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Der GrselWster

Amts- und Anzeige-Blatt Dr den Oberamts-Bezirk Nagold.

74. Tahrsarrg.

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Gratisbeilagen: LaS Plauderstübchrn und

Schwäb. Landwirt.

^ 75.

Amtliches.

Ts wird hirmit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß den Unteroffizieren und Mannschaften dienstlich verboten ist:

1) jede Beteiligung an Bereinigungen, Versammlungen, Festlichkeiten, Geldsammlungen, zu der nicht vorher besondere dienstliche Erlaubnis erteilt ist,

2) jede Dritten erkennbar gemachte Belhätigung revolu­tionärer oder sozialdemokratischer Gesinnung, insbe­sondere durch entsprechende AuSruse, Gesänge oder ähnliche Kundgebungen.

3) daS Halten und die Verbreitung revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften, sowie jede Einführung solcher Schriften in Kasernen oder sonstige Dienstlokale.

Ferner ist sämtlichen Angehörigen des aktiven Heeres dieustlich besohlen, von jedem zu ihrer Kenntnis gelangen­den Vorhandensein revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften in Kasernen oder anderen Dienstlokale« sofort dienstliche Anzeige zu erstatten.

Diese Verbote und Befehle gelten auch für die zu Uebungrn eingezogenen und für die zu Kontrollversamm- lungrn rinberusenen Personen des Beurlaubtenstandes, welche gemäß tz 6 deS Militär-StrasgesktzlmchS und tz 38 B. 1 deS RetchS-Militärgesetzes bis zum Ablauf des Tages der Wiedrrentlafsung bezw. der Kontrollversammlung den Vor- schriften des Militär-Strafgesetzbuchs unterstehen.

Stuttgart, 5. Mai 1900.

Der KriegSminister:

Schott von Schottenstein.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Land­wirtschaft, betreffend die Aufnahme von Zög­linge« in die Ackerbaufchnle».

Auf 1. Oktober ds. IS. wird eine Anzahl von Zög­lingen in die Ackerbauschulen zu Hohenheim, Ellwangen, Ochsenhausen und Kirchberg ausgenommen. Es werden daher diejenigen Jünglinge, welche in die eine oder die ander« Ackerbauschule einzutreten wünschen, aufgefordert, sich spätestens bis zum 16. Juni d. I. je bei dem Vor­steheramt der betreffenden Anstalt zu melden. Die Auszunehmenden müssen das 17. Lebensjahr zurückgelegt hoben, vollkommen gesund, für anhaltende Feldarbeiten körperlich erstarkt und mit den gewöhnlichen landwirtschaft­lichen Arbeiten bekannt sein, die Kenntnisse eines guten Volksschülers und dir Fähigkeit besitzen, einen einfachen Vortrag über Landwirtschaft und deren Hilssfächer auszu- fasten. Kost, Wohnung und Unterricht, erhalten die Zög­linge für die von ihnen zu leistenden Arbeiten, woneben sie nach Maßgabe ihrer Leistungen und ihres Verhaltens je am Schluß des Schuljahrs noch mit besonderen Prämien bedacht werden können. Etwaigen Bedürftigen kann außerdem eine Unterstützung in Aussicht gestellt werden.

Mit dem Eintritt in die Schule ist die Verpflichtung zu übernehmen, den vorgrschriebenen LehrkurS. welcher in Ellwangen, Ochsenhausen und Kirchberg 2 Iahte dauert und auch für die Ackerdauschule Hohenheim provisorisch auf 2 Jahre bestimmt worden ist, vollständig durchzumachen, und zu diesem Zweck im Falle der Aushebung zum Militär­dienst von der Vergünstigung, sich zurückstellen zu laste», Gebrauch zu machen.

Den Eingaben, in welchen die bisherige Laufbahn des Bewerbers darzulegen ist, müssen ein Geburtsschein, Impf­schein, StaatSangehörigkeitsauSweis, ein Zeugnis deS Ge­meinderats über das Prädikat des Bewerbers, über den Stand und den etwaigen Grundbesitz des Vaters und das dem Bewerber etwa von seinen Eltern anfallende Vermö­gen, sowie eine schriftliche Einwilligung deS VaterS. beziehungs­weise Vormunds, zum Besuche der Ackerbauschule beiliegen.

Die Bewerber, welche nicht durch besonderen Erlaß zurückgewiesen werden, haben sich am

Montag den 2. Juli d. I., morgens 7 Uhr,

zur Erstehung einer Vorprüfung in Hohenheim eivzufinden.

Stuttgart, den 7. Mai 1900. _v. Ow.

Bekanntmachung, betreffend die Aufnahme in die Garteubauschule z« Hohenheim.

Auf den 1. Oktober dS. IS. können in die mit der hiesigen Anstalt verbundene Gartenbauschule wieder zwölf Zöglinge eintreten.

Zweck dieser Anstalt ist, junge Männer mit der Theorie und Praxis deS ländlichen Gartenbau- bekannt zu machen.

Die Ausnahme erfolgt auf 1 Jahr, und zwar unter folgenden Bedingungen:

1) die Aufzunehmenden müssen das 17. Lebensjahr zurück­gelegt haben und da- württembergische Staatsbürger- recht besitzen,

2) vollkommen gesund und körperlich erstarkt sein, um

Nagold, Montag den 14. Mai

die bei dem Gärtnereibetrieb vorkommendrn Arbeiten anhaltend auSsühren zu können,

3) im Lesen, Schreiben und Rechnen gute, im Zeichnen wenigstens einige Fertigkeit, auch genügende Befähig­ung zur Auffassung von gemeinverständlichen Lehr­vorträgen haben.

Hierüber müssen sie sich bei der Aufnahmeprüfung aus- weisen.

Vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme werden solche Bewerber finden, welche eine Lehrzeit in einer Gärt­nerei erstanden oder sich sonst mit Garten oder Wrinbau beschäftigt oder eine Ackerbauschul« durchgemacht haben und hierüber die erforderlichen Ausweise vorlrgen.

Von denjenigen Bewerbern, welche die Aufnahme­prüfung bestanden haben, werde« dir 6 besten und be­dürftigsten als ordentliche Schüler, die folgenden 6 als außerordentliche ausgenommen.

Kost und Wohnung erhalten die Schüler frei, dis ordent­lichen auch den Unterricht, während die außerordentlichen hiesür ein Lehrgeld von 70 ^ zu entrichten haben. Da­gegen haben sämtliche Schüler alle in der Schule und beim Gartenbau vsrksmmenden Arbeiten zu verrichten und die Verpflichtung zu übernehmen, den einjährigen Kurs vollständig mitzEitchen.

Weiter besteht dir Einrichtung, d«ß je nach Umständen bis zu 6 Gartenbauschüler, welche sich beim unmittelbar vorcusgegangenen JahreSkurS durch Strebsamkeit und gutes Verhalten ausgezeichnet haben, ein zweites Jahr in der Schule verbleiben können, wobei sie Kost, Wohnung und Unterricht gegen ihre Arbeit, unter Umständen auch noch einigen Taglohn erhalten können.

Die Bewerber werden aufgefordert, unter Darlegung ihrer bisherigen Laufbahn, sowie unter Anschluß eines Taufscheins, JmsscheinS, gemeindrrätlicher Zeugnisse über Heimatrecht, Prädikat und Vermögen, einer Urkunde über Einwilligung des Vaters beziehungsweise Vormunds, auch, soweit sie im militärpflichtigen Alter stehen, unter Nachwei- sung ihres MililärnerhältmffeS, sich spätestens bis Samstag, den 23. Juni d. I. schriftlich bei der Unterzeichneten Stelle zu melden und sich sodann, wenn sie nicht durch besonderen Erlaß vorder zurückgewiesen werden sollten, zur Aufnahmeprüfung am Montag, den 2. Juli d. I., vormittags 7 Uhr,

hier einzufinden.

Hohenheim, den 4. Mai 1900.

K. JnstitutSdirektion.

Strebel.

Die erledigte Stelle des StationSmeisterS und Postexpeditors in Königsibronn wurde dem Stationsmeistrr Maute in Altensteig seinem Ansuchen entsprechend übertragen.

Württembergischer Landtag.

(113. Sitzung.)

Präs. Payer eröffnet die Sitzung um 8',-. Uhr. Am Min.- Tisch: Die Staatsmin. des Innern und der Finanzen. Frhr. v. Gaisberg berichtet über eine Anzahl von Eingaben um Einführung einer progressiven kommunalen Umsatzsteuer für Warenhäuser u. s. w. Er führt aus, diese Warenhäuser seien schädlich wegen ihrer Lock­artikel, Zeitungsreklamen und anderer Mittel die Käufer irre zu sübren, dem Publikum durch marktschreierische Auslagen in den Schaufenstern die Beurteilung der Waren zu erschweren, durch Verdrängung vieler Kleinkaufleute den Mittelstand ruinieren und zwar nicht bloß Kaufleute, Handwerker, Hausbesitzer, Bauunter­nehmer u. f. w., wodurch die Stcuerkrait der Gemeinden benach­teiligt werde, ferner die Menge der unselbständigen Existenzen ver­mehren und die Möglichkeit, selbständig zu werden, zahlreichen Leuten erschweren, weiterhin Gewerbe und Industrie von sich ab­hängig machen, die Arbeiterlöhne Herabdrücken, die Zahl der Kon­kurse vermehren und die freie Entwicklung von Handel und Ge­werbe knebeln: endlich klage man auch mit Recht über die Feucr- gefährlichkeit oer Warenhäuser. Den Begriff eines Warenhauses für den Gesetzgeber klar festzulegen, sei schwer. Es handle sich dabei nicht bloß um sogenannte Ramschbazare und die Unlauter­keit im Geschäftsbetrieb, weil letztere auch in anderen Geschäften häufig vorkomme, Warenhäuser und Konsumvereine dürfen auch nicht in einen Topf geworfen werden. Die Umsatzsteuer mit der gewerblichen Ertragssteuer zu kombiniren, sei schwer. Die Umsatz­steuer verstoße gegen die Prinzipien der Gewerbeordnung, sei un­wirksam und könne die zum Großbetrieb drängende wirtschaftliche Entwicklung doch nicht aufhalten. Eine Umsatzsteuer verhindere auch die freie Konkurrenz und erschwere die freie Entfaltung von Intelligenz, Unternehmungsgeist und Fleiß. In der Kommission habe Rembold den Antrag auf Berücksichtigung der vorliegenden Eingaben im Prinzip gestellt, aber dieser Antrag sei mit 7 gegen 5 Stimmen abgelehnt worden. (Heute liegt ein Antrag Kiene und Genossen vor, die Petitionen, soweit sie die Warenhäuser betreffen, der Regierung zur Berücksichtigung, soweit sie d>e Konsumvereine betreffen, zur Kenntnisnahme zu übergeben.) Die Kommission sei zu dem Antrag gekommen, sämtliche Eingaben, soweit sie die Be­steuerung der Warenhäuser, Bazare und Filialgeschäfte betreffen, der Kgl. Regierung zur Erwägung, soweit sie die Konsumvereins betreffen, zur Kenntnisnahme zu übergeben und die Kammer der Standesherren zum Beitritt einzuladen. Vizepräsident Dr. Kiene beleuchtet in längerer Rede die große Schädigung des Mittelstandes durch die Bazare. Die Vorteile für das kaufende Publikum in

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Warenhäusern seien sehr relativ und meist nur von kurzer Dauer und werden durch die Nachteile weit überwogen. ES sei Pflicht des Gesetzgebers, hier Wandel zu schaffen. Auf steuerpolitischem Gebiet seien die allerdings schweren Mittel hiezu zu finden. Redner empfiehlt den Kleingewerbetreibenden und dem kaufmän­nischen Mittelstand den genossenschaftlichen Zusammenschluß und die Selbsthilfe. Verkehrt sei eS, immer erst abzuwarten, was für Gesetze andere Länder machen. Hiedurch werde eine kostbare Zeit vergeudet Wäre das Publikum sozial-politisch besser geschult, so wäre es heute in einer besseren Lage. Der Staat müsse durch eine Sovdergesetzgebung Helsen, aber auch die Bedrohten sollen sich zusammenschließen. Nach längerer Debatte, an welcher sich die Abgg. Schmidt-Maulbronn, Schaible, Dr. tzieber beteiligen, ver­spricht Finanzmin. v. Zeycr eine genaue Untersuchung der Sache, aber einzelne Petitionen gehen zu weit Die schlechte Lage des Mittelstandes komme auch zum Teil von der eigenen Konkurrenz her, was der Min. durch statistische Zahlen zu beweisen sucht. Die Erdrückung der Warenhäuser sei eine einfache aber unrichtige Lösung der Frage. Fraglich sei es auch, ob man die Bazarinhaber anders behandeln dürfe, als die Großkapitalisten in anderen Branchen. Den Begriff .Warenhaus" zu definieren sei schwer, deshalb habe die Regierung auch zugewartet, und verdiene den Vorwurf nicht, daß sie die Sache auf die lange Bank hinausschieben wolle. Trotz aller Bedenken habe die Regierung schon im vorigen Jahr Erhebungen über die Zweckmäßigkeit einer den Umsatz be­rücksichtigenden Steuer vornehmen lassen, und darauf hin habe man die Geschäfte wesentlich höher taxiert. Usber die nähere Rege­lung der Umsatzsteuer könne er heute noch keine Erklärung abgeben. Abg. «schrempf hebt hervor, daß die Warenhäuser in der Kammer von keiner Seite in Schuh genommen worden sind. Damit seien diese schon verurteilt. Die zahlreich vorliegenden Beschwerde» dürfe man nicht zu leicht taxieren. Min. v. Pischek führt au?, die An­sichten im Abgeordnetenhaus hätten sich seit der Kommisstonsbe­ratung verschärft. Auch er habe keine Freude an den Warenhäusern, aber man solle den Wert der progressiven Umsatzsteuer nicht über­schätzen, die überdies in unser Steuersystem nicht paffe, weil man ein Geschäft nickt nach seinem Ertrag und gleichzeitig nach Umsatz besteuere. Wenn die Großbetriebe als Hecht im Karpfenteich d,e Leuts aufrütteln, so habe dies zum Teil auch eine gute Seite. Komme erst der Umsatz in das Steuerwesen hinein, so werde man bei den Warenhäusern nicht stehen bleiben können. Man sollte doch zuerst die Tragweite übersehen können. (Beifall.) Der Präs, macht die Mitteilung, daß noch eine Reihe von Rednern vocge- merkt sind, und schlägt vor, die Beratung abzubrechen. Es erhebt sich gegen diesen Vorschlag kein Wied-rspruch. Nächste Sitzung: Freitag 9 Uhr. T.-O.r Fortsetzung der heutigen Beratung. Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschusses. Schluß gegen 1 Uhr.

Deutscher Reichstag.

s- Der Reichstag erledigte an» Donnerstag zunächst die neue Vorlage, betr. die militärische Strafrechtspflege in Kiautschau, in erster Lesung; nach unerheblicher Debatte wu:de beschlossen, die Spezialberatung der Vorlage nächster Tage gleich im Plenum vor- zunehme». Dann nahm daS Haus zum vierten oder fünften Male die Spezialberatung der Novell« zum GewerbeunfallversicherungS- gesetz wieder auf; diesmal gelang es endlich, die Beratung zum Abschluß zu bringen. Zu den noch restierenden Paragraphen der genannten Novelle stellte« die Soz-Dem. wiederum zahlreiche Ab- äuderungsanträge, die jedoch sämtlich dem Schicksal dec Ablehnung verfielen. Dafür fanden auch diese Paragraphen fast durchgängig Annahme in der Kommissionssaffung; nur hie und da wurden einige nicht weiter erhebliche Abänderungen, die von kons. Seite beantragt worden waren, gutgeheißen. Am Freitag beschäftigte sich der Reichs­tag mit der Speziale.örteiung des Unfallversichsrungsgesetzes für das landwirtschaftliche Gewerbe.

Hages-HleuigLetten.

Deutsches Reich.

NagoM 14. Mai.

Herr Landtags-Abg. Schaible sandte uns seine in der 113. Sitzung der Kammer der Abgeordneten gehaltene Rede nach dem Stenogramm, mit dem Ersuchen, dieselbe zu veröffentlichen, was hiemit geschieht:

Schaible (F. V.) Wenn man den Verhandlungen der Steuerkommisfion sowohl, als auch den heutige« Verhand­lungen gefolgt ist, und wenn man dasFür und Wider" einer progressiven Umsatzsteuer der Warenhäuser und Groß­bazare gehört hat, so hat man an seinen Augen vorüber­ziehen taffen, daß eS gerade die wirtschaftlich Schwächeren find, denen geholfen werde» sollte.

Meine Herrn! Das ist auch meine Meinung. Und wenn wir in der letzten Zeit in diesem hohen Hause ein Gesetz verabschiedet laben, ich meine dos Biersteurrgesetz, das gerade einen Teil der Steuer auf stärkere Schultern obwälzt» während die schwächeren geschont werden, so haben wir mit der Progression eine» Anfang gemacht, und ich könnte mich nun dazu verstehen, auch hier, wo eS sich um - die Besteuerung der Warenhäuser handelt, von denen wir wissen, daß sie überall heroorschicßen, nicht nur in den ? größeren, sondern auch in den kleinen Städten, und daß sie selbst auf dem Lande Filiale errichten, wodurch unser Ge- werbestand und der kleine Kauswannsstand, die beide zum Mittelstand gehören, schwer geschädigt werden, auch hier j einen Schritt zu machen; denn es muß hier Wandel geschafft werden. Ich möchte nicht der Hinderste sein, der hiezu ! seine Stimme giebt.

! Meine Herrn! Vor wenigen Tagen hat ein Mitglied dieses hohen Hauses bei Verabschiedung des Biersteuerge-