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richten. Uebrigens haben eine größere Anzahl landwirtschaftlicher Bezirks, vereine beschlossen, dieses Schulgeld für die ihrem Bezirk ungehörigen Schüler zu bezahlen.
Neu eintretende Schüler müssen das 15. Lebensjahr zurückgelegt haben, gut prädiziert sein und die für das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähigkeiten besitzen.
Die Anmeldung zur Aufnahme hat zu geschehen: für Hall: bei dem Schulvorstand Landwirtschaftsinspektor Nindt, für die übrigen landwirt- schaftlichen Winterschulen bei dem betreffenden Vorsitzenden der Schulkom. Mission und zwar: für Heilbronn bei Oberamtmann Regierungsrat Löflund, für Ravensburg bei Oberamtmann Mühlschlegel, für Reutlingen bei Oberbürgermeister Benz, für Ulm bei Ober- amtmann Regierungsrat Rampacher.
Mit der Anmeldung sind die Schulzeugnisse, ein Geburtsschein und die schriftliche Einwilligung des Vaters, bew. des Pflegers, zum Besuch der Winterschule vorzulegen.
Nähere Auskunft über den Lehrplan, die Kosten, die Unterbringung der Schüler in Piivathäuser erteilen auf Verlangen dis betreffenden Schul- Vorstände.
Der Tag, an dem die einzelnen Winterschulen eröffnet werden, wird im Wochenblatt für Landwirtschaft bekannt gemacht.
Stuttgart, den 15. September 1887. Werner.
'Uol'itifcHe WcrcHricHten.
Deutsches Reich.
Stettin, 17. Sept. Um 7 Uhr 10 Min. hat der Kaiser mit Sonderzug die Rückreise angetreten. Mit ihm im Salonwagen reisten die Prinzen Wilhelm und Friedrich Leopold, im eigenen Wagen die Prinzessin Wilhelm. Eine zahlreiche Menge drängte sich in den Straßen zum Bahnhofe, wo die Spitzen der Behörden mit ihren Frauen anwesend waren. Der Kaiser verabschiedete sich in huldvollster Weise und reichte, als der Zug sich schon in Bewegung gesetzt hatte, dem kommandierenden General von der Burg die Hand.
Berlin, 17. Sept. Der Kaiser, Prinz und Prinzessin Wilhelm, Prinz Friedrich Leopold und Moltke sind mit Gefolge 9'/4 Uhr abends aus Stettin hier eingetroffen.
Berlin, 20. Sept. Nach den bisherigen Bestimmungen beabsichtigt der Kaiser am Sonntag abend nach Baden-Baden abzureisen.
Metz, 20. Sept. Die „Lothringer Zeitung" meldet: Der sechzehn- jährige Sohn Schnäbel ö's, welcher am 14. September an einem Baume auf der Landstraße bei Cheminot ein aufrührerisches Plakat mit den französischen N a t i o n a l f a r b e n anheftete, wurde, als er gestern über die Grenze kam, verhaftet und heute in das Bezirksgefängnis nach Metz verbracht.
Hcrges-Weuigkeiterr.
sAmtlichesZ Am 16. September wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Emberg. Bezirks Calw, dem Stellvertreter Eisenhardt in Malmsheim, Bezirks Merklingen, die in Liebelsberg, Bezirks Calw, dem Unterlehrer Graf in Oeschelbronn, Bezirks Herrenberg, übertragen.
Cannstatt, 17. Sept. Der landwirtschaftliche Bezirksverein in Verbindung mit der hiesigen Stadtgemeinde und der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft hat beschlossen, mit dem diesjährigen Volksfest markt am 27. d. eine Prämiierung schöner Zuchttiere zu verbinden. Beginn morgens 8 Vs Uhr. Preise für Farren des Rot- und Fleckviehs, auch graue und braune Raffe je 15 für Farrenkälber je 10 ; für Kühe und
Kalbeln ohne Raffenunterschied je 15 für Zuchtrinder je 10 — Heute
wurde in Oeffingen ein kleineres landwirtschaftliches Fest bei schönster
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Witterung abgehalten. Mit demselben waren Preisverteilung an Dienstboten je mit Ehrenbrief und Mittagessen im Gasthaus zum Rößle verbunden. Weitere Preise kamen zur Verteilung für Weinbau, Obstzucht, Farren, Farrenkälber, Kühe, Kalbeln, Eber, Mutterschweine, im Gesamtbetrag von 716 ^ Zugleich war mit dem Feste eine Verlosung landwirtschaftlicher Geräte und Werkzeuge verbunden.
Vom Brenzthal, 19. Sept. In Folge der großen Trockenheit diesen Sommer haben sich in unserer Gegend die Mäuse erschreckend gemehrt, die Aecker sind von ihrer Arbeit ganz durchlöchert, und auf den Wiesen ringeln sich ihre Läufe kreuz und quer durcheinander. Sie machen dem Landmann auf seinen Kartoffelgrundstücken bedeutend Schaden, was um so empfindlicher ist, als ja die Kartoffelernte nicht sehr ergiebig wird. Den meisten Schaden durch die kleinen Nager befürchtet der Landmann aber für seine Herbstsaat, namentlich wenn diese durch die Trockenheit längere Zeit ohne zu keimen im Boden liegen müßte. Die Ortsvorsteher mancher Gemeinden, besonders im untern Brenzthal, haben allgemeines Vertilgen dieser Tiere auf ihren Markungen angeordnet, und jedem Grundbesitzer ist es zur Pflicht gemacht, auf seinen Grundstücken die Mäuse möglichst auszurotten Man wendet dabei Gift an, fängt die Tiere aber auch in gebohrten Löchern. Ersteres ist weniger zu empfehlen, weil manche dem Landmann nützlichen Tiere die an Gift krepierten Mäuse fressen und dann auch zu Grunde gehen. Das Löcherbohren ist für andere Tiere nicht zum Schaden und zum Mäusefangen äußerst zweckmäßig. Man hat eigene Bohrer dazu, die übrigens jeder Schmied leicht anfertigen kann; sie haben Aehnlichkeit mit den sog. Pflanzenbohrern. Die Löcher bohrt man auf Wiesen, Kleeäckern, sonst in Furchen, überhaupt wo der Boden etwas fest ist, an Stellen hin, da sich die Läufewindungen der Mäuse kreuzen. Die Tiere fallen auf ihren raschen Gängen hinein und werden dann mit einem Stämpfel leicht getötet. In wenigen Stunden kann ein Knabe hundert Löcher bohren und diese werden dann einige Tage lang von Zeit zu Zeit abgesucht und die darin gefangenen Mäuse getötet. In der Dämmerung stürzen am meisten Mäuse in die Löcher, deshalb muß man diese abends nochmal absuchen. Gut ist es auch, wenn man morgens zeitig die Löcher absucht; denn sind die Tiere länger darin, so bohren sie sich selbst unten einen Gang zur Flucht. Notwendig ist, daß alle, Nebenlieger zu gleicher Zeit an das Mäuseausrotten sich machen. Es giebt Gemeinden, die auf Gemeindekosten Mäusebohrer angeschafft haben und diese den Grundbesitzern zur Verfügung stellen.
r. Langenau, 19. Sept. Die gestrige Bauernversammlung wegen Erhöhung der Getreidezölle war ungemein zahl, reich besucht aus den Oberämtern Ulm, Geislingen, Heidenheim, Blaubeuren und dem angrenzenden Bayernland. 1000 oder noch mehr Personen waren es, welche zusammengekommen sind, um davon Zeugnis zu geben, in welch bedrängter Lage die Landwirtschaft sich befinde, namentlich seit auch die Viehpceise sehr erheblich zurückgegangen sind. Die übereinstimmende Ansicht ging dahin, daß die Erzeugnisse des Ackerbaues eines besseren Schutzes bedürfen, wenn derselbe solle dem Bauern noch lohnende Einnahme gewähren und da niemand ein anderes Schutzmittel vorzuschlagen wußte, so wurde auf den Antrag des Landtagsabgeordneten für das Amt Ulm, des Stadtschultheißen Haug dahier, beschlossen, um Erhöhung der Eingangszölle für ausländisches Getreide, welch letzterem allein die Schuld an den niedrigen Fruchtpreisen zuzuschreiben sei, zu bitten und zwar wurden Eingaben gerichtet an den Bundesrat und den Reichstag und an das Württ. Staatsministerium, in welchen vorgeschlagen ist, es möchte der Waizen- und Roggenzoll verdoppelt, der Gersten- und Haberzoll je um 1 für den Doppelzentner erhöht werden. Es sind dies Sätze, von welchen kein Mensch sagen kann, der die Wahrheit sagen will, daß sie das Brot des armen Mannes verteuern, ja sie werden nicht einmal eine wesentliche Erhöhung der Fruchtpreise bringen, sie werden aber doch ganz bestimmt ein weiteres Sinken der Fruchtpreise verhindern und das letztere muß verhindert werden, soll der Bauer, namentlich der Kleinbauer, nicht ruiniert werden. Der anwesende Reichstagsabgeordnete v. Fischer hat sich entschieden dafür ausgesprochen, daß die Getreide
Eindrücken die Sehnsucht nach Robert nicht vergessen und sowohl sie als Rodway sprachen von ihrer Heimreise als von einer ausgemachten Sache.
„Sie scheinen viel besser", sagte er am Abend, „noch ein Tag an der See und Sie werden ganz wiederhcrgestellt sein. Bleiben Sie morgen noch hier."
Sie willigte ein, denn sie sehnte sich danach, die wundervolle Wasserfläche noch einmal zu sehen, ehe sie auf immer davon Abschied nahm.
„Und wollen Sie nicht auch morgen noch hier einige Einkäufe machen?" fuhr er fort. „Sie haben doch das Geld einmal und hier finden Sie gewiß geschmackvollere Sachen, als in Ihrem heimatlichen Dorfe."
„Ja, aber das Geld gehört Ihnen, nicht mir; wie kann ich es ausgeben?"
„L, das läßt sich arrangieren", entgegnete er. „Kommen Sie nur morgen früh mit mir und besorgen Sie Ihre Einkäufe. Ich bin wirklich begierig. Sie in einer eleganten, kleidsamen Toilette zu sehen."
Er hatte wohl berechnet, was er sagte. Es war nicht wahrscheinlich, daß ein junges Weib, das nie einen Pfennig Geld besessen, der Versuchung wiederstehen könne, hundert Pfund für ihre Toilette auszugeben, namentlich, wenn man ihr zu verstehen gab, daß ihre jetzige Kleidung ihre Schönheit nur entstelle.
So verging denn der größte Teil des nächsten Tages mit dem Besuchen verschiedenartiger Läden. Laura lächelte, als Rodway darauf bestand, zwei große Reisekoffer zu kaufen.
„Sie müssen doch etwas haben, um Ihre Einkäufe unterzubringen", meinte er.
„Diese Koffer werden gar nicht durch die Thüre meines kleinen Hauses gehen", sagte sie; doch er schien den Einwurf nicht zu hören.
An diesem Tage dachte sie schon weniger an Robert, hatte sie doch zum ersten Male in ihrem Leben das Vergnügen, sich nach Herzenslust mit schönen Dingen umgeben zu können.
Zum Diner, das sie mit Rodway einnahm, zog sie eines von den neuen Kleidern an. Es war ein sehr elegantes Kostüm aus schwarzer Seite, das ihr aus
gezeichnet stand. Es zeigte die graziösen Linien ihrer schönen Figur und hob die Zartheit und Frische ihres Teints glänzend hervor. Sie las Bewunderung in den Augen des Advokaten, wie in denen des Hotelpersonals. Als sie am folgenden Tage in einem reizenden Pariser Phantasiekostüm mit passendem Hut und Stiefeln über die Straße ging, da sah man ihr allgemein nach. Rodway lächelte in seiner ruhigen Weise.
„Ich wußte, daß Sie Aufsehen erregen würden, Fräulein Knowles", sagte er. „Man hat mich schon von allen Seiten gebeten, Ihnen vorgestellt zu werden. Wenn Sie zu Ihrem Onkel gingen, hätten Sie bald die ganze vornehme Welt zu ihren Füßen."
Den dritten Tag sprach sie nur noch sehr wenig von ihrer Heimreise. Rodway hatte es verstanden, ihre Eitelkeit und ihren Ehrgeiz aufzustacheln, und er that nun alles, um noch weiteren Boden zu gewinnen. Mit bewundernswertem Takt und und diplomatischem Geschick interessierte er sie für alles elegante und schöne, für die tausend Annehmlichkeiten, die der Reichtum bietet, und während sie immer noch von ihrer Rückreise als feststehend sprachen, vollzog sich langsam, aber sicher wiederum ein Wandlung in der jungen Frau.
Es wäre zu traurig, dieser Wandlung Tag für Tag zu folgen, zu zeigen, daß der große leidenschaftliche Schmerz sich abstumpfte, wie das blutende Herz wieder fröhlich wurde. Laura blieb vierzehn Tage in Westborn und ihre Schönheit blühte herrlich wieder auf.
Sie ging nie wieder zurück zu Robert und Herr Rodway hatte seine fünftausend Pfund gewonnen.
Mehr als einmal, wenn er später über die Sache nachdachte, freute er sich der guten Idee, zuerst nach Westborn gegangen zu sein; „denn", sagte er, „wären wir direkt nach Fernholm gereist, sie wäre nie dort geblieben, und mein Spiel wäre verloren gewesen." —
(Fortsetzung folgt.)
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