlich auf den Bezirk am Rosenthaler Thor; diejenigen an anderen Plätzen waren unbedeutend. Die Exzedenten waren wiederum haupt­sächlich junge Burschen, während die streikenden Straßen- bahnangestellten sich selbst nicht an den Tumulten beteiligten. Gegen Mitternacht hatten alle Straßen und Plätze wieder ihr gewohntes Aussehen. Ei« öffentlicher Anschlag des Polizeipräsidenten warnt vor Zusammenrottungen. Während der gestrigen Ausschreitungen wurden 2 Schutzleute schwer verwundet. Zwei Arbeiter sind infolge der Verletzungen durch Säbelhiebe im Krankenhaus gestorben. Ueber 50 Personen wurden leicht verletzt. 103 verhaftet. Durch zwei aus dem Publikum abgegebene Schüsse wurde niemand ver­letzt. Oberbürgermeister Knschner will die Vermittlung zwischen den Ausständigen und der Ttaßenbahngesellschaft übernehmen.

Berlin, 22. Mai. Zu Ehren der amerikanischen Kameraden des deutschen Kriegerbundes veranstal­tete der Hauptverband der Berliner Kriegervereine abends in der Bockbrauerei einen Festkommers mit Militärkonzert. Wolkewitz-Berlin brachte das Kaiserhoch aus. Pfannestiel begrüßte die Amerikanischen Kameraden und feierte deren treuen deutschen Ginn. Kamerad Müller dankte namens der amerikanischen Krieger. Biese toastete aus die deutsche ' Kameradschaft. Vom Kaiser ging ein Danktrlegramm für die Huldigung-depesche der amerikanischen Krieger ein. Das ganze Fest verlief, durch den Gesang vaterländischer Lieder verschönt, aufs glänzendste.

-j- Das preußische Abgeordnetenhaus trat am Frei­tag in die zweite Lesung deS WarenhauSsteuerge- setzentwurses ein, von demselben in dieser Sitzung die

ersten fünf Paragraphen erledigend. Der grundlegende H 1

wurde hierbei in der Commissionsfaffung angenommen, wo­nach die WarrnhauSsteuer bei einem Jahresumsatz von 300000 beginnen soll. Auch die W 2, 3 und 4 ge­langten in der Commissionsfaffung zur Annahme, tz 5, welcher die Höchstgrenze der Besteuerung auf 20 Prozent des geiverbestmerpflichtigen Ertrages ftstsetzt. war von der Commission gestrichen worden, er wurde jedoch mit einer vom freikonseroatioen Abg. Schaube beantraqlen Abänderung wiederhergestellt; Finanzminister Dr. v. M'guel hatte vor­her erklärt, die Regierung würde dir gesamte Vorlage fallen lassen, wenn tz 5 gestrichen bleiben sollte.

Auch in diesem Jahr dürften zu den großen Flotten. Manövern, bei denen bekanntlich ein gemeinsames Zusammen­wirken von Flotte und Landheer stattfinden soll, eine Anzahl Offiziere deS Heeres an Bord der Kriegsschiffe kommandiert werden. Von Schloß Urville hat der Kaiser bereits unter dem 11. Mai die Kommandierung deS Oberleutnants v. Hahnke vom 1. Garde-Regiment zu Fuß, kommandiert zur Dienstleistung beim großen Generalstab, an Bord des Linien­schiffesKaiser Friedrich III." skr die Dauer der Mitte September d. I. abzuhaltenden Manöver der Marine ver- fügt. _

Kleiuerr Mtteüuugen.

Vom Bodsnsee, 19. Mai. (Korr.) In Unterreitenau brr Lindau erhielt in letzter Zeit I. Heitinger auf seinem Bienenstand 3 Schwärme, immerhin eine Seltenheit um diese Zeit.Ein Schwarm im Mai, ein Fuder Heu." sagt ein Sprichwort deS Imkers. Die letzten 3 Wochen haben überhaupt die Völker ungemein rasch entwickelt und es steht, wenn die nachfolgenden Monate Juni und Juli einigermaßen günstig verlaufen, wieder in der Seegegend ein gutes Bienenjahr in Aussicht. Während letztes Jahr die Imker an andere» Octe« fast gar keinen Ertrag be­kamen, hatten die Bienenbefitzrr am See eine volle Ernte.

Köln. 22. Mai. Bei etner Hebung des Drutzrr- rasfier-RegimentS. die heute Vormittag stattfand, wurde einer Schwadron zur Vornahme von Fußübungen der Be­fehl zrm Absitzen gegeben. Plötzlich scheute'eine Anzahl Pferde, und 52 rasten zur Stadt hinein, alles, was sich ihnen in die Quere stellte, überrennend. Ein Milchsuhrwrrk wurde zertrümmert. Als der Pferdetrupp eine scharfe Bie­gung durch die Clkv.'rstraße machte, stürzten 8 Tiere und mehrere blieben infolge schwerer Verletzungen liegen. Auch aus der Rheinbrücke entstand bei dem rasenden Laufe der Pferde eine große Verwirrung. Wiederum stürzten einige Tiere, während etwa 40 Pferde in die Kürassterkaserns stoben und 6 die wilde Jagd nach dem Vorort Kalk soctsetzten.

Aus Rom wird der Mzdb. Ztg. über einen Unglücks- sall, bei dem 40 Wallfahrer ertrunken sind, des Näheren berichtet: In dem kleinen V'coses bei Viterbo liegt eine Kirche der hl. Lucia, zu der am 14. Mai das Volk von weit und breit her wallfahrtet. So geschah es auch dieses Jahr. Mit dem Kircbenfest sind noch italienischer Sitte Volksbe­lustigungen verbunden, bei denen es bei Wein und Guitarre- und Mandolinrnspiel hoch hergchl. An der Wallfahrt be­teiligt sich zumeist das junge Volk, da die hl. Lucia des Lago die Vico schon manche glückliche Hochzeit vermittelt haben soll. Als nun am Abend nach dem Feste die Wallfahrer die bereit liegenden Boote bestiegen, um sich von der Kirche nach der Eisenbahnstation Rorciglione yerüberrudernzu lassen, achtete man in der Weinlaune und allgemeinen Fröhlichkeit wenig auf die Tragkraft der Boote. Tmige 190 Meter vom Ufer rnifernt, drohte ein Boot zu sinken. Dir Insassin, zumeist junge Mädchen, begannen verzweiflangsooll zu schreien und zu beten. Ein anderes Boot eilte den Gefährdeten zu Hilfe. Die armen Märchen drängten sich zu dem Ret­tungsboote hin. Da geschah das Einsetzliche: beide Brate schlugen um, und der See verschlang die lebrnsfrohsu Mäd­chen und Buischeu. Die Ecegewächse hielten die armen Opfer fest. Rur wenige Leichen kamen bisher wieder an die Oberfläche; die meisten liegen am Grunde, man kann sie durch das kiystalhelle Wasser deS Sees hindurch deurlich erkennen. Die Regierung hat Taucher an den S-e geschickt, um die Luchen zu bergen.

Mit welch geringem Aufwand von Zeit und Geld ein schön lackierter Fußboden, dieser Stolz der Hausfrau erreicht wird, ist in vielen Fällen noch unbekannt. Man verlange daher bei der nächsten Verkaufsstelle (in Nagold bei Herrn Eugen Berg) Prospekt und Musteraufstrich von Finster L Meisner's Bernsteiufntzbodenglanz» lacksarbeu. Diese Glanzlackfarbea werden in 6 brrllanten Tönen geliefert, trocknen über Nacht hart und mit Hcchglanz auf und ist daher jede Störung im Haushalte vermieden.

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