Erscheint
Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
Auflage 1950 Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 -f, im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks- 1 20
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Dkl «chlMttt.
Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-BeM Nagotd.
74. Jahrgang.
JnsertionS-Lebühr f. d. einspaltige Zeile auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum bet ernmalig. Einrückung 9 2 s» bei mehrmalig, je S -s.
Gratisbeilage»! Das PlaudrrstLbchen und
Schwäb. Landwirt.
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Einladung zum Abonnement.
Mit dem 1. April 1900 beginnt wieder ei« «»«»« Abormemertt auf den wöchentlich 4mal erscheinenden
„Gesellschafter"
Amt«- nnd A«reige-Klatt sämtlicher staatlicher ««v städtischer Behörde« de« Gderamt» Nagold,
und vkrschikd'tier Behörden, namentlich der Forstämter, IN den Obe ämtern Calw, Frendenstadt, Neuenbürg, Herren- brrg, Horb, wozu wir freundlichst einladen.
Der Lesestoff wird stets ein sorgfältig ausgewählter sein; wertvoll« Beiträge, wie die gegenwärtig noch laufende Chro«ik «»« Uagold, werden auch fernerhin erscheinen; ebenso ausführliche Berichte über die' Landtags- ««d ReichstagSVerharrdlungru, den „Siidafrikanischs« Krieg" sowie politisch» und volkswirtschaftliche Leitartikel. Die „Tages-Neuigkeiten", sowie die übrigen, namentlich politische« Nachrichten des „Gesellschafter" werden mittels telephonischer und spezieller Berichte stets das „Neueste" bringen; eventuell werden Extrablätter ausgegeben. Die „Bilder" aus dem Krieg und von sonstigen Begebenheiten werden vorläufig weiter beigegeben.
Anerkannt, gern gelesene Beigaben zum „Gesellschafter" find das „PlarrdeiMbchrn" und der „Schwad. Aattdwtlkl"^ wir werden stets besondere Sorgfalt auf deren Inhalt verwenden.
„Der Gesellschafter" .
gerlohn 90 -H, im Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20 iZ. Alle Postanstalten und Postboten nehmen
Bestellungen entgegen.
Art finden im „Gesellschafter", dessen Auflage während des letzten Quartals aus 1980 gestiegen ist. die größte und wlrkungs- vollste Verbreitung.
Hochachtungsvoll
die Redaktion des „Gesellschafter".
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Nagold in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
(Fortsetzung.)
Die unheilvolle Choleraepidemie in Hamburg warf ihre Schatten auch in unsere Stadt. Neben den Vorkehrungen, die von amtlicher Seite getroffen werden, befürwortet „ein Vorsichtiger, der keine Angst hat", eine gründliche Reinigung der ganzen Stadt, insbesondere der Aborte.
Im Oktober starb Königin Olga, die zweite russische Großfürstin und zugleich württembergische Königin, die dem Schwabenlande segenspendende Wohlthäterin geworden war. Der Gottesdienst am 6. November galt ihrem Gedächtnisse.
Schon lange hatte die Frage einer Fortbildungsschule für Mädchen die Bürgerschaft beschäftigt. In einer Plenarversammlung des Gewerbevereins am 17. November, in welcher diese Frage als einzige auf der Tagesordnung stand, wurde beschlossen, der Ausschuß solle die Bitte um Errichtung einer solchen Schule (Frauenarbeitsschnle) an die bürgerlichen Kollegien richten.
1893.
Mit dem 1. Januar hörten die Nachtwächterrufe endgültig auf. Auch jetzt noch gab es viele, die mit einem wehmütigen Bedauern die altehrwürdige Einrichtung verschwinden sahen. Das Turmblasen wurde wegen entstandener Mißhelligkeiten ebenfalls bis auf weiteres eingestellt.
Im März beschlossen die bürgerlichen Kollegien die beantragte Einrichtung der elektrischen Beleuchtung zu genehmigen, die Kanalisation dagegen, hauptsächlich wegen des hohen Voranschlags, einem zweiten Techniker zu unterbreiten.
Ragol-, Donnerstag den 22. Marz
Amtliches.
Bekanntmachung.
betr. die Bornahme von Schutzimpfungen gegen Schweiuerotlans.
Nachdem die Vornahme staatlicher Schutzimpfungen gegen den Schwkinerotlaus auch für das Jahr 1900 unter den näheren Bestimmungen des Ministerialerlasses vom 10. März 1897 — Min.-A.-Bl. S. 95 und Gesellschafter 1897 Nr. 51 — angrordnet worden ist, (Min.-E>laß vom 8. März 1900, Min.-A.-Bl. S. 74), werden die Ortsvorsteher beauftragt, die Tierbesitzer zur sofortige« Anmeldung von Schweinen zur Schutzimpfung gegen Rotlauf zu veranlassen und das Anmeldungsvrrzeichnis, welches die Rubriken 1. laufende Nummer, 2. Name des Eigentümers der Tiere, 3. Stückzahl der Tiere, 4. Ungefähres Lebensgewicht der Tiere, 5. Bemerkungen — zu enthalten hat, spätestens bis 7. April hierher vorzulegen. Event, ist Fehlanzeige zu erstatten.
Ausdrücklich wird bemerkt, daß die Impfungen nur in Gemeinden vorgenommen werden, aus welchen mindestens 20 Schweine zur Impfung angemeldet werden, und daß diese Zahl auch für die Gestellung zur Impfung gilt. Dabei können sich jedoch mehrere Gemeinden vereinigen, in welchem Falle die Impfung in einer derselben statlfiadet, wohin die ans den übrigen Gemeinden angemeldeten Schweine zu verbringen sind.
Für diejenigen Schweine, welch« schon früher geimpft wurden und Heuer nur eine Kullurir.jrktion erhallen, werden die Jmpfgebühren, soweit solche den Betrog von 50 iL per Stück überschreiten, auf diesen Betrag ermäßigt. Die Urber- nahme der Jmpfgebühren auf die Gemeinüekoffe unterliegt übrigens keinem Aufstand.
DaS Jmpfoerfahren wird Heuer in der Weise verein, facht werden, daß die erste Kulturinjektion gleichzeitig mit der Serumeinspritzung erfolgt, so daß bei Mastschweinen nur eine einmalige, bei Zuchtschweinen nur eine zweimalige Impfung stattfindet.
Die Belehrung über denSelbstschutz gegen die Rotlaufkrankheit der Schweine wird im Nachstehenden aufs Neue veröffentlicht.
Nagold, den 21. März 1900.
K. Oberamt. Schöller, Amtm.
Belehrung über de« Selbstschutz gegen die Rotlanfkraukheit der Schweine.
Der Rotlauf der Schweine gehört zu den ansteckenden Krankheiten und wird durch kleinste lebendige Krankheitserreger (Bacillen) verursacht, die nicht bloß von kranken aus gesunde Tiere übertragen werden, sondern unter geeigneten Verhältnissen auch außerhalb des Tierkörpers leben beziehungsweise sich vermehren und von hier aus bei Gelegenheit auf — der Ansteckung ausgrfttzte — Schweine krankmachrnd einwirken können. Die Ansteckung erfolgt für gewöhnlich nicht durch Vermittlung der Lust; der Ansteckungsstoff wird vielmehr in der Regel an festen u:>d flüssigen Körpern (Futter, Trinkwaffer u s. w.) haftend in den Verdauung?- kanalaufgenommen. Von Tier auf Tier geschieht die Ueber-
Der im Februar 1890 auf 5 Jahre gewählte Reichstag wurde anläßlich der neuen Militürvorlage im Mai aufgelöst. Bei der Neuwahl am 15. Juni, bei welcher zum erstenmal die Stadt Nagold in 2 Wahlbezirke abgcteilt war, fielen auf v. Gültlingen 8289 Stimmen, auf den Demokraten Kleß 6574.
Das 50jährige Jubiläum des Liederkranzcs wurde in glänzendster Weise im Juni gefeiert. Die alte Fahne, die ein halbes Jahrhundert bei Freud und Leid der Sängerschaar vorangeweht hatte, wurde durch eine neue ersetzt. Verbunden mit dem Jubelfeste war ein Gauliederfcst des Schwäbischen Sängerbundes, zu dem sich verschiedene Ausschußmitglieder des Bundes, darunter der Vorstand des Stuttgarter Liederkranzes, eingefunden hatten.
Schon bei dem Festbankett des Liederkranzes, am Abend des 25. Juni, erstrahlte die Turnhalle im Glanz dreier vom Elektrizitätswerk gespeister Bogenlampen, und am 29. abends wurde das Werk in allgemeinen Betrieb genommen: 70 Häuser mit mehr als 400 Glühlampen und 7 Motoren von 1—5 Pferdekräften versah der Strom mit Licht und Kraft.
Die große Trockenheit und Dürre des Sommers veran- laßten eine unerhörte Futternot und eröffnten dem landwirtschaftlichen Bezirksverein ein reiches Feld der Thätigkeit.
Als im Jahr 1890 die Wasserleitung in Betrieb genommen war, hatte es geheißen: Die Zeit der großen Brände ist für Nagold jetzt vorbei! In der Nacht vom Sonntag auf Montag den 18. Sept. brach um 0,1 Uhr ein Feuer aus, das 35 Gebäude zwischen „Hirsch" und Kaufmann Heller einäscherte und 60 Haushaltungen obdachlos machte. Ein schauerliches Schauspiel in der Erinnerung aller derer, die
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tragung am häufigsten in der Weise, daß der Kot oder sonstige Abgänge kranker Tiere b-zw. Abfälle oder Teile von an der Krankheit gefallenen oder wegen derselben geschlachteten Tieren von gesunden Schweinen verzehrt werden. In letzter Beziehung ist besonders zu erwähnen, daß die Krankheit durch das Fleisch wegen Rotlaufs geschlachteter Schweine sehr häufig über ganze Ortschaften oder, wenn solches Fleisch auf dem Wege des Hausierhandels vertrieben wird, gleichzeitig über mehrere Ortschaften verschleppt wird. Durch daS übliche Verfüttern des zum Abwaschen derartigen Fleisches benützten Wassers und selbst durch die Verabreichung der Küchenabfälle an gesunde Schweine wird in solchen Fällen die Uebertragung vermittelt. Ebenso werden gesunde Schweine auch nicht selten dadurch anzesteckt, daß die beim Schlachten kranker Tiere verunreinigten Gefäffe ohne weiteres wieder zum Tranken der gesunden Schweine benutzt werden oder daß daS Tränkwasser beim Spülen der Krim Schlachten verwendeten Geräte verunreinigt wird. Endlich ist noch zu beachten, daß dis Ratten und Mäuse für die Krankheit ebenfalls empfänglich sind und sich in verseuchten Gchweinkställen oder durch Anfressen von Rotlauskadavern rc. sehr leicht anstecken können; nicht selten werden die Kadaver von am Rotlauf verendeten Ratten oder Mäusen von Schweinen aufgefrrssen, wodurch die Krankheit dann wieder auf die letzteren übergeht. Außerhalb des Tierkörpers in der freien Natur hat der Rotlaufbacillus ebenfalls eine weite Verbreitung gefunden: er kann in gewissen Gegenden, besonders in Thälern mit langsam fließenden Gewässern, sowie auf schwerem feuchten Lehmboden, viel weniger auf Sand- und Granitboden, sich sehr leucht dauernd ansiedeln und so ein- heimisch werden. Stehende faulige Gewässer und sumpfiger morastiger Bode» sind seiner Ankeimung ebenfalls günstig. Große Hitze und Gewitterlust scheint die Entwicklung des Ansteckungsstoffs besonders zu fördern, weshalb auch die meisten Erkrankungen in den Sommermonaten Vorkommen, obwohl die Krankheit vereinzelt auch im Winter austritl. Feuchte, dumpfe, morastige Stallungen, sowie die Verabreichung verdorbenen schlechten Futters scheinen den AuS- bruch der Krankheit ebenfalls zu unterstützen. Soviel steht aber fest, daß der Rotlausbacillus allein oie direkte veranlassende Ursache bildet und daß dieser nirgends von selbst entsteht, sondern daß er, wo er sich findet, dort erst ausgesät worden sein muß.
Aus Vorstehendem ergrebt sich für die Verhütung des Schweinerotlaufs zunächst, daß eS, wo immer durchführbar, angezeigt ist, neu angekuufte Schweine mindestes acht Tage lang getrennt zu halten, ehe sie in größere Bestände oder wertvolle Zuchten eingestellt werden. Des weiteren ist für möglichste Trockenlegung, Reinhaltung und Lüftung der Schroeinestallungen zu sorgen und auf Fernhaltung von Ratten und Mäusen aus den Stallungen thunlichst hinzu- wirken. Sodann ist den Schweinen, namentlich in den Sommermonaten, nur durchaus gesundes Futter zu reichen und besonders streng darauf zu achten. Laß weder das Ab- waschwaffer des Fleisches rotlauskranker Tiere, noch die sonstigen von diesem Fleisch herrührenden Speise- und Küche- adsälle in die Nahrung der Schweine oder an die Oertlich- keit gelangen, wo eine Ansiedelung des Ansteckungsstoffes
es miterlcbt: Rennende Menschen, brüllendes Vieh, stürzende Balken und droben der Schloßberg magisch beleuchtet in majestätischer Ruhe! Auch der alte Kirchturm, das Wahrzeichen Nagolds, blieb nicht verschont. Kurz nachdem es auf der Turmuhr 4 Uhr geschlagen hatte, stürzte der Dachstnhl samt den zerschmolzenen Glocken in die Tiefe. Mit harter Mühe gelang es, Hirsch, Apotheke und Rathaus zu retten; zum Glück fiel um 2 Uhr ein Regen. Der Gebäudeschaden betrug 169240 der Mobiliarschadcn 286 730
1894.
Im Laufe des Frühjahrs füllte sich die Brandstätte wieder mit Gebäuden; schon 6 Monate nach dem Brand konnte mit dein Aufschlagen des ersten Hauses begonnen werden. Am alten Kirchturm, dessen Dachstuhl genau wie vor dem Brande aufgesetzt werden sollte, wurde eifrig gearbeitet. Waren auch die Kosten dieses Werkes große (der Mehraufwand über die Versicherungssumme betrug etwa 6000 ^5-, so war doch die Wiederherstellung des Turms in seiner alten Form Herzenswunsch aller Nagolder gewesen. ' An Stelle des zerschmolzenen Geläutes wurden Ende September 5 neue Glocken aufgezogen und am 12. Oktober der alte Kirchtum durch Gottesdienst und Bankett neueingeweiht.
Auch außerhalb der Stadt im Kreuzerthal erstand in diesem Jahr ein Neubau, das Kneippbad Waldeck, dessen Saal im Juli durch ein Konzert der Stadtkapelle eröffnet wurde.
Im September fand der 2. sozialdemokratische Vortrag in Nagold statt. Im Schiff sprach der Genosse u. bekannte Historiker Blos über die Bedeutung der Arbeiterorganisation u. über das Programm der Sozialdemokratie überhaupt. (Forts, folgt).