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62. Jahrgang
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Erscheint Stensta-, Ionuerstag L Samstag.
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Donnerstag, öen 15. Aeptember 188?.
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Kotttifche Wcrchvichten.
Deutsches Reich.
— Der Kaiser begiebt sich heute zur Teilnahme an den Feldübungen des zweiten Armeekorps nach Stettin. Die Frage, ob er dort den Besuch des russischen Kaisers zu empfangen in die Lage kommen wird, ist auch in dieser Stunde noch eine offene. Das Frkf. I. meint: Für die politische Ent- Wicklung mag es bedeutungslos bleiben, als Akt der Höflichkeit würde es immerhin besonders zu würdigen sein, wenn Alexander lll. zur Begrüßung seines Großoheims, der sich in solcher Nähe des dänischen Landaufenthaltes des Zaren befindet, nach dem pommer'schen Hafenplatz herübereilen wollte. Wenigstens hätte der Vater des jetzigen Zaren diese so nahe Gelegenheit zu einem „Höflichkeitsbesuch" nicht unbenutzt vorübergehen lasten. — Inzwischen steht über die Reiseabsichten des Kanzlers noch nichts fest. Man meldet aus Berlin, daß besten Abreise nach Friedrichsruh noch unbestimmt sei, nur erscheint es sicher, daß er bald nach seinem Eintreffen daselbst den auswärtigen Minister von Oesterreich-Ungarn, Grafen Kalnoky, zu Besuch empfangen werde.
Stettin, 13. Sept. Die Parade des 2. Armeekorps vor dem Kaiser fand heute mittag statt. Der Kaiser hatte zu Wagen in Begleitung des Flügeladjutanten Grafen Lehndorff sich auf das Paradefeld begeben. Die Kaiserin war mit der Prinzessin Wilhelm vorausgefahren. Die Majestäten wurden auf der Fahrt von der Volksmenge stürmisch begrüßt.
Hamburg, 10. Sept. Heute morgen verließ die zweite Expedition der Deutsch-West afrikanischen Kompagnie unseren Hafen. Auf der der Kompagnie gehörenden Brigg „Adolph", Kapitän Stockins, schifften sich 14 Personen nach Westafrika ein. An der Spitze der Expedition steht der mit den afrikanischen Verhältnissen vertraute Kapitän Boshart, der, nachdem er vorher längere Zeit in Ostafrika gelebt, zuletzt unter Stanley am Kongo im Dienste der belgischen Kongostation gestanden hat. Die Expedition führt außer einer Menge von Tauschwaren im Werte von 70,000 sieben zerlegbare Gebäude mit sich, ferner Dampf-, Eis« und Schlachtereimaschinen. Sie hat nämlich die Aufgabe, in Westafrika zur Ausnutzung des Viehreichtums eine Exportschlächterei anzulegen. Schon im Frühjahr sind von einer vorausgegangenen Expedition große Ankäufe von Vieh bei den Eingeborenen gemacht worden. Außer einem früheren hiesigen Schlächtermeister, der mit seinen ihn begleitenden Gehülfen die Exportschlachterei betreiben wird, nehmen an der Expedition ein Ingenieur, ein Maschinist, ein Gärtner und vier junge Kaufleute teil. Vor der Abreise veranstaltete gestern abend der gerade hier anwesende Direktor der Deutsch-Westafrikanischen Korn- pagnie eine Abschiedsfeier in Streits Hotel.
Stuttgart, 13. Sept. Heute begannen in der Kammer die Beratungen über die Branntweinsteuervorlage. Nachdem die Berichterstatter Göz und Varnbüler den Antrag auf Beitritt Württembergs begründet hatten, ward die Sitzuny vertagt, damit den Irak- tionen Gelegenheit gegeben ist zu Vorbesprechungen für die morgen im Plenum fortzusetzende Beratung. Morgen dürfte ein Beschluß gefaßt werden.
England.
— In Irland sind wieder blutige Zusammenstöße zwischen der Polizei und der nationalistischen Bevölkerung an der Tagesordnung. Die Ereignisse in Mitchelstown zeitigen böse Früchte, indem sie den Widerstand der Bevölkerung erhöhen. Neuere Drahtberichte melden aus der Umgegend der genannten Stadt weitere Unruhen. So berechtigt die Zurückweisung des von den Gladstonianern gegen die Regierung erhobenen Vorwurfes der Urheberschaft oder der Veranlassung dieser bedauerlichen Vorgänge ist, so kann es doch nur im Interesse der Regierung liegen, eine übertriebene Härte zu vermeiden und so viel als möglich Zusammenstößen zwischen der bewaffneten Macht und dem irregeleiteten Volke in Irland vorzubeugen. Ereignisse wie die in Mitchelstown erschweren nicht nur höchst unnötig die Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen in Irland, sondern vermögen auch die lieberalen Freunde des Kabinetts und mit diesen das Ministerium selbst in eine miß- liche Lage zu bringen.
Gcrges-Weuigkeilen.
* Calw. Kinderbettel. Vielfach hört man über die große Belästigung des Publikums durch das starke Ueberhandnehmen des Betteins der Kinder hier ansäßiger Familien klagen. Und es ist wahr, dieser Unfug ist groß, der Schaden, der dadurch angestiftet wird, noch größer I Der Wert den diese Kinder Tag für Tag aus den Häusern forttragen, ist kein unbedeutender und es ist betrübend, wahrzunehmen, welcher Mißbrauch zu sehr großem Teil mit den ersammelten Gaben getrieben wird. Es ist Thatsache, daß vieles von dem erbettelten Brod als Hühnerfutter verkauft, daß ein guter Teil des erbettelten Geldes von den Kindern zum Ankauf von Schleckereien und von den Eltern zu Ausgaben verwendet wird, die sich andere, welche blos von ihrer Hände Arbeit leben, nicht erlauben dürfen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß durch die Gaben an die Kinder die Armut in den Familien, welchen dieselben angehören, nicht vermindert, sondern vermehrt wird. Während in anderen braven Arbeiterfamilien, deren wir glücklicherweise noch viele haben, die Kinder zur Ordnung und Arbeitsamkeit angehalten werden» so daß sie frühzeitig etwas verdienen und den Eltern eine Hilfe sein können» sind die Bettelkinder sich selbst überlassen, verlieren durch ihr Herumlaufen
Feuilleton. (Nachdruck v-rbot-n.,
Am Rang und Reichtum.
Dem Englischen frei nacherzählt von Leo Sonntag.
(Fortsetzung.)
„Ich liebe Dich, mein Herzensweib, mit aller Liebe, deren meine Seele fähig ist! Aber wie kann ich sagen, daß Du gut bist? Ist „gut" nicht ein viel zu geringer Ausdruck für einen Engel?"
„Ich bin eine große Sünderin", entgegnete sie leise und ließ den Kopf noch tiefer sinken.
„Du bist mein geliebtes Weib", versetzte er, „und ich will nicht leiden, daß Du Dir solche Namen giebst. Aber ich muß fort Laura, es hat schon acht Uhr geschlagen."
Sie sprang auf und schlang die Anne um seinen Hals, als wollte sie ihn nie von sich lassen und küßte ihn wieder und wieder in überfließender Leidenschaft.
Es war das letzte Mal, o Gott! das letzte Mal. Robert verwunderte sich über ihre stürmische Zärtlichkeit.
„Wie Du mich liebst, Kind", sprach er sanft, „sei ruhig, der Tag ist bald zu Ende, und ich bin wieder bei Dir! Guten Morgen, Schatz!"
„Leb' wohl, Geliebter."
„Nein, nicht Lebewohl, das ist ein trauriges Wort, sage guten Morgen, Laura."
„Guten Morgen", wiederholte sie mit tonloser Stimme.
Noch einmal küßte er die bleichen Lippen und ging mit dem festen Vorsatz, einen Arzt zu Rate zu ziehen und ihn zu fragen, was seiner lieben kleinen Frau fehle; sie war heute Morgen wieder so seltsam aufgeregt, wie dies schon öfter in der letzten Zell der Fall war.
Sie aber blickte ihm nach, bis die hohe männliche Gestalt hinter den Bäumen des Parkes verschwand, dann sank sie bitterlich weinend in die Knie:
„O Robert, Robert, war es das letzte Mal, daß ich Dich gesehen?"
Es dauerte eine lange Weile, bis sie sich wieder aufraffte. Es mußte sein, sie hatte ja noch etwas zu thun, ehe sie Robert Roden's Haus auf immer verließ. Es gab keine Kleider zu packen, denn was sie als die junge Frau des Obergärtners getragen, paßte nicht für die Nichte des Marquis de Bourdon, aber eines war noch zu thun, und bei dem bloßen Gedanken daran that ihr das Herz weh und glühende Scham erfüllte sie. Sie mußte ihren Trauring ablegen. Nie hätte sie der stolze Marquis ausgenommen, wäre sie als die Frau eines armen Mannes vor ihm erschienen. Sie mußte vor ihm unverheiratet erscheinen, sie mußte den Gatten verleugnen, den Ring zurücklassen, den er ihr an den Finger gesteckt.
Sie ging hinauf in ihr Schlafzimmer und als sie den Ring berührte, um ihn abzuziehen, da stand lebendig der Moment vor ihren Augen, in dem er zum ersten Male an ihrer Hand geglänzt. Es war kaum vier Wochen nach dem Tode ihrer Mutter und die Liebe ihres Mannes war mit tiefem Mitleid gepaart. Sie erinnerte sich seines Gesichtsausdrucks, der Liebe, die aus seinen Augen geleuchtet, sie fühlte den Druck seiner Hand, hörte die feierlichen Worte, die er gesprochen, als er die weiße Hand küßte, an der der Goldreif glänzte.
Jetzt mußte er herunter, es kam ihr vor, wie Raub an einem Toten, aber es mußte ja doch geschehen. Was war es denn auch schließlich? Ein einfacher goldener Reif von geringem Wert; aber er hielt sie gefangen, nur durch seine Entfemung konnte sie frei werden.
Der arme kleine Ring, es kostete keine Mühe, ihn abzustreifen und die junge Frau betrachtete ihn sinnend, als er in ihrer Hand lag. War es eben so leicht, das feierliche Gelübde zu brechen, das sie am Altar abgelegt? Sie wickelte den Ring in Papier und nähte das Päckchen in das Futter ihres Kleides. Später, als sie nach Belieben über die Reichtümer verfügen konnte, mit denen der Marquis sie überhäufte, da kaufte sie ein goldenes Medaillon, legte den Ring hinein und trug es an einer feinen Kette um den Hals bis an ihr Lebensende.