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lastung des KaiserS von angreifender Arbeit ist mehrfache Fürsorge getroffen, so auch hinsichtlich der Verfügungen betreffend die militärischen Berichte, die nunmehr statt direkt an den Kaiser erst dem Militärkabinett zur Sichtung und zum Vortrag abgegeben werden.
— Aus Wien wird gemeldet: Prinz Wilhelm giebt heute nach dreiwöchentlichem Aufenthalt in Oesterreich-Ungarn ein größeres Abschiedsmahl; er reist morgen nach Baveno.
Darmstadt, 16. Okt. Prinz Heinrich von Preußen ist, von dem Korvetten-Kapitän v. Seckendorf begleitet, heute Nachmittag zum Besuch seiner kronprinzlichen Eltern nach Baveno abgereist.
England.
London, 15. Okt. Die Arbeitsnot und Brotlosigkeit verursachen bedrohlicheDemonstrationen seitens derArbeiter gegen die Behörden. Bei diesen Demonstrationen werden die rote sozialistische, aber auch die schwarze Fahne vorangetragen. Gestern suchte eine Deputation der Arbeiter vergeblich Empfang bei dem Lordmayor nach und brachte vor der Redaktion des Standard eine Katzenmusik aus, bis die Polizei einschritt.
Bulgarien.
Sofia, 15. Okt. Da die Regierung bei den morgen stattfindenden Gemeindewahlen Ruhestörungen befürchtet, sind die militärischen Vorsichtsmaßregeln im ganzen Lande bis auf weiteres beibehalten worden. Die Eröffnung der Sobranje wird auf Veranlassung des Fürsten mit großem Pomp stattfinden. Der Ausfall der Sobranjewahlen scheint die Regierung sehr ermutigt zu haben. Andererseits wird gemeldet, daß Rußland die größten Anstrengungen macht, neue Unruhen in Bulgarien zu stiften. Die Zahl der russischen Agenten sei bedeutend vermehrt. Die offiziösen russischen Journale drücken die feste Ueberzeugung aus, Prinz Ferdinand werde bald gestürzt sein.
Tages-Hleirigkeiten.
(Amtliches.) Bei den jüngst abgehaltenen Abiturientenprüfungen hat unter anderen Schülern das Zeugnis der Reife und damit die in der Verfügung des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens Ziffer 10 Absatz 1 bezeichnet« Berechtigung erworben: Weik, Karl, Sohn des Schreiners in Althengstett.
Plochingen a. N., 14. Okt. Die Weinlese beginnt am Dienstag, den 18. Okt., einige Tage darnach kann Wein gefaßt werden. Der Weinertrag wird auf 2000 Hektol. geschätzt. — Grunbach, 14. Okt. Die allgemeine Weinlese findet am nächsten Montag hier und in den umliegenden Orten statt. Preise sind noch keine gemacht.
Metz, 14. Okt. Papa Schnedele der ältere ist von seinem früheren Wohnort Pont ä Mousson nach Nancy übergesiedelt, woselbst er seit 14 Tagen seinen neuen Posten als Lehrer der deutschen Sprache an einem Institut mit einem Gehalt von 3000 Francs versieht. Seine Pension dürfte ungefähr die gleiche Höhe betragen. Die durch die Blätter gehende Nachricht, daß er als „Professor" der deutschen Sprache in Nancy angestellt sei, hat vielfach die Ansicht erweckt, als ob Papa Schnebele Universitätsprofessor geworden sei. Das blüht ihm nach seinen und seines Sohnes Leistungen nun freilich nicht. Mann hat das Wort aus dem Französischen entnommen, wo eben alles Profefseur der alten und neuen Sprachen, der Reitkunst, Tanzkunst u. s. w. ist.
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ist einer der wichtigsten Faktoren des Volkswohlstandes, der aber freilich noch vielfach nicht in seinem Werthe anerkannt wird. Württemberg gilt zwar in den anderen deutschen Ländern als dasjenige Land, in welchem der Obstbau die ausgedehnteste Verbreitung hat und häufig wird deshalb unser Land mit einem großen Garten verglichen, ein Vergleich, der einen hohen Grad von Berechtigung hat, wenn man an die prachtvollen Alleen von uralten Obstbäumen denkt, welche überall die Hauptstraßen des Landes zieren. Freilich
hat der kalte Winter von 1879/80 schwere Lücken in diesen Bestand gerissen, Hunderttausende der schönsten alten und jungen Obstbäume sind zu Grunde gegangen und hunderttausende sind seither wieder gestanzt worden. Aber immer noch wird selbst in guten Obstjahren der einheimische Bedarf an Obst durch die Produktion im eigenen Lande nicht gedeckt und tritt erst ein Fehljahr ein, wie das heurige und vorige, so gehen riesige Summen, im vorigen Jahre ca. 11—12 Millionen Mark für eingeführtes Obst in diejenigen Länder hinaus, in denen die Blüthe einen günstigeren Verlauf nahm, als bei uns, und in denen die Verwerthung des Obstes zu Getränk nur eine nebensächliche Bedeutung hat, während bei uns der Obstmost das unentbehrliche Nationalgetränk ist. Wenn nun aber auch gute Obsterndten uns vor der Hand die Einfuhr von fremdem Obst nicht ganz werden entbehren lassen können, so sollte doch ein Zeitpunkt denkbar sein, wo dies möglich ist, und um den Eintritt dieses Zeitpunktes, so viel immer möglich, zu beschleunigen, kann nicht oft und nicht dringend genug an jeden Besitzer eines bis jetzt baumfreien Grundstücks die Mahnung gerichtet werden, Bäume zu pflanzen. Zehn Jahre sind eine kurze Spanne Zeit, nach zehn Jahren aber wird der Segen der kleinen Arbeit und des kleinen Aufwandes schon recht erkennbar sein und dem Einsichtigen den wohlverdienten Lohn dafür bringen, daß er gutem Rathe sein Ohr geöffnet.
Diesem guten Rathe im Allgemeinen sollen aber noch einige wenige spezielle Rathschläge angehängt werden:
1) DiegeeignetsteZeit zurPflanzungistderHerbst, weil dem frischgepflanzten Baume die ganze Winterfeuchtigkeit zu gute kommt, und derselbe beim ersten Eintritt der Vegetation im Frühjahr sofort an- wachsen und fortgedeihen kann, während bei der Frühjahrspflanzung eintretende Trockenheit dem Gedeihen häufig sehr hinderlich ist, und ohne wiederholtes Begießen den jungen Baum nicht selten verderben läßt.
2) Der Apfelbaum macht im Allgemeinen an Lage und Boden weniger Ansprüche als der Birnbaum, der einen mehr tiefgründigen Boden und eine wärmere Lage verlangt, da er auf einem kalten und nassen Standort nicht gedeiht. Selbstverständlich entwickeln sich alle Bäume in besseren Boden- mrd Lageverhältniffen weit kräftiger, als dies in weniger guten der Fall ist.
3) Der in besseren Sorten, namentlich als veredelte Hauszwetschge viel zu wenig verbreitete Zwetschgenbaum macht an den Boden viel weniger Ansprüche, als der Apfel- und Birnbaum und kann auch in weniger fruchtbarem und etwas nassem Boden gepflanzt werden.
4) Der Kirschbaum. der bei uns nur in seiner wilden Form bekannt ist, verdient eine viel bessere Beachtung. Er ist sehr anspruchslos und nimmt sogar noch mit geringem Boden verlieb. Am zuträglichsten ist ihm eine freie und offene Lage und kann derselbe namentlich Gemeinden zur Anpflanzung von solchen Allmanden, auf welchen andere Obstbäume nicht mehr recht gedeihen wollen, aufs Beste empfohlen werden. Man unterscheidet unter den edlen Sorten, von denen es sich allein handeln kann, Süß- und Sauerkirschen, die beide auf dem Markte sehr gut bezahlt werden und mancher Gemeinde (z. B. im Lenninger- und Remsthale) alljährlich große Geldsummen zuführen. In gleicher Weise könnten manche Gemeinden auch größere Zwetschgenbaum - Pflanzungen anlegen und sind sowohl Kirschen- als Zwetschgenbäume in den größeren Baumschulen jetzt in sehr schönen Exemplaren und sehr billig zu haben.
5) Wer einen Baum kaufen will, der kaufe ihn nie von einem herumziehenden Händler, sondern nur aus einer renommirten Baumschule, die für die gewünschten Sorten auch Garantie leisten kann. Jekräftiger der Baum ist, desto früher lohnt sich seine Pflanzung. Das Pflanzen von Wildlingen aus dem Walde oder sonst woher, ist ganz zu verwerfen, da sie nie einen schönen Fortgang nehmen.
Egsdt. Wie wir vernehmen, findet heute (Dienstag) das Benefiz für Frl. Fuchs statt. Die junge Dame, welche stets mit sichtlichem Fleiße ihren Aufgaben gerecht zu werden trachtete, hat sich den besten Dank der Theaterfreunde verdient, und wünschen wir Ihr deshalb von Herzen ein recht volles Haus. —n. —z.
Lady Laura sollte vorerst bleiben wo sie war; aber unter dem Vorwand, daß sie sich leidend fühle, mehr und mehr Stunden ausfallen lassen und sich hauptsächlich in ihrem Zimmer aufhalten, wo Pattie sie allein bedienen konnte. Dann, wenn der gefürchtete Zeitpunkt nahe rückte, wollte man den übrigen Gliedern des Haushaltes mitteilen, Lady Laura könne bei ihrem leidenden Zustande die drückende Stadtluft nicht länger vertragen und werde mit ihrer Zofe für einige Zeit auf's Land gehen. Den Marquis brauchte man von diesem Vorhaben vorher nichts wissen zu lassen; sobald die Gefahr vorüber war, schrieb man ihm, und gefiel ihm der Landaufenthalt seiner Nichte dann nicht, so konnte er ihr doch nur noch den Wunsch aussprechen, sie möge sofort nach Paris zurückkehren; und das konnte ja dann geschehen."
Das war Pattie's Plan, und er schien Laura leicht ausführbar. Verschiedene Stunden wurden ausgesetzt, das junge Mädchen hielt sich fast stets in ihren eigenen Zimmern auf, wo nur Pattie Zutritt hatte, und sah man sie je einmal außerhalb derselben, so war sie stets tief in einen Shawl gehüllt; denn das Pariser Klima sagte ihr gar nicht zu, sie war stets erkältet und litt an heftigen Kopfschmerzen. Man hatte sich ganz daran gewöhnt, sie als kränklich zu bettachten, und wenn Pattie Morgens im Dienerschastszimmer erschien, um ihr Frühstück einzunehmen, so fragte man sie stets, wie es der jungen Dame heute gehe. Die Antwort war dann gewöhnlich: „O, sie hat wieder ihre Kopfschmerzen!" oder: „Sie ist wieder sehr stark erkältet, sie kann eben die Pariser Luft nicht vertragen!"
So war man denn eigentlich gar nicht erstaunt, als sich eines Tages die Nachricht verbreitete, Lady Laura werde mit Pattie aufs Land gehen, um zu versuchen, ob Luftveränderung nicht vielleicht günstig auf ihre Gesundheit einwirke.
Pattie wußte es so einzurichten, daß Niemand im Hause das Ziel ihrer Reise erfuhr. Es war ein kleines Dorf, Colombier-sur-Seine, das man mit der Bahn von Paris aus in ungefähr einer Stunde erreichte und das seiner schönen Lage wegen
viel von Fremden besucht wurde, so daß man hoffen konnte, dort bequeme Zimmer zu finden. Sie fuhren jedoch nicht direkt dorthin, sondern nach einer entfernteren Station und von da mit dem nächsten Zuge zurück nach Kolombier. Pattie hatte verschiedene einfache Trauerkleider besorgt, denn ihre junge Herrin sollte sich als Wittwe ausgeben.
„Sagen Sie, Ihr Mann sei Soldat gewesen", riet Pattie, „und im letzten Feldzuge gefallen, dann nimmt man sie überall gut auf. Nennen Sie sich Frau Duvent. Ihr Französisch ist gut genug, um den Namen zu rechtfertigen, und um jedem Zweifel zu begegnen, sagen wir, Sie seien keine geborene Französin, sondern aus der Schweiz. Und nun erlauben Sie mir. Sie noch auf Eins aufmerksam zu machen, Sie müssen ihren Trauring anlegen.
Laura befolgte den Rat; aber als sie den schmalen Reif an den Finger steckte da füllten sich die Augen der stolzen, eitlen Frau mit Thränen. Der arme Robert! Wie sehr hatte er sie geliebt, und wie stolz war er gewesen, als sie den Ring zum ersten Mal getragen. Hätte Pattie die Geschichte des Ringes erkannt, sie wäre wohl nicht so eifrig für ihre junge Herrin eingetreten; doch das ehrliche Mädchen, ahnte nichts böses, im Gegenteil, sie glaubte eine verdienstliche Handlung zu begehen, indem sie Lady Laura b eistand.
Die schöne junge Offizierswittwe, die an jenem Abend mit ihrem Mädchen nach Colombier kam, um eine Wohnung zu suchen, hatte eine solche bald gefunden. Es war ein hübsches Häuschen, außerhalb des eigentlichen Dorfes und gehörte einer jungen Frau, der der Krieg den Mann genommen, und die daher große Sympathie für die Fremde fühlte.
„Endlich, endlich Ruhe", sagte Lady Laura, als sie mit ihrer treuen Pattie allein war, „endlich Frieden! Gott sei Dank!"
(Fortsetzung folgt.)