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Der GesklMter.

Amts- und Anzeige-Matt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

73. Jahrgang.

JnsertionS-Sebühr s. d. einspaltige Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung S bei mehrmalig, je^r/-

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

Nagold, Mittwoch -en 27. Juli

nicht so lange entschwundenen Zeit tiefster politischer Zer­rissenheit Deutschlands der Hort des nationalen Gedankens, das sichtbare Band, welches dir Deutschen in Ost und West, in Nord und Süd immer wieder zusammenhielt und welches bewirkte, daß sich der Preuße und der Bayer, der Sachse und der Schwabe trotz der Länderzerstückelung Deutschlands immer wieder als Söhne eines Vaterlandes fühlten. Gerade in der Epoche vor der Begründung des neuen Reiches ge­stalteten sich die deutschen Turnfeste in besonderem Maße zu gewaltigen, machtvollen Bekundungen deutscher Art und deutscher Gesinnungen, zu wirkungsvollen. Demonstrationen für das deutsche Volkstum und für die so heiß ersehnte politische Einheit des deutschen Vaterlandes, gerade die Turnfeste wurden die Träger des nationalen Einhritsgedankens, der dann durch Blut und Eisen sein« Verwirklichung auf den Schlachtfeldern Böhmens und Frankreichs finden sollte.

Aber wenn auch bei den spateren Turnfesten, di« nach der glorreichen Errichtung des deutschen Reiches gefeiert wurden, die politische Bedeutung derselben naturgemäß er­heblich gegen früher zurücktrat, so haben sie sich dennoch ihren nationalen Charakter bis heut« gewahrt, spielt bei ihnen das nationale Moment noch jetzt seine beachtenswerte Rolle. Dieser schöne Zug zeigt sich auch wieder bei dem Hamburger Turnfeste, auch bei ihm leuchtete abermals machtvoll das wahre patriotische Empfinden, in welchem sich die Turngenossen auS den verschiedensten Teilen des Reiches zusammenfinden und darum darf auch das neunte deutsche Turnfest gleich seinen Vorgängern vollen Anspruch auf die sympathische Teilnahme jedes echt deutsch gesinnten Mannes erheben. Daneben weist aber dasselbe auch eine besondere politische Seite auf, sie wird durch die Teilnahme österreickischer und italienischer Turngenofsrn an der Ham­burger Feier dargestellt. Jubelnd sind in Hamburg die Vertreter der turnerische« Sache aus den mit dem deutschen Reiche verbündeten Staaten von ihren deutschen Kameraden wie von der Bevölkerung begrüßt worden, in dem r i ch t igen- Gefühle, daß dos Erscheinen österreichischer und italienischer Turner in Hamburg gleichsam ein neues Zeugnis für den unentwegten Weiterbestand des Dreibundes ablegr.

Sicherlich wird jedoch in Hamburg auch die eigentliche turnerische Sache nicht zu kurz kommen. Deren hohe Be­deutung ist noch mit jedem deutschen Turnfeste gestiegen, die großen Turnfeste, namentlich in Frankfurt a. M. (1880), Dresden (1889) und Breslau (1894) wiesen einen stetigen Fortschritt in den turnerischen Leistungen auf. und das nämliche steht von dem gegenwärtigen Turnfeste in der alten Hammonia zu erwarten, zumal bei demselben den Anhängern des Musterriegenturnens wie den Verfechtern des Vereins- und Maffenturnens, den Vertretern des Kunst­turnens wie den Freunden der volkstümlichen Urbungen und der Spirlbewegung reichlich Gelegenheit gegeben ist, ihre Anschauungen im edlen Wettstreite mit einander praktisch zu begründen und zu verteidigen. Zuversichtlich wird darum auch das neunte deutsche Turnfest erkennen lasten, daß die höchste Weihe unserer großen, vaterländischen Volksfeste die Arbeit die körperstählende, Herz- und gristerfrischend«, in den Dienst drS Vaterlandes gestellte Arbeit ist und bleibt, daß im deutschen Volke die Kunst, die dem Vaterland Männer,

1898.

stark und gesund an Leib und Seele, erzieht, treulich weiter- gepflegt wird. Nicht bloß daS Vergnügen, der Genuß, führt den deutschen Turner auf die jeweilige Frldstätte, wo er sich mit den Kameraden zur sportlichen Uebung vereinigt, sondern mehr noch die ernst« Arbeit, daS mühevolle Streben, und diese konsequent fortgrführten Bemühungen haben die deutsche Turnerei auf ihren heutigen vervollkommneteu Standpunkt gebracht. Erinnern wir uns also auch heute wieder, d-ß unsere Turner Männer zielbewußten ernsten StrebenS sind, wie wir uns ebenso besten erneut erinnern sollen, daß die deutsche Turnerschaft in dem nun fast vierzig Jahren ihres Bestehens dem Vaterlande treu gedient und in vielfacher Beziehung direkt wie indirekt wesentlich zur Stärkung und Hebung der deutschen VolkSkcaft beigetragen hat. So sei denn aus vollem Herzen allen Teilnehmern am neunten deutschen Turnfest« der alte schöne Turnergruß geboten:Gut Heil!"

Hages-HlemgKetten.

Deutsches Neich.

* Nagold, 35. Juli. (Bild vomBerner Oberland".) In letzter Nummer ds. Bl. haben wir unseren freundl. Lesern Gelegenheit zu billigen Reisen nach der Schweiz durch Otto Erb'S Reisrbureau in Zürich nachgewiesen. Heute haben wir etwas noch billigeres zu bieten; eS bedarf nur emer Reise in denGasth. z. Hirsch" hier, um dort am gemütlichen Biertisch daSBerner Oberland" mit seinen herrlichen Bergen und Thälern zu schauen. Schullehrer Löffler aus Altnuifra, gegenwärtig hier im Zeichenkurs, hat «in Bild vom Berner Oberland gemalt, und dasselbe im Nebenzimmer desHirsch" ausgestellt. Das Bild ist, wenn auch nicht nach der Natur, doch mit so großer Natur­wahrheit gemalt, daß sich der Beschauer förmlich in jene erhaben« Welt der Schneeberge hineinversetzt glaubt. Jeder Kunstfreund wird seine aufrichtige Freud« daran haben.

* Nagold, 25. Juli. Gestern wurde uns ein Zweig schöner Frühhopfen vom Hopfengarten des Schwanenwirts Günther gebracht; wenn die Hopfen überall so stehen, dann giebt es eine gute Hopfenernte.

(*) Wildberg, 26. Juli. Gestern ereignet« sich hier ein schwerer Unglückssall. Der 61 Jahre alte Oderflößer Jakob Friedrich Gengrnbach von Unrerreichenbach war mit zwei weiteren Flößern, worunter sein Bruder, hier mit Holzrinbinden beschäftigt. Zu diesem Zwecke rollten die­selben die Stämme vom Holzpolter in das Master. Ein Stamm blieb unten am Polter liegen, weshalb Gengenbach den Stamm weiter ins Rollen bringen wollte. Dies gelang auch, aber zugleich kamen noch zwei Stämme mit je 2V, Festmrter nach und Gengenbach konnte nicht mehr schnell genug bei Seite springen, so daß er unter die rollenden Stämme zu liegen kam, ohne daß ihm seine Mitarbeiter Hilfe bringen konnten. Um den Unglücklichen aus seiner Lage zu befreien, mußten die Holzstämme in die Höhe ge­wunden werden. Der Verunglückte erhielt so schwere innerliche Verletzungen, daß er im hiesigen Spital nach einigen Stun­den starb, trotzdem ärztliche Hilfe alsbald zur Stelle war. Ein Verschulden an dem Unglücksfalle trifft niemand. Der

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(Amtliches.

Beka»titmach««s der K. Zentralstelle für die Land­wirtschaft betr. die Abhaltung eines Molkerei­kurses in Gerabron«.

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischult zu Gerabronn ein sechstägiger Unterrichtskurs für Frauen und Mädchen abgehalten werden, in welchem die Teilnehmerinnen eine theoretisch- praktische Anleitung zur Gewinnung der Milch und zur Verwertung derselben mittelst der für die Haushaltung und den Handbetrieb der Molkerei vornehmlich in Betracht kommenden Verfahren erhalten sollen.

Der Unterricht in diesem Kurs ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmerinnen an demselben verpflichtet, die vor­kommenden Arbeiten nach Anweisung der den Kurs leitenden Molkereiinstrukteurs zu verrichten; auch haben sie für Wohnung und Kost während ihres Aufenthalts in Gerabronn selbst zu sorgen.

Bedingungen der Zulassung sind: zurückgelegtes sechzehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähig­keiten und Kenntnisse und guter Leumund.

Der Beginn de- Kurses ist auf Montag den 5. Sep­tember d. I. festgesetzt. Da jedoch zu einem Kurs nur sechs Teilnehmerinnen zugelaffen werden können, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Bedürfnis im Lauf der folgenden Wochen noch weitere Kurse zu veranstalten und di« sich Anmeldenden nach ihrem Ermessen in die einzelnen Kurse einzuweisen.

Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind mit einem schult­heißenamtlichen Zeugnis über die Erfüllung der obengenannten Bedingungen spätestens bis zum 20. August d. I. an dasSekretariat der K. Zentralstelle für die Land­wirtschaft in Stuttgart" einzusenden.

Stuttgart, den 20. Juli 1898.

v. Ow.

Gestorben: Friede. Pfleiderer, ssv., Privatier, S1 I. a., Cannstatt. Hermann Mündler, Kommerzienrat aus Frankemhal, 66 I. a.. Freudenstadt.

Zum 9. deutschen Turnfest in Hamburg.

ff Seit Sonntag ist in der alten Hansastadt Hamburg das deutsche Turnfest im Gange, welches viele Tausende von Turnern aus allen Gauen des Reiches in der Metropole des deutschen Nordens vereinigt hat, während außerdem an demselben auch zahlreiche Turner aus dem Auslande teil­nehmen. Mit herzlichen Sympathien für dis turnerische Sache blickt man im übrigen Deutschland in diesen Tagen nach Hamburg, ist man sich doch in weiten Volkrkreisen besten bewußt, daß das Fest, welches gegenwärtig dort gefeiert wird, im wahrsten Sinne deS Wortes rin nationales Volks­fest ist, das neben seiner turnerischen Eigenart zugleich daS Gepräge einer weihevollen vaterländischen Feier trägt. In der Thal kann man getrost die deutschen Turnfeste als die nationalsten aller deutschen Feste bezeichnen, sie waren noch mehr als die Schützen- und Sängerfeste in der noch gar

Ein Kapitel vom Salz.

(Schluß.)

Doch auch unter den orientalischen Völkern huldigt man der symbolischen Bedeutung des Salzes. Gemeinsamer Salzgenuß mit einem Fremden verpflichtet den Morgenländer unter allen Umständen zu freundschaftlichen Gesinnungen gegenüber dem Betreffenden, selbst wenn nur ein Zufall bei dem gemeinsamen Genüsse des Salzes obgewaltet haben sollte und keine bestimmte Absicht. Darum pflegt der Araber ganz besonders auf der Hut zu sein und nur dann Salz auf den Tisch zu bringen, wenn er selber den Wunsch hegt, mit dem betreffenden Tischgäste ein inniges und dauerndes Freundschaftsbündnis zu schließen. Bei den alten Egyptern fehlte das Salz bei keinem Opfer, nach Herodot wurde in Egypten bei besonders wichtigen Opferfesten sogar das Oel der heiligen Lampe mit Salz vermischt. Bei den alten Griechen wurde mit Vorliebe gesalzenes Gerstenmehl als Opfergabe dargebracht; auch die Römer hatten eine Reihe von Opfern, deren Hauptbestandteil das Salz ausmachte. Der Göttin Vesta, als der Schützerin des häuslichen Herdes, brachte man Salz als Opfergabe dar. Das Salz weihte jede Tafel, und seine Heiligkeit erstreckte sich auch auf das Gefäß, in welchem es auf den Tisch gebracht wurde, woraus dann die Gepflogenheit erwuchs, die Salzgesäffe in möglichst kostbarer und luxuriöser Form herzustellen, welcher Luxus sich jahrhundertelang erhalten hat.

Die Gewinnung des Salzes bildete in früheren Zeiten meist ein Vorrecht des Staatsfiscus, welcher indessen die

Ausbeute gewöhnlich nicht selbst betrieb, sondern sie gegen bestimmte Abgaben an Private verlieh, und zwar erstreckte sich dieses Salzregal sowohl auf die Steinsalzlager als auch auf die Solquellen, in letzterem Falle wurde das Ausbeute­recht Salinenregal genannt. Doch ist das Salzregal durch die neuere Gesetzgebung beseitigt worden. Ebenso ist in Deutschland wenigstens das sogenannte Salzmonopol, die ausschließliche Berechtigung des Staates zum Salzverkauf, längst abgeschafft worden. Dagegen besteht noch das Salz­hoheitsrecht das Staates, nämlich dessen Berechtigung zu einer besonderen Beaufsichtigung der Salzbergwerke und Salinen, soweit diese nicht ihm selber gehören, ein Vorrecht, welches durch die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Salzes vollkommen berechtigt erscheint. Das Salzhoheitsrecht erstreckt sich namentlich auf die Genossenschaften, welche die Ausbeutung der Solen, also der Salzquellen betreiben und gewöhnlich den Namen Pfännerschaften heißen. Unter denselben giebt es historisch berühmte Gilden, deren Mitglieder bei feierlichen Gelegenheiten in besonderer Tracht erscheinen und bei welchen Salzgenossenschaften sich noch gewisse Bräuche aus früherer Zeit erhalten haben; zu diesen historischen Pfännerschaften gehören z. B. dieHalloren" in Halle a. S., die u. A. auch das Vorrecht besitzen und konsequent ausüben, den Landesherrn durch eine Abordnung zum neuen Jahre be­glückwünschen zu dürfen. Früher wurden die mit der Wahr­nehmung der landesherrlichen Gerechtsame bei dem Betrieb von Salzbergwerken und Salinen betrauten BeamtenSalz­grafen" genannt. Für diejenigen Inhaber von Salzwerken, welche ihr Recht nicht durch eine Belehnung empfangen haben,

kommen zuweilen noch die ebenfalls aus früheren Zeiten stammenden Bezeichnungen Salzbeerbte, Salzherren, Erbsälzer, Salzjunker u. s. w. vor; doch ist die Bedeutung dieser Titel heute nur noch ganz engen Kreifen bekannt.

Ein Wettermacher in Indien. Wie ein englisches Blatt mitteilt, giebt es in den indischen Zentralprovinzen einen Beamten, der die Pflicht hat, Hagelschläge, übermäßigen Regen, Dürre und andere Uebelstände eines schlecht gelaunten Klimas abzuwenden. Er führt den offiziellen TitelCharpagari" und erhält von der Einwohnerschaft der Dörfer, die für seinen Unterhalt Sorge zu tragen haben, eine regelmäßige Besoldung in Naturalien. Wenn es ihm gelingt, in einer kritifchen Zeit atmosphärische Kalamitäten abzuwenden oder nach einer langen Dürre segenspendenden Regen heraufzubeschwören, fo wird sein Amtsgehalt in liberaler Weise erhöht. Das in die Geschicklichkeit dieses Wettermachers gesetzte Vertrauen ist so groß, daß er anläßlich des Besuches irgend eines hervorragenden Europäers feierlichst in ein Dickicht geführt und instruiert wird, für das öffentliche Wohl, d. h. für Regen, zu beten, richtiger zu heulen. Nun kommt es ja vor, daß die klägliche Stimme eine günstige Wirkung erzielt. In den meisten Fällen ist jedoch die unmittel­bare Wirkung des frommen Geheuls gleich Null. Dann ist das Los des Wettermachers ein hartes. Von dem höchsten Gipfel seiner Macht wird er in den tiefsten Abgrund der Erniedrigung gestürzt. Man giebt ihm einen Amtsnachfolger, zwingt ihn zur Rückzahlung des einkassierten Amtsgehaltes u. läßt ihm, falls er dazu nicht mehr imstand ist, eine Tracht Prügel zuteil werden. Da ist unser deutscher Wetterprophet Falb doch besser dran!