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Momag, Mittwoch, Donnerstag und Lamstag.
Auflage: lsSOO.
Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20
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Amis- und Anzeige-Blatt sur den Oberamts-Bezirk Nagold.
74. Jahrgang.
Insertions-Gebühr f. d. einspaltige Zeile ^ aus gewöhnt. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung S bei mehrmalig, je 6
Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und
Schwab. Landwirt.
Nagold, Montag den 31. Äuli
das Etatssoll 67 918 000 ^ mehr emgebracht. Bei den den Bundcsstaaten im vollen Reinerträge zustehenden Steuern sind gegen den Etat aufgekonMen: bei der Verbrauchsabgabe für Branntwein 1 645 000 weniger, bei der Stempel- abgabe für Wertpapiere, Kaufgeschäfte und Lotterielose 2 759 000 ^ mehr. Diese Abweichungen von der etals. mäßigen Voraussetzung finden ihren Ausgleich durch entsprechende Veränderung der unter den Ausgaben angesetzten Ueberweisungen an die Bundesstaaten. Im Ganzen stellen sich die Ueberweisungen unter Mitberückfichtigung der nachträglich für das Etatsjahr 1894/95 vorgenommenen Abrechnung auf 467 586 303,14^, das sind 26 258 309,14^ mehr, als im Etat vorgesehen. Von den dem Reiche verbleibenden Steuern haben gegen den Etat Mehrerträge ergeben: die Zuckersteuer 8165 000 die Salzsteuer 560 000 die Maischbottich, und Branntweinmaterial, steuer 3 267 000 der Spielkartenstempel 70 000 die Wechselstempelsteuer 1708000 die statistische Gebühr 93 000 die Einnahme an Brennsteuer, welche in der Gestalt von Vergütungen für ausgeführten oder zu gewerblichen Zwecken verwendeten Branntwem wieder zur Veraus- gabung gelangt, beläuft sich auf rund 639 000 Außerdem ist in dem Reiche, wie tchon erwähnt, ein gegen die etatsmäßige Erwartung um 42 400 000 ^ erhöhter Anteil aus den Einnahmen an Zöllen und der Tabaksteuer zu Gute gekommen. Die Betriebsverwaltungen h rbsn sämiffch Mehrüberschüsse geliefert, und zwar die Post- und Tele- grophenverwaltung 7 650 000 die Reichsdruckerei 622 000 Mk. und die Verwaltung der Reichseisenbahnen 285 000^6. Ferner find gegen den Etat mehr aufgekommen: aus dem Bankwesen 8 030 000 bei den verschiedenen Verwaltungs- Einnahmen mit Einschluß der oben angegebenen Einnahmen bei der Verwaltung des Gouvernements Kiautschau 3 302 000 Mk. Mindereinnahmen haben ergeben die Zinsen und der Kapitalzuschuß des Reichsinvalidenfonds 342 000 und die Ueberschüsse aus früheren Jahren 92 000 ^ An Matri- kularbeiträgen sind nach der Bestimmung im tz 2 des Gesetzes vom 17. Mai 1898 (R.-G.-Bl. S. 181) 5 000 000 nicht zur Erhebung gekommen. Im Ganzen sind an ordentlichen Einnahmen, soweit sie dem Reiche verbleiben, im Vergleich mit dem Etat 73 150 128,06 mehr aufgekommen, wovon 173193,72 zur Deckung des Mehrbedarfs bei den Ausgaben und 42 400 000 in Gemäßheit des Gesetzes vom 25. März (R.-G.-Bl. S. 189) zur Verminderung der Reichsschuld verwendet sind, so daß als Ueberschuß des Rechnungsjahres 1898 ein Betrag von 20 576 334,34 ^ verbleibt.
Aages-MeuigLeiLen.
Deutscher Reich.
* Nagold, 29. Juli. Bei der heute unter dem Vorsitz des Herrn Oberamtmann Ritter abgehaltenen Amtsversammlung wurde eine Amtsschadensumlage von 49000 ^ beschlossen; dieselbe hat sich gegenüber dem Vorjahre erhöht durch Hereinnahme von Positionen für das Btzirkskrankenhaus und die zu erwartende große Einquar-
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tierung. Beim Bezirkskrankenhausbau hat sich ein Mehr- kostenoufwand von 25 000 ferner die Notwendigkeit der Erstellung eines Nebengebäudes ergeben, wozu 12 000 ^ verwilligt wurden. Verwilltgt wurden 1000 Mark als Beitrag an den landw. B zirksverein zu der Jungvieh- und Fohlenweide in UnUrschwandorf, loo einmaligen Betrag dem neugegrünceten Bezirks- Pserdeverstcherungsverein, 50 Gründungsbeitrag und 100 ^ Jahresbeitrag dem neugegründeten Gewerbe- verein Hailerbach. 50 für Ausbildung einer zu bestellenden Wärterin sür Wöchnerinnen. Konsequenzhalber abschlägig beschieden wurde das Gesuch der Gemeinde Unterschwandorf um einen Beitrag zu denKostenihrerFarrenhaltung. Erwähnt wurde vom Vorsitzenden, daß die Gesuche verschiedener Gemeinden um Beiträge beim Ankauf von Zuchl- sarren deshalb nicht genehmigt wurden, weil solche Beiträge nur dann geleistet werden, wenn Vollblut-Siwmen- thaler-Zuchtfarren anqekauft werden. DenLehrer- teftgesellschaften wurde aus deren Gesuch die Benützung der Kwporationsbriesmarken bewill'gt. Gegen die Einrichtung einer Distriktsarzistelle in Simmersfeld hat die Amtskorpo- rauon nichts einzuwenden. Dem bewerbenden Arzt wird es überlassen, sich mit den bürgerl. Kollegien von Simmersfeld und den beteiligten Gemeinden abzufiuden. Auf Antrag des Oberamtswegmclsters Schleicher wirv eine Gehaltsaufbesserung der Straßenwärter an verkehrsreichen Straßen in Aussicht gestellt.
Nagold, 30. Juli. (Korr.) Mit Befriedigung darf der hies. Liederkranz wiederum auf ein in allen seinen Teileil gelungenes Waldfest zurückbiicken. So drohend gestern vormittag der Himmel drein schaute, so gnädig blickte er abends auf das bewegte, bunte Bild im Schloßhof herab, wo unter den Klängen der Hailfinger Kapelle sich alt und jung in frohem Reigen drehle. In ausgiebigster Weise war für die Unterhaltung der l. Klein n gesorgt. Durch alle möglichen SpiUe. Sackhopfen. Kochlöffel.,uf u. s. f. dursten sie die vom Verein bereit gehaltene Gaben verdienen, so daß bald di» Helle Freude aus aller Äugen leuchtete. Die frohe Festesst mmung wurde gehoben durch prächtige Waldchöre und duslige Minnelieder, wodurch der Liederkcanz und seine Leitung ihren alten Ruhm bewährten und namentlich von seiten der Hailfinger „Sänger-Masiker" begeisterte Ovationen ernNten. In buntem Zuge begaben sich die zum Schluß noch Anwesenden ins VereinSlokul im Rößle, wo sie bei Gesang und Tanz und manchem sä n i- d gen Toaste bis zum Abgang der Kapelle in gehobenster Stimmung vereint blieben. Möge dieses gelungene Waldrand Kinderfest, das wieder auf's deutlichste die edlen Bestrebungen des Vereins und den gemütlichen Geist seiner Milglieder zeigte, «inen neuen Markstein auf seiner vor- wäras- und auswärtsführenden Bahn bilden!
* Nagold. 30. Juli. Die Inkraftsetzung des H a n d- werkSorganisationsgesetzes wird im Laufe des Oktober erwartet.
* Nagold. 31. Juli. Nach der „Württ. Kriegerzeitung- hat das Reichsschatzamt den auf Württemberg entfallenden Anteil an den Mitteln, welche laut Reichsgesetz
II!!.
Bestellungen
aus
„Der Gesellschafter"
für die Monate
August und September
werden jederzeit von allen Postanstalten und von der Expedition entgegengenommen.
Amtliches.
Bekanntmachung.
In Nothfelden ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.
Nagold, 28. Juli 1899.
_ K. Oberomt. Schöller, Amtm.
In Warth ist die Maul- und Klauenseuche erloschen. Nagold, den 29. Juli 1899.
K. Oberamt. Schöller, Amtm.
Die K. Ortsschnlinspektorate
werden beaustrogt, umgehend hicher anzuzeigen, in welchen ihrer Schulgemeinden und in welchem Umfang Turnunterricht erleiU wird.
A l t e n st e i g - D o r f, den 29. Juli 1899.
K. Bezirksschulinspektorat. _ Schott.
Die 1. Prüfung sür den höheren Justizdienst hat u. a. bestanden: Adolf Kiefer, von Baifingen, OA. Horb.
Gestorben: Wilhelm Reinhardt, Schriftsetzer, 23 I. a.» Böblingen. — Rosine Horrer, geb. Entenmann, Böblingen. — Graf Hermann von Wesdehlen, K. Preuß. Pr.-Leutnant a. D., 63 I. a., Neuchötel. — Luise Bezner, Stuttgart-Hofen. — Louis Münzing, SS I. a., Genf-Calw. — Trudy Wehmer, geb. Emmiger, 2l I. a., Schömberg. — Friedrich Metzler, Gemeinderat und Gerichtsvollzieher, SO I. a.. Langenbrand. — Ferdinand Buzengeiger, Gönningen. — Philipp Trottner, Privatier, Stuttgart. — Christiane Stähle, 7S I. a., Böblingen.
Überschuß im Reichshaushalt vom Jahre 1898,
ff Wie schon früher in erfreulicher Weise ausgefüyrt werden konnte, haben sich die Einnahmen des Reiches an Zöllen und indirekten Steuern infolge der Blüteperiode in Industrie und Handel bedeutend vermehrt und ist ein lieber- schuß von mehr als 30 Millionen Mark von den Einnahmen aus dem letzten Rechnungsjahr gegenüber den Ausgaben vorhanden. Trotz mancherlei Mehrausgaben sür das Heer, die Marine und das Auswärtige Amt, Reichsamt des Innern, Post und Telegraphen ist von den Einnahmen ein lieber- schuß geblieben, der in glänzender Weise zeigt, was das Blühen der Industrie und des Handels sür einen Staat zu bedeuten hat. Nach dem „Reichsonzeiger" weisen die Einnahmen im lrtztcn Jahr folgende Ergebnisse auf. Die Einnahmen an Zöllen und Tabaksteuer, von welchen nur der sür dieses Jahr von 130 000 000 ^ auf 172 400 000 ^ erhöhte feste Anteil der Reichrkafse verbleibt, haben gegen
Nagold und seine Zeitung.
(Fortsetzung.)
Eine nach unserem Blatte von 30 000 Menschen, darunter auch Nagoldern, besuchte Volksversammlung in Reutlingen verlangte ein Bündnis mit den im Aufstand begriffenen Ländern und die Bewaffnung des ganzen Volkes und Aehn- liches mehr und trug ihr Verlangen durch eine Deputation der Kammer vor, selbstredend ohne Erfolg. Im Gegenteil die beurlaubten Soldaten werden schleunigst einberufen und die württembergische Militärmacht wird allmählich an die Westgrenze gegen Baden hin dirigiert. Nun entfalten die Nagolder Republikaner eine fieberhafte Thätigkeit. Am 14. Mai erscheint ein „Aufruf", die Väter sollen ihre beim Militär dienenden Söhne ermahnen, unter keinen Umständen gegen die deutsche Reichsverfassung und Zentralgewalt sich brauchen zu lassen. Sie sollen ihnen mit Vermögensentziehung und dem väterlichen Fluche drohen. Am 15. Mai: „Immer näher rückt die entscheidende Stunde. Die Jugend, die in den FHiheitskampf ziehen soll, muß bewaffnet werden." Unterschrieben sind: Schwarz, Bischer, A. Reichert und Pfeiffer, die beiden letzteren mit dem Zusatz ihrer Bürgerwehrcharge, A. Reichert als Leutnant und Pfeiffer als Adjutant-Leutnant.
Am 18. Juni 1849 fand das nach Stuttgart übergesiedelte Parlament (Rumpfparlament) durch die württembergische Regierung bekanntlich ein jähes Ende. „So endete vorerst das deutsche Parlament! Was wird die Geschichte darüber sagen?" heißt es in unserer Zeitung. Und nun
erscheint ein letztes Aufbäumen der republikanischen Idee gegen die bereits beginnende Reaktion. Am 25. Juni schreibt das Blatt: Schon seit einigen Tagen gehen dunkle Gerüchte in unserer Stadt, es sei ein großer Zug hauptsächlich Schwarzwälder Bürgerwehren nach Stuttgart geplant, um die Regierung zu stürzen. In der darauf folgenden Nacht von Samstag auf den Sonntag kamen ca. 150 Mann Freischaren aus Calw durch unsere Stadt, ohne aber wesentlichen Zuzug zu finden. Am Sonntag früh 4 Uhr wurde in Nagold Generalmarfch geschlagen, aber nur eine ganz geringe Anzahl Bewaffneter lieb sich bereit finden, den Zug mitzumachen. Die Absicht war, bei Haiterbach die Freudenstädter Freischaren zu erwarten und dann auf Stuttgart loszugehen. Sonntag Abend schon kamen die Calwer unverrichteter Sache zurück und marschierten ruhig wieder Calw zu. Der hiesige Bürger, der hatte Generalmarsch schlagen lassen, zugleich Bürgerwehroffizier, wurde im Laufe des Sonntags verhaftet. Er sollte von seinen Freunden befreit werden; doch waren die Behörden diesmal energisch genug, die Befreiung zu verhindern.
Ende Juni stand das württembergische Militär an der Westgrenze bereit, um nötigenfalls zur Unterdrückung des badischen Aufstandes mitzuwirken. Unter dem 2. Juti berichtet die Zeitung: „Nicht nur in unserer Gegend, sondern in der ganzen Umgegend sind Militärs von allen Waffengattungen einquartiert. Hier in Nagold ist das Hauptquartier. Am 29. Juni kam S. M. der König in Begleitung eines Adjutanten hier an, hielt Musterung über die Truppenteile und reiste am anderen Morgen in der Richtung nach Calw
ab. Als Sr. Majestät die hiesigen Behörden ihre Aufwartung machten, soll er gesagt haben: Es freue ihn, daß die Nagolder an den letzten Ereignissen sich nicht beteiligt hätten; er fordere die Beamten auf, streng nach den Gesetzen jede Uebertretung derselben zu ahnden. Er sei 33 Jahre lang ein gnädiger König gewesen; aber die Zeit sei vorbei, in welcher Gnade sür Recht gewaltet habe." Am Morgen des 9. Juli kamen 100 Mann Badenser hier an, welche seit dem Abfall von ihrer Fahne im badischen Oberland sich Herumgetrieben hatten und sich nun unter den Schutz des Generals Miller, des Höchstkoüimandierenden in Nagold, stellten. Sie wurden hier entwaffnet und unter Landjägerbegleitung nach Karlsruhe gebracht.
Am 28. Oktober entließ der König das seitherige volkstümliche Ministerium und berief teilweise wieder vormärzliche Minister. Am 4. November ging von Nagold eine mit vielen Unterschriften bedeckte Adresse an das abgetretene Ministerium ab. „Ihre Namen werden allezeit unter den edelsten des Landes genannt werden" heißt es in dieser Adresse u. a. Gemeint sind die Namen Römer, Pfizer, Duvernoy und Goppelt. Den kommenden Landtagen, bei denen wiederum Geigle von Schönbronn Abgeordneter für Nagold war, war es Vorbehalten, die durch die Grundrechte ausgesprochenen Grundsätze im Wege der Gesetzgebung durchzuführen und so sind namentlich die Ablösung der Zehnten, die Einführung der Geschworenengerichte, Abschaffung derAdelsvor- rechte u. s. w. Güter von bleibend. Werte gewonnen in den Sturmjahren 1848/49. Zwar die Preßfreiheit von 1848 wurde wieder aufgehoben oder zum mindesten sehr stark beschränkt. (Forts, f.)