Lansdowne, hielt gestern Abend eine Rede, in welcher er sich gegen ein gesondertes Vorgehen zum Zwecke der Entthronung des Sultans aussprach. Wenn England eine solche abenteuerliche Politik ver­folge, würde der Kriegsetat um Millionen überschrit­ten und die Frage der Einrichtung eines Zwangs­militärdienstes erwogen werden müssen. Die Re­gierung verlasse sich auf das europäische Konzert, welches sicher eine Lösung finden werde. In Be­treff der Nil-Expedition sagte der Staatssekretär, es würde ein großer Fehler sein, zurzeit weiter vor­zugehen, auf die Gefahr hin, die erlangten Erfolge einzubüßen.

Silma, 29. Okt. Die Gefar einer Hungers­not nimmt einen bedrohlichen Charakter an. Es ist unwahrscheinlich, daß jetzt ein Regenfall eintreten könne. Die Aussichten in den nordwestlichen und mittleren Provinzen und im Pandschab sind sehr ernst, der Kornmangel ist bis Behar und Bombay fühlbar, die Preise sind bedeutend gestiegen. Eine starke Getreideeinfuhr wird erwartet. Die Arbeiten zur Linderung der Not haben begonnen. _

Klrirrrrr Mitteilungen.

Reutlingen, 28. Okt. In dem benachbarten Betzingen brach letzte Nacht im Hause des Bauern I. G. Walz in der Musmehlgasse Feuer aus, welches dasselbe vollstän­dig zerstörte. Ter Eigentümer ist nur teilweise versichert. Beim Abräumen des Brandplatzes wurde heute nachmittag aus dem Schutt die bis zur Unkenntlichkeit verkohlteLeiche eines Mannes mit einem Strick um den Hals ausgegra­ben. Ueber die Persönlichkeit des Toten konnte, da weder ein Bewohner des verbrannten Hauses noch sonst jemand von Betzingen vermißt wird, bis jetzt nichts näheres er­mittelt werden. Es scheint, daß derselbe das Feuer im Scheuernraum des Hauses angezündet und sich dann dort erhängt hat.

Allmendingen, OA. Ehingen, 27. Okt. Gestern Nach­mittag ertrank der ca. 58jährige Maurer Franz Josef Menz von Schmiechrn in dem zwischen den Gemeinden All­mendingen und Schmiechen gelegenen See; derselbe wollte Seegras gewinnen und kam ungeschickter Weise in eine bo­denlose Stelle, in welcher er versank. Seine Frau fand nur noch seine Leiche und alle Rettungsversuche waren ver­gebens. Die so schwer betroffene Familie wird allgemein bedauert.

Stuttgart, 27. Okt. In der Villa des Fürsten von Hohenlohe-Langen bürg, Göthestraße 13, wurde heute nacht in der Wohnung der Freifrau Bock v. Wülfingen durch Eindrücken eines Fensters eingrbrochen. Die Diebe erbrachen fast sämtliche Schränke im Speisezimmer, hatten es aber, wie es scheint, nur auf Geld abgesehen, da sie das Silber­zeug unberührt ließen. Geld haben sie nicht gefunden. Auch in der oberen Kronenstraße wurde heute nacht eingebrochrn.

Eßlingen, 29. Okt. (Ein teurer Hase.) Eine Jagd­gesellschaft von 12 Personen hielt in voriger Woche auf dem Schurwald ein Treibjagen ab, wozu 16 Treiber engagiert wurden. Der Wildstand daselbst scheint aber derzeit kein großer zu sein, denn das ganze Resultat der Jagd war ein einziger Hase.

München, 26. Okt. In einem sehr kleinen, außer 50 Angeklagten nur wenige Dutzend Zuhörer fassenden Sitzungssaale des Landgerichts München begann heute morgen der erste Habererprozeß. Die unter starkem Aufgebot von Gendarmerie vorgesührten Angeklagten, meistens Leute in mittleren Jahren, haben außer der Mund­art wenig Gebirglerisches, sie gleichen in Gesichtsschnitt und Kleidung eher den Städtern niederer Stände. Fast alle sind vorbestraft, durch die Untersuchungshaft mürbe und geständig. Die Anklageschrift enthält Proben unflä­

tigster Dialektverse. Vor dem Eintritt in die Verhandlung chararierlpert ver Vorsitzende das Hadern als ein Her­kommen, das heutigen Tages große Gefahren bringe und zu äußerster Roheit ausgeartet sei. Während 10 bis 11 weitere Untersuchungen anhängig seien, handle es sich dies­mal um das Treiben bei Sauerlach vom 27. Oktober 1895. Verschiedene Verteidiger sind uneinig über die Zuständig­keit des Gerichts. Der moralische Anstifter des in Frage kommenden Treibens war der 42jährige Bürgermeister des Dorfes Sauerlach; er opferte dafür 50^, weil Bier und Cigarren die Beteiligung befördern. Die Vernehmung der Angeklagten läßt ein Bild einer eigentlichen Haberer-Or- ganisation nicht erkennen. Für jedes Treiben wurden Ver­trauensleute ins Geheimnis gezogen. Durch einen Schwur, der den Verrätern den Tod androhte, wurde Geheimnis gelobt. Während der Verlesung der schamlosen Knittel­verse wurde, abgesehen von der Presse, die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. Die Feststellung, ob die Dichter dieser Schmutzpoeste die gegen die verschiedensten Personen gerich­tete Beschuldigung sexueller Exzesse wirklich geglaubt haben, stieß auf Schwierigkeiten.

Aachen, 29. Okt. Auf der Jagd erschossen wurde vorgestern bei Uebenbreth im Kreise Schleiden gelegentlich einer Treibjagd ein Jäger von einem anderen Jagdlieb­haber. Der 29jährige unverheiratete Lohnspinnereibesitzer Blankenborn auS Aachen wurde durch einen Kugelschuß, den ein Kölner Bierbrauereibesitzer abgegeben hatte, auf der Stelle getötet. Wie demPolitischen Tageblatt" aus Hellenthal gemeldet wird, hatte Blankenhorn sich vor Be­ginn des Treibens auf seinen Jagdstock niedergelassen und wurde in dieser Stellung von dem Brauereibesitzer für ein Reh gehalten. Die ebenfalls auf dem Wege zum Sammel­platz befindlichen Begleiter bestärkten ihn in dieser Meinung und veranlaßten rhn, der allein eine Kugelbüchse führte, zu dem Schuß. Ein kurzer Aufschrei erfolgte, und ein blühendes Menschenleben war vernichtet. Die Kugel war im Rücken eingedrungen und batte das Herz durchbohrt. Der unglückliche Schütze, der sich beim Anblick ber Leiche wie wahnsinnig gebärdete, stellte sich sofort dem Amtsge­richt in Blankenheim. Die Jagd wurde sofert abgebrochen.

Berlin, 30. Okt. Der Verein der Schwarzen, der sich dieser Tage in Berlin gebildet haben soll, wird gut daran thun, sein Augenmerk darauf zu richten, daß unsere hier weilenden schwarzen Landsleute der verschiedenen Stämme etwas in Schach gehalten werden. Es wird leb­haft darüber geklagt, daß viele Schwarze sich nicht so be­nehmen, wie man es verlangen muß. Infolge der Ver­hätschelung, die der Bevölkerung der Kolonialausstellung und auch den Bewohnern vonKairo" im Laufe des Som­mers von allen Seiten, namentlich aber von der Damen­welt zu Teil geworden ist, (Vergl. Bilder von Berlin rc., 2. Fortsetzg. Red. d. Ges.) scheint den schwarzen und braunen Herrschaften der Kamm mächtig geschwollen zu sein, und oft genug gaben sie zu unliebsamen Auftritten Anlaß. Am Sonnabend Abend erregten vier Schwarze auf dem Moritzplatze dadurch Aufsehen, daß sie vollstän­dig betrunken waren. Ein Teil des Publikums machte sich über sie lustig; ernstere Leute aber nahmen Anstoß an ihrem Treiben und hielten auch mit Vorwürfen gegen ihren weißen Begleiter nicht zurück. Die Folge war «in Streit mit höchst widerlichen Auftritten. Ein junger Bursche, in dem später der neunzehnjährige Arbeiter Schneider fest­gestellt wurde, griff sogar zum Messer. Bevor er stechen konnte, fielen die betrunkenen Schwarzen und ein Teck des Publikums, das rasch zusammengelaufen war, über ihn her. Hier wollte ein Schutzmann durch die Festnahme Schneider'? dem Skandal ein Ende machen, der Bursche aber riß sich los, warf den Beamten bei Seite und lief davon. Am Luisenufer fiel er hin, wurde nun eingrholt und von der Menge so lange geschlagen, bis die Wache des 42. Polizeireviers einschritt und den Verletzten befreite, um ihn ins Krankenhaus am Urban zu bringen. Schwarze spielten auch eine Rolle in einem Auflaufe um Mitternacht von Sonntag zu Montag vor einem Schanklokale mit orientalischem Namen in der oberen Friedrichstraße. Was

sich vorher zugetragen hatte, ließ sich nicht aufklären. Es handelte sich aber um einen Streit in der Schankwirt) chast, der sich auf die Straße fortpflanzte und der ebenfalls die Schutzmannschaft zum Einschreiten veranlaßte. Bürger, die wenigstens zum Teil den Dingen gefolgr waren, be­klagten sich namentlich darüber, daß man es den Schwar­zen erlaube, Dolch« zu tragen und damit in der Menschen­menge wie die Wilden brrumzufuchteln.

Paris, 28. Okt. In Lyon ist em Soldat vom 159. Linienregiment, Namens Surrel, zum Tode verurteilt worden, weil er mit Vorbeoacht einen Vorgesetzten ange­griffen und verwundet halte. Surrel hatte sich im Som­mer längere Zeit geweigerl, Dienst zu thun, weil er einen kranken Arm habe. Zweimal hatte er sich krank gemeldet, ohne daß seine angebliche Krankheit anerkannt wurde. Da andere Strafen auf ilm keinen Eindruck machten, wurde seine Versetzung in die Strafkompagnie beschlossen. Als am 17. Sept. der Hauptmann Granvaux von seiner Kom­pagnie in die Gefängniszelle trat, um ihm die Strafver­setzung anzukünoigen, Iiurzic sich Surrel auf ihn und brachte ihm mit einem Messer zwei Wunden bei, die übrigens un­bedeutend waren. Das Kriegsgericht des 14. Armeekorps hat daraufhin jetzt d i> aufsässigen Soldaten zum Tode verurteilt.

Chicago, 27. Okl. Zwei Getreidespeicher der Paci- fic-Speichergesellschafi, enthaltend 1 100000 Bashels Weizen, sind niedergebrannt. Der Schaden wird auf 105000V- Dollars (etwa 4 Millionen Mark) geschätzt.

Landwirtschaft, Handel L Berkehr.

t. Ebhausen, 29. Okt. Auf dem gestrigen hiesigem Markt waren zugetrirben: 5 Paar Stiere, 50 Kühe und Kalbeln, 30 Stück Jungvieh, 1 Paar Ziegen. Schweine waren zu Markt gebracht: 20 Körbe Milchschweine und 15- Paar Läufer. Der Handel ging bei den seitherigen Preisen nicht besonders lebhaft, da Käufer fehlten. Kühe und Kalbeln galten 200300 '/z bis 1jährige Rinder 80160 ^

, Nach dem Urteil des anwesenden Oberamtstierarztcs waren unter den zu Markt gebrachten Kalbeln sehr schöne Exemplare; diese fanden auch zu annehmbaren Preisen raschen Absatz. Ueberhaupt konnte unter dem zugetriebenen Jungvieh, wel­ches von hiesigen Züchtern aufgestellt war, ein guter Fort­schritt in den Formen der bekannten Simmenthaler Rasse nicht verkannt werden. Schade war es daher, daß nicht mehr Käufer für diese schönen, zur Nachzucht sich sehr eig­nenden Tiere am Platze waren. Die zum Verkauf ange­botenen Schweine fanden sämtlich ihre Abnehmer, Milch­schweine per Paar zu 816 Läufer per Paar 2550 Der Flachsmarkt, der in früheren Jahren hier immer ein gutbesuchter war, gestaltete sich gestern weniger lebhaft,, was seinen Grund in der Abnahme des Flachsbaues im Bezirk überhaupt hat. Für das Pfund Flachs wurden 75 -fl bis 1 ^ bezahlt.

Beutelsbach i. R., 23. Okt. Bei steigenden Preisen bis zu 80 ..M p. 3 Hl. alles rasch verkauft.

Strümpfelbach i. R., 28. Okt. Lese wird den 30^ Okt. beendigt. Verkauf sehr lebhaft zu 6375 pr. 3 Hl., bei starker Nachfrage.

Eßlingen, 28. Okt. Lese dauert fort. Gesellschafts­kelter: Vorrat 300 Hl. Verkauf gut zu 95110 ^ p. 8 Hl. Seeracher Ges.-Kelter: Vorrat 550 Hl. Käufe zu 7580 pr. 3 Hl. Verkaufordentl. St. Bernhardt: Vorrat200 Hl. Käufe zu 7075 p. 3 Hl. Liebersbronn: Verkauf gut zu 7075 p. 3 Hl. Mettingen: Vorrat 40 Hl. Käufe zu 90102 p. 3 Hl. Verkauf rasch. Rüdern: Vorrat 700 Hl. Käufe zu 7085 p. 3 Hl. Verkauf gut. Sulzgries: Vorrat 600 Hl. Käufe zu 7380 ^ p. 3 Hl. Verkauf gut. Wäldenbronn: Vorrat 150 Hl. Käufe zu 70, 75 bis 80 ^ p. 3 Hl. Verkauf lebhaft. Käufer sind eingeladen.

Hiezu das Unterhaltungsblatt Nro. 44.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.

Amtliche und Privat-vekamNumchungell

Konkursverfahren.

Ueber das Vermögen des Fritz Reichert, Klostermüllers in Wildberg wird heute am 29. Oktober 1896, vormittags 9'/e Uhr das Konkursverfahren eröffnet.

Der Gerichtsnotar Herrgott in Nagold wird zum Konkursverwalter und für den Verhinderungsfall desselben sein Assistent Schütz zum Stellver­treter ernannt.

Konkursforderungen sind bis zum 15. Dezbr. 1896 bei dem Gerichte anzumelden.

ES wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubiger- ausschusses und eintretenden Falls über die in ß 120 der Konkursordnung bezeichnten Gegenstände auf Samstag den 28. November 1896, vormittags 11 Uhr und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf Dienstag den 29. Dezember 1896, vormittags 9 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt.

Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auf erlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Kon­kursverwalter bis zum 21. November 1896 Anzeige zu machen.

Nagold, den 29. Okt. 1896.

K. Amtsgericht:

Amtsrichter Lehnemann.

Veröffentlicht durch Gerichtsschreiber Brehm.

Oberamtsstadt Nagold.

Aufruf und Benachrichtigung an Erbschaftsgläubiger.

Der Nachlaß des

Christian Kroß, gewesenen Polizeisoldaten hier, ist überschuldet. Die Erbberechtigten haben die Erbschaft teils ausgeschlagen,, teils mit der Rechtswohlthat des Inventars angetreten, weshalb die Erbschasts- gläubiger und insbesondere auch diejenigen Gläubiger, deren Forderungen bei dem im Jahre 1881 gegen den Verstorbenen durchgeführten Konkursverfahren ganz oder teilweise durchgefallen sind, hiemit aufgefordert werden, ihre An­sprüche, insoweit dies noch nicht geschehen ist,

binnen 2 Wochen

bei der Unterzeichneten Behörde anzumelden und zu erweisen, widrigenfalls die» jenigen, welche die Anmeldung versäumen, bei der in dem Auseinandersetzungs­verfahren sich vollziehenden Befriedigung der bekannten Gläubiger nicht berück­sichtigt werden und ihnen nach Durchführung des Verfahrens nur das gesetz­liche Absonderungsrecht nach Art. 40 des Pfandgesetzes Vorbehalten bleiben, würde.

Den 29. Oktober 1896. K. Gerichts-Notariat:

Ass. Schütz.

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