Erscheint

M«nt«>, Mittwoch. Dmenerstag und Samstag.

Auflage 12« Preis vierteljährl. hier mit Trägerloh» SO^.im BrgirkU außerhalb d. Bezirk« 1 ^il Sv

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^ 51.

Der GrskUslhllster.

Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-BeM Nagold.

74. Ach-ri««-.

Nagotd, Samstag den 31. Marz

Anserttoas-Grtzähr s.d. einspaltig Zelle a«r gew-hul. Schrift »der deren Raum bei rin»»«lt>. Stnrücknn- > bei «ehmuakt,. je S -s.

Gratisbeilagen: La-Planderftiidche» und

Gchwäd. Landwirt.

1906.

Amtliche«.

Bekanretmach««-.

E- wird hiemit zur ollgemrinrn Kenntnis gebracht, daß dem Distriklsarzt, Gtadtarzt vr. Ukmer in Nagold mit Wirkung vom L. April d. Js. au die Stelle deS Kasseuarzts der Bezirkskrankeupflegeversicheruug in den Gemeinden seine« Distrikts und in der Stadt Na­gold übertragen worden ist. nachdem OßeramtSarzt vr. Fricker diese Stelle niedergelegt hat.

Nagold, den 29. März 1900.

K. Oberamt. Ritter.

Deutscher Reichstag.

1- Der Reichstag trat am Dienstag in die 3. Lesung deS Etats rin. Nach einer ganz kurzen und belanglosenGeneraldebatte", in welcher lediglich der Welfe v. Schele sprach, begann die Epezial- diskusfion, die beim Etat des Reichstages zu einer längeren und lebhaften Erörterung über die Frage der Gewährung von Diäten an die ReichStagsabg. führte und zwar infolge einer diese Forderung enthaltenden Resolution voy Seiten der fr. Volksp. Für die Ge­währung von Diäten sprachen sich sämtliche Redner, die Abg. Bafser- mann (nat.-lib), Gröber (Z.), Singer (soz.), Gräfe (antis.), Rickert <fr. Ver.), Richter (fr. Volksp.) und selbst der Reichsp. v. Kardorff aus; nur die Reg.schwieg" sich auS. Schließlich wurde die er­wähnte Resolution mit einer von den Abg. Gräber und Bafsermann beantragten Abänderung gegen dir Stimmen der Kons, angenommen. Fm raschen Fluge wurden mehrere andere Spezialetats erledigt, dagegen entspann sich beim Etat des Reichsamtes des Innern eine ungemein ausgedehnte, die gesamte übrige Sitzung ausfüllende Debatte, die sich auf die verschiedenartigsten Gegenstände erstreckte. Die Frauenfrage, die Frage eines Reichswohnungsgesetzes, verschie­dene Behauptungen von soz.-dem. Seite über die Mansselder Gewerkschaften und über die Firma Ludwig Löwe, die bekannte Angelegenheit desTuckerbrirfes", die Einführung einer Schonzeit für Fische in der Nordsee und selbst dir Maul- und Klauenseuche kamen aufs Tapet; schließlich trat Vertagung sin.

Hages-Aeuigkeilen.

Deutscher Leich.

Nagold, den 30. März.

00 Konfirmation heißt Befestigung. Am Tage der Konfirmation sollen die Kinder im Glauben befestigt wer­den oder vielmehr zeigen, daß sie durch die Erziehung in Haus und Schule und besonders im Konfirmanden-Unter- richt im Glauben befestigt sind; und sie sollen daraufhin ihre Zustimmung zum Glauben geben. Aber wie viele geben ihre Zustimmung und wissen trotz allem Unterricht nicht, worum es sich eigentlich handelt, wollen es oft gar nicht wissen! Darum entschlagen sie sich auch so bald wie möglich wieder all der Gedanken und Mahnungen, die ihnen nahegelegt wurden. Für sie Hot die Konfirmation nur insofern Bedeutung, als sie durch diesen feierlichen Akt unter die Erwachsenen eingereiht wer­den und manche Rechte der Erwachsenen bekommen. Und ein- der ersten Rechte, das fie für sich oft gleich am Konfirmationstage in Anspruch nehmen, ist dies, ollen Neigungen die Zügel schießen zu lassen und niemandem mehr Rechenschaft schuldig zu sein. Anderen geht m der Konfirmationszeit und besonders am Konfirmationstage ein heiliger Schauer durchs Herz, sie wissen und empfinden es, - eS stch in der Religion um wichtige Dinge handelt, von denen das Glück oder Unglück eines Menschenlebens nbhängt, und sie nehmen sich von Herzen vor, ihr ganzes Leben in steter Prüfung vor Gottes Angesicht zu führen. Aber wenn sie auch tiefer erfaßt waren auch das Meer wird gelegentlich bis in seine Tiefen vom Sturme aufge­wühlt und behält nachher doch keinen Eindruck davon zurück. Solche Leute sind vielleicht auch später noch empfänglich für gelegentliche, auch für tiefgreifende religiöse Stimmungen. Aber im großen Ganzen wird ihr Leben zu ihrem eigenen Unglück von anderen Mächten bestimmt als von Gott. Möge die Konfirmation ein großer Segen sein für die lieben Konfirmanden in Stadt und Bezirk!

In Hinsicht auf die be»«rstehende Konfirmation erscheint «S notwendig, darauf aufmerksam zu machen, daß junge Leute, welche ihren Wohnort verlassen, um auswärts in die Lehre oder in ein ArbeitsvrrhältniS treten, sich in der Heimat schon mit dem in der Gewerbeordnung vorgeschrie- denen Arbeitsbuchs versehen zu haben, da zur Ausstel­lung desselben die Zustimmung des Vaters bezw. Vormundes erfordert wird. Die Erfahrung hat gelehrt, daß dies in vielen Fällen unterlassen wird und dadurch den Eltern oder Vormündern nachträgliche Weiterungen und Unkosten entstehen.

WU" Die in heutiger Beilage aufgeführtenLenderungen der Taxen für Briefpostsendungen und Telephon gespräche deS inneren württemb. Verkehrs" gelten nicht nur den Ortsbe- Hörden, sondern dem allgemeine» Berkehr. ES empfiehlt sich daher für unsere »erehrlichen Leser, diese Beilage auf­zubewahren.

Vom Barackenlager. 29. März. Fast täglich treffen hier von verschiedenen Regimentern des XIII. württ. Armeekorps Quartiermacher ein, Vorbote» der am 2. April anhebenden Garnisonierung des Lagers, die von da ab bis zum Beginn der Herbstmanöoer mit nur kurzer, nämlich ein- höchstens zweitägiger Unterbrechung sortdauert. Den Winter über lag im. Lager einer einzigen Barocke eist Ar- beitSkommando und sodann in 3 anderen ein Bataillon des Weingarter Regiments, das wegen der TyphuSgefahr von Weingarten hieher gelegt wurde. Der Gesundheitszustand dieser Weingarter ist ein fortdauernd guter. Die ersten, die in diesem Jahr daS Lager beziehen, find dir Ulmer Pioniere.

Vom Bodensee, 29. März. (Korr.) DaS uralt« Fischerfest, die Groppenfastnacht in Ermatingen am Unter- see, wurde Heuer in größerem Maßstab abgehalten. Von besonderer Bedeutung war neben dem Umzuge die Fischerei­ausstellung, in welcher namentlich Bodensttfische, aber auch Meerfische vertreten waren. Unter elfteren befanden sich Ser-, Bach- und Flußforellen, Neschen, Trüschen, Barben, Barsch, Felchen, Allst und Brachsen. Hochinteressant war die Ausstellung von Meerfischen, unter denen die Störe und die großen Plattfische am meisten oujfielen.

A»rts»d.

Brüssel, 28. März. Herr Dr. Leyds hat einem Mitarbeiter derEssener VolkS-Zeitung" mitgeteilt, daß in Deutschland annähernd 400000 Mark für Transvaal gesammelt worden seien, in Frankreich nicht einmal die Hälfte dieser Summe.

London, 28. März. Aus Schanghai wird telegra- phirt, ein Privattelegramm bestätige die Meldung, daß ein britischer Missionar in Kaiping m der Provinz Petschili ermordet worden fei.

Melbourne (Australien), 28. März. Hier ist ein be­dauerlicher Zwischenfall vorgekommen, der noch weitere Folgen haben dürste. Die Volksmenge entfernte vor einigen Tagen eine deutsche Fahne, welche sich an dem Hause eines deutschen Kaufmannis befand. Die Menge glaubte, der Kaufmann sei ein Freund der Buren. Der deutsche Konsul forderte von der australischen Regierung, einem ihrer höheren Beamten Befehl zu geben, die Fahne in Gegenwart der Würdenträger der Stadt wieder an ihre Stelle zu bringen.. Die Regierung sprach ihr Bedauern über den Vorfall auS und versprach auch die Bestrafung der Schuldigen, erklärte aber, den Wunsch des Konsuls als unausführbar. Der deutsche Konsul hat den Reichskanzler von dem Zwischenfall verständigt.

Born südafrikanischen Kriegsschauplatz.

Kapstadt, 26. März. In der vergangenen Nacht brach in Gravestreet eine gewaltige Feuersbrunst aus; eine Anzahl von Gebäuden wurde vernichtet. Die Bureaus der Regierung entginge« mir knapper Not der Zerstörung: die Akten wurden in das Parlamenthaus geschafft, find aber vom Feuer sehr beschädigt. Dos Feurr wütete drei Stunden.

Lourenzo Marques. 28. März. Reuter meldet: Gen. Ioubert ist gestern abend 11'/, Uhr in Prätoria infolge eines Magenleidevs gestorben. Prätoria ist von tiefster Trauer erfüllt um den Verlust eines wahren Patrioten, eines tapferen Generals und Ehrenmanns". Joubert, Nachkomme einer der 1687 eingewanderle« Huge- nottenfamilien, war einer der leitenden Männer Transvaals. Bei der letzten Präsidentenwahl kam er neben Krüger in erster Linie in Betracht. Bei den Engländern galt er für weniger starr und unzugänglich als Krüger und noch zur Zeit deS Jamesoneinfalls war auf einglischer Seite mehr- sach davon die Rede, daß man, wenn Krüger gestürzt sei, Joubert an die Spitze der Regierung stellen wolle. An­dererseits scheint Joubert jedenfalls seit dem Jamrsonrinfall mit Krüger einträchtiq zusammengewirkt zu haben. Er galt als der strategische Oberleiter des Krieges; den Oberbefehl in Natal mußte er infolge einer Verwundung bei Ladysmith zeitweise an Schalk Burgher abgeben. Die militärische Be­fähigung Jouberts wurde sehr verschieden beurteilt. Jeden­falls hat der Tod des betagten Generals für den Fortgang des Krieges keine entscheidende Bedeutung; die Buren haben eine Reihe jüngerer Führer, die in der den Buren ange­messenen Form der KriegSsührung Bedeutendes leisten können.

Kapstadt, 29. März. General White ist nach England abgereist.

Paris, 29. März. Dir Blätter widmen General Joubert warme Nachrufe und sagen, die ganze zivili- sirte Welt sei tiefbewegt und stehe achtungsvoll an der sterb­lichen Hülle dieses ehrwürdigen EresseS, der als Führer eines kleinen Heeres das mächtige England vier Monate

lang im Schach gehalten habe. DerNewyork Herold" meldet, daß Joubert nach zweitägiger Krankheit einer Bauch- fellentzündung erlegen sei.

London, 29. März. Die Morgenblätter drücken sämtlich ihre Teilnahme an JoubrrtS Tode aus. Daily Graphic" hebt hervor, daß JoubertS versöhnlicher Charakter sich nach Beendigung deS Krieges in Südafrika äußerst wertvoll erwiese» hätte. Nun er gestorben, behaupten die Extremen daS Feld. Nach einer weiteren Meldung aus Prätoria bestand Jouberts Krankheit in einer akuten Nierenentzündung. Die Krankheit war sehr kurz. Joubert besuchte am Bonntag noch die Kirche.Daily NewS" wird auS Prätoria gemeldet, daß wahrscheinlich der in Natal kommandirende Luis Both« Oberstkommandirrnder wird.

London, 27. März.Daily Ehronicle" meldet aus Bloemfovtein vom 26. März: General French berich­tet: Die Burengenerale Olivier und Grodlergehen mit 6000 Mann nördlich, um stch den Transvaalburen anzu- schließen.

London, 29. März. AuS Prätoria wird vom 27. März gemeldet: Ein amtliches Telegramm bestätigt, daß bei Mafeking heute Morgen eine schwere Beschre- ßung stattsand. Di« Burengeschühe sandten ShrapnrlS in die Stadt, welche von allen Gerten beschossen wurde. Die englischen Geschütze erwiderten das Feuer lebhaft.

London. 27. Mörz. Ein Bericht derDaiiy News" betont ausdrücklich, es sei grundfalsch, die Freistaat­buren als halb gegen ihren Willen vom Präsidenten Gleijn in den Krieg verwickelt hin zu stellen. Die Frsi- staalburen seien in Wirklichkeit schon von dem Augen­blick an, wo dir Kriegssrage sich erhob, in oorxors für den Krieg gewesen. Namentlich auch aus Betreiben ihrer Frauen, welche die Engländer fast noch mehr Haffen, als dies bei den Männer» der Fall.

Kliere MütrilrmM.

Tübingen, 22. März. (Schwurgericht.) SS standen zu­nächst 2 Angeklagte, di« öS Jahre alte Thorwächterswitwe Elisabeth« Rösch aus Reutlingen wegen eines Verbrechens des Meineids und die WeingärtnerSehefrau Wilhelmine Mezger, 64 Jahre alt von da, »egen Anstiftung zu diesem Verbrechen, vor den Geschworenen. Elftere war beschuldigt, sie habe am 26. März den von ihr gelei­steten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugnis verletzt, indem fi« in der Privatklagsache des Schuhmachers Hermann Rösch in Reut­lingen gegen die heutige Angeklagte Mezger «egen Beleidigung nach Leistung des ZeugencideS wahrheitswidrig auSsogte: Die Wilhelmine Mezger habe nicht zu ihr gesagt:Der Schuhmacher Jakob Mink solle ihr nur den Hermann Rösch nicht mehr ins Haus bringen, der könnte ihr das Haus anbrennen, vor dem sei man deS Lebens nicht sicher." Die Beschuldigung der Mezger ging dahin, sie habe vom Februar bis April 1896 in zahlreichen Handlungen die Rösch durch Neberredung und Drohungen vorsätzlich zu dem von dieser geleisteten Meineid bestimmt. AnklagebehörLe war Staatsanwalt Hezel, Verteidiger waren für die Angeklagte Rösch Rechtsanwalt Bohnenberger, für die Angeklagte Mezger Rechts­anwalt Li«schina. Nachdem die Gefchworenen unter ihrem Obmann Holzhändler Schöninger-Calmbach bezüglich beider Angeklagten die an sie gestellten Fragen verneint hatten, erfolgte die Freisprechung und Haftentlassung beider Angeklagten. Den Gegenstand des 2. Falles der gestern verhandelt wurde, bildeten betrügerische Mani- pulatione mit einer Elsenbahnfahrkarte. Der verheiratete Fabrik­arbeiter Johannes Alt von Erkenbrechtsweiler OA. Nürtingen stand unter der Anklage, er habe am 31. Januar d. I. in rechtswidriger, auf Erlangung eine? BermögensvorteilS gerichteter Absicht, eine in­ländische öffentliche Urkunde verfälscht und von Verleiden zum Zweck einer Täuschung Gebrauch gemacht und in derselben Hand­lung, in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögcnsvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines andern durch Irrtums« regung mittels Unterdrückung wahrer Thatsachen beschädigt, indem er auf einer am 24. Jan. 1200 bei der Ttationskaffe Kirchhetm u. T. ge­lösten, auf 6 Wochentage für täglich einmalige Fahrt von Rirchheun nach Dettingen bis einschließlich 30. Jan. giltrgen Arbeiterwochen­karte, um dieselbe noch weiter benützen zu können, die Zahl24" in dem eingedruckten Tagesstempel des Ausgabetags24. Jan. 1900" mit dem Fingernagel auSkrahte und unkenntlich wachte und am 31. Jan. die so verfälschte Fahrkarte auf der Eisenbahnfahrt Kirch- Heim-Dettingen dem Bahnfchaffner als echt und giltig vorzeigte. Der Angeklagte, ein armer Mann, ist geständig und bringt vor, er habe auS reiner Not gehandelt; denn er habe keinen Pfennig Geld mehr besessen, habe auch kein Vermögen und verdiene im Tag 2 dabei müsse er an Hauszins jährlich 7S ^ bezahlen und habe alle Tage S Personen zu unterhalten. Staatsanwalt Frank vertrat die An­klage, Rechtsanwalt Töhrum war V erteidiger. Die Geschworenen bejahten von den an sie gestellten Fragen nur die Frage aus versuch­ten Betrug, worauf der Angeklagte zu der Gefängnisstrafe von zwei Tagen verurteilt wurde. Obmann der Geschworenen war Echö- ninger-Calmbach.

Von der unteren Argen. 29. März. (Korr.) Am DienStag vormittag 9 Uhr brannte in Oöerweiler Gde. Leupolz eine Scheuet samt Vorräten vollständig nieder. Die Ursache deS Brandes ist bis j.tzt nicht d.kannt.

Am 22. und 23 ds. ging «in fürchterlicher Föhn­sturm durch die Bergkantone der Schweiz. In Grindel­wald wurden zahlreiche Dächer beschädigt, sogar ganz ab­gedeckt. Em auSqebrochener Brand konnte glücklich im Keime erstickt werden. Auch in Wengen wurden die Häuser und namenil.ch die Hotels arg mitgenommen. Ein