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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage: »-SS.

Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 20 -f.

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Irr GchlWstn

Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

JnsertionS-Gedühr f. d. einfpallig« Zeile auS gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 bei mehrmalig, je S -l.

Gratisbeilagen: DaS Plauderstübche» und

Schwäb. Landwirt.

74. Jahrga«-.

^ 4t.

Amtliches.

Die K. Ortsschuliospektorate

werden beauftragt, innerhalb 4 Tagen hieher zu berichten, für welche unständigen Lehrstellen seitens der Gemeindekol­legien ein über den gesetzlichen Mindestbetrag hinausgehen­der Gehalt, zutreffendenfalls in welcher Höhe, festgestellt worden ist. oder Fehlbericht zu erstatten.

Soweit der erhöhte Gehalt ausdrücklich nur dem der­zeitigen Ttellsninhaber für seine Person vrrwilligt worden ist, wäre dies besonders zu bemerken.

Altensteig.Dorf, 12. März. 1900.

K. Beznksschulinspektorat:

_ Schott. _

Amtsgerichtsschreiber Heckmann in Eßlingen wurde zum Be­zirksnotar in Neckarthailfingen, Landgerichtsschreiber Seefried in Stuttgart zum Bezirksnotar in Crailsheim ernannt.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 9. März. Präs. Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr. Er teilt d m Hause das Ableben des Abg. Reichert mit. Fortsetzung der 2. Beratung des Fleischbeschaugesetzes. Die Diskussion über die tztz 1, 2 und 14 wird fortgesetzt. Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe führt aus: Mein Versprechen, wenn man es so nennen will, ist durch die Vorlage des Gesetzentwurfs vollständig ausgesüllt. Daß man ausländische Fleischwaren nicht ganz so gleich wie inländische in allen Fällen behandeln kan», erkannte die Komm, selbst an, indem sie Speck und Schmalz von dem Einfuhrverbot ausnahm (Lachen rechts). Ich bin daher nicht in der Lage, mich für die Komm.-Beschlüsse erklären zu können. (Unruhe und Lachen rechts.) Ein Schlußantrag wird mir 19S gegen 39 St. angenommen, bei einer Stimmenthaltung (Heiterkeit). Nach persönlichen Bemer­kungen des Abg. Bielhaben folgt die Abstimmung, tz 1 wird in der Komm.-Fassung einstimmig angenommen. Z 2 (Hausschlachtung) wird in der Komm.-Fassung mit 209 gegen 75 Et. angenommen. 'Unter Ablehnung des Antrags Albrecht zu Z 14 s. und folgenden auf Wiederherstellung der Reg-Vorlage werden die einzelnen Ab­sätze zu H 14 in der Komm.-Fassung angenommen. Gegen Termin 31. 12. 1903 stimmen außer der Linken auch em Teil der Nat.-L'.b. und des Z. sowie die Polen. In namenUicher Abstimmung wird sodann tz 14 s, (Einfuhrverbot) mit 168 gegen 99 St. angenommen. Die ZZ 14b, o und cl werden in der Komm.-Fassung angenommen.

Mges-MkmgkeiLen.

Deutsches Reich.

Nagold, 13 März. (Ein gesandt.) Württemb. Handwerker-Landesverband. Am Sonntag dm 11. März fand die jährliche Generalversammlung im Gasthaus z.Traube" statt. Die zahlreiche Beteiligung auswärtiger Handwerksmeister gab Zeugnis von dem großen Interesse, das die Handwerker unserer Sach? entgegmbnngen und man trat deshalb gleich in die reichhaltige Tagesordnung ein. Der Vorsitzende, H. Maler Hrspeler, eröffnete in einer Ansorache die Versammlung, in der er die Wichtigkeit der Zeit, der wir entgegengehen, hervorhob und mit Freuden begrüßte, doß nun auf einmal die Zeit der Wahlen so nahe gerückt sei, daß es aber fast einer Uebe-stürzuna gleiche, wenn man alles bis zum 1. April fertigbringen wolle. Er dankte den Anwesenden für ihr Erscheinen und erteilte zuerst Herrn Kassier Beutler das Wort. Derselbe führte in einer langen Rede aus, daß es wohl erfreulich sei. daß man immer mehr und wehr die Zahl der sich interessieren-

ttagotd, Mittwoch Leo 14. Marz

den Handwerksmeister wachsen sehe, es aber noch viele gebe, die noch immer nicht wissen, was sie thun sollen, die meisten aber sagen, sie gehen dahin, wo man überhaupt nichts zu thun brauche, die Sache gehe doch ihren Gang. Aber für diejenigen, dir sich überhaupt zu nichts hei beilaffen, habe auch das neue Handwerkergesetz ihre Bestimmungen und solche werden einmal aussehen. wenn ihnen ihr Platz von der Regierung angewiesen werden wird. Der Redner ver­breitete sich nun über das Gesetz selbst, dasselbe sei kurz zusammenzesaßt und auf folgende Voraussetzungen aufgebaut. Die Dreiteilung: Meister, Gesellen und Lehrlinge sei beibe­halten. Es können Innungen, Jnnungsauischüfse. Hand­werker- und Jnnungsverbände errichtet werden. Z 81. Die­jenigen. welche ein Gewerbe selbständig betreiben, können zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen zu Innungen zusammrntreten. Führt dann all dte Besugniffe und Rechte an, die eine Innung hat. Ging sodann aus die Zwangsinnunqen über (§ 100 bis H 100g), wie die­selben errichtet werden, welche Beschränk»-igen gegenüber freien Jnnungm eintreten u. s. w , behandelte die Gesellen- ausschüffe und ging auf die Handwerk-rkammern über. Er glaube, daß diese Einrichtung wohl die wichtigste sei, doß hier sehr vorsichtig mit der Wahl umgegangen werden müsse, führte dann die Kreise an, in welchen d» 4 Hand­werkerkammern rh en Sitz haben und gab ein genaues Bild über den Gang der Wahlen. Er empfahl sodann ein vor­urteilfreies Prüfen des Gesetzes und man werde sich dann sagen müssen, daß gottlob nun wieder Ordnung ins Hand­werk komme, daß die seither so angepciesene Freiheit, dieser ordnungslose Zustand, der nur auf Kosten von Handwerks- leuten geführt wurde, aushöre. Vorwärts wollen wir und nicht zurück, wir wollen auch wie die anderen Stände eine Ordnung, daß nicht jeder Pfuscher auf Kosten der gelernten Meister die Preise herunterhunzt, zweifelhafte Arbeit liefert, und dadurch nicht bloß den solid arbeitenden Meister um Kraft und Vermöge» bringt, sondern das Publikum am eigenen Beutel schwer schädigt. Ec spornt nun die Mit­glieder an, die noch fernestehenden Handwerksmeister zum Beitritt zu veranlassen und selbst mit Handanlegen am Weiterbau der nun angesangenen Organisation. Ec schloß mit den Worten:Werte Freunde! seid froh, daß wir nun an dem Zeitpunkt angelangt sind, wo wir Gelegenheit hab?n, unsere Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen, daß endlich mit Freuden begrüßt werden könne, daß die StandeS- ehre der Handwerksmeister nun den Sieg errungen und er gewillt ist, nur ihm allein gehörige, rechtliche Bk- stimmungen selbst zu regeln, da nur der wisse, wo ihn der Schuh drücke, der ihn anhabe." Die Zuhörer dankten mit lautem Beifall dem Redner für seine Ausführungen. Der Vo sitzende gab nun ausführlichen Bericht über die General­versammlung in Schorndorf und über die Thätigieit der hiesigen Ortsgruppe. Hierauf folgte der Kassenbericht. Bei Punkt 3 (Wahlen) erklärte Vorsitzender Hespeler, daß es ihm unmöglich sei, di« Vorstandschaft fernerhin beizube­halten, da ihn der Hauptverband als zweiten Vorstand, sowie der Unterverband, zu viel in Anspruch nehmen, um auch diesem Amt noch vorzustehe», er glaube überhaupt, daß es für die Ortsgruppe von Nutzen sei, wenn frisches

Mt).

Blut hereinko-nme, zudem sei die Arbeit nicht mehr so schwer, nachdem die Hauptsache eingeleitet sei, doch stelle er sich immer wieder gerne der Ortsgruppe zur Verfügung, wenn er etwas raten könne. Aus den 5 Vorschlägen, dir nun gemacht wurden, traten einige Vorgeschlazene gleich zurück, und fiel nun die Wahl auf Chr. Blum, Bchreinermkister. Dieser dankte für das Zutrauen, das man ihm entgegen- bring« und erklärte nun, er nehme die Wahl an. hielt so- dann in markigen Worten eine Ansprache an die Mitglieder und forderte dieselben auf, da sie ihn nun gewählt haben, auch fest und treu zu ihm zu halten, denn bloß ihre Unter­stützung ermögliche es ihm, seiner neuen Aufgabe so vorzu- stehen, daß es zum Gedeihen der Ortsgruppe und des ganzen Verbandes auSfallen möge; er wolle seine ganze Kraft ein- sttznr. der guten Sache zu dienen, und keine Opfer scheuen, die Ortsgruppe auszubauen. Bei der Wahl ernes Kassiers und Schriftführers ergriff Kassier Beutler das Wort, und legte klar, daß es bei seinem ausgedehnten Geschäft ihm unmöglich sei, die Kaffe zu verwalten, so unansehlich auch die Arbeit scheine, bringe dieselbe viel mehr Mühe durch ihre Vielfältigkeit, er bitte deshalb einen Mann zu wählen, der sich der Sache besser widmen könne. Die Wahl fiel aus Herrn Brintzinqer, Kaufmann, derselbe nahm dieselbe an. Der Ausschuß wurde von 7 auf 12 Mitglieder verstärkt, so daß fast jedes Handwerk darin vertreten ist. Punkt 4. Preß- kommisfio» teilte Vorsitzender mit, daß das Blatt vom 1. März ab jedem Mitglied ins Haus geliefert werde, da dir Preßkommtssion den Antrag beim Hauptausschuß durchge­bracht habe, daß der Verband das VereinsorganDas deutsche Handwerk" auf Vereinskosten übernehme. Bei Punkt 5 berichtete der Vorsitzende über den Unterver­band und schloß, nachdem noch viele ihre Ansichten durch Rede und Gegenrede ausgetauscht hatten, mit einem Hoch auf den Handwerkerverband.

t. Altensteig, 12. März. Einer an iha seitens des hies. Gewerbevereins ergangenen Einladung Folge leistend, hielt gestern H. Prof. Wetze! von Nagolo einen Vortrag im Gasth. z. Traube über die Hansa. Einleitend betonte der Redner, das WortHansa" sei altgermanischen Ursprungs und bedeute wörtlich:Die streitbare Schar". Diesen Namen habe sich der Bund der deutschen Handelsstädte beigeleqt. Die Geschichte der Hansa reiche zurück bis zur Z-it des Kaisers Karl d. Gr. (ums Jahr 800). Um die Zül der Kreuzzüge (10961296) war der Slädtebund schon von größerer Be­deutung. Der deutsche Norden wurde besiedelt und Städte gebaut. In den Städten, wo die Bürger geaenüber den Landbewohnern mehr Freiheiten zu genießen hatten, ent- wickelten sich Gewerbe und Handel zu hoher Blüte. Die Kaufleute hatten aas dem Land manche Feinde (Adelige u. Bauern); daher wurden sie auf die See gewiesen. Durch die Hansa verbreitete sich deutsche Kultur ia ollen europäi­schen Staaten. Ueberall in den Städten wurden Contore gegründet, (d. h. Geschäftshäuser, die S Publikum abge­schlossen waren und nur zum Au'entha t der verbündeten Koufteute dienten). Viele solcher Plätze gab es an der Nord- und Ostsee. Beide Gegenden tauschten ihre Produkte aus. Hauplh mdelSartikel waren: Wachs, Honig (an Stelle des damals noch sehr teuren Zuckers). Bernstern, Tuche, Prlze

Nagold in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

(Fortsetzung.)

Am 14. Juni wurde die Eisenbahn von Nagold nach Altensteig in der Kammer einstimmig genehmigt und im Sep­tember eine Eisenbahnbausektion mit dem Sitze in Nagold er­richtet. Der Voranschlag der 15,5 kw langen Strecke betrug 596 000-A. Im Geiste sah man an der Thalstraße nach Rohr­dorf schon Fabriken erstehen, die mit dem Altensteiger Geleise bequem verbunden werden könnten; den Bau der Harz- und Fettwarenfabrik von Schaible begrüßt ein hoffnungsfreudiger Nagolder als das erste Stück derFabrikvorstadt".

Das 25jährige Regierungsjubiläum König Karls wurde im Juni durch Gottesdienst, Schulfeiern und ein Stadtgar­tenfest gefeiert.

Die Realschulfrage wurde nach 26jähriger Pause im Juli zum zweitenmal aufgerollt. Am 6. wurde im Hirsch zur Be­treibung der Sache ein Komitö, darunter der Oberamtmann, gewählt, und nachdem 1'/. Jahr lang von berufener und unberufener Seite die Realschulangelegenheit nach allen Rich­tungen beleuchtet und verdunkelt worden war, erfolgte im Oktober der einstimmige Beschluß der bürgerlichen Kollegien, mit Beginn des neuen Schuljahrs eine Realschule zu errichten, die Lateinschule aber in ihrem seitherigen Bestände zu belassen.

Im August hielt der Liederkranz zum 100jährigen Ge­burtstag Silchers eine Gedenkfeier auf dem Schloßberg ab.

Daß immer noch Anstrengungen gemacht wurden, Nagold zum Luftkurort zu erheben, beweisen die 3 in diesem Jahr ' ausgegebenen Fremdenlisten.

Der Anschluß des hiesigen Verschönerungsvereins an den Schwarzwaldverein, d. h. die Gründung eines Bezirksvereins Nagold, erfolgte trotz der Bemühungen des neuen Vorstands des Verschönerungsvereins auch in diesem Jahre noch nicht.

Das durch Stalins Tod erledigte Reichst agsmandat er­hielt in der Ersatzwahl vom 17. Oktober für den kurzen Rest der Legislaturperiode Landgerichtsrat v. Gültlingen aus Stuttgart mit 7991 Stimmen; sein Konkurrent, der demo­kratische Rechtsanwalt Schickler aus Stuttgart, brachte es aus 4677 Stimmen.

1890.

Wie am Anfang des vorigen Jahres die Diphtherie, so herrschte am Anfang dieses Jahres dieneumodische Krank­heit" der Influenza in Stadt und Bezirk, so daß an manchen Orten die Schulen geschlossen werden mußten.

Bei der am 20. Februar vorgenommenen Reichstags­wahl erhielt v. Gültlingen 10249 Stimmen, ^Schickler 3943. Ströme von Tinte und Druckerschwärze waren diesmal ver­gossen worden; sogar in poetisches Gewand hatte sich die Agitation gehüllt. Eine demokratische Wahlauffordernng schließt niit dem schönen Vers:

Viel versprechen, wenig halten,

Mücken feigen, Kümmel spalten,

Große Sprüche überall Das ist nationalliberal!

Am Ostermontag brannte es zum drittenmal in diesem Jahr und zwar fielen 2 Wohngebäude und 2 Scheunen in der Nähe des Zellerstists dem verheerenden Elemente zum Opfer. Die Staatsanwaltschaft setzte 100 die Brandver­

sicherungskasse weitere 300 für die Entdeckung des Brand­stifters aus. Derselbe wurde auch entdeckt in der Person eines Lehrlings, und es war den Nagoldern zu gönnen, daß der Spott und die üblen Nachreden nun ein Ende fanden.

Die neueste Schöpfung des Verschönerungsvereins, der Luginsland auf der Höhe des Steinbergs, wurde an einem Sonntagmorgcn vom Verein besichtigt.

Im August wurde die Sautter'sche Znckerwarenfabrik (Inhaber Louis Sautter) von Nagold nach Heidelberg verlegt.

Obgleich die Wasserleitung noch nicht ganz fertig war, (die Uebernahme erfolgte erst im nächsten Jahrei, so beschloß man doch im Juli jetzt schon soweit möglich die Benutzung dieser Bequemlichkeit der Einwohnerschaft freizugeben. Ein anderer Beschluß von weittragendster Bedeutung wurde im September von den bürgerlichen Kollegien gefaßt, eine ein­heitliche Kanalisation herznstellen.

Schreiner Kloß von Stuttgart sprach im September im goldenen Adler über fachgewerbliche Organisation.

Zur Feier des 90jährigen Geburtstages des Feldmar­schalls Moltke fand am 25. Oktober ein Bankett im Rößle statt; hier wurde von einem Redner der Vorschlag gemacht, neben dem Kaiser Wilhelm- und Bismarckplatz nun auch einen Moltkeplatz anzulegen.

Die Volkszählung am 1. Dezember ergab für die Stadt Nagold 3563 Einwohner.

Eine Eingabe an den Reichstag gegen Zulassung der Jesuiten, die im Dezember im Umlauf war, wurde mit 220 Unterschriften hiesiger Beamten und Bürger bedeckt.

(Forts, folgt.)