Amts- und Intelligenz-Blatt pir den Oberarnts-Bezirk Nagold.

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tlagol-, Samstag Len 6. Februar

1897 .

Gestorben: Hartmund Güntner, Oberamtmann a. D., früher in Nagold und Urach, Ritter, I. Kl. des Friedrichs­ordens, 69 I., Gmünd.

Tages-Meuigkeilen.

Deutsches Reich.

N Nagold, 5. Febr. Wie aus den Kreisen der zu den Kommissionsberatungen in Stuttgart versammelten Abgeordneten verlautet, liegt der Stand der Kommissionsarbeiten z. Zt. so, daß vor Ende Februar an eine Einberufung des Landtags nicht gedacht werden kann. Ende Dezember waren bekannt­lich die Vertrauensmänner der Zentrumspartei Würt­tembergs in Ulm versammelt und haben daselbst auch zu der Schulfrage in Württemberg in mehreren Resolutionen Stellung genommen. Letztere fordern in der Hauptsache die Beibehaltung der geistlichen Lokal- und Bezirksschulaufficht, finanzielle Besser­stellung der Lehrer, Trennung des Mesnerdienstes vom Schuldienst, jedoch mit der Maßgabe, daß jeder einzelne Lehrer den Mesnerdienst freiwillig über­nehmen kann. Der Organistendienst soll mit den betr. Schuldiensten verbunden bleiben, aber extra bezahlt werden. Endlich besagen jene Resolutionen, daß zeitgemäße Reformen der Schule, welche nicht bloß unterrichten, sondern auch erziehen soll, nicht bekämpft werden, wohl aber eine Ueberlastung der Schule mit unnötigem Ballast. Man wird auch auf evangelischer Seite gegen diese Resolutionen wenig einwenden können, muß jedoch im Auge behalten, aus welchen Ursachen heraus eine Schulfrage in Württemberg entstanden ist. Es war die schlechte, ja zum Teil sogar unwürdige Behandlung, welche da und dort der Lehrer von seinem Ortsgeistlichen und Lokalschulaufseher zu erfahren hatte, welche den radikalen Gedanken wachrief, die OrtSschulaufficht deS Geistlichen ganz abzuschaffen und so den Lehrer von dem Geistlichen unabhängig zu machen. Neben­her ging die Klage der Lehrer über ungenügende Gehaltsverhültniffe im allgemeinen, über verweigerte oder sehr geri-gfügige Bezahlung für Leistungen der Lehrer als Organisten und Chorregenten und viel­fach der Verdacht, daß der betr. Ortsgeistliche den Wünschen des Lehrers entgegenwirke. Nun muß freilich konstatiert werden, daß dieser Verdacht nicht immer begründet war und ebenso ist es eine bekannte Thatsache, daß die große Mehrzahl, sowohl der evangelischen, als der katholischen Geistlichen, den Lehrern sehr wohl geneigt ist; andererseits kann freilich ein einziger gegenüber den Lehrern unfreund­licher Geistlicher mehr Schaden anrichten, als 100 wohlwollende Geistliche wieder gut machen können. Wenn es der Zentrumsfraktion gelingt, in der Kammer der Abgeordneten die materielle und vor allem die soziale Besserstellung der Lehrer durchzu­setzen, so wird auch die Schulfrage in Württemberg bald von der Tagesordnung verschwinden. Die über­große Mehrheit der württbg. Lehrer in beiden Kon­fessionen ist weit davon entfernt, die Kinder des Volks für den politischen Radikalismus erziehen und das Christentum aus der Schule verdrängen zu wollen. (Letzteres würde auch bei der geforderten Fachaufficht in der Schule bleiben. Die Red.)

Nagold, ö. Febr. Die Mitglieder der gewerb­lichen Berufsgenoffenschaften (Arbeiterunfall-Versiche­rung) haben in Gemäßheit deS Z 71 des Unfall- versicherungSgesetzes vom 6. Juli 1884 den Vorständen ihrer Genossenschaften binnen 6 Wochen nach Ab­lauf des Rechnungsjahres (11. Februar 1897) zum Zwecke der Verteilung der Gesamtumlage eine Nach­

weisung über die im verflossenen Jahre beschäftigten versicherungspflichtigen Personen und die von den­selben verdienten Löhne und Gehälter einzureichen. Für Mitglieder, welche mit der Einsendung einer solchen Nachweisung im Rückstände bleiben, erfolgt die Feststellung der Löhne durch die zuständigen Organe der Genossenschaft. Außerdem können der­artige säumige Mitglieder gemäß tz 104 des obigen Gesetzes mit einer Ordnungsstrafe bis zu 300 ^ belegt werden. Es sei deshalb hiedurch an die Ein­reichung der betreffenden Lohnnachweisungen erinnert und auf die Folgen der etwaigen Versäumnis hin­gewiesen.

(*) Wildberg, 5. Febr. Infolge des starken Schneefalls in voriger Woche hatten wir hier über einen halben Meter tiefen Schnee, der durch den am Dienstag eingetretenen Regen schnell schmolz. Die Nagold stieg daher rasch und überflutete bald das Thal; auch mußten die Ställe der untern Stadt geräumt werden. Das Wasser ist aber seit gestern wieder zurückgegangen ohne größeren Schaden an­gerichtet zu haben.

Calw, 3. Febr. Der hiesige Kirchengesang­verein gab gestern Abend unter Leitung von Herrn Buchhändler Gundert im Dreiß'schen Saale seinen Mitgliedern ein Freikonzert, das sich eines sehr zahl reichen Besuches erfreute. Das reichhaltige Programm brachte in schöner Abwechslung gemischte Chöre, so­wie Sologesangs- Violin- und Waldhornvorträgen mit Klavierbegleitung, die in gelungener Weise wieder­gegeben wurden und lebhaften Beifall ernteten. Die gesungenen Chöre waren der vortrefflichen Samm­lung von 100 Liedern für gemischten Chor entnommen, die im Jahr 1883 in erster Auflage von Stadtpfarrer Abel in Gmünd für die Zwecke der Kirchengesang­verein über manche tüchtige Kräfte, die sich gerne in den Dienst des Vereins stellen, verfügt. Nach Ab­solvierung des Programms wurden noch einige Lieder von Schubert (geb. 31. Jan. 1797) zum Gedächtnis seines 100jährigen Geburtstages zu Gehör gebracht.

Reutlingen, 3. Febr. Behufs Konstatierung einer Ortsgruppe Reutlingen des Württ. Hand­werker-Landesverbandes fand gestern Abend eine Versammlung der hiesigen Mitglieder statt. Nach Eröffnung derselben stattete zunächst Herr Bobrezyk einen kurzen Bericht über die bisherige Thätigkeit des Verbands ab. Nach demselben bestehen bereits Orts­gruppen in Stuttgart, Eßlingen, Nagold, Biberach, Haiterbach, Ludwigsburg, Altensteig, Schorndorf und Reutlingen; in der Konstituierung begriffen sind solche in Nürtingen, Calw, Cannstatt, Leonberg, Herren­berg, Backnang, Pfullingen und Stetten im Rems­thal; außerdem sind in fast allen Städten Württembergs Mitglieder vorhanden, die demnächst die Gründung von Ortsgruppen in die Hand nehmen werden. Seit dem Bestehen des Verbands, seit dem Sommer vor. Js. hat derselbe beretts manche guten Erfolge zu verzeichnen, namentlich ist es ihm zu verdanken, daß Württemberg in Verbindung mit Baden so entschie­den Stellung gegen die Zwangsorganisation des Handwerks genommen hat. Ferner ist es sein Werk, daß die Submissionsfrage endlich in Fluß ge­kommen und in einigen Städten auch in dieser Rich­tung schon manches erreicht worden ist. In der Ausschußsitzung des Verbands ist nun der Beschluß gefaßt worden, sich nicht, wie bisher, nur auf Be­ratungen zu beschränken, sondern jetzt auch daran zu denken, für den Handwerksmeister selbst zu sorgen und zu diesem Zweck zunächst das Versicherungs­wesen selbst in die Hand zu nehmen und zu be­

gründen und die Ortsgruppe Reutlingen mit dem Entwurf der Statuten beauftragt. Bei der dann erfolgenden Wahl des Vorstands wurden die Herren Malermeister Fischle, Zimmermeister Albrecht und Flaschnermeister Wagner in denselben gewählt. Herr Bobrezyk macht dann noch einige allgemeine inte­ressierende Mitteilungen, u. a. daß bei den Propor­tionalwahlen der Württ. Handwerker-Landes-Verband voraussichtlich mit zwei eigenen Kandidaten, den Herren Malermeister Ruß-Stuttgart und Schreiner­meister Bauer-Eßlingen, auftreten werde.

Stuttgart, 5. Febr. Wie man erfährt, soll der Finanzetat für die Jahre 1897 99 noch durch einen Nachtragsetat nicht erheblich erweitert werden. In einer Reihe von Städten sind die Postein­richtungen so ungenügend und unzweckmäßig, daß schon lange lebhafte Klagen sowohl vom Publikum als aus der Mitte der Postangestellten selbst laut ge­worden sind. Im neuen Etat sind nun, vorerst ver­mutlich nur als Abschlagszahlung, größere Summen, im Ganzen fast 500000 für Errichtung oder Er­werbung neuer Postgebäude ausgeworfen. Vorgesehen sind Neueinrichtungen für Balingen, Crailsheim. Ehingen a. D., Geislingen, Hall und Oberndorf. Dagegen ist fürNagold, wounhaltbare Postgebäude-Verhältnisse herrschen, leider nichts vorgesehen. Bedauerlich ist, daß Stuttgart, dessen Hauptpost dringend der Er­weiterung bedarf, leer ausgeht. Bekanntlich ist vom letzten Landtag eine Forderung für Neubauten ab­gelehnt worden, da die beteiligten Häuserbesttzer exorbitante Preise gestellt hatten. Vielleicht werden sie nun doch etwas Einsehen bekommen, da in der Zwischenzeit neue Pläne aufgetaucht sind, welche einen Erwerb dieser Häuser unnötig machen würden, aber doch im Ganzen den Wünschen Stuttgarts nicht voll entsprechen. Die Einnahmen des Telephon­betriebs steigen alljährlich rasch in die Höhe. Statt der bisherigen Einnahmen von 670000 ^ sind für 1897/98 750000 für 1898/99 825 000 ^ vorgesehen. Auch die Telephonverwaltung weist eine Mehreinnahme von 770000 bzw. 1240000 ^ auf. Allerdings sind auch die Ausgaben für Herstellung und Unterhaltung telegraphen- und telephontechnischer Einrichtungen um mehr als 150 000 ^ in die Höhe gegangen. Interessant ist, daß der amtliche Staats- Anzeiger, dessen Einnahmen und Ausgaben zum ersten Mal Heuer auf Wunsch des Landtags in den Finanz­etat ausgenommen sind, bei einer jährlichen Ausgabe von 142 000 nur einen Ertrag von 500 ^ ab­wirft. Trotz der hohen Abgaben ist die Zahl der Hunde in Württemberg wieder erheblich gestiegen. Im Jahr 1891 betrug das steuerpflichtige Hunde­geschlecht 43133 Exemplare; 1896 erfreute es sich dagegen der Maximalzahl von 56 444. Der Staat profitiert an ihm eine jährliche Einnahme von 452 000 noch besser stellen sich die Gemeinden, die zu dem staatlichen Steuersatz von 8 ^ noch weitere 12 ^ erheben können.

Ulm, 2. Febr. Die Vöhringer Kunstmühle zum Wieland'schen Langemühlekonkurs gehörig wurde von G. Kimmelmann, Ulmer Rollgerstenfabrik, um 52,600 ^ käuflich erworben.

Ravensburg, 1. Febr. Gestern war eine Kommission von Hall hier, an der Spitze der Stadt­schultheiß, um die neue Heizeinrichtung an der hieß evang. Stadtpfarrkirche zu besichtigen. Man will in Hall die dortigen Kirchen, vor allem die Katharinen, kirche, heizbar machen und es scheint das hiesige Heizsystem, welches sich bewährt hat, auch in Hall Anwendung finden zu sollen.