^abend nach 11 Uhr spielte sich eine aufregende Menschenjagd in der Biber- gaffe ab. Ein Mann (der sich später als ein gewisser C. Brandes aus Budapest entpuppte) hatte durch seinen stark angetrunkenen Zustand in der Allemannia Störungen der Vorstellung verursacht. Als er durch den Wirt -entfernt werden sollte, zog er einen Revolver aus der Tasche und feuerte einen Schuß ab, der aber glücklicherweise Niemand verletzte. Darauf lief er aus dem Lokal und die Bibergaffe hinab, dem Theaterplatz zu, indem er die ihm nachsetzende Menschenmenge beständig mit seiner Waffe bedrohte. Trotz­dem gelang es, den gefährlichen Gesellen festzunehmen und der Polizei zu überliefern. Sein Revolver war noch mit drei Patronen gelaven, zwei weitere Patronen fand man in seiner Rocktasche vor.

Aus Brüssel, den 19. Okt., berichtet man: Ein erschütterndes Ereignis hat sich gestern im Hörsaale der Genter Universität, in welchem die Aufnahmeprüfungen stattfanden, zugetragen. Die Prüfungskom­mission hatte über die Aufnahme mehrerer Studierender Beschluß gefaßt und eine größere Anzahl von Studierenden trat in den Saal ein, um eine Prüf­ung zu bestehen. Eben sollte dieselbe beginnen, da zog ein Student einen Revolver aus der Tasche und schoß sich eine Kugel in den Kopf. Der junge Mann war erst vor kurzem von schwerer Krankheit genesen; ein neuer Fieberanfall muß ihn ergriffen haben.

Wernrifchles.

Um in der vielerörterten Frage der Behandlung der Abzah­lungsgeschäfte eine thatsächliche Unterlage zu weiterem Vorgehen zu 'gewinnen, läßt die bayerische Staatsregierung sich zur Zeit Bericht er­statten über den Umfang, in welchem Abzahlungsgeschäfte im Regierungs­bezirke betrieben werden, über die beim Betriebe dieser Geschäfte wahrgenom­menen Mißstände und die gegen dieselben etwa zu ergreifenden Maßregeln. In letzterer Hinsicht wird es sich besonders darum handeln, ob Geschäfte dieser Art überhaupt zu verbieten oder für ungilrig zu erklären sind, oder ob der Betrieb solcher Geschäfte nur nach erlangter Genehmigung und unter gewisser Älufsicht zu gestatten ist.

Des AthletenEnde. Aus Berlin schreibt man: Zu der Zeit, 'da Salomonsky hier in dem Markthallen-Cirkus Triumphe feierte, machten zwei deutsche Athleten großes Aussehen: Otto Kemps, genannt diedeutsche Eiche", und Franz Stoisch, beide mit einer Kraft begabt, der keiner der fran­zösischen Ringer zu widerstehen vermochte. Kempf warf seine französischen Gegner wie Billardbälle durcheinander; Stoisch hielt sich stets in der Defen- isive und stand so fest, wie eine Urwaldseiche. Gleich großen pecuniären Ge­winn haben wohl wenige Cirkuskünstler zu verzeichnen gehabt, wie diese beiden Ringer". Kempf starb am 20. Juni 1883 auf dem Alexanderplatze, nachts 12 Uhr, infolge eines Lungenschlages, völlig gebrochen als Mensch, ein Ge­wohnheitstrinker, ohne alle Hilfsmittel. Stoisch ist kürzlich in der Charite das linke Bein in der Hüftengegend amputiert worden. Er hatte sich näm­lich als Soldat im französischen Feldzuge durch den Hufschlag eines Pferoes eine Verletzung dieses Beins zugezogen, die er jedoch wenig beachtete, ob­gleich sie hin und wieder recht bedenkliche Form annahm; da plötzlich ver­schlimmerte sich dieselbe, Stoisch kam ins Siechenhaus und schließlich in die Charitö, in der er sich jetzt noch, entblößt von allen Mitteln, als Krüppel befindet.

Kcrrröet rrnö WerkeHrr.

Stuttgart, 24. Okt., 10 Uhr vorm. (H o p f e n m a r k t.) Ob­gleich die heutige Zufuhr weniger bedeutend, so scheint doch das vorhandene Marktlager von 400420 Ballen nur zum geringeren Teil Nehmer finden zu sollen. Bisher einige wenige Käufe von schöner Mittelware zu 5060 -4L -Exporteure fehlen am Markt.

Stuttgart, 25. Okt. (Kartoffel-, Kraut- und Obst, markt.) 800 Ztr. Kartoffeln, 3 -4L 20 -4L bis 3 »4L 50 H per

Ztr. 12,000 Stück Kraut. 20-26 -4L per 100 Stück. Auf dem Güterbahnhof sind angekommen 18 Waggons belgisches Mosto bst, 55 Waggons österreichisches, im Preise je nach Qualität belgisches -4L 8 bis ^ 8.40., österreichisches -4L 8.50 bis 9 -4L per Zentner.

KerbstnachviiHten.

Rothenberg, OA. Cannstatt, 23. Okt. Preise: Ausstich 180 und 185 -4L Alles verkauft. Letzte Anzeige.

Fellbach, 24. Okt. Zu der heute vorgenommenen Versteigerung der Gesellschaftsweine hatten sich sehr viele Liebhaber eingefunden. Preise wurden erzielt für Klaffe l a rot 250271 -4L, Klaffe l a weiß 250261 »4L; Käufer dieser Ausstichweine waren hauptsächlich Stuttgarter Wirte. Für Klaffe I b rot 220 »4L, Klaffe l b weiß 215231 -4L, Klasse H rot 198207 -4L, Klaffe ll weiß 165 -4L pro 3 bl. Klaffe III wurde schon früher unter der Hand abgegeben zu 140145 »4L pro 3 KI.

Schnaith. 24. Okt. Preise wie bisher 160167 -4L per 3 KI. Vorrat noch ca. 70 KI. Letzte Anzeige.

Neckargartach, 22. Okt. Rot Gewächs laut N.-Ztg. 150 -4L, weiß 125 -4L

Pfedelbach bei Oehringen, 22. Okt. Alles mit Pceisaufschlag ver- kauft zu 100130 -4L per 3 KI. Letzte Anzeige.

Laudenbach, 24. Okt. Der neue Wein findet bei steigenden Preisen heute 100110 -4L für 3 KI. raschen Absatz. Verkauft bis jetzt ca. 700 KI. Vorrat ca. 800 KI.

Aßmannshausen, 21. Okt. Die Rotweinernte, die nun im all­gemeinen beendet ist, hat wiederum kein günstiges Resultat geliefert, da der Gesamtertrag kaum ein Viertel einer Normalernte beträgt. Hingegen zeigt das diesjährige Produkt ein ziemlich hohes Mostgewicht, wie es kaum zu er­warten war, nämlich im Durchschnitt etwa 92 Grad und in den besseren Lagen über 100 Grad nach Oechsle. Ein bestimmter Preis ist noch nicht ge­macht, da sich bis jetzt nur wenige Kauflustige zeigen.

Calw.

LanärvirlksekaMckee Kezirksverein. LcrnöwwLHschccfMche WinLerschule.

In den ersten Tagen des kommenden Monats November wird wieder die seit 1870 bestehende landw. Winterschnle für den Schwarzwaldkreis in Reutlingen eröffnet, und werden Väter oder Vormünder von Jünglingen, die sich dem landw. Beruf widmen wollen, dringend ermahnt, diese günstige Gelegenheit zur Ausbildung ihrer Söhne nicht unbenützt vorübergehen zu lassen. Das 25 Mark betragende Schulgeld wird den Schülern aus der Vereinskaffe ersetzt.

Der Unterricht erstreckt sich auf Rechne«, Aufsatz, Geometrie, Raturlehre, Thierheilkuude, Thierzucht, Pflauzeu-, Acker- «ud Obst­bau, und wird der Unterricht von den 7 Lehrern der Anstalt so erteilt, daß Schüler aus einer Volksschule recht gut fortmachen können.

Anmeldungen zum Eintritt sollten noch vor dem 1. November d. I. bei dem Vorstand der Schule, Herrn Oberbürgermeister Beuz in Reut­lingen oder bei dem Unterzeichneten gemacht werden.

Calw, den 26. Oktober 1887. Der stello. Vorstand:

E. Horlacher.

Are ZBftöäume,

welche bei dem Unterzeichneten bestellt wurden, können am Samstag Vor­mittag abgeholt werden.

Calw, 26. Oktober 1887. E. Horlacher,

Secr.

Liebes Kind", versetzte er jetzt ziemlich ernst,der Himmel weiß, wie geme nch Dich bei mir behielte, aber es darf nicht sein. Du bist die letzte der de Bourdons. Du mußt heiraten, dem alten Namen zu liebe, und ich werde es Deinem künftigen «Gatten zur Bedingung machen, ihn dem seinen anzuhängen. NoblsZso obliAö!"

Also es muß sein, Onkel?

Gewiß, Laura. Es ist mein völliger Ernst."

Dann muß ich wohl gehorchen. Also zu dem zweiten Punkt. Man hat mir .einen Heiratsantrag gemacht."

Man hat Dir deren schon recht viele gemacht", meinte er lächelnd.

Ja, aber ganz kürzlich, vor zwei Tagen erst. Ich habe noch keine Antwort . gegeben, weil ich Dich erst fragen wollte, ob ich wirklich heiraten muß. In diesem . Falle wäre dieser letzte wohl der günstigste, es ist Lord Ellerton."

Du drückst Dich sehr kühl aus, Laura."

Ich empfinde nichts anderes in der Angelegenheft. Aber wenn es denn sein c muß und Du es haben willst, daß ich heirate, so ist mir Lord Ellerton immer noch der liebste von meinen Bewerbern. Und Dich würde es freuen, wenn ich ja sagte?"

Gewiß Kind, aber ich verstehe Dich nicht. Weißt Du, daß Lord Ellerton eine der begehrtesten Parthieen im Lande ist? Jede Herzogin würde ihm ihre schönste Tochter geben, die reichste Erbin Englands würde ihn nicht verschmähen, und . doch behandelst Du seinen Antrag so kühl."

Nun das ist eine Abwechslung für ihn nach so viel Schmeichelei."

Das ist ja wohl wahr, aber Du selbst erstaunst mich, Laura. Warum bist Du anderen Mädchen so unähnlich, so stolz, so kaltherzig? Lord Ellerton ist schön, reich vornehm, sein Charakter ist edel und gut, er liebt Dich, und Du nimmst diese . Liebe so kalt entgegen, es scheint fast, als ob sie Dir unangenehm wäre. Warum bist Du so ganz anders, als andere Mädchen?"

Warum?" Sie wiederholte das Wort mit bebenden Lippen, und die Er- . inneruyg. an den. guten, edlen, liebenden Gatten, den sie so schmählich verlassen, stieg

in ihrem Herzen auf.Ich kann Dir nicht sagen warum, Onkel. Jeder Mensch hat Eigentümlichkeiten, so habe auch ich die meinen. Also Du wünschest, daß ich Lord Ellerton mein Jawort gebe?"

Er sah fast ängstlich in ihr schönes Antlitz.

Wenn Du glücklich mit ihm sein kannst, ja. Es wäre die Erfüllung meines liebsten Wunsches. Aber ick will Dich weder zwingen noch überreden; wenn ein Anderer Deinem Herzen näher steht, so wähle frei, mein Kind."

»Ich sagte Dir schon, daß von allen meinen Bewerbern Lord Ellerton mir der liebste ist", entgegnete sie unmerklich zögernd.

Dann willige ein, mein Kind. Aber", er strich ihr liebkosend über das goldene Haar, versuche ihn zu lieben. Rang und Reichtum sind wohl köstliche Güter, aber die Liebe muß ihren verklärenden Glanz darüber werfen. Versuch es mein Kind."

Sie senke den Kopf auf seine Schulter und ließ ihn dort einige Augenblicke ruhen. Nach wenigen Sekunden erhob sie sich.

Ich danke Dir, Onkel. Ich werde ja sagen und Deinen Rat zu befolgen suchen."

Sag es ihm freundlich, Laura", bat er.

Gewiß werde ich das, lieber Onkel. Ich habe immer die Absicht freundlich zu sein, es thut mir leid, wenn ich oft äußerlich kalt erscheine."

Sie ging. Wieder lag ihr Schicksal in ihren eigenen Händen; sie hatte versucht, die Entscheidung von sich abzuwälzen, indem sie dieselbe ihrem Onkel anheimgab; es war umsonst gewesen, sie mußte selbst entscheiden. Sie wußte wohl, daß die Sünde, die sie schon begangen, schwer genug war, ohn, daß sie noch die einer zweiten Ehe hinzufügte. Aber, sagte sie sich, war sie denn dasselbe Mädchen, das Robert Roden geheiratet? War nicht ihr alles Selbst tot? Robert hätte nie gewagt, um Lady Laura de Bourdon anzuhalten, er hatte sie für Laura Knowles, ein armes, freund­loses, ungebildetes Mädchen gehalten. Und diese Laura, die er gekannt und geliebt, existierte nicht mehr.

(Fortsetzung folgt.)