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französischen, wie die großslawischen Wortführer hart ins Gedränge geraten, wenn sie ihre verrottete Abneigung an den Thatsachen der Zeitgeschichte fort- nähren wollen.

Berlin, 8. Aug. Von dem Dankschreiben des Papstes an den deutschen Kaiser (in Erwiderung auf dessen durch Herrn v. Schlözer überreichtes Geschenk) wird aus Rom gemeldet, daß es ein längerer, französisch geschriebener Brief sei, der mit großer Herzlichkeit und Hochachtung für die persönlichen Tugenden des Kaisers abgefaßt ist. Der Papst betont darin, er wisse, daß der persönliche Einstuß des Kaisers das Friedenswerk gefördert habe; ihm (dem Papst) sei der Friede mit aller Welt am Herzen gelegen gewesen, ganz besonders aber der Friede mit dem Kaiser; der Papst sei versichert, das vollste Einvernehmen zwischen dem Kaiser und Papste werde auch in Zukunft den Frieden erhalten; er bete stets für das Wohl des Kaisers und weitere glorreiche Tage desselben; er sei überzeugt, daß durch Gottes Gnade die Regierung des Kaisers bisher so ruhmvoll gewesen sei.

Metz, 7. August. Die Einweihung des Denkmals auf dem hiesigen Militärkirchhofe für die deutschen Soldaten, die in den vordersten Reihen in den Schlachten um Metz 1870 kämpften, schwer verwundet in die Hände der Franzosen fielen und in Metz starben, sowie für die bald nach der Einnahme von Metz an ansteckenden Krankheiten gestorbenen deutschen Soldaten (zusammen circa 280) gestaltete sich zu einer erhebenden Feier. Nachmittags 5 Uhr marschierten die beiden Vereine, welche die Kosten zur Herstellung des Denkmals bewilligt (Krieger- und Turnverein), nebst dem evangelischen Jünglingsverein, der Liedertafel und dem Kriegervereine Montigny, unter den Klängen der Musik hinaus nach dem Mtlitärkirchhofe auf der Chambiöreinsel, wo bereits die Spitzen der Militär» und Zivil» behörden Aufstellung genommen hatten. Um 6 Uhr begann die Feier, ein­geleitet durch einen Choral und das patriotische Lied:Selig, die gefallen für das Vaterland". Der evangelische Garnisonspsarrer hielt eine zündende estrede und nahm sodann die Weihe des Denkmals vor. Sodann sang die iedertafel:Von Wunden ganz bedecket, der Trompeter rc." Der Choral: Wie sie sanft ruhn" beendete die gelungene Feier. Die Vereine legten je einen großen Lorbeerkranz mit einer Schleife in den Reichsfarben und einer Widmung am Denkmal nieder. Das Denkmal ist ein in weißem Sandstein ausgesührter zwei Meter hoher Obelisk, der auf zwei Stufen ruht und von einem Bronzeadler gekrönt wird. Auf der Vorderseite ist eine graue Marmor­tafel eingelassen, welche in Goldschrift die Widmung trägt:Den hier ruhenden deutschen Kriegern des FeldugeS 1870,71, erlegen an ihren in den vordersten Reihe der Kämpfe um Metz erhaltenen Wunden und den in der wiedergewonnenen Stadt ausgebrochenen Krankheiten, weihten dieses Denkmal der Kriegerverein und der Turnverein Metz."

Straßburg, 8. August. Die französischen Behörden gestatten der Firma Weisbach die Wiedereröffnung ihrer Puppenfabrik in Embermenil.

Jages-WeirigkerLen.

Nagold, 8. Aug. In der letzten Nacht brannten in Pfron­dorf 2 Wohnhäuser ab. Die Abgebrannten (die Schuhmacher Dürr und Braun) sind versichert. Das Feuer entstanv nach 12 Uhr in einem Holz­schuppen. (Von anderer Seite wird uns noch geschrieben: Da das wütende Element mit großer Schnelligkeit um sich griff, konnten die Insassen nur ihr Leben und ihr Vieh retten. Die Abgebrannten sind nur gering versichert; der Gebäudeschaden beträgt nach der Brandversicherungskafse 1700 Neun­zehn Personen, worunter fünfzehn Kinder, haben ihr Obdach verloren. Ent­stehungsursache unbekannt.)

Göppingen, 8. August. In Klein-Eislingen brannten gestern nachmittag 4 Uhr die zwei Scheuern und ein Schafstall des Oekonomen Mayer ab. Derselbe hatte bereits 5000 Garben eingeheimst. Das an­stehende Wohnhaus konnte gerettet werden, da sofort Hilfe bei der Hand war. Brandstiftung ist wahrscheinlich. Der Abgebrannte ist versichert. (Von anderer Seite wird uns über den Brand berichtet: Am Sonntag nach­mittag brach in der Scheuer des Bauern Johannes Mayer Feuer aus. welches trotz sofortiger Hilfe durch die Feuerwehr mit rasender Schnelligkeit

um sich griff, auch das angebaute Schafhaus ergriff und beide Gebäude voll­ständig einäscherte. Das angebaute Wohnhaus und das Stallgebäude wurden, obwohl bedeutend beschädigt, gerettet, nachdem zuvor alles daraus geflüchtet worden war. Da die ganze reiche Ernte bereits unter Dach war, ist der Schaden ziemlich bedeutend. Bei dem überaus großen Flammenmeer war die Gefahr für die Nachbargebäude sehr groß und haben die Bewohner auch geflüchtet; es gelang aber, die Gefahr von denselben abzuwenden.

Tübingen, 8. Aug. Die Tüb. Chr. berichtet: In vergangener Woche wurden auf den Jagden S. K. H. des Prinzen Wilhelm durch eine zahlreiche Gesellschaft 4 Tage lang Treibjagden hier abgehalten. ES wurden im ganzen geschossen 1 Hirsch und 1 Rehbock, außerdem noch 1 Hirsch angetroffen; von Wildschweinen fand sich keine Spur mehr. Offene Wild­gärten, die S. K. Hoheit mit Weizen, Hafer rc. ansähen ließ, stehen beinahe ganz unberührt, obgleich die Früchte sehr schön und reif sind. Es scheint, daß der harte Winter auch dem Wildstand ganz außerordentlich geschadet hat.

Hall, 8. August. Der junge, hoffnungsvolle Sohn eines Göppinger Fabrikanten, der die 6. Klaffe des hiesigen Gymnasiums besucht, badete gestern nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr im Kocher. Kurz nach Verlassen des Bades fühlte er sich unwohl, und trotz sofortiger ärztlicher Hilfe und an­gewendeter Wiederbelebungsmittel war er in kurzer Zeit eine Leiche. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein jähes Ende bereitet.

Ehingen, 8. Aug. Der Reichstagsabgeordnete des X V. Wahlkreises, Landrichter Gröber in Heilbronn kam auf Einladung des Lesevereins am gestrigen Sonntag nach Munderkingen, um in den Räumlichkeiten des Gast­hofs zur Post ausführlichen Bericht über seine Thätigkeit im letzten Reichs­tage zu erstatten. Die Versammlung, eröffnet durch eine Begrüßungsrede des Vorstandes, Präzeptor Bieg, war von Wählern aus Stadt und Land zahlreich besucht. In seinen Auseinandersetzungen betonte der Redner ganz besonders die Militärvorlage und die Branntweinsteuer. Dem Vortrag, welcher von mittags 46 Uhr währte, folgten die Versammelten mit größter Aufmerksamkeit und erklärten sich mit den Ausführungen und Ansichten des Redners vollständig einverstanden. Mit einem Hoch auf den ReichStags- abgeordneten, ausgebracht vom Vorsitzenden des Lesevereins, wurde die Ver­sammlung geschloffen.

Waldsee, 8. Aug. In der letzten Plenarversammlung des landw. Bezirksvereins wurde beschlossen, mit dem am 26. September in hiesiger Stadt abzuhaltenden Gaufeste eine Lotterie zu verbinden und 12,000 Stück Lose ä 1 auszugeben. Nachdem nunmehr vom K. Ministerium die Genehmigung hiezu eingetroffen ist, wird mit dem Absatz der Lose in den 5 Gauvereinsbezirken Leutkirch, Ravensburg, Tettnang, Wangen und Waldsee nächstens begonnen. Zu Gewinnsten sind Fohlen, Jungvieh, landwirtschaft­liche Maschinen und Gerätschaften, sowie Haushaltungsgegenstände bestimmt.

Frankfurt a. M. Ueber einen jungen Millionär, welcher von der fixen Idee befallen ist, aus Graphit Diamanten Herstellen zu können, wurden dem Frkf. I. folgende Mitteilungen: Die bis jetzt durch den jungen Mann verschwendete Summe beläuft sich auf 645,000 Mark, die jedoch nicht ganz verloren sind, da u. A. zwei Grundstücke im Werte von über 25,000 Mark damit erworben wurden. Aus der Sache werden ver­schiedene Prozesse entspringen. Ein Chemiker, der in einer süddeutschen Fabrik angestellt war und auf Veranlassung des Kranken, nachdem ihm eine sichere Lebensstellung mit jährlich 18,000 Mark zugesichert worden, seine seitherige Stellung am 1. August aufgegeben hat, macht eine ganz bedeutende Ent­schädigung geltend. Eine Glashütte, bei der ansehnliche Bestellungen eigens von dem Kranken konstruierter Gefässe rc. gemacht wurden, verlangt Abnahme der Bestellung im Wert von vielen Tausenden. Ein Baumeister aus Wien ist bereit, gegen Zahlung einer Entschädigungssumme sein bereits angefahrenes Baumaterial wieder abfahren zu lassen. Aus den Briefen, welche der Geisteskranke an die verschiedenen Leute gerichtet, ist nicht zu ersehen, daß man einen Kranken vor sich habe.

Ueber das tragische Schicksal eines Brautpaares wird der Nat.Z. vom 4. ds. geschrieben: Am letzten Samstag nachmittag trafen auf der Rückkehr von einer Vergnügungsreise vom Kynast der Buch­halter Max Arlt aus Görlitz mit seiner Braut Emma Hoffmann ebendaher in Hirschberg ein. Sie nahmen in einem Gasthofe Quartier und wollten

Feuilleton. (Nachdruck «ndotrn.»

Die Emigranten

von L. Xvari.

(Fortsetzung.)

Mich wenigstens hat er wunderbar behütet", entgegnete Amandus,denn als die alte Mühle zusammenstürzte, mich scheinbar unter ihren Trümmern begrabend, bildeten einige Balken einen hohlen Raum, aus dem mich der Hirschwirt mit seinen Genossen hervorzogen."

Und was ist aus der Jungstau und ihrem Vater geworden?" fragte Meister Schickhard.

Jörge Honauer, der das arme Mädchen Tags zuvor so schmachvoll behandelt, ließ den ohnmächtigen Oelmüller, trotz Evas Einsprache, in sein Haus tragen. Er verfiel in schwere Krankheit und seine Tochter war an sein Lager gefesselt. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen.

Und nun?" fragte Meister Schickhard ernst mit dem Haupte nickend."

In einigen Tagen", erwiderte nach einer Pause Amandus,werden Vater und Tochter das neue Heim beziehen und ich, Meister, kehre mit Euch nach Stuttgart zurück, nachdem ich Eva Lebewohl gesagt, denn was könnte ich dem Mädchen jetzt bieten? Habe ich mir dereinst eine Stellung errungen und denkt dann Eva noch liebend mein, dann"-

Dann?" vollendete Meister Schickhard,dann seid ihr beide vielleicht alt und eure Liebe ist erkaltet."

Meint Ihr, Meister? lächelte der Jüngling ungläubig.Wir wollen es Gott überlassen."

Möchte Dein Vertrauen nicht zu Schanden werden, mein wackerer, junger Freund!"-

6. Kapitel.

Wo Gott zum Haus nicht giebt sein' Gunst, so arbeitet der Mann umsonst." Diese über dem Eingänge der Oelmühle in den Stein eingehauenen Worte las der Müller mit vor Rührung bebender Stimme seiner Tochter vor, ehe sie die Schwelle betraten.Ja, möge Gott uns gnädig sein im neuen Heim und seinen Segen ver­leihen", fügte er hinzu.

In diesem Augenblick erschien Amandus unter der Thüre und hieß die Beiden willkommen. Mit glückstrahlendem Lächeln führte er sie durch die verschiedenen Räume des neuen Hauses, zeigte mit Genugthuung dem Müller das verbesserte Werk der Oelmühle, sowie all die freundlichen Gelasse, die sie nun bewohnen sollten. Zuletzt öffnete er die Thüre eines kleinen, einfensttigen Gemaches.Das ist Dein Kämmer­lein, Eva", sprach er,hier wirst Du sicher rasten und keiner Feuersgefahr mehr ausgesetzt sein."

Der goldene Strahl der Abendsonne beleuchtete die holzgetäfelten Wände des kleinen Raumes. Lieblicher Nelkenduft erfüllte die Luft und die feurig roten Blüten vor'dem Fenster nickten, als wollten sie der Jungstau Willkommen bieten im neuen, lauschigen Heim.