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Amts- und Intelligenz-Vlstt flir den Obrramts-Bezirk Nsgold.
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1896.
Amtliches.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Einrichtung nnd Eröffnung
der Molkereischule in Gerabronn, sowie die Anstellung und Verwendung des Molkereiinstruktors.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern ist zwischen der Zentralstelle für die Landwirtschaft und der Molkereigenossenschaft Gerabronn eine Vereinbarung getroffen worden, derzufolge sich die letztere verpflichtet hat, ihr Personal und ihre Einrichtungen für eine Molker ei sch ule zur Verfügung zu stellen, an welcher den Landwirten und sonstigen Molkereibeflissenen des Landes Gelegenheit gegeben werden soll, in Unterrichtskursen von verschiedener Dauer sich mit dem Betrieb einer rationell geführten Molkerei bekannt zu machen und sich die für einen solchen erforderliche praktische und theoretische Ausbildung anzueignen.
Weiter wird sodann der als Leiter der Molkerei zu Gerabronn und der mit derselben verbundenen Molkereischule angestellte Fachmann den württem- bergischen Molkereiinteressenten als Instruktor dienen und solche, erforderlichenfalls nach vorheriger Besichtigung der betreffenden Anlagen, in allen auf ihren Betrieb sich beziehenden Fragen beraten.
Zunächst soll nun ein vierwöchentlicher Molkereilehrkurs in Gerabronn abgehalten werden, welcher am Montag den 17. Februar 1896 seinen Anfang nimmt.
Der Unterricht in diesem Kurs ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmer an demselben verpflichtet, die vorkommenden Arbeiten nach Anweisung des Leiters des Kurses zu verrichten, auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmaterialien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag in Aussicht gestellt werden.
Bedingungen der Zulassung sind: Zurückgelegtes sechzehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse und guter Leumund. Vorkenntnisse im Molkereiwesen begründen eine vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme.
Gesuche um Zulassung zu diesem Unterrichtskurs sind bis längstens 1. Februar d. Js. an das „Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden. Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:
1) ein Geburtsschein;
2) ein Schulzeugnis sowie etwaige Zeugnisse über Vorkenntnisse im Molkereiwesen;
3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilligungserklärung des Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;
4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für den Bewerber übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzukommen;
L) wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zutreffendenfalls immer gleichzeitig mit Vorlage des Aufnahmegesuchs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis
über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Bezirksverein, eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürwortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gestellt haben.
Was dann ferner noch die Inanspruchnahme des Molkereiinstruktors anbelangt, so können Anfragen und dergl., welche keine Untersuchung der Verhältnisse an Ort und Stelle bedingen, unmittelbar an denselben nach Gerabronn gerichtet werden, dagegen sind Gesuche um Abordnung desselben, ins- ! besondere dann, wenn um teilweise oder vollständige ! Uebernahme der Kosten auf die Kasse der Zentral- !stelle gebeten werden will, stets durch Vermittelung der landwirtschaf tlichen Bezirksvereine an die Zentralstelle zu bringen.
Stuttgart, den 10. Januar 1896.
v. Ow.
Kekanniurachuirg.
Mit Rücksicht auf die weitere Verbreitung der Maul- und Klauenseuche bleiben die über die Gemeinden Nagold und Cnnningen verhängten Sperrmaßregeln bis auf Weiteres in Geltung. Nagold, den 24. Januar 1896.
K. Oberamt. Vogt.
Gestorben: G.Hölderlin.Hirschwirt, Deckenpfronn.
Deutscher Reichstag.
evo. In der Montagssitzung erbat und erhielt der Präsident die Ermächtigung, dem Kaiser die Glückwünsche ' ves Hauses darzubringen. Dann wird mit der Beratung des Postetats begonnen. Staatssekretär v. Stephan giebt einen Ueberblick über die Entwicklung der Reichspost seit 1870. Damals waren es 4520 Post- und 1078 Telegraphenanstalten. Heute sind es 28 263 bezw. 17 800 Anstalten. Das Reich hat über 28 000 Landbriefträger, die täglich einen Kreislauf von 560 000 Km. machen. Ebenso giebt ! Redner eine Uebersicht über die anderen postalischen Zweige ^ und über die Wohlfahrtseinrichtungen der Post. Gestern j war ein Postverwalter bei mir, der 235 Psd., dessen Frau '180 Psd. wog, und der mich bat. ihn als „Hungerleider" der Post dem Reichstage vorzustellen. Abg. Singer (Soz.) bemängelt, daß die Post aus sozialpolitischem Gebiet zu wenig gethan; sie arbeite nur nach höheren Ueberschüssen ' und vernachlässige dabei wirkliche Reformen. Redner klagt , über die Beschränkung des Urlaubs der Unterbeamten, über die Maßregelung von Mitgliedern des Assistentenverbandes u. s. w. Auch Abg. Schädler (Clr.) meint, die Postverwaltung zeige den Reichstagswünschen gegenüber zu wenig Entgegenkommen. Der Sonntagsdienst sei mehr einzuschränken. Redner befürwortet eine Resolution der Kommission. wonach Sonntags nur Eilpakete angenommen und bestellt werden sollen. Auch der Schalterdienst kann noch mehr verkürzt werden. Er kündigt Anträge an für Zu- - lassung der Assistenten zur Sekretärprüfung und betr. Reform 'des Zeitungstarifs. Abgg. Lingens (Ctr.) und Werner (Antis.) sind ebenfalls für Einschränkung des Sonntagsdienstes. Abg. v. Stumm (frk.) und Staatssekretär Graf Posadowsky weisen auf die Kosten aller dieser Wünsche hin. dir im Jahre etwa 15 Mill. betragen. Dafür fehle der Ersatz. Ein neuer Zeitungstarif ist ziemlich fertig gestellt. Dann vertagte sich das Haus bis Dienstag, wo die Beratung fortgesetzt wurde.
Hages-Meuigkeiten.
Deutsches Reich.
* Nagold, 22. Jan. Der auf gestern Abend angesagte Vortrag des Herrn Missionspredigers Laub aus Straßburg war sehr zahlreich besucht. Nach dem gemeinsamen Gesang eines Liedes ergriff der Herr Pastor das Wort, um anknüpfend an Jesaia 21,11.12 den christlichen Missionsfreunden zu zeigen.
§ daß die Juden in der Finsternis und in derMacht geblieben sind, wenn sie auch nach ihrer Vertreibung aus dem heiligen Lande, und darauffolgender Knechtschaft, Verspottung und Verfolgung einer Morgen- - röte scheinbar entgegengegangen waren, indem sie im Anfang unseres Jahrhunderts politische Gleichberechtigung mit den Christen erhalten hatten. — Die Juden sind infolge ihres Hüstens und Jagens nach dem Mammon, und ihrer Gewandtheit eine Macht geworden, mit der Völker, ja selbst Könige rechnen müssen. Aber sie sind in der „Nacht" geblieben, und ihre Seelen dürsten nach Wahrheit und Licht. Ihnen beides zu bringen ist die so schwere Aufgabe des Missionars. Und wenn nun die christl. Missionsfreunde fragen nach Jesaia 21,11 „Hüter, ist die Nacht schier hin?" so kann Redner nach seinen mannigfachen Erfahrungen in fernen Ländern und jetzt bei uns in Elsaß-Lothr., Baden, Württemberg und der Schweiz, sagen, daß es mit Gottes gnädigem Beistand besser bei den Juden geworden ist. Redner giebt nun einige interessante Beispiele von seinen Begegnungen im vorigen Jahre mit Juden in ihren Familien und in der Synagoge, woraus zu schließen - ist, daß der Jude, wenn richtig behandelt, nicht mehr so starr an der Ueberlieserung, an seiner „Kabala" rc. (jüdische Geheimlehre) festhält, sondern sich mit ihm auch von der Wahrheit des „N. Testaments" sprechen läßt. Und so bittet der Redner zum Schluß noch die Missionsfreunde seines Wirkens im Gebet zu gedenken, sowie die Missionssache auch materiell zu unterstützen, damit ein zweiter Missionar für Elsaß-Lothr., Baden und Württemberg angestellt werden könne. Der Vortrag war sehr lehrreich und hinterließ bei den Zuhörern große Befriedigung darüber, daß es dem Herrn Pastor Laub im ersten Jahre seines Wirkens auf deutschem Gebiet gelungen ist, von Erfolgen berichten zu könnem
Nagold, 23. Jan. Wie in einem großen Teil des Schwarzwalds, so wurde auch hier am 22. Jan. nach Mitternacht eine Erderschütterung beobachtet. Es ist von großer Wichtigkeit, wie schon bei Gelegenheit des Meteors am 21. Nov. v. I. hervorgehoben wurde, daß derartige zuverläßige Beobachtungen möglichst genau gemacht werden, und daß z. B. bei einem Erdbeben jeder, der etwas von solchen bei uns zum Glück immer ganz leichten Erschütterungen verspürt, sich sofort genau die Zeit (wenn möglich bis auf die Sekunde) die Dauer, Art, Richtung und Wirkung der Bewegung aufschreibt. Etwaige derartige Mitteilungen nimmt mit Dank entgegen Oberamtsarzt Jrion.
(Einges.) Bei der gestrigen Wahl zur Handelsund Gewerbekammer sind im Bezirk Nagold auf Fabrikant Otto Wagner in Calw 32 St., Kaufm. Jul. Stöffler in Herrenberg 32 St., Kommerzienrat Schmidt in Neuenbürg 31 St., Fabrikant Alb. Koch in Rohrdorf 31 St., Fabrikant Karl Staelin sen. in Calw 30 St., Kaufm. Gustav Münster in Freudenstadt 30 St., Chr. Pfau sen. in Wildbad 23 St. abgegeben worden. Weitere Stimmen erhielten Sägwerkbesitzer Herm. Lemppenau in Höfen (9), Fabrikant Finckh in Nagold (2), Sägwerkbesitzer Geiser in Loßburg (2), Kaufm. Gottlob Schmid in Nagold (1) und Küfer Jakob Harr in Nagold (1).
Nagold, 23. Jan. Bei Gelegenheit der 25jäh- rigen Gedenkfeier der Kaiserproklamatin von Versailles am 18. Januar, überraschte Kaiser Wilhelm seine Gäste durch die Dedicierung eines Faksimiles jener vom König Wilhelm am 1. September abends 7tll Uhr vom Schlachtfeld aus an die Königin